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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0182

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möge die Verhältniffe auf dcm Schwarzwalde
nochmals gründlich pnifen, ob es ohne all;u
große finanzielle Opfer möglich sei, einen zu
Kvnstanz gehörigen Kreisgerichtssenat aufdem
Schwarzwalve zu errichten? Minister Dr.
Stabel ist nicht gegen den Antrag, wohl
aber gegen die Form desselben, welche glau-
ben laffe, die Regierung habe bisher eine gründ-
liche Prüfung versäumt, gegen welchen Vor-
wurf er fich verwahrcir müßte. Die Regie-
rung habe schon langc sorgfällig geprüft, sorg-
fältiger vielleicht als die Commiffion, und es
sei ihr bis jetzt noch nichts Neues in dieser
Frage vorgekommen. Errichte man auf dem
Schwarzwalde eia Kreisgericht, so sei es ein
Uebel; denn das gewünschte Kreisgericht ist
unnöthig, weil das Kreisgericht in Konstanz
im Stanbe sein wird, allein die Geschäfte zu
erlerigen, wclche das Kreisgericht Villingen
oder Donaueschingen erledigen soll. Errichte
man keines, so sei es anch ein Uebel, weil
die Bcwohner jener Bezirke in der That sehr
weik von Konstanz wohnen, was beklagens-
werth sei, doch durch bevorstehende Eisenbahn-
anlagen gemildert werde. ES frage sich nun,
welches Üebel das größte sei. Die Regierung
sei im Jnteresse der Staatscasse, aus Spar-
samkeit gegen einen Schwarzwaldkreis. Hätte
fie ein unnöthiges Kreisgericht vorgeschlagen,
so würde die Kammer solches gestrichen ha-
bcn; jetzt sei es umgekehrt; die Budgetcom-
miffion beantrage den Wunsch nach Vermeh-
rung. Die Regierung habe nichts dagegen;
nur müffe sich die Kammer klar und bestimmt
aussprechen, was sie wolle; denn es könne
eine Zeit kommen, wo das fragliche Kreisge-
richt wieder aufgehoben werden müffe, weil
es ein nnnatürlicher Zustand sei, wenn man
Richter habe, die nicht beschäftigt seien.

Kirsncr widerspricht, daß die Coinmiffion
in die Form des Wunsches einen Vvrwurf
gegen die Regierung habe legen wollen. Für
ein Schwarzwälder Kreisgericht sprcchen: ein
Blick auf die kandkarte, die Einstimmigkeit der
Budget-Commiffion, die Bcvölkerung der frag-
lichen Gegend, die allzngroße Entfernung von
Konstanz, die abgehaltenen Versammlungen,
die Slimme der Preffe, die Adreffen, Depu-
tationen, Eingaben, Petitionen dcr Bevölke-
rung. Durch Anlegung von Eisenbahnen werde
zwar das zur Zeit ganz unerträgliche Uebcl
gemildert werden, aber auch dann sei es noch
fast unerträglich; aber warum wolle man dic-
sen Vorkheil der Eiscnbahn nur gegen den
Schwarzwald zur Geltung bringen und nicht
auch im Rhein- und Rkckar-Thale, wo die
Kreisqeiichte so nahe beisammen seien? Offcn-
burg-Baden-Karlsruhe und Mannheiin-Heidel»
berg-MoSbach.) Was den Geldpunkt betreffe,
so sei kersclbe im Verhältniffe kein erheb-
licher. Redner bespricht noch die Verkehrs-
verhältniffe des Bezirks Neustadt; allerdingS
ziehc jetzt der dortige Verkehr nach Freiburg,
abcr auch nach dem Schwarzwald, nach wel-
chen er immer mehr sich richlen werde, wenn
einmal die Eisenbahnen erbaut seien, dann
werde sich der Hauptverkehr Neustadts gegen
Württemberg hin ziehen. Ob Billingen oder
Donaueschingen als Gerichtsbesitz erkoren würde,
woüc er nicht aussprechcn, nur das thatsäch-
liche Berhältniß wolle er anführen, daß in
Donaueschingen bic nöthigen Gebäulichkeiten
schon vorhanden seien. (Schluß f.)

Karlsruhe, den 20. Febr. Wie verschie-
de«e Blätter berichten, ist Staatsrath Weitzel
seiner Funktion als Präsident des Handels-
ministeriums auf sein Ansuchen enthoben, je-
doch nicht pensionirt, sondern für anberweitige
Verwendung bestimmt. Die Leitung des Han-
dclsministeriums hat Hr.v. Roggenbach inte-
rimistisch übernommen; man glaubt, daß Staats-
rath Mathp zum Nachfolger Weitzels aus-
ersehen sei.

