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Heidelberger Zeitung — 1861 (Januar bis Juni)

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Mai
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chcn auf einer gestern hier abgehaltenen Con-
ferenz u. A. auch das Schuliaspectorat im
Allgemeinen und die Angriffe der „B. Schlz.»
insbcsondere. Die Confercnz beschloß in ei-
ner wohlmotivirten Borstellung an Gr. kath.
Oberkirchenrath drc Bitle zu richten: Entwe-
der den geistlichcn Schulinspectoren gcgenüber
der feinvseligen Agitation der „Bav. Schulz."
denjenigen Schutz zu gewähren, welchen jcber
Staatsdiener im gegebenen Falle anzusprechen
habe; faüs den geistlichen Schulinspectoren
dieser Schutz nicht gewährt wcrden könne,
mögc man denselben geffatten, sich dieses Am-
tes zu entheben. — Einen weiteren Gegen-
stand der Verhandlungen bildete der Mcßner-
dienst durch oie Lehrer. Das Resultat der
Besprechung führte zu dem Beschlusse, an das
erzbischöfliche Ordinariat und den Gr. kath.
Oberkirchenrath die Bitte zu richten, einlci-
teiide Schrittc zu thun, daß der Meßnerdienst
vom Schuldienst getrennt wcrde.

Pforzheim, 27. Mai. Jn wcnigen Ta-
gen wird der tüchtige und gcschätztc Ortsvor-
stand Fccht von hier scheiden, um eine neue
Stelle als Stadtdirector in Heidelberg anzu-
treten. Gestern fand ein Abschiedsmahl ihm
zu Ehren statt.

Badeu, 25. Mai. Dic Bad. Lztg. be-
richlet am Schlusse eines Artikels von hier:
Leider habe ich zum Schluffe ein sehr uner-
freuliches Ercigniß mitzutheilen: Färber D...
ist verhaftet unb in Untersuchung genommen,
da auf ihm der schwere Verdacht ruht, seine
Zrau vergiftet zu haben. Die nächste Ver-
anlaffung dazu soll dic Neigung zu einer
Weibsperson gewesen sein, die gleichfalls ver-
haftet ist.

Säckiitgen, 27. Mai. Hcute Nachmit-
tag erfolgte mit dem um 4 Uhr 10 Min.
hier von Waldshut her ankommenden Eisen-
bahnzug cin Unfall, dcr leicht schlimme Folgen
hätte haben könne». Die Lokomotive gerieth
nämlich djirch eine falsche Stellung der ober-
halb des Bahnhofs sich befindenden Weiche
über daS Geleise hinaus und fuhr gegen eine
neben der Bahn hinlaufende Ouadermauer,
riß diese zusammen und grub sich in dieselbe
ein, so daß dem Zuge Halt gebotcn war.
Die Reisenden und das Personal kamen mit
dcm Schrecken davon. Der betreffcndc Bahn-
wart soll krank und an deffrn Stelle ein
Aushilfs-Bahnwart oder Bahnarbeitcr ver-
wendet worden sein. Von einem Wciter-
fahren des Zugs war natürlich keine Rede,
und mußte ein frischer Zug von Waldshut
bcgehrt werden, der dann gleich eintraf und
die Reisendcn weiter beförderte.

Frankfurt, 26. Mai. Die heute aus-
gegebene Nummer deS „Arbeitgeber" hat ben
Geldkurs über die süddeutsche Währung be-
reits in der deutschcn Mark aufgestellt.

Gotha, 24. Mai. Dcr Herzog hat die
vom Ausschuß für das deutsche «chützenfest
vorgetragene Bitte, das Präsidium zu über-
nehmen, gewährt und die Oberleituug über-
nommen. Dieselbe (berichtet die „Gothaische
Zeitüng") wird von wcscntlichstem Einfluß

