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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2787#0501
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Donnerstag, 8«. Mai


L8«L

InsertionSgebührea für die 3spaltige Petit-
zeile werden mit 2 kr., ^ezw. 3 kr. berechnet.

Die zu erwartvnden Aenderungen in

-er badischen (^erichtSverfassung.

Der Jiistlzminister hat uiiierm 1. Mai b. I.
hkerüber emen Bericht an Gr. Königl. Hoheit
vcn Gtoßtzerzog erstattet, und nachdcm die
einstweilcii bezüglich der bürgcrliitzen Rechts-
pstcge vbrgcschlagenen Grundlinien eines neuen
GcjeßeS bon großh. Staatöiiiinisterium geprüst
warcu, wurdeü die Aniräge des Zustizministers
gcnchmigi und demgemäß allerhöchst beschlofsen,
düs großh. Justizininisterium sei aus Len Grund
diests Berichts anzumcisen, den Entwurs eines
Gescßcs über die nöttzigen Resormen m der
VdrsassuNg und dem Verfahren der bürger-
lichcn Gerichte sosvrt auszuarbeiten, dainilt
solcher Üach allerhöchster Genehmigüng ver
nächsten Ständeversammlung vorgelcgt wer-
den kann, diescn Entwurs insbesondere aber
dähin zu richten, daß

I.) dlc bishcrlgc unbeschränktc Gcrlchtsbarkclt dcr Amts-
gerlcht« in bürgcrlichcn Rcchtssachcn auf einen gcringeln
Strcttwerth von ctwa 3VV si. und ans solchc Rechtsstrct-
tigkctten beschränkt werde, welche auS bcsondercn Gründen,
namentlich «cgen Dringiichleit, zwcckmäßiger von dem Ein-
zelrichter vcrhandelt nnd entschieden werden, als von cinem
Eollegialgciichte, daß jedoch dcn Pärtelcn sreigcstellt blcibe,
auch andcrc Rcchlsstrcttigkeiten, dte an stch vor Eollcgial-
gerichte gchöicn würden, durch gegenscttige Einwilltgnng
dcr Gertchtöbarkcit dcr Amtsgcrichte zu nnterstcllen;

2) Laß sür die übrigen, den AmlSgcrichten entzogencn
Proccffe Coll egialgcr icht c crster Jnstaüz, dtc in
zctlwciligcr Vcrsammlung von drci Mttgltedcr» zu cnt»
scheiden haben, cingesührt werden;

3) dasi sür HandclSproceffc an den hiczü gectgneten
Ortcn besondcre HandelSgcrichtc constitüirt wcrdcn, wclche
a«s dem Präfide»t«^ei»cs CollcgialgcrtchteS und zwci Han>
dclslcntcn gebildj^^dcn;

4) daß das WWMen, welchcs bei d-n Collcgialgerichten
zn beobachten ist, nner nencn Prüfnng nnterzogcn nnd in
Loigc dcssc» so gestaltct wcrde, daß es tm Vcrglcich zn
dcn im 42. Titcl der Proccßordnnng cnthaltenen Borschrtf-
t-n moglichst abgekürzt und mtndcr kostspielig gemacht
werde; daß

s) dtc Hofgerichte als AppellationSgcrichte in Civll-
sachcn belbehaltcn werdcn, und zwa: mit der GertchtSbar-
kcit Lb-r allc B-rnfüngen, fie mogcn gcgcn Urtheile ctnes
AmtSgerichtS odcr gegen llrthcile cineS CollcgialgerichtS
odcr cinc« Hand-lSgertchlS cingclcgt s-in, dabci jedoch dte
Zahl der H-sgerichtc nach Thunlichkcit »ermtndcrl und sür
die Handelsprocessc dnrch Bezng zweicr Handclslcnte -in
hofgerichtlicher Handclssenat gedildet; daß cndlich

6j> cbenso daS Oberhofgcricht in seincr Eigenschaft alS
OberappcllationSgericht bctbehaiten und dte Oberappella-
tionSsumwe in ciner tcr ncnen Organisation entsprechcndcn
W-isc fcstgcsctzt werde. , (K. 3.)

