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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0181
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Ueidtlbtrger Ititimg.


N L6


Dienstag, 24. Februar



^ Die Badifche öckndeszeitung und
-ie Communatschule.

(Schluß.)

Wiü man aber, — thkils um die Durch-
führung zu crleichtern, thcils aus Gründen
der iuneren Zweckmäßigkeit — dcn Lehrern
den „allgemcinen", also nicht systematischen
oder dogmatischen, sondern rein biblilch - gc-
schichtlichen Religionsunterrlcht zuweisen, wo-
gegen wir ebensalls nichts einzuwenden haben,
so ist dies nicht so unverständig, wie uns die
B. L.-Z. überredeu möchte, sonoern wir glau-
ben vielmehr, daß der »reinc Unvcrstand" auf
der entgegengesetzten Seite zu sucheu ist. Auf
echt schulineistcrliche Weisc stellt nämlich die
in der Naiurgcschichte grünblich unterrichtete
L.-Z. uns die Fragc: „Gibt eö einen Vogel,
der weoer Sperling noch Zeisig, weber Amscl
noch Distelsink, sonbern eben nur ein „allge-
meiner Vogel" isi? Ooer ist benn das „allge-
weiue Christenthum", das weder katholisch noch
evangelisch ist und keiner dieser Confeffionen
entgegeniritt, bis bahin enldeckt?" Warum
denn uicht? fragen wir dagegen; vder kennt
die B. 8.-Z. wirklich kein Christcnlhum, wel-
cheö nichl allein übcr den Gegensatz des Ka»
tholischen unb Protestantischen erhaben ist, svn-
dern auch vor diesem Gegcnsatze längst vor-
hanben war? Man sollte kaum glaubcn, daß
Gelehrsamkeit und Unsinn so nahe aneinauber
grenzen können, und doch ist es so. Die von
einem LpceumSlehrer rebigirte B. L.-Z. weiß,
wie sich von selbst verstcht, vaß in der Natur-
geschichte bie Spccies unb bie Genera, ober
bie Arten und Gattungen nichts weiter sind,
alS eine lvgischc Abstraction und Claffisica-
tion, welche daburch zn Stande koniint, daß
man von ben einzelnen Gcschöpseii ooer Zndi-
viduen, die aüein etwas Correcies ober We-
seuhasles sind, burch iuimer allgemeinere und
ausgebehntere Zusammensaffung zum Besonbc-
ren und Allgcuieinen aussteigt, oaß es also in
ber concreten Wirklichkeit kctn allgemeines
Säugethier, sondern nur Pserbc, Ochsen,
Hunoe u. s. w., und keinen allgemeinen
Vogel, sondern nur Spatzeu und Saat-
krähen rc. gibt, deren Bekanntschaft die Lan-
bcozcitung in neuester Zeil voizugsweisc ge-
macht hat. Diese abstract-logischc Claffisica-
lion tragt nun bie L.-Z. aus ocm Linneischen
Systcm auch aus daö geschichtlich - christliche
Religioiisgediet über; bas Christenthum lst
ihr als allgemeineS Christemhum auch nur
ein Abstractuin, ein logischer Begriff, der keine
Wirklichkeit hat, sonbein nur als kalholische