Berlia, 18. Febr. Sitzung des Abgeord-
nelenhaufeS. Dic Tagesordnung führte zu-
nächst zu ker Jnterpellation in der polnischen
Frage. Der Ministerpräsident erklärt, dic
k. Regierung lehnc es ab, di'e Jnterpellation
zn bcantworten. Abg. Parrisius (West-
havelland) beantragt Eröfinung einer Debatte;
der Antrag findet ausreichende Uiiterstützuiig.
Zum Worte meldcn sich: v. Unruh, Waldkck,
Twesten, Rkichensperger, (Gkldern), Virchow,

v. Carlowitz. — v. Unruh geht auf dke
Stellen der vorgestrigen Erklärung zurück,
welche das Zntereffe Preußens motiviren, ber
Bewegung entgegenzutreten. Jn dcn preußischcn
Lanbestheilen besteht keine Bewegung. Dcn-
noch sind zwei Armeecorps kriegsbcreit ge«
macht, zwei sind im Begriff, ihre Reserven
einznziehen. Eine solche Mobilisirung bei
solchem Anlaß heißt ein Dorf anstecken, um
ejnen Brief dabei zu lesen. Bei einer so
wichtigen Frage können wir nicht schwcigen.
Für die Stellung Preußens kommen zwei
Rücksichten in Erwägung: ob der Aufstand
die Bedeutung hat, um zu einem unabhängi-
gen Polen zu führen, und die Politik Ruß-
landS. Eine solche Bedeutung, wie die zu-
erst vorausgesctzte, hat der Aufstand nicht.
Es kommt also nur die Stclluug Rußlanbs
in Frage. Jch halte Rußland nicht für an-
griffsfähig. Allein die russische Politik ist einc
weit sichtige und barin unterscheidet sic stch von
der preußischen, sie hat ferne Ziele im Augc.
Preußen gegenüber ist sie seit 60 Jahren
klar. Ein Preußen von 14—18 Millionen
Einwohnern, welches seine Politik von der
russischen abhängig gemacht hat, welches
Rußland jeden Freundschaftsdienst uneigen-
nützig geleistet hat, ist eine sehr bequeme
Schutzinauer für Rußland. Ein staikes und
selbstständiges Preußen ist Rußland sehr un-
beqnein. 1806 und 1807 hat Rußlanb Preu-
ßen nur eben nicht wegwischen laffen, aber
es hat im Tilsiter Frieden an der Beute
Theil genvmmen. Auf dem Wiener Congrcß
ist Rußland jeder Politik cntgegengelreten,
die Preußen hätte stark und selbstständig ma-
i chcn können. 1849 und 1850 ist Rußlanv
unserm Einschreitex in Schleswig-Holstein
eiitgegengetreten, und es hat uns auf den
Weg nach Olmütz schiebcn helfen. Dieser
klaren Haltung der russischen Politik gegen-
über ist unerklärlich, daß Preußen derselben
gegcnüber nicht die seinen Jntcrcffen entspre-
chende Stellung einnimmt. 1831 hat Preu-
ßen einen grvßen Fehtcr gemacht, indem es
zur günstigen Stunde versäumte, die Bediu-
gung der vertragsmäßigen Eröffnung der pol-
nischen Grenzen zu stcllen. Damals war die
polnische Bewegung gefährlicher, in Preußen
war volleS Einverständniß zwischen Volk und
Regierung, in Frankreich saß ein Orieans
auf demThrone, der sich mühsam hielt. Jeßt
hat England gewarnt, Frankreich schweigt
bis jetzt, wahrscheinlich abcr nur so lange,
bis wir genügend engagirt sind, bis wir nur
durch ein zweites Olmütz herauskommcn kön-
nen. Fraukreich könnte cine Cooperation
Preußens mit Rußland nicht zulaffen, ohne
sich mit der eigenen Bevölkerung in Constict
zu bringen. Es ist im jetzigen Momente ntcht
die Zeit, in eine so gefährliche Politik sich
einzulaffen. Wenn Regierung unv Volk eins
sind, nur dann wird Preußen das preußische
uud deutsche Volk hinter sich haben. Jch
habe vergebcns versucht, den ^hlüffel zu
dem Berhalten Preußens zu finden. Es wi-
derstrebt mir, das Motiv in der Solidarität
der conservativen Jntereffen zu suchen, eben-
so widerstrebt es mir, daß die Regierung einen
Conflict suche, um in der inneren Politik
ihren Willen durchzusetzen. Wenn die Rcgie-
rung durch cine muthwillige Politik auswär-
tige Verwicklungcn zu diesem Zwecke sucht,
so bin ich überzeugt, dieses Haus wird in
Uebereinstimmung mik dem Vol.kc kcinen Tha-
ler bewilligen. Der Ministerpräsibent von
Bismarck erklärt, es set kein Truppentheil
mobil gemacht; hätte die Reglerung nichts
gethan, so würde man ihr den Vorwurf der
Kurzsichtigkeit wcgen Nichtschutzes ber preu-
ßischeu Unterthanen gemacht haben. Die
Truppen gebrauchten oft vicrzehn Tage bis
zum Bestimmungsvrt; was innerhalb solcher
Zeit geschehen könne, lasse sich nicht Vorher-
sehen. Die Regierung treibe nichk russische,
sondern preußische Politik. (Schluß folgt.)