^>eutschlanv.

Karlsruhe, 26. Mai. Die Karlsr. Ztg.
sprichk in einem Artikel über „gelneiksäme
deutsche Gesetzgebung" den Wunsch äuS, daß
dirselbc mit Annahme des Handelsgesetzbuchcs
zunächst geschlvffen sein möge. Deun es sei

cin practischeS, dringendes Bedurfinß vsller
Rechtsgkeichheit in allen deüifcheN Ländern
nicht vorbanden. Auch fthie es an dew rich-
iigen Organ für ihre Hersttllung; ein Fvri-
fahren auf dem beim Handelsgefttzbuch einge-
schlagcneü Wege («ndlöe-Anüahme odcr Ab-
lehnsNg durch die Kammern) führc zu er'ner
gefährlichen Untergrabnng dcs constitutionellen
Systems. Anch lenke eine weitede Berfol-
gnng gemeülsamer deutscher GesctzgebuNg vvn
dem Erstkeben dcs driugendsten Bedürfniffes,
der Cvnceittration dcr politische» Kräfte ab;
dicft aber dürfe nicht so weit gchen, daß dm
Einzclftaaten die Bedingnngcn vollek und wür-
diger Eristenz verkümmert werden. Der in
ihnen verkörperte Particulärisinns fti so sehr
mit unscrek Natur verwachsen, düß er Nur
mit äußerster Gewalt »ertilgt werden könnte.
Jeder Bersuch dazu führe zum streng centrali-
sirteü Einheitsstaat, welchcr das Grab deut-
scher Volksart sci.

Karlsruhe, 27. Mai. Die Unteksuchung
dcs Zhnen kürzlich berichteien Vergiftungsver-
suchs wird dem Vernehmen nach auf das Eif-
rigste beirieben. Die Angeschuldigie ist nun-
mehr in Untersuchungshaft genommen. Wel-
chen Ausgang die Sachc übrigens nehmen
mag, so kann man gewiß sein, daß derselbe
das Ergebniß eines streng gesetzlichcn Verfah-
rens und nichi eines außergesetzlichen Eingrci-
fens l'n den Gang deffelben sein wird." Es
muß in hohem Grade auffallen, in unserer
Mitte pesffmistische Siimmen zu vcrnchmen,
die allen Ernstcs das „Veriuschen" eincs sol-
chcn Falls für wahrscheinlich erklären. Wer
von unseren Staatseinrichtungen und den maß-
gebenden Perföiilichkciken auch nur die min-
deste Kenntniß hat, muß wiffen, daß ein sol-
cher Eingriff bei uns ebcn so wenig gcwünscht
odcr beabfichkigt sein kann, als er i'm heutigcn
Rechisstsaie überhaupt möglich ist. (S.M.)

Z Heidelberg, 26. Mai. Gestatten Sie
uns noch ein Mal auf de» Handelötag zurück
zu kvmmen. Nicht, daß wir aus deffen Er-
gebniffe, welchk Sie längst berichiet, hier ein-
zugehen beabsichiigten, lassen Sie uns im Ge-
gentheil nur jencs erhebenden Augenblicks ge-
denken, in welchem der Berichterstatier, Herr
Privatdocent 0r. Goldschmidt, in trefflicher
Ansprache die Versammlung dazu auffordcrte,
den Entwurf des Handelsgesetzes ohne Vor-
bedingung anzunehmen, weil eben in der An-
üahme ei» Bindemittel der Einigung lägc, de-
ren Dcutschland gerade jetzt vor Allem bc-
dürfe. Da war denn nicht wohl ein Mstglied
dcr Versammlung zu finden, das nicht diesem

Antrage scine volle ZustimMüng durch ein Zei-
chen der BiUigung kund gab. Daher erblickcn
wir auch in dem ersten deutschen Handelstäge,
ganz adgesehcn von den ihm als solchem el-
genthümlicheii Zwecken, ein Verbrüderungsfest
der Dentschen unter sich, wie dies ja auch bei
der Versammlung ber Landwirthe stattfand.
Und mit goldeittn BuchstabeN wird es einst
die Geschichte ver Nachwelt verkünden, baß
hier auf fricdlichem und unbluiigem Wege der
Brudcrbund gestistet wurde, der dii deutschen
Volksstamm« künftig mehr denn jetzi zn einem
großen, starkcn, unauflösbare» Ganzen ver-
knüpfen wird.

