Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

DOI chapter:
Juni
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0514

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
H! Bom Neckar, 1. Junk. Der bei
Scckenhcim durch den Blitz stark beschädigte
Knecht ist gestern gcstorben.

Pforzheim, 30. Mai. Nach dem K. A.
wird dcr „Badischc Schulbote" mit kem Mo-
nat Juni' aufhören zu crscheinen.

Frankenthal (Pfalz), 29. Mai'. Ein
FaÜ, dcn gestern das hiesige Zuchtpolizcige-
richt abzuurtheilen hattc, bewi'es wiever, wie
Frömmelei und Sittcnlosigkeit oft Hand in
Hand gchen. Eincr der muckeri'schen Eiferer,
der protestantische Pfarrcr Rosenbaucr von
Haßloch, 48 Jahrc alr, Vatcr von fünf Ki'n-
dern, (u. A. auch Kämpfer für das berüch-
tigte „neue Gcsangbuch") erschien untcr der
Anklage einer großen Anzahl Unzuchtsvcrgchen,
namentlich der Verführung vvn Minderjäh-
rigen, oft in der scandalösesten Weise, bei
Krankenbcsuchen gelegcntlich dcs Abendmahls
rc. Denuncialionen beim Cvnsistori'uin blieben
crfolglos (!) Auch gab der Decan dem Be-
schuldigten ein mit den Thatsachen im schrci-
endstcn Contrast stehendes glänzendes Zcugm'ß.
Rosenbaucr wurde zu einfährigem Gefängniß
und 50 Frcs. Geldbuße vcrurtheilt. Die Ver-
handlung fand bei verfchloffenen Thüren statt.

Frankfurt, 31. Mai. Jn der heutigen
Sitzung der Bundesversammlung legten die
bci den Würzburger Conferenzen betheiligten
Regierungen eine Convention vor.

Badcn stellt den Antrag: Jm Fall das
Bundesheer nicht ,'n seincm kriegsverfaffungs-
mäßigen Bestand zum Krieg aufgesteüt werdc,
sondcrn den Bundes-Armeccorps dic Gesammt-
armeen der beiden Großmächte zutreten, der
Verständigung dieser letztern die.Entscheidung
über den Oberbefehl zu übcrlaffen. Sollte
dagcgen nur eine Großmacht miit ihrer Ge-
sammtarmee für die Vertheidigung dcr deut-
schen Grcnzen eintreten, dieser Großmacht den
einheitlichen Obcrbefchl zu überlaffen und ste
vvn der Beobachtung der Arl. XII.-XVI.
der Bundeskriegsverfaffüng bei Reviston der-
selben zu entbinden.

Die Anträge des Ausschuffes für das Han-
delsgesetz wurden angenommen. (Krsr. Z.)

Aus Thüringen, 28. Mai. (Fr. P.)
Die deutsch-evangciischc Kirchenconfcrcnz wird
übermorgen in Eisenach eröffnet werden.

Aus Kurheffen, 27. Mai. Auch unsere
Standesherren sind „schwierig" geworden. Als
Näheres erfährt man, daß ste dem Minifte-
rium erklärt haben, den bcvorstehenden Land-
tag nicht beschicken zu wollen. Noch weiter
sind die Fürsten und Grafen von Menburg
gcgangen, welche in- einer Denkschrifi an das
Ministerium auseinandersetzten, daß sie die
Verfaffung von 1860 für unausführbar hal-
ten und die Wiedereinsührung der 1831r Ver-
faffung wünschen.

Marburg, 29. Mai. Bei der heute vor-
genommenen Wahl der 16 Großgrundbesitzcr
wurden 12 der vorsährigen und siatt 4 aus-
gefallener 4 weitere Bürger gewählt, welche
gleich jcnen von der Rcchtsgültigkeit der 1831r
Verfaffung überzeugt stnd.

Berlin, 22. Mai. Ein ehemaliger preu-
ßischer Artiüerielieutenant, welcher in Jtalien

retten und ihm Zeit zu gebcn, fich von der plöh-
lichen Ueberraschung zn erholcn und Mcister seiner
selbst zn werden; allein Morten Bruns kam ihm
zuvor, denn «te Herr Söfrensen zum Hvfe hinetn-
suhr- jagte diescr zu Pferdc an ihm vornber, bis
zur Hausthüre hin, und in dcm Augenblicke, als
der Pfarrer dicselbc öfinete, rief er: „Dre Leute
sagcn, daß Zhr meinen Bruder erschlagcn und in
Eurem Garten vcrgraben habt, und hier komme
tch nun mit dem Amtsvogt, um nach ihm zu suchcn."

