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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0054
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„Patrie" verstchert, Oesterretch und Preußen
hätten stch dahin verständigt, bafür zu sorgen,
daß für das Deleglrieupeojeet keine Mehrheit
am Bunde zu Slande käme.

Die englische Baak hal ihr DiSconto auf
4 Procent, bke franzöflsche auf 5 Procenl
erhöht.

Die Muni'cipalität von Neapel hat 50,000
Franken sür die zu Gunslen ber Opfer des
Räuberwesens eröffnete Sudfcription bewilligt.

Die bereiis telegraphifch gemelbetcn Unorb«
nungen in Neapel waren durch Mönche ver-
anlaßt worden, welche burch heftige Predigten
gegen den könig etwa 40 arme Weiber, bie
sich zur Empfangnahme eines wöchcntlichen
Alinosens in ver Kicche eingefunden, aufgereizt
hakten, es lebe Franz II. zu schreien; 19
Bettlerinnen und 14 Mönche wurden ver-
hastet.

Man verstchert aus guter Quelle, Hr. Cal-
dervn Collantes sei entschloffen, seine Demis-
ston als spanischer Minister ber auswärtigen
Angelkgciihkilkn zu geben.

Nach Berichten aus Athen befindet sich bie
provisorische Regierung tn einer Sackgaffe.
Die Abtreiung der jonischen Jnseln finbel dci
Oesterreich unb bcr Türkei Wiberspruch; von
weilcrem Gcbietserwerb auf ihre Kosten will
die Psorte nichtS wtffen. Die Brigandage
nimmt so sehr überhand, baß Niemano mehr
vhne starke Cscorte zu reisen wagt. Die Räu-
ber haben dcn Hafenvrt Kalamachi angegriffen
und eine Anzahl notäbler Cinwohner ins Ge-
birge gcschleppt. Die Armee isl besorganisirt
unb hat keine Osficicre mehr; die Unterosfi-
ciere sind Werkzeuge des Clubs. Der Schgtz
ist leer und wenn die Nationalversammlung
nicht Abhülse schafft, ist Bürgerkrieg und aus-
wärtiger Krieg unvcrineidlich.

Cine auicrikanische Cvrrespondenz theilt mit,
daß Abgevrbnetc ber Südstaaten beschloffcn
haben, Baumwolle im Werihe vvn 20 Miü.
Franken als Beiftcuer sür die arbeitslosen
Arbeiter Europas zn liesern. Zcffcrson Davis
soll von Lincoln Auiorisalivn zur Verschiffung
dieser Bauuiwolle nach Svuthampton, Nantes
und Havre verlangt haben.

Deutschlan-

Karlsruhe, 15. Aan. Referendär Friedrich Leutz von
Ebervach wurde zum Secretär bet der Rcgterung deS Ober-
rheinkretseS, und Referenbär Karl Brunner von Mann-
hrim zum Secrrtär bei der Rcgierung des Unlerrheinkret seS
ernannt.

Berlin, 7. Jan. Die „Kreuzzciiung" ent-
hält eiiien wüthenden Artikelr „Prcußens
Kampf gcgen die Demokratie". Darin hcißt cs:
Wie mil bem Zahre 1813 ber Kamps gegen
be» Bonaparte erst begann, so bcginnt auch
erst mit dem Zubeljahre 1863 der rechte Kampf
gegen Vie Demokraten. Viele Provinzen nnd
Festungen sinb, wie 1813, so auch 1863 noch
tn Feindcs Hand: die Mehrheit ber Preffc,
auS welcher täglich Ungehorsam, Ausruhr und
Gottlosigkeit ausströmt, die Mehrheit der
Wählerjchaften und des Unterhauses und ein
grvßer Theil des Beamtenthums. Weithin
liegt die dumpse Atmosphäre aus dem Lande,