^ Heidelberg, 27. Mai. Wie bereitS
gemeldet, erhielt Hr. Cästcllan Richakd für
seine Bemühungen um bie am 17. Mai statt-
gehabte Bcleuchtung unftres Schloffes von
dem htestgen Gemcinderath einkn prachtvollen
silbernen Pokal. Derftlbe war mit folgendem
Schrciben begleitet:

„Dcr Gemcind-r-th dcr Stadt Hcidclberg an Hcrrn
Schl«ßc-fiell-n M-rimilian Rich-rd-Zanwon tahicr. Sie
habf» -nS bcsondercr G-fälligkcit sür dlc städtischen Be-
hördcn dic Leitung nnd Ausführnng der -m t7. d. M- zu
Ehren der Anwesenheit dcr Mitgliedcr dcS deutschen H-n-
dclst-g-s veranst-lt-ten Bclcnchtnng dcr nördllchcn Faxade
dcr Schloßroinen übernomwen nnd Zhrcr umfichtige» Sorg-
falt, -bcr -uch Zhrcw uncrmüdlichen Eifer sür alleS Schöne
und Erhebende oerdanken «ir d-s Gclingen dcr für -lle
Beschaucr gewiß nnpergcßlichcn Schloßbclcnchtung. Da
Sie schon srüher jedc Bclohnnng für Ihre Bcmühungc«
uneigcnnütztg -bgclehnt, wtr Ihnen aber unsrxc D-nkb-r-
keit nnd Anertennung für Jhre Vcrdteustc bezeige» möch-
ten, so blttcn wlr Sie, verchricr H-rr, b-lfolgende, wcnn
anch nur g-ringe Gabc, als cin IlctncS fichlbareS Zelchen
dcrselben anznnehmen nnd dcr St-dt -ine wohlwsllende
Gefinnnng und nn» Jhrc Gtncigtheit zn bcwahren. Hei»
delbcrg, dcn 23. Mai 1881. HochachtnogSvoll: KrauS-
mann, I. Bürgermctstcr. SachS, Rathsschreiber."

Neckargemünd, 23. Mai. Die Bahn-
arbeiten gcyen rasch ihrer Vvllendung entge-
gen. Die noch übrigen Erdarbciien aus der
Strecke Schlierbach-Neckargemünd stnd an Äc-
cordaitten vergebcn. Mit der Erbaunng des
Bahnhofs, der einige hundert Schritte vor
die Siadt zu liegen kommt, wird man in we-
nig Wocheu begimien, Nach dem Urtheil der
Zngenieure wird die Strecke Heidciberg-Neckar-
gemünd bereits im uächsten Frühjahr fahrbar
sein. Ob ste auch wirklich deüi Vevkehr über-
geben werdcn wird, ist noch ünbestimmt. Da-
gegen wird die ganze Strccke bis Mvsbach
wohl schwerlich vor dem Frühjahre 1863 fahr-
bar ftin, da bei deM allzufrützen Besahrkn bki
den ziemlich hohen Dämmen an einigen Ortcn
ein Erdrutsch zu befürchten wäke. (B. Lz.)

Billigheittt, 25. Mai. Die kaihollscheü
Geistlichen dks LandkapitelS Mosbach bespra-

Das Erdbeben in Mrndoza.