Der Pfarrer wurde durch yiesc ganz uncrwartcte
Anrede so betroffen, daß er kein Wort hervorbrin-
gen konnte, bts auch der Richter, dcr indeß aus
dem Wagen gesprungen war, ihm sagtc: „Jhr habt
so cbcn die That, dcren man Euch bcschuldigt, auS
dem eigcnen Munde Eures Anklägers vernommen;
von Amtswcgen bin ich verpstichtet, der Forderung
des Mannes Genüge zu leisten; jetzt erheischt es
Eure etgene Ehre, daß die Wahrheit an den Tag
komme und der Verlaumdung das Maul gestopft
werde."

(Fortsetzung folgt.)

untcr Garibaldi gedient hat, wurde mit sei-
»em Gesuche um Wiederanstellung in dcr preu-
ßischen Armee vom Kriegsminister iu derber
Weise zurückgewiescn, „da er sich nicht ge-
scheut habe, gegen einen König von Gottes
Gnaden, gegcn einen Gesalbtcn des Herrn,
die Wafsen zu führen."

Berlin, 28. Mai. Jn der heutigen Si-
tzung des Hauses der Abgcordneten wurde
nach 7stündiger, höchst intereffanter Verhand-
lung die Generalerörterung über die Militär-
vorlagen becndct. Bis auf cinen z« pikanten
Ausfall hielt sich die Versammlung auf einer
Höhe, die wohlthuend einwirkte. Trotz der
auseinander gehenden Meinungen waren alle
Reden von fenriger Vaterlandsliebe durchweht.

(B. Lz.)

Berlin, 28. Mai. Vincke überraschte in
der letzten Sitzung seiner Fraction die gefügi-
gen Mitglicder mit der Mitiheilung, daß der
„Vorstand" beschlvffen habe, die Gründung
einer eigenen Zeitung im grvßten Stple in
die Hand zu nehmen. Mit einem hicsigen
Buchhändler sei dic Uebereinkunft geschloffen,
die Vorbereitungen so zu treffen, daß das neue
constituti'onclle Organ zuw 1. Octobcr ins
Leben tretcn könne, und da es bis jetzt nur
an einem Redacteur und an Geld fchle, so
fordere er zur Zeichnung von Actien anf, de-
rcn 1000 Stück ä 100 Thaler ausgegeben
werden sollen. (Z. F. N.)

Berlin, 29. Mai. Vorgeftern Abend sind
durch eine große Anzahl jungcr Leuie nach
dem Schluffe bes Schützenplatzes wiederum
sehr bedeutende Unordnungen verübt worden,
indcm sie unter Vortraguug ciner Stocklatcrnc
wohl 2— 300 Mann stark, singend und schrei-
end die Straßen durchzogen. Als sie der wie-
derholt an sic crgangenen Auffordcrung, sich
zu zcrstreuen, nicht Folgc leisteten, vielmehr
der Schutzmannschaft Widerstand 'entgegensetz-
ten, wurde von dieser Gewalt gebraucht unv
mit blanker Waffe eiiigeschrütcn; dennoch ge-
lang cs erst am Alerandcrplatz, die Maffen
zu zcrstreuen. Es stnd etwa 20 der Tumul-
tanten znr Haft gebracht worden, unter ihneu
auch derjeiiige, der den Trupp anführte.

Berlin, 29. Mai. Anknüpfend an das
jüugste Ducll, wird der Z. f. N. aus Berlin
geschrieben: „Dl'e neuesten Vorgänge haben
die vffentliche Aufmerksamkeit aüf vie Hofkreise
gelenkt, und man fängt an, dic Ursachen des
Zerfalls des Staates nach Jnnen und die
Schmälerung seines Ansehens nach Außen den
Anschauungen zuzuschreiben, die sich fortwäh-
rend an entscheidender Stcllc geltend machen
könneii. Ueber den schlimmen Einsiuß dcs
Militärcabinets, von dcm auch aüe Personal-
veränderungen in dcr Armee ausgehen, ist
selbst uiitcr ven umsichtigen Militärs kein
Zwcifel: daß hier nur Kreuzzeitungs-An-
schauungcn" walten, ist kein Geheimniß. Thut
doch auch der Kriegsmi'nifter Aeußerungen in
der Kammer, die davon zeuge», daß er nur
die „Kreuzzcitung" kennt; daß in Hofkreisen
nur das ,,Junker-Organ" die Quelle für alle
Vorkommniffe ist, wird allgemeüi behauptet.

Berlin, 31. Mai. Jn dcr heutigen Si-

Unserr Lirbr.

Jhr Brüder in der Runde,

Der Kelch der Jugend schäumt,
Die Freude perlt vom Munde,
Und Herz und Auge träumt.
Wir lieben, gleich dem Weibe,
Noch viel mit Unbestand,

Was treu wir lieben, bleibe
Ein freies Vaterland!

Wie Tropfen aus dem Siebe,
Vereint unö mancher Traum,
Zum Vaterland — der Liebe
Gönnt ewig, ewig Raum.

Wer ehrlich denkt, verschreibe
Sich ihr mit Herz und Hand;
Was treu wir lieben, bleibe
Ein freies Vaterland!