Erschüttcrung am Abend des 20. März 8 Uhr 40
Minuten ersolgte und nur 5—k Sckunden dauertc;
der erste Stoß ging von Süden nrch Ostcn, und
etn zweitcr Gcgcnstoß folgte unmittelbar von Nor-
den nach Wcstcn. Ein Andrrer schreibt: AlleS ist
ein Trüinmcrhaufen; nur eine Säule von Santo
Domingo und die Faoade von San Angustin und
Francisco stehcn noch aufrecht. Jch eilte durch den
Ort, sobald ich mtch unter zwci Wänden, die auf
mich gefallen «aren, losgemacht hatte, Uebcrall
hörte man das unterirdische Rufen dcr Verschüttetcn,
die um Hilfe fichten, das Schreien der durch den
Schreckcn ihres Verstandcs Beraubten, die um El-
tcrn, Geschwister und Kinder wehklagten; Wcibcr
und Kinder hingen sich an die Soutanen der Pric-
ster und flchtcn um Absolution, dazu das Stöhncn
der Verstümmelten; und belcuchtet wurde dieses
grausige Bild durch die Flammcn der in Brand
gcrathenen Passage Soto.

Dte Erschütterungcn daucrn noch fort (am22.).
Die MeNscheist sind in der größten Verzweiflung.
Alle Klcidung, alles Gcld licgt unter den Trüm-
mern, wir kampircn unterfreiem Himmel, Lebens-

pizttkl beginnm zu mangeln. Dte Landleute, an-

auf den Fortgang des großartigen Unterneh-
mens sein und dcffen Gelingen sichern.

Berlin, 25. Mai. Hr. Dr. v. Zander
und 2t Mitglicver des Herrenhauses tragen
darauf an, daß nach dem Schluffe der allge-
meinen Erörterung über daS Handclsgesetzbuch
über die Annahme desselben, ohne weitere Bc-
rathung, im Ganzen abgestimmt werde.

Bcrlin, 28. Mai. Zn der hcutigcn Si-
tzung des Abgeordnetenhauses erklärte der
Finanzmini'ster i'n der Debatte über Vic Mi-
litärreform: Das Recht der Landesvertretung
bei Bewilligung von Mitteln für das Mili-
tär sei zweifellos. Bei ciner ctwaigcn Colli-
ston mit den Rechten des obersten Krregsherrn
sei die Lösung nicht neben, sondern in der
Verfaffung zu suchen.

München, 26. Mai. Der Pfäkzcr Kir-
chenstreit scheini nun endltch einem gedeihlichen
und versöhnlichen Ende entgegen zu gehen.
Der Bcscttigung des Conststvrialraths Dr.
Ebrard ist nunmehr auch die des Conststorial-
directors Prinz und — was mehr zu bedeu-
ten hat, wer'l ohne diese die anbern Mäßre-
geln illusorisch gebliebcn wären — auch die
des Referenten übcr die Kirchen- nnd Schul-
angclegenheiten der Pfalz im Cultusministe-
rium, des Ministerialraths Dr. Rust gefolgt.
Die Entlassung jener drei Männer bedeutet
den vollständigen Bruch mit dem bisherigen
Spstem über das Gesetz stch stellcnder bureau-
cratischer Willkür, wie es sich in den Ange-
legcnheiten und Streitfragen der unirten Kirche
der Pfalz so lange schon breit gemacht hatte.

Wien, 21. Mai. Die Kaiserin wird nur
kurze Zeit hier verweilen, da die Aerzte den
Besuch eines deutschen Badeorts angerathen
haben. Der Aufeuthalt in Madeira hat die
Erwartungen, welchc man an denselben knüpfte,
nur zum Theile gcrechtfertigt und wird die
Kaiscrin jedenfalls auch dcn nächstcn Winter
in einem warmen Klima zubringen müffen.