Dcr Üriminal-Director nahm gclcgentlich eine
Lußerc Besichligung des LeichnamS vor, eine düstcrc
Wolke lagcrte auf seiner Stirne, er war schweig-
sam und verdrießlich, wic ich dies schon gewöhnt
war, wenn daS Gcschäft nicht rccht vorwärtS rücken
wollte. Einige unbedeutende Kratzwunben licßeu
eS zweifclhaft, ob solche im Lebcn odcr im Tode
in demreißenden Mühlbach entstanden waren. Auf-
fällig «ar höchstenS daS verzerrtc Gesicht des Vcr-
storbcnen und der ümstano, daß die Zunge krampf-
hast hinter die Zahne fest geklcmmt lag. AUc diesc
Erscheinungen kommen bei Erstickungcn im Waffer
ebenfalls »or. Der Eriminal-Director betrachtetc
bcsonderS genau die Nägel und Fingcr dcS Vcr-
storbenen, ich wußte natürlich recht gut «cshalb,
auch ich hatte schon Gclegenheit gefunden, unbe-
merkt hinter dic Ohren des Rathshcrrn zu blickcn
und «ahrhaftig, ich hattc dcutlich, wenn auch nur
durch eine fcine gcröthcte Linic markirt, das sichel-
fvrmige Mal wahr gcnommen. Dic linkc Haud
der Lciche war krampfhaft gcschloffen; mit einiger
Mühe brach metn Mcister dic Finger auf, abcr
nur schmutziger Schlamm befand sich i» der Höh-
tung.

welche die „neue Aera" zurückgelaffen hat. s
Tl'nen übeln Dienst erweisen Diejenigen dem
Köni'ge und dem Vaterlande, welche wohl-
meineiid den Kainpf darstellen alS beschränkt
auf ein enqes Gebi'et, auf Armee-Orqanisation
und Budget. Nrmeebefehle vor Leipzig 1813:
„man wolle ja nur den verletztcn Frieden von
Tiisit aufrechk halten", hättcn uns nicht be-
geistcrt. Die Befreiung Preußens, Deutsch-
lands, Europas von 1>es Bonaparte Zoch war
bamals unser Ziel. Die Besreiung Preußens
und Deutschlands von den Demokraten ist
heute unscr Ziel. DieS wiffen unsere Demo-
kraten auch sehr wohl. . . . Ei'ne Selbsttäu-
schling ist es daher auch, welche die Unsrigen
Verwirrt und erschlafft, wenn man Preußens
äußere, besonders scine deutsche Politik als
neutrales Gcbiet anfieht, wo der König auch
aus dic Demokratie rechnen könne, die doch
auch gute Preußen sci'cn. Die Demokraten
nennen sich «n unserem Unterhausc die Deut-
sche — nicht die Preußische — Fortschritts-
partei. Zhre klugen Führer müffcn wiffen u.
wiffen auch wirklich, baß Preußen nicht mehr
Prcußen ist mit einem Könige, der vom
Untcrhause abhängt, und mit einer Armec, die
das Uuterhaus organisirt. Die „Reichsver-
fassung von 1849" fordert man, ein Parla-
menk, wie damals, und „dahi'nter", wie
Schultze Delitzsch erklärt hat, ein „Deutsches
Volkshcer", vas heißt: Untergang der Preu-
ßischen Armee, Untergang bcS Preußischen
Staats nnd Untergang dcs Preußischcn Köni'g-
thums in dem schäumenden Abgrunde der Deut«
schen Revolution.

Berlin, 14. Zan. Zm Herrenhausc wurdc
Graf Cderhard zu Stolberg-Wernigerode mit
74 von 95 Skimmen wieder zum erstcn Prä-
sidenten gewählt. Dic übrigen 21 Sti'mmen
fielen aus den Herzog von Ratibor. Jm Ab-
geordnetenhause übernahm den Bestimmungen
ber neuen Geschäftsordnung zufolge der frü»
here Präsidenl Grabow den Vorsitz u. brachte
nach einer kurzen Ansprache ein Lebchoch auf
den KöNig aus. Zn dieser Ansprache theiltc
Herr Grabvw mit, daß 194 Zustimmnngs-
abrcffen mit 221,151 Unterschriftcn von Wahl-
männern und Urwählern auf dem Tijch des
Hauses niedergelcgt seien.