Ein Vaterland, dem Sohne
Ein felsenfester Hort,

Und fremdem, frechem Hohne
Ein schreckend Donnerwort:

So sei's die einz'ge Scheibe,
Auf die der Blick gewandt;

Was treu wir lieben, bleibe
M steies Bslerland!

tzung deS Hauscs der Abgeordneten wurde in
der Debatte über die Milüärverwaltung das
Amendement des Abg. Kühnc: «750,000 Thlr.
von dem Bedarf für die Aufrechthaltung der
Kriegsbereitschaft abzusetzen", mit 159 gegen
148 Stimmen angenommen. Der Minister-
prästdent hat vorher eventueü mit vem Amen-
dement sich einverstanden erklärt. Die Be-
willigung eines Pauschquantums als Ertra-
ordinarium des Budgets wurde nach dcm An-
trage der Commission mit 206 gegen 98 Stim-
mcn beschloffen.

Prag, 28. Mai. Die „Bohemia" mel-
det, daß die dcutschc Zndustriestadt Trautenau
in vergangener Nacht bis auf wenige Häuser
niedergcbrannt ist.

Oesterreichische Monarchie.

Pesth, 28. Mai. (Landtägs-Verhandlung.)
Bonis: Es war 1848 durchaus nicht dic Ab-
stcht dcr Ungarn, zu revoltiren, als sie zu
Jellacic, AucrSperg und Windischgrätz Gesandte
,schickten, dic man tödlete oder ins Gefängniß
warf. Und wie sind die Oesterreicher mit
den Besiegten umgcgangen? Sic versolgten
sie wie wilde Thiere, verurthcütcn sie nach
fremden Gesetzen, ließen sie hängen, wie die
Mörder, oder verbannlen sie, obgleich es ih-
nen sehr gut bewußt war, daß der Ungar
nur üi seüiem Lande, wie der Fisch nur im
Waffer, Heil finden könne. (Beifaü.) Man
kann uns des Bruches nicht zeihen, ste habcn
mit uns gebrochen, die mis Alles genommen,
l'ch kann mich deßhalb nur für die Resolutivn
erklären. Madaco beweisi, baß Ungarn scil
Stephan des Heiligen Zeiten in der Cultur
mit der ganzen civilisirten Welt fortgeschrit-
ten sei, und vergleicht Bach mit bcm Hahn,
welcher sich eiubildet, durch sein Krähen die
Morgcndämmerung hervorgerufen zu haben.
Schmerling sei nichts als ein zweiter Bach.
Bano ist crfreut, daß die deutschen Civilisato-
ren das Land zur Einlracht gestimmt, indem
sie es drückender behandelten als bie Türken
unv Tartaren (?)

Pesth, 28. Mai Zn dcr Akademie hiclt
gestern Lukacz, ein intimer Frciind Teleküs,
dic Gcdächtnißredc für dcn Versiorbcnen.
Der Vcrewigte habc ihn ausdrücklich bcauf-
tragt, für den Fall seines TodeS seine Ehre
zu vertheidigen. Er crkläre daher, daß der
Graf bei seiner Freilaffung fich nur vcrpflich-
tet habe: sich nicht aus der österreichischcn
Monarchic zn enlfcrnen, seine Verbüiduiigen
mit den ausländischen Feindcn dcr Negierung
abzubrechen, und sich „vor der Hand jeder
xolüischen Thätigkcit zu enthalten. Älle drei
Bedingungen habe Teleki cüigehalten: benn
da die Rcgicrung selber ihm ein Einladungs-
schreiben zum Oberhause zugesandt, habe sie
daburch zu erkeniicn gcgeben, baß sie die Pe-
riode, während bcren sie ihn zur poütischcn
Unthäügkcit verurthcilt, als abgclaüfen be-
trachte.

Pesth, 29. Mai. Zn der heutigen Untcr-
hanssitzung macht u. A. Ragalpi das Haus
aufmerksam, daß sich die Debatte ins Enoiose
ziehe; er wurde vom Präsidentcn zur Ordnung

Em Baterland, geachtet
Von jcder Nation! —

Zhr Brüder, darnach trachtet,
Hier winkt der schönstc Lohn!
Zieht harl dem Schelm zu Leihe,
Der feig ihm Netze spamit;

Was treu wir lieben, dleibe
Ein fteieL Vaterland!

Wer seine Hütte lodern
Und fließcu läßt scin Blut,

Der wird sein Necht auch fodern.
Mit oss'nem, fteicm Muth.

Ob stch cin Zwingherr straube —
Er hält ihm sicher Stand;

Was treu wir lieben, tleibe
Ein fteies Vaterland!

Jhr Brüder in der Rmide,

Der Kclch der Jugend schäumt,
Die Freude perü vom Munde
llnd Herz und Augc träuml.

Wir lieben, gleich dem Weibe,
Noch viel mit Unbcstand,

WaS treu wir lieben, bleibe
Ein freies Vaterland!
 
Annotationen