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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0174
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* Politische Umschau.

Die Ablehnung des Herzogs von Coburg
hat >n Griechenland allgeineine Besriedlgung
erregt; alle Clubs haben erklärt, baß man
keineil deutschen Prinzcn wolle. Das Land
war rnhig, nur an der theffalischen Grenze
streiftcn noch einige Räuberbandcn.

Die „Curope" ist aus zuverläffigeu Quellen
in Stand gesetzt, einen Abriß der Convention
zwischen Rußland und Preußen zu gebcn.

Die Convention zwischen Preußen u. Ruß-
land zersällt in zwei verschiebene Theile, wo-
von dcr eine sich auf dic Gegenwart bezieht
' u»d unmiltelbare Anwendung findet, und der
andere die sjukunft und ihre Eventualitäten
bctrifft. Der erstcre Theil enthält drei wc-
sentliche Stipulationen.

Der erste Artikel ermächtigt dic ruffischen
Truppen, dic prenßischen Grenzen bei Ver-
folgung von Znsurgenten zu überschreitcn, bis
sie auf preußischc Truppen stoßen, die in ge-
höriger Stärke sind, um die Jnsurgenten zur
Niederlcgung dcr Waffen zu zwingen, und an-
dererseits könncn prcußische Truppen unter
denselben Bebingungen Znsurgenten auf ruff.
Gebict vcrsolgen. Der zweite Artikel regulirt
die Bedingungen, unter welchen ruffische Trup-
pen preußischcs Gebict burchziehen dürfen,
wenn die Generale diesen Durchzug aus stra-
tegischen Gründe» für ersprießlich halten.

Jm dritten Artikel werdcn die Douane- u.
Ueberwachungsmaßregeln bestimmt, burch welchc
die Einfuhr von Waffen uub Munition und
überhaupt alles deffen, woburch der Kampf
verlängert werden könnte, vcrhinderk werden
soll.

Der zweite Theil enthält die gehklmen Clau-
seln, welche keinem Cabinet mitgetheilt wur-
den; allein in Paris, Lonbon und Wicn ver-
lautete darüber, baß darin die Haltung beider
Cabincte, im Fall cincr biplvmatischen Jnter-
vention ber Westmächte, für die Polcn bestimmt
wird.

Der Wiener „Presse" zufolgc steht der Ab>
fall Heffen - Darmstadt's von Oesterreich so-
wvhl in handelspolitischer alS politischcr Be-
ziehung und der Uebertritt ins preuß. Lager
dcmnächst zu erwarten. Nähcres ist abzu-
warlen.

Deutschland

Karlsruhe» 19. Februar. 72. öffentliche
Sitzung ber II. Kammer. Präsident Hilde-
brand. Am Ministertische: Minister Dr. Sta-
bel, Generallieutenant Ludwig, Staatsrath
Dr. Lamep und Geh. Rath Dr. Junghanns.
Das Sccretariat legt einigc Petitione» vor,
worunter eine aus den Aemtern Donaueschin-
gen, Billingen rc., die Errichtung eines Schwarz-
wälder Kreisgerichts betr., die andere von den
Gemeinden des Amls Wertheim um ein Kreis-
gericht (rcsp. Kreisgerlchtsiknat) in Werlheim,
eine drittc aus Bruchsal um Belassung des
Kreisgerichts dortselbst. Generallieutenalit Lud-
wig zeigt der Kammer an, daß bie grohh.
Staatsregierung stch veranlaßt sehe, den vor-
gelegten Gesetzentwurf über Nichtentlaffuiig
der Ercapitulanten zurückzuziehen, nachdem der
Zeilpunkt vorübergegangen, welcher von der
großh. Regierung als Frist dazu bezeichnet
worben ift. Schaaff erwieberl, daß er den
Bericht erstattet, abkr der Commisfion noch
nicht vorgctragen habe, er werde solchen nun
zu den Akten legen. Frick berichtet Namens
der Budgetcommission über den Vortrag dcs
Staatsministers Dr. Stabel, die Eintheilung
der Kreisgerichte betreffend. Es werden
92,850 fl. odcr nach Berichiigung eines Rcch-
nungsfehlerS 91,350 fl. als Credit verlangt
und zwar für: Koustanz 2000 si. zur Her-
stcllung eineS Saales für öffentliche Verhand-
lungen und zweier weiterer Zimuier. Die
Commission beantragt Genehmigung dieser
Summc. Die Kammer stimmt vhne Discus-
sivn bei. Waldshut 1500 fl. fur Abändcrung
des übergroßcn zweiten Saales für Berhand-
lungen in Civil- und kleinen Strafsachen; der
Anirag auf Genehmigung wirb angenommen.
Freiburg 5600 fl. für Herstellung eincr neuen
Dienerwohnung in dem Hvse, welche bei Her«
pellung eineS weiteren Saales noihweudig s