Berlin, 14. Jan. Heute Mi'ttag um 1
Uhr sanv die feierliche Eröffnung des Land-
tages statt. Nach der Eröffnungsfeierll'chkei't
fanden sich bereits im Abgeordnetenhause die
Abgeoroneten von 1 Uhr ab ein. Reben dcm
Prästdcntenfitz steht ein Tisch mit dcn an das
Haus gerichteten Abressen bcdeckk. Der Prä-
sibent Grabow eröffnet die Sitzung um zwci
Uhr mit folgendcr Ansprache, in welcher er,
gestützt aus die königlichen Worle: „zwischen
uns sei Wahrheit", auf bie bcbauerltche iunere
Situati'on, auf bie Verdächtigungen und V,er-
lälimdungeii des Abgeorbnetenhauses, auf die
Maßrcgclung der Beamten hinweist und da-
mlt constatirt, daß der Conflict größere Di-
mensionen angenowmen habe, wic di'es auch
durch Verletzung deS Art. 99 erhelle, und baß
man voraussichtlich wieder ci'nem budgetlosen
Züstande entgegcn gehe. Das Land habe sci-

s nen Vertretern seine Zustimckung durch de»
freudigen Empsang bei threr Rückkehr ;u er-
kennen gegeben, so wie durch Znstlmmungs«
Adreffen, welche in einer Anzahl von 194,
bcdcckt mit 221,151 Uiterschri'ftkli von Wahl-
männcrp unb Urwählern, auf ben Tisch dcs
Hauses niedergelegt seien. Das Haus habe
sekner Pflicht zu gcnügen und tür die Ver-
faffnng als für ein unverletzlicheS Palladium
ei'iizustehcii. Zn diescin Sinne mögc man bie
Arbeiten mit neuem Mnth, Besonnenheit und
Mäßi'gung bcgi'nnen und im Hinblick aus das
Ziibeljahr der fiegreichen Thaten des preußi«
schen VolkeS für König nnd Vaterland an daS
Werk gehen mi't dem echl preußijchen Rufer
„Es lebc Se. Majestät dcr König Wilhelm I.
hoch!" — Sämnitli'che Anwesende erheben stch
(auch das Publikum anf den Tribünen) zu
einein dreifachen Lebehoch. Die vier jüngstcn
Mikgli'kdcr werden zu Schriftführern gewählt.

Köl«, 13, Jan.. Die Adreffe, welche große
rheinische Jndustrielle, Gutsbesitzer u. s. w. in
den Haupkstädten der Rheinprovinz an den
König gerichtet habcn, ist von hier am 9. d.
abgegangcn. Die «Köln. Zkg." veröffentlicht
di'eselbe, in welcher die Reform der Heeres-
Organisation unter der Bedingung gebilligt
wird, daß ste mittels der vom Lanbe allgemel'n
ersehnten Beschränkung der Präsenzzeit in den
Gränzen ausgesührt werde, welche cine gewis-
senhafte Prüsung der volkswirthschaftlichen
Zuständc und bcr financiellen Lcistungsfähigkeit
des Landes nothwendig erscheincn läßk.