Zta l i en

Rvm, 17. Febr. Eine Untersuchung über
den Brand des Theaters ist. cröffnet; man
glaubt an Brandstifiung. Der Verlust be-
trägt eine halbc Million. Während das Thea-
ter brannte, brach Feuer in den päpstlichen

Kornspeichcrn aus. Trotzdem war der Car«
neval glänzend und der Corso belebt. — Zn
Neapel finden forkwährend Demonstrationen
zu Gunsten der Polen statt.

Engl a « d

Lonbon,20. Febr. (Köln.Z.) Ob erhaus.
Jn der gestrigen Sitzung zeigtc Ver Earl von
Ellenborough an, er werde die Regierung
interpelliren, ob sie eine Mittheilung RußlandS
über den polnischen Aufstand und eine
Mittheilung Preußens über die preußisch-
russische Konvcntion erhalten habe.

Unterhaus. Lord Palmerston bean-
tragte für ben Prinzen von Wales eine Jah-
resappanage von 40,000 Pf. St. und für die
Prinzesstn Alerandra von 10,000 Pf. St. Die
betreffende Resolution ward einstimmig ange»
nommen.

L ü r k e t.

Bucharest. Die Adreßdiscussivn hat be-
dauerlichc Debatten hervorgerufen. Die Red-
ner der Opposition haben sich gegen bie Ein-
mischung der fremden Mächte in die Ange-
legenheilen der Fürstenihümer ansgesprochen
und erklärt, daß die Kammer das Bubget nicht
vvliren würde. Sie verlangien bie Ausfüh-
rung bes Votums des Divaus von 1857, der
für die Fürstenthümer einen Souverain auS
einer fremden Dpnastie bestimmt.

A m e r i k a.

New-Aork, 10. Febr. Die Erpedition
Forsters i>r in Port Ropal angekommen; man
vermuihet, baß sie nach CharleSton gehen
wird. Die nach Teras bestimmte Erpedition
untcr Butler wird ebenfalls bald abgehen. —
Summer hat im Senak in Washington die
Anwerbung von 300,000 Negern beantragt.

Nachrichten über Polen

Die Mitlheilungen vom russisch - polnischcn
Kampfplatze werdcn immer verworrener, un-

cherer und sich widcrsprechender. So geht
aus Lemberg die mit den jüngsten Telegram-
men in schroffstem Widerspruch stehcnbe Nach-
richt ein, die Schaar des Langiewicz sei kci-
ncswegs zcrstreut oder aufgeriebeii, sondern
vermehre sich vielmehr von Tag zu Tag; auch
die Organisation derselben Vervollkommne sich,
ja sie soll schon einige eisernc Kanonen bc-
sitzen. BestimmlauftrelcndeGerüchie behaupten,
Czcnstochau sei von dcn Jnsurgenten ge-
nommen. Auch eine Erhebung i» Warschau
sclbst söll im Werke sein. Soeben langt die
Nachricht ein, daß die Fabriköstadt Lowicz
(westlich von Warschau) von den Ruffen ver-
braunt worde» sei.

Myslvwitz» 18- Febr. Heute ist hier die
Nachricht ciiigegangen, daß gestern bei Micha-
lowice, einem 1^/z Meilen von Krakau ge-
legencn Orte, zwiichen einer Adtheilung von
3000 Ruffcn und eincr Znsurgenlcnschaar ein
bedkutcnder Kampf stattgefundcn hat, Ver mil
der Aufreibung der Jnsurgeutcn gecndigt bat.
Man sagt, baß der Ort Michalowice in Branv
gcsteckt worben und auf beidcn Seiten mit
großer Erbilterung gekämpft worden ist. Die
Ruffcn sind, wie hier versichert wird, wahr-
scheinlich in der Hiße deS Kampfes, auf öster»
reichisches Gebiet übergelreten, und als ste
dort von einer aus 90 österreichischen Husaren
besteheudcn Grcnzwache aufgehalten wurden,
hat stch zwischen Ruffen unv Oesterreichern ein
Kampf enlsponuen, bei wclchem 5 von den
letzteren gcblicbeu sind (?). Dic Einwvhner
von Krakau sind zu Wagcn iu die Nähe des
Kampfplatzeö gcfahrcn nnb haben, wie er-
zählt wird, den Zusammenstoß der Znfur-
geiilen mid Nuffen mit angcsehen. Der An-
führer der Znsurgcnicu bei Michalowicc war
dcr bekannte Kurvwski.

Krakau, 21. Fcbr. Nach dem hcutiffcn
„Czas" circuliren Gerüchte über neue Gcfechte
zwischen Miechow und Wodzislaw. Langie-
wicz soll vorgestern deu Ruffcn dcn Rückzug
nach 'Stobeica abgeschnitten haben und dicsel-
ben gcgeu dic galizische Grenze brängen.

Aus Gvllub, (im Kreis Sirasburg Reg.-
Bez. Marienwcrdki), 20. Fcdr., bmigt die
„Rh. Z." solgendes Telegiamm: Zu dem
 
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