Ueder dic schrcckliche Katastrophe, welche dic am
östlichen Abhange der Anden in der Argentinischen
RepNblik belegcne, eiwa 12 bis 14,000 Einwdhncr
zählende Stadt Mendoza am 20. Marz d. I. be-
ttoffen hat, sind nähcre Mitthxilungen durch Briefe
und Zeitnngen aus Valparaiso eingelaufen, deNen
«ir nach der „Weserz." Folgendes entnehmen:

Das Erdbebrn fand Äbends 8'/r Uhr statt, und
nach Dem, was man hier erfahren hat, scheint es
eines der schlimmsten gewesen zu sein, welche je-
mals vorgekommeN sind. Die crstcn Erschüttcrun-
gen waren der Ärt, raß Niemand Zeit blieb, in's
Frcie zu ffüchten, und allc Einwohner, welchc in
ihren Wohnungen warcn, wurden erschlagcn oder
verschüttet. Sämmtliche HLnscr ohne Äusnahme,
sowie alle Kirchen sind cingcstürzt, und in letzteren
sollcn viele Menschen verunglückt sein, da gcrade
währcnd der Zeit dcs Erdbcbens Gottesdienst ab-
gehalten wurde. Von 100 Personen, «clche im
Gefängniß waren, sollen 02, »on 132 Nonncn im
Kloster 110 umgekommen, und von Geistltchen nur

4 übrig geblicbmscin. Man kan« fich darnach cinen
Begtiff von dem Umfange des Unglücks macheü.
Dic speziellen Nachrichten lauten immer gtauen-
voller; Anfangs hieß es, daß bon den 12 bis 14,000
Einwohnern etwa zwet Drittel, später drei Viertcl
und jctzt sicherlich 10 bis 12,000 Mcnschen umge-
kommen seien, und Lctzteres scheint leider das Rich-
tigste zn sein. Ganzc Famtlien sind verschüttet;
so z. B. ist Don C. Solar, Einer unscrer Bekann-
ten, mit seiner ganzen Familie und Gesinde um-
gekommen; von den Familien zweier Brüder von
D. VillanMva stnd nur ein kleines Kind und ein
Vater übrig geblieben.

Der erfte Stoß muß sehr plötzlich und zugleich
schr stark gewesen sein, dcnn die HLuser Mendoza's
sind alle cinstöckig und dabci die Straßen nicht eng
zu nennen, so haß, «cnn das Erdbebm nach und
nach eingctrcten wäre, jedenfalls Zeit zur Rettung
gewesen sein würde. Der Verlust an Menschen-
lcben ist nur badurch erklärlich, daß der Stoß gleich
Anfangs so hestig gewcsen und Alles hat fallen
müffen. Jn den Zeitungen werden unter den Ver-
unglücktcn auchzwei dcutsche Namen genannt, Berg-
mann und Schubert; Letztcrer tst aber jedmfalls

gerettit. Das Elcnd muß schrecklich gewescn sein,
nnd cS tst kaum möglich, sich einen Begriff davon
zu machm; züdein söllm die GauchöS noch ptün-
dernd eingebrochm scin und Raub üüd Mord wird
die Lage der unglücklichen Mendoztnos noch träü-
riger gemacht haben.

Anfangs hieß eö, daß auch die Stadt San Zuan
von dtcsem Erdbeben betroffcn sei ünd durch Äüs-
trctcn des Fluffes noch nichr gelitten hättc; alleitt
diese Nächricht hat sich als falsch hcrausgesteÜt, ünd
cs scheint überhaupt, daß Mcndözä ällein gelittm
hat; tn llrpallata find einigc Hütten eingcstürzt.
Wir fügcn aus südamcrikanischcst Zettnngm nöch
einige Dctäils hinzu: Der argenttnische Vtcecön-
sul in Aconcagna berichtet, daß bik Erschütterung
so Plötzltch und heftig cinträt, daß die furchtbärc
Katästrophe das Werk kä»m cincr Minute «är. Dft
Erde gerieth in eiiic solche Schwingung, daß dft
Menschcn in den Straßen nicdestfielen; dazü trat
durch den aufwirbclndm Staub eine plötzliche Ver-
stnsterüng deS Mondlichts ein, so däß Ntemand dm
Andem crkcnnen koünte, än Hilfe und Rettung «äk
aus dieftm Gtunde nicht zü denken.

Einem andern Schreibm kntnehmen wft, daß dic
 
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