und evangelische Confeffion eristirt, obgleich
das Christenthum doch bekanntlich eine sehr
wesenhaste gcschichtliche Lebenscrscheinung ist.
Weil die L.-Z. in ber einen oder anbern der
beiden christlichen Conseffionen unterrichtel u.
erzogen worden ist, so gcht ihr christliches Be-
wußtsein völlig in ihrem confeffionellen auf
und reicht nicht über die Zeit dcr Kirchenspal-
tung hinaus und nicht aus dem kirchlichen
Dogma in deffen christlich - religiösen Grund
und Geist hinein; von einem Christenthum,
welches, bevor es eine römisch-katholische und
protestantische Kirche gab, als eine religiöse
Crscheinung in Lehre und Leben, mit Wort
unb That in die Wirklichkeit trat „voll Gnade
und Wahrheit", und von dessen Wesen und
Ratur nicht blos die Concordienformel und
der römische Katechismus, sondern vor Allen
die weder katholische noch protestantische Bi-
bel Zeugniß gibt — von einem solchen Chri-
stenthum wciß die L.-Z. nichrs. Wie cs kei-
nen aUgemeilieo Vogel, svnbern nur Zaun-
könige, Käuzchen, Dompsaffen u. drgl. gibt,
so svll eS auch keinen Christen geben können,
der nicht eniweder an bas kalholische Feg-
fcuer, oder an die calvinische Gnadenwahl
glaubt, nicht Brod und Wein oder Fleisch und
Blut in dem Abendmahle genießt; und am
Cnde müffen auch Pelrus und Paulus, Jo«
hanncs unb Jacobus, wo nicht Zesus selbst,,
katholisch oder prvtestantisch gewesen sein.
Einen größeren Unsinn kann es kaum geben,
obgleich z. B. die römische Kirche steis unb
fest behauptet, Petrus sei der erste römische
Papst und Stellvertreter Christi gewesen, und
obgleich die gelehrte Landeszeitung in Ueber«
eiiistimmung iiiit Dr. Zittcl, beffen Anschau-
ung sie adoptirt hat, cbcnso steis und sest be-
hauptet, es gebe kein Christcnthum, sonbern
nur Conseffionen, und ein Volksschullehrer
könne nicht an der Hand der Bibel die Kin-
der biblische Geschichte lesen und erzählen
laffen, vhne ihnen eine katholische oder pro-
testantische Brille aus die Nase zu setzen. Cin
solcher Unsinn geht wirklich über unser Be-
greisen hinauS, inSbesonbere seitbem wir ka-
tholische Lehrer kennen gelernt haben, deren
religiöse Anschauung proiestantischer war als
die mancher Gnesio-Lutyeraner, aber auch pro-
testantische Lchrer, bie einen stärkeren Zug nach
Rom in stch verspüiten als bec katholische v.
Weffenberg. Doch genug sür jetzt. Zur Er-
gänzung ßnserer Ansichl verweisen wir auf
den in Rr. 18 und 19 des Mannh. Anzeiger
vom 21. und 22. Zanuar erschienenen Leit-
artikcl „Dr. Ziltel und die Communalschule",

mit welchem wir vollständig einverstanden sind.
Sollte es aber die Landeszeitung wünschen
und unS dazu auffordern, so werden wir noch
einmal die Arena betreten. Einstweilen Adien!

* Politische Umschau»

Gegenüber der Nachricht der „Berl. B.-Z.",
wornach Herr v. Bismarck als Derfenige be-
zeichnet wirv, welcher nicht blos von der Un-
haltbarkeit der preußisch-ruffischen Coavcntion
gegenüber ber Lanbesvertrctung und den euro-
päischen Mächten überzeugt, sondern auch durch
den Abschluß persönlich um so unangenehmer
berührt sei, als dieser die feste Ueberzcugung
von der Eristenz eines maßgebenden Einsiuffes
neben dem unter allen Umständen moralisch
verantwortlichen Ministerium bei ihm begrün-
det und unter dem Einbrucke dieser Udberzeu-
gung sogar seine Entlaffung erbcten haben
soü, wird der „KLln. Ztg." aus Berlin ge-
schrieben: Daß Herr v. Bismarck zu seiner
Znterventions-Politik durch die Militärpartei
sich hat bestimmen lassen, ist nicht begründet.
Herr v. Bismarck, von jeher ein hocheifriger
Vertreter ber Allianz mit Rußland, hat diese
Politik auS eigenem Antriebe, aüerdings unter
sehr lebhafter Zustimniung der Militärpartei,
ergriffen.

Nach ber „Opinion nationale". wird eine
bedeutende Bewegung, welche von dem Prin-
zen Scanderbcrg dirigirt wird, unterstützt durch
ein zahlreiches Corps Garibaldianer, nächstens
in Albanien ausbrechen, wo die Türken 30,lXX)
Mann concentriren. Die „Opinion nat." fügt
noch uuter Reserve hinzu, daß die französische
Regierung sich entschloffen habe, auf diplvma-
tischem Wegc nächstens zu Gunsten PolenS
zu interveniren.

Deutschland

Karlsruhe, 19. Februar. 72. öffentliche
Sitzung ber tl. Kammer. (Fortsetzung.) Offen-
burg 1500 si. Genehmigt; jedoch wünschen
die Abgg. Weber unb Kimmig, daß Achern
uud Renchen dem Kreise Offcnburg statt Ba-
den zugetheilt werden. Für Mannheim wer-
den 60,000 si. gefordert, namentlich für einen
Gefängiiißdau. Nach dem Antrage der Ma-
jorität der Commiffion mit Rücksicht darauf
genehmigt, baß sich der Gefängnißbau zweck-
mäßig mit dem Amthausbau verbtnden laffe.

Das Präfivium setzt hierauf die von ker
Commiffion beanlragtc Nieberlegung eines
Wunsches zu Protokoll: die großh. Regierong

Maria Therefia als Mutter.

(Fortsetzung.)