wird. Antrag auf Genchmi'gung wi'rd ange-
nommen. Baden 1500 fl., um in dem von
der Stadt Baden angebotenen Gebäude Vcr-
änderungen vorzunehmen. Die Commission
würde den Antrag gestellt haben, diesen Be-
zirk zwischen Offenburg und Karlsruhe zu
theilen, wenn nicht die großh. Regierung dar-
gethan hätte, daß der Bezirk Karlsruhe ohne-
dies ein schr großer sei unb die Verwaltungs-
und Gerichtsbezirke möglichst gleich eingetheilt
wcrden sollen; fle bcantragt dahcr Genehmi-
gung der geforderten Summe. Fingado
spricht für Lahr, da für diese Stadt gewich-
tigere Gründe sprächen, als für Baden, und
bittet die Regierung, dicsc Fragc um so mehr
nochmals in Erwägung zu ziehen, als bisher
die Stadt Lahr ohnehin sich stiesmütterlich von
der Regierung behandelt hält. Wagner un-
terstützt diese Bitte; bei allen organisatvrischen
Bcrordnungen sei Lahr immer zu kurz gekom-
men und er fürchte, baß auch bei Errichtung
eines Hanbelsgerichts diese Stadt leer aus-
gehe, wenn man solches mit einem Kreisgericht
verbinden wollte. Minister Dr. Stabel:
Schaffen Sie uns einen KreiS, dann wollen
wir Jhnen auch ein Kreisgcricht geben.
Fingado liest den Theil der Petition vor,
wclcher einen solchen Kreis bezeichnet. Lamcp
und Lcnz sprachen für Pforzheim Wünsche
aus. Auf Prestinari's Bcmerkung, daß
man flch nicht noch weiter zersplittern solle,
ward diese Besprechung geschloffen und obige
Summe genehmigt. Heibelberg 9000 fl., um
durch den großen Saal, der zwei Stvckwerkc
einnehmc, ein Gebälke durchzuziehen unb ein
drittes Stockwerk zu Wohnungen herznrichten.
Die Commission glaube zwar, daß sich die
Wohnungsräume schlecht rentiren u. der Saal
bürfte zu nieder erscheinen; doch bcantragte
bie Masorität der Commission, unter der Vor-
aussetzung, daß die großh. Regierung sich
darüber vollständige Ueberzeugung verschaffe,
die Genehmigung der geforderlen 9000 fl.
Offenburg 1500 fl. Ohne Discussion gcneh-
migt. Lörrach 78,700 fl. (die Hälfte für 1863
schon) und 33,340 fl. für ein Gefängniß.
Früher war MüUheim erkoren, wo schon die
Gcbäulichkeiten vorhanden sind und nur noch
1500 fl. weiter nothwendig würden; das sci
ciiie sehr große Differenz, wenn auch das Ge-
fängniß unter allen Umständen in Lörrach ge-
baut werden müffe; die Commission habe des-
halb sehr sorgfältig die Nachthcile und Vor-
iheilc erwogen und gefunden, daß sich beide
ziemlich ausgleicheu würden, wenn nicht das
Amt Schönau wärc, desscn Weg nach Lörrach
allzu beschwerlich wäre und die Commijsion
habe aus diesem Grunde mit einer Majori-
tät von einer Stimme stch nicht für Lörrach,
sonbern für Müllheim ausgesprochen, während
bie Minorität den Regierungsantrag (Lörrach)
empfikhlt. (Forts. folgt.)

Karlsruhe, »9. Febr. Die Kammermit-
glieker sind heuie auf unbestimmtc Zeit beur-
laubt worden, nachdem das Haus noch ein-
stimmig bie Vorlage der Regierung bezüglich
der Gerichtssttze genehmigt, mit allen gegcn
eine Stimme (Beck) die Errichtung von Kreis-
gerichtssenaten auf bem Schwarzwalde und
tm Main- und Taubcrgrunbe cmpfohlen und
schließtich das Verfahren der großh. Regierung
bezüglich des landstänbischen Ausschusses ge-
billigt hattc. (K. A.)

-f- Heidelberg, 20. Febrnar. Hosrath
Häusjer hält auch in biesem Wmtersemester
zahlreich besuchke Vorlesungcn über neuere und
neueste deutsche Geschichtc; dic sichtbare Auf-
merksamkeit, Spmpathic und Anerkennung von
Seiten der jugendlichen Hörer verleiht diesen
von ächtem Patrivtismiis erwärmten Vorträgen
ein hohes Znteresse. Die Coalitionen gegen
Frankreich zu Enbe des vorigen und im Än-
fange bes jetzigen Zahrhunderts werden von
Häuffer ausführlich besprochen und dabei auf
die Mißgriffe und Sünden der damaligen öster-
reichischen und preußischen Diplomatic hinge-
wiesen, über welches Thcma der geistvolle
Lehrer dcr Geschichte neue überraschendc Auf-
schlüffe und Enihüllungen inittheilt, wozu er
durch seinc jüngsten Forschungen in dem reich-
haltigen Berliner Staatsarchiv in den Stand
gcsetzt wurde. Die lichtvolle pragmatische
Darsteüung wie de( durch eine bewährte na-

tionale Gestnnung gehobene anregcnde Vortrag
machen auf gleichgesinntc Hörer einen ergrei-
fenden und nachhaltigen Eindruck. Die Schil-
derung der deutschen Befrciungskrl'egc, so wic
der Gründung des deutschen Bundes werden
den in etwa drei Wochen eintrctenden Schluß
dicser höchst intereffanlen Abenbvorlesungen
bilden.