Wien, 24. Mai. „Dic Frage des Au-
gcnblicks" — unter diesem Titel ist soeben bei
dem Hofbuchhändler Brbumüllcr hier eine ano-
npme Broschürc erschienen, die offenbar vffi-
ciösen Ursprungs ist, und deren Verfaffer seine
Inspirationen wohl aus den Regionen des
«staatsministcriuinö cmpfangcn haben dürstc.
Die Flugschrift stellt dic Fragc: was sollen
die Rcgierung und die im engeren Reichsrathe
versammelte Bcrtretung ber deutsch-slavischen
Königreiche beginnen, um ohne Anwendung
von Gcwalt zur Lösung des Conflicts mit
Ungarn zu gelangen. Drei Schrittc erschei-
nen dem Autor überhaupt denkbar; dcr erste
ist Auflösung des ungarischen Landtages und
Anordnung dirccter Wahlen; oder Contuma-
cirung desselben. Der Aukor verwirft dies
Mittel, weil vie Ausschreibung directer Wah-
len enrweder völlig unwirksam bleiben, oder
wenn sie bei den Serben, den Slaven und
andern nichtmagparischen Stämmen Erfolg
haben sollte, bem im Hwtcrgrunde lauernden
Raccnkriegc die Thore öffnen werde, den die
Rcgierung „derzeit" noch abwenden will. Eine
Contumacirung Ungarns aher, die dadurch
herbeizuführen wäre, daß man auch den un-

statt zu hclfen, räumcn nur die Trümmer hinweg,
um zu plündern. Wirmüffen mit Gcwalt sie zwin-
gcn, dic Leichen fortzuschaffen, welchc burch FLulniß
schon die Luft verpesten.

Ncw - Nork. (Gaz. dcs Tribun.) Züngst hat ein
in Saint pouis verhandelter Criminalprozeß un-
gewöhnliches Aussehen unter der dortigen Bevölkerung
gemacht. Vor einigen Monaten wurde ein in Saint
pouis ansLßiger junger Deutscher, ein Musiklehrcr, be-
nachrichtigt, daß jeine Schwester ein öffentliches Haus
besuche. Cr hielt die Sache sür böswillige Verleumdnng,
begab sich jedvch nichtsdestoweniger an Ort und Stelle,
nin sich Gewißheit zu verschaffen. Dic erste Person, die
ihm in dem Emxsangzimmer entgegentrat, war — seine
Schwester. Sie will, als sie ihn erblickl, entsliehen; er
aber stürzt in der äußersten Entrüstung auf sie los, hält
sie fest und jagt ihr unler dcn hestigsten Vorwürsen über
, ihr ehrlvses Benehmen, und che Zemirnd die Zeit hatte,
dies zu verhinöern, zwei Kügeln durch-die Brnst. Nach
einigen Minuten war die Unglückliche eine Leiche. Der
Mörder wurde sofort festgenommen. Unter dem uner-
träglichen Druck des SchmerzeS übcr seine That ver-
suchte er sich zwcimal im Gefängnisse zu entleiben, wurde
jedoch darau »erhindert. Seine Sache erregte ungemeines
Witgesühl in der Stadt, zumal er sich bisher eines auS-
gezeichneten Ruses erfreut hatte, und als er vor Gericht
erjchien, strömte eine zahlloseMenschmmenge herbei. Den

vollstSndigen Retchsrath über die Rerchsfinan-
zen u. s. w. entscheiden ließe, würde nichts
heißen, wenn ihr nicht die Ercculivn, die cben
verniiedeu werden soüe, auf dem Fuße folgc.
Der zweite Weg ist: völiige administrative
Rälimung des Landes und Concentrirung star-
ker Garnisonen in den Festungen, so daß man
das Land mililärisch in der Hand bchält, dann
die Grenze zu sperrcn und die Wirkung die-
ser moralischcn Pression abzuwarten. Dazu
habc die Negierung leider keine Zeit; die
deutsch-slavischen Provinzen müßten dcr Auf-
gabe erliegen, während eincr solchen Crists
die Lasten allein zu tragcn. Es bleibt sonach
nur das dritte Auskunfsmittel, Aufforderung
an den ungarischen Lanbtag, zum Behufe der
nach der Adreßdebattc doch noch gewünschten
Ausglcichung cine ansehnliche Deputation zu
ernennen, die erstens mit einec Deputation
dcs Wiener Reichsraths die Grundlagen der
Verständigung vereiabaren möge. Das Ela-
borat wäre dann Sr. Maj. zur Sanction zu
unterbreiten, nachdem der Landtag und der
Rcichsrath es geprüst hätten. Als äußerste
Grenze der Nachgiebigkeit gegen Ungarn sei
hiebei sestzuhalten: baß der König Ungarn mit
ungarischen, dem Landtag verantwortlichen
Ministern, und einem Palatin als Statthal-
tcr regiere; daß dem Landtage dic Umlage
der Heeresergänzung und der finanziellen
Reichserforderniffe, in den auf die ungarischen
Länder cntfallenden Quoten verbleibe — nim-
mermchr aber, daß in Ungarn ein unverant-
wortlicher Palatin als „slter rex" einen ei-
gcnen Ministcr des Krieges, ves Auswärtigen
und der Finanzen erhalte. Diese vret Neichs-
minister und ebenso das Gesammtininisterium
dürse auch nur dem Reichsrathe verantwort-
lich sein. Man sagt hier, Baron Vap's Reise
nach Pesth habe bereits den Zweck gehabt,
mit Deak und Genoffen über die Absendung
ciner solchcn Deputation zu verhandeln.