Wien» 10. Zan. Dl'e „Generalcvrrespon-
denz" enihält folgenden Artikel: „Es trikt mit
einer gewiffen Bestimmlheit die Behauptung
auf, einige von Ven Negierungen, welche das
Delegirtenproject am Bunde einbrachtcn, seien
wankend geworben. Wenn bamit nur gesagt
werden soll, baß diese Negierungen die Ver«
ständignng mi't Prciißkii wünschen, so ist gar
kein Grimd, die Richtigkeit bieser Annahme
zu bczweifeln, wir möchten dieselbe vielniehr
bahin vervollständigen, daß alle in Rede stehen-
den acht Regierungcn von dem aufrichtigen
Verlangen einer Verständignng mit Preußen
beseelt sind. Wir wollen hier nicht abermal
wiederholen, was, wenn leider nicht spstema-
tisch auf bic Beirrung der öffcntlichen Mei-
nung in der deukschen Sache hingewirkt würde,
gar nicht erst gesagt zu werden brauchte.
Nicht etwa aus der Neigung, Preußen Ver-
lcgenheiten zu bereiken, ist der Antrag der
acht Rcgierungen hervorgegangen, sondern um
der immer dringender gewordenen Befriedi-
gung eines wohlbegrünbclen Verlangens ber
Nakivn wenigstens mit el'ncm ersten praktischen
Schritte entgegenzukomnien, sind sie mit ihrem
rcifli'ch erwogenen Projecte hervorgetreten;
viclmehr haben sic sich nur aus Rücksicht auf
dic notorische Haltnng Preußens mit einem
Miiiiis begnügen müffen. ES liegk also nur
in der Hand Preußens, daß aus biesem Mi-
nuS ein Plus werde. Alle acht Regl'eriiiigcn
werden sich wahrlich dazu leichter entschließen,
als sie sich entschloffen haben und entschließen
mnßtcn, auf das Minus des Delegirtcnpro-
jects sich zu beschränken. Das findct stch

„Zch möchte wirklich wiffen, wie unser braver
Freund in das Waffer gefallcn und wieerum daS
Leben gekommcn ist", sagtc dcr Bürgermeister zu
dem Rathsherrn.

(Schluß folgt.)

Literarisches.

Von der bekanntcn und beliebten Zeitschrift
„Unterhaltungcn am HLuSlichcn Hcrd"
liegt uns die erste Nummer dcs Zahrgangs 1863
vor. Jn der lctzten Nummer dcS vcrgangenen
Jahrcs nahm Karl Gutzkow, der Gründcr und bis-
h-rige Herausgcber der bercits seit 10 Jahren be-
stehenden „Untcrhaltungcn", »on den Lcsern Ab-
schied, weil scin Amt als Generalsecretär dcr Schil-
lcrstistung ihm dic mühevolle und zeitraubcnde Re-
daetionsführung nicht längcr gcstattct. Dcr neue
Jahrgang eröffnct mtt einer warmen Ansprache
des gcgcnwärtigcn HerauSgebcrS, vr. Karl Frenzel
in Berltn, dcs bekannten Fcuilletontsten der Na-
tional-Zeitung. Durch dte vorliegcnde Nummcr
ist tn der That ein guter Anfang gemacht zur Ver-

wirklichung dieseS Programms. Sie enthält den
Bcginn einer spannenden Erzählung des HerauS-
geberS „Auf stillcr Hcide"; ferner eincn btogra-
phischen Artikel Lbcr Friedrich Schleicrmachcr, dcn
Priestcr der christlichen Liebc, dcr Glück und Son-
nenschcin um sich zu breitcn suchte; eine Schil-
derung aus Athen von Frederike Brcmer; einc in-
tereffante Notiz „Das Herz Boltaire's"; „Liedcr
auS dem Hochland" von Aulius Rodcnbcrg; end-
lich im Beiblatt eincn geistvollcn Aufsatz: „Der
Hnmor in der Wcltgcschichte", cinc Bcsprechung von
Hebbel's „Nibelungcn" und einen Brief „äus der
Kaiserstadt." Wenn die „Unterhaltungcn" in der-
selben ansprechcnden Weise fortfahren, so «crdcn
j sie ihr schöncs Ziel: „mchr und mehr als ein Volks-
j buch im bestcn und cdelsken Sinne zu wirkcn und
! die freudigc Theilnahme der Nation zu gcwinnen"
^ sichcr erreichcn und ais eins dcr besten Unterhal-
«ungsblättcr sich einen immcr zahlreichern Leser-
kreis verschaffcn.
 
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