?? Weinheim, 19. Febr. Einem längst
gefühlten Bedürfniffe unserer Stadt und un-
seres Amisbezirkes wird demnächst abgeholfen
werden. Herr Buchdrucker Schncidcr von
Mannheim wird nämlich auf den 1. März
eine Filial-Druckerei dahier errichten, womit
gleichzkl'tig die Herausgabe eines Local - oder
Amtsblattes in Verbindung treten wird. Bis«
her geschahen alle den Weinheimer und Laden-
burger Amtsbezirk betreffcnden amtlichen und
nicht amtlichen Verkündigungen vorzugsweise
durch das Heivelbergcr Zournal und gelangten
deßhalb nur zu eincr unvollständrgcn Kenntniß;
ein Amisblalt dagegen, welches zugleich die
wlchtigsten politischen Ereigniffe in einer ge-
brängten Uebcrsicht bietet und um billigcn
Preis geliefert werden kann, wird sich einer
ausgedehnten Verbreitung innerhalb der be-
treffenden Bezirke zu erfreuen haben. Die
Revackion des Blattes wird Herr Schmetzer,
Vorsteher der höheren Bürgerschule dahicr,
übernehmen, und auch hi'erin liegt cine gün-
stige Vorbedeutung für daffelbe. Wie man
vernimmt, soll nvch die Herstellung einer zweiten
Druckerei durch einen eingeborenen Weinheimer
beabsichtigt sein. Auf den seitherigen Mangel
würde demnach cine Ueberfüüung folgen, die
weder für die Sache noch für die zunächst da-
bei betheiligten Personen förderlich sein könnte;
denn zwei Druckereien können in unserer zu
kleinen Stadt neben einander schwerlich be-
stehen.

Frankfurt, 18. gebruar. Die durch die
Galiin des amerikanischen Gesandten in Ma-
drid hervorgerufene Sammlung von Charpie
und Leinen für die Verwundeten des Unions-
heeres hat bereits einen solchen Erfolg ge-
habt, daß schon übcr 1000 Ctr. nach Amerika
abgeschickt werben konnteu.

Berlin, den 16. Febr. Den Hauptge-
genstand der heutigen Sißung des Ageordnc-
tenhauses bildet die Jnterpellation der
Abg. Kantak und v. Chlapowski (Polen),
betreffend die gemeinsame Bekanntmachuag
des Oberpräsidentcn und dcs kommandiren-
den Gencrals der Provinz Posen an dic Be-
wohner dcr dortigcn Provinz (Warnung vor
Bclheiligung an dem polnischen Aufstande)
vom 1. Febr. Die Znterpellanten richten an
dic Staatsregierung bie Frage: 1) vb und
wann das Großhcrzogihum Poscn dem Aus-
nahmezustande eincr Verwaltung der kombi-
nirten Civil- und Militärbehörden verfallen
ist. 2) ob daS K. Staatsministerium den
amtlichen Erlaß vom 1. Febr. seinem Jnhalte
und seiner Form nach billige. Die Znterpel-
lation wird von Kantak begründct. Derjelbe
bemerkt: Jm Zahre 1859 habe Rußland ein
Rckrutirungsgesetz erlasscu, jedoch daffelbc für
bas Kvnigreich Poten sofort wieder anfgeho-
ben. Jn der hierzu von dcr ruffischen Re-
gierung ertheilten Jnstruktion sei es ausdrück-
lich ausgesprochen gewesen, daß es sich hicr
lediglich n,n. eine politische Maßregel hanble,
zu dem Zweck, dicjcnigen Leute, von welchen
die Regierung glaube, baß ste gefährlich wer-
den könnlcn, forschlcppen zu können. Denn
wer einmal für das ruffische Militär geprcßt
werdc, init dem sci es eben aus. Ueber die-
ses Verfahren Nußlands dürfe er das Ur-
theil dem Hause anheimstellen; dieses Vcr-
fahren bedeute das Endc aller Civilisation.
Könne man sich da wundern, daß die Polcn
aufgestandkll seien? daß die Leute, anstatt sich
in den Tod schlcppen zu laffen, lieber den
Tod im Vaterlaude sterben wollten? Ruß-
land habe dieß auch gewußt, und weil es dieß
gewußt, habe es so gehandelt. Es wolle die
Bevölkerung eben zum Aeußersten bringcn.
Redner kommt nun auf die Bekanntmachung
dcs Oberpräsidenten unb des kommandirenden
Gencrals der Provinz Poscn zurück, indem
er frqgtc, waS denn vorgefallen sei, was die-
sen Erloß und die sonst ergriffenen VorsichtS-
maßregeln rechtfertigen könnte. Hatte maa
 
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