Wiea, 25. Mai. Jn ciner Broschüre
Schuselka's, unter dem Titel: „An Franz
Deak", fordert der Verfaffer^ie Autonomie
aller Kronlänver, nicht blos l^Mrns, er will
aber, daß gleichzeitig umfaWM Rechte dcs
Gesammtstaatcs anerkannt werdcn. „Der Ver-
ein der Kronländer zu einem Ganzcn darf
nicht Fall zn Fall dem Lelieben der einzelneu
Thetlc preisgegeben werden, cr muß gesctzlich
organisirt scin; für die gemeinsamen Zntcres-
sen ist cine Gesammtstaarsversaffung uner-
läßlich."

Triest, 24. Mai. Dic Decrete wegen Ver-
schmelzung der ostindischen Armee mit der eng-
Il'schen wurden publicirt, vierzehu einhetmische
Regimenter wcrden ausgelöst, Der franzö«
sischc Flvttencommandant in den chinesischen
Gewäffern erklärte die ganze Küste von Co-
chinchina, mit Ausnahme des Satngunfluffes,
in Blokadestanv. Die äußeren Forts von
Mitho stnd bereits genommen.

Oesterretchische Monarchie.

Pesth, 23. Mai. Schars'S Correspvndeuz
mclvet: Baron Vap wird heute hicr erwartet;
man legt seiner Ankunst große Bebeutung bei.

Angeklagtm selbst umgaben mehrere seiner Landsleute,
nm ihm einen Beweis ihrer Uchtung und Theitnahme
zn geben. Der öffentliche Ankläger zollte dem Character
des jungen Mannes alle Ancrkennung, doch sorderte er
die strenge Anwendung des GesetzeS. Er erinnerte die
Geschworencn daran, daß unglücklicher Weise Taujcnde
p°n Fraüenzimmern in Saink Louis d-r Prostitution
sich hmgäben und dic mcistcn oder sehr viele von ihnen
VLter, Brüdcr rc. besäßcn, Wenn man den Angeklag-
ten sreispreche, sv sei durch einen solchen Spruch das
Leben diescr ungtückjeligen Wesen vollständig der Will-
kür ihrer Berwandten preisgegeben. Dennoch spräch die
Jury unter Vcm lauten Beifallsrufe des PublitümS ein
Nichtschuldig aus. Der junge Mann, der während der
Berhandlnngen häufig geweint hätte, entzog sich allen
Freudenbezeugungen, und soll bereits am folgenden Tage
nach TeraS gegangen sein, wo er unter einem siemden
Namen die traurige Berühmcheit, dic er erlangt, in
Vergeffenheit zu bringen und selber zu vcrgeffen hofft.

Am zweiten Pfingstfeiertage, erzählt der „M. A.", er-
pectorirte sich ein Darmstädtcr Bürger, wetcher ausdem
Dampsboote der Hessischen Ludwigs - Eisenbahn wegen
Betrunkenheit und unanständigem Benehmen von dcm
Capiiän koramirt wurde, gegen den Letzrercn in solgen-
der komischer und allgemeine Heiterkeit erregendcu Weise:
„Zieh' den Säbel eranS, zieh'n erauS, loß D-in Truppe
maschire, weis', was dc ckannst! Zeig' Dein Gewalt, ich
bin - Damstädter Berger, ich serchl mich nettt ich nehm
mein Sach mit u. s. — Aühner Residenzter!
 
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