Dein vorzüglichstes Studium soll sein, baß cr
bei Dir immer gleiche Launc, diesclbe Gefälligkeit,
diejclbc Zuvorkommenhcit finde. Trachte ihn zu
untcrhalten, zu beschästigen, daß er sich nirgends
beffcr bcfinde. Um Dir scin Vertraucn zu erwcr-
ben, mußt Du sorgcn, es durch Dcin Bcnehmcn,
Drine DiScretion zu vcrdiencn. Laß niemals einen
Vcrdacht in Deincm Herzen Eingang finden: je
mehr Du Dcinem Gemahlc Frciheit läffcst, je mchr
Du darin Deine Gefühte und Dein Vertraucn offcn--
barst, desto anhänglichcr wird er Dir sein. AllcS
Glück dcr Ehe bcstcht in Vertrauen und beständi-
ger Gesälligkcit. Die thörichte Licbe vcrgeht bald;
aber man muß sich achten, sich gcgenseitig nützlich
sein. Dcr Eine muß der wahrc Freund des An-
dern scin, um die llnsälle dieses LebenS crtragcn
und seine Wohlsahrt begründcn zu könncn.' DaS
ist der wesentlichstc Punkt, in welchcm Stande man
immer sei. Zn dieser Rückficht fürchte !ch nur ein
Zuviel, daS auf Euer gemeinschaftlichcS Glück Ein-
stuß nehmen könnte. Zch habe Dich eifersüchtig bei

Dcinen Krcundinncn gcschen; hüte Dich davor bei
Deinem Manne; daS würdc ihn entsernen. Nicht
einmal scherzen sollst Du über diesen Punkt; »om
Schcrzcn kommt man zu Vorwürfcn, dcr Aergcr
kommt dazu, die Achtung und der Reiz deS Lcbens
cntsticht und die Abneigung tritt ein. Ze mehr
Du Dcincm Manne Vcrtraucn bezeigst, vhnc ihn
im Gcringsten zu geniren, dcsto anhänglicher wird
cr Dir bleibcn.

Wclches Glück, immer bci sich eine liebenSwür-
dige Gemahlin zu findcn, die immcr beschäftigt ist,
ihrem Mannc alleS Glück zu bcreiten, ihn zu un-
terhaltcn, zu tröstcn, ihm nützlich zu sein, die ihn
nie genirt, ihn immer kommen läßt, fich mit sei-
ncn zarten Aufmerksamkciten begnügt und glücklich
ist, um ihn zu sein. Wcr das nicht im Anfang
bcsolgt, fühlt die Wirkung in der Folge. Allc
Ehen würdcn glücklich sein, wenn man sich so be-
nehmen würde; aber allcS hängt von der Frau ab,
sie soll dir rcchte Mitte inne halten, die Acktung
und das Vertraucn ihreS Mannes gcwinncn; sie
soll dassclbe nie mißbrauchen, «cder damit prunken,
nock befchlcn wollen. Zn dieser Hinficht ist Dcine
Lage ebenso delieat, wie eS die meinige «ar. Laß

ihn niemals Deinc Ucberlegenheit (snpsrioritö)
fühlcn. Man scheut keine Mühc, wenn man wahr-
haft und vcrnünftig licbt; darüber bin ich ruhig.
Kcinc Kokcttcrie, keinc Eitelkeit ist Dir crlaubt.
Höre darüber Niemand. Zeigc ihnen, daßDu übcr
dicse Albernheit erhabcn bist. Bci einer vcrhei-
ratheten Frau ist alles von Wichtigkcit, nichtS leicht.
Sei immer bcschcidcn gcklcidct. Einerverheirathe-
ten Krau ist daS nicht gestattet, was cinem MLd-
chen hlngcht. Die Andercn würdcn Dich glcich über-
bicten wollcn. Habc kcinc Vertraute. DaS soll
D-in Mann allein scin. Zch will nicht rinmal eine
AuSnahme für mich i" Anspruch nehmen, um Dich
nicht an vertrauliche Mittheilungcn zu gcwöhnen.
Du hast Gcist und Talente genug, wen» Du fie
für Dein Glück gebrauchen «illst, umsomehr als
der Eharacter und das Betragcn DeincS GcmahlS
Dich für die Zukunst mehr beruhigcn kann als
alles anderc, wenn Du nicht selbst dieseS glückliche
Vcrhältniß störst. Man muß trachten, immer um
seinen Gemahl beschäftigt zu sein, dann geräth man
in keine Fehler. Man findet mchr Geschmack an
Vcrgnügungcn, wenn man fic mit Maß genießt;
Du hast gcnug Beispiele gcschen. (Schluß f.)
 
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