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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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N» 131. S-nntag, 7. Zuni

Auf die »Heidelberger
Zeitung" kann man sich
nvch für den Monat
Iuni mit 18 Kreuzern abonniren bei allen Post-
anstalten, den Boten unv Trägern, sowie der
Erpedition (Schiffgaffc Rr. 4).

^ Die Krifis in Preußen

ist an einem äußerst bedeutungsvollen Wende-
Puucte angelangk. Dic vor wenigen Tagen
im preußischen Abgeordnetenhause vorgelesene
schriftliche Antwort des Königs auf die Adreffe
über die Lage des Landes und die gleichzeitige
königliche Botschast, burch welche die Sesston
der Kammer geschloffen wurde, angeblich „weil
ein Resultat von derselben ntcht mehr zu er-
warten sei", war schon an und für sich ein
sehr verhängnißvoller Act, nvch mehr aber
war ste dies in ihren weileren Consequenzen.
Denn nothwendig müffen diese Letzteren dazu
führen, daß in Preußen bie Versaffung in
ihren wescatlichen Bestimmungen außer Kraft
gesetzt, uud bis aus WeitereS bas reine perjvn-
liche Neglment, die ungeschmälerte Macht der
Krone wieder hergestelll ist. Der vom Mini-
sterium Bismarck angebahnte Ausnahmszustanb
auf Grunb deS sog. OctroNirungsartckels 63
ber preußischen Vcrsaffung in Bezug auf die
Maßregciung der Preffe, beutet nur allzu bcut-
lich barauf hin. Die Sitzung wurbe überdies
geschloffen, vhne daß das Budget erlebigt ist;
man hielk es nicht einmal sür nöihig, eine
Kammer svrmlich auszulvsen, gegen welche die
Krone dvch selbst, nach ihrer Anstcht, so schwere
Beschulblgungen cihebt. Man schließt die
Sitzung mit dem stillen Vorbehalte, sie nicht
eher alS biS zum 15. Zan. k. Z. wieder ein-
zuberusen, uud sallS die Kammer wieber nicht
nachgibt, abermalS die Sitzung zu schließrn,
ober vielleichl die Auflösung zu ver>ügen uud
ein neues Wahlgesetz zu octropiren. Zeden.
salls hat die preußische Regierung nur nenn
Monate Zeit vor stch, uin zu überlegen, was
sie mrt ihrer iincingeschränkien Machtvollkvm-
menheii anzusangen hat, und was zu beschließen
ist, um die versaffungsmaßig nicht erledigten
Fliianzgesktze zu einem verfaffungswidrigen Ab-
schluß zu bringen. Und wahrenv bie Krone
dies bem Abgeordneterchause mit dürren Wor-
tew erklärt, weiß ste keine anbere Aussicht in
die Zukunst zu crvfslien, als baß sie auf eine
dereinstige Verständigung mit der Lanbesvcr-
tretung hoffe." Dic Verstänbigung der Krone
scheinl aber nach der Ansicht des Ministeriums
Bismarck lebiglich barin zu bestehen, baß die

Kammer ohne Widerrede zu Allem, was dic
Regierung verfügt, ja sagk. Die Krone soü
Alles, die Landesveriretung nichts lhun: um
dicsen PreiS bleibt dic Verfaffung unverküm-
mert. Wagt die Volksvertretung auch einc
Meinung zu haben, untersteht sie stch der un-
beschränkten Verausgabung des öffcntlichen
Vermögens entgegenzutreten, so ist dies „Ver-
letzung bes Schwerpunktcs ber Regicrung, und
Anbahnnng der Alleinherrschaft deS Hauses".
Kleinlicher und dürftiger wurbe ein Umschwung,
wie der jetzt in Preußen stattgehabte, wohl
noch mcht tn Scene gesetzt. Das Ministerium
bricht in der Kammer cine» Streit über die
Cvmpetenz beS Präsidenten der Kammer vom
Zaun und erklärt, die Kammer nicht eher wie-
der zu betreten, bevor dicse ihren Präsidenten
verleugnet und sich damit selbst gebemüthigt
hat. Die Kammcr verweigert die Annahme
solcher, wenig ehrenden Copitulationsbedingun-
gen, wählt abcr nicht einmal das andere äußerste
Mittel, welches ihr ofsen stand, nämlich einen
Austritt unb eine MandakS-Niederlegung in
Maffc (um dic Regieruug dadurch entweder
zur Berufung an bas Land ober zum offenen
Staatsstreiche zu zwingen), vielmehr bcschiießt
sie eincn Mittelweg, eine britle Adreffe an ben
König, in welcher sie mit der Rcgierung parla-
mentirt, bie Princlpiensrage, vb die Disciplinar-
gewalt bes Kammerpräsibenten sich auch auf die
Mintster erstreckl, unentschieden läßt, u. sich ledig-
lich an den thatsächlichen Vorfall iu der Kammer-
sitzung vöm 10. Mai d. I. hält. Daburch wurde
der Regierung bas Spiel nur allzu leicht ge-
macht. Ste schaffte sich bas unbequelne Haus
vom Halse, unb gewann vadurch — was sür
ihre Zwecke das Wichligste ist — Zeit. Bei
alledcm ist der Weg, den vie preußische Re-
gierung betreten hak, in.doppelter Beziehung
gesahrvoll: er kann im Jnnern cincn sehr
monarchisch gesiniiken größeren Volksstamui
DcutschlandS noch znm Aeußersten treiben, u.
fuhri zugleich nach Außen Prcußen tmmer
mehr in einc kriegerische Catastrophe hinetn.

* Politische Umschau.

Dic heimkehrenden Abgeorbneten der preuß.
Ständekammcr werde» überall im Lanbe sest-
lich empfangen; die Wählerversammlunge»
wiedcrholcn feierlich ihre fortdauernbe Ueber-
einstimmung mit den Grundsätzen der Fort-
schrittsparlei und ihrc Zustimmung zu den
Handlungcn unv Abstimmungcn derselben im
Abgeordnetenhaus. Namentlich fanden bieje
Feicrlichkeiten am Rhein, besonders in Köln,

> Ein fürchterliches Verhrcchen i

ist zu MaisonS-Alfori. bcgangen worden. Die Ehc-
lcute M. lebten schon seit längcrcr Zeit in großem
Unfriedcn. Die Krau, der dic Besorgung der
Wirthschaft oblag, während der Mann iu einer
Eisengicßerei beschäftigt war, hattc sich bem Trunke
so sehr crgeben, daß man sie selten nüchteru sah.
Dies gab Anlaß zu vielsachen häuSiichen Seenen,
die mit der Zeit immer heftiger wurden. Rach
zwanzigjährigcr Dauer einer derartigen Ehc machtc
ihr der Mann nochm als VorsteUungcn unb fordcrte I
fie auf, jhrxr Trunksucht zu enisagen. Darauf ver- '
ließ cr das Haus mit sctnem sechzehnjährigen Sohne
und gtng nach Paris. DcS Abcnds zurückgekehrt,
fand er sctne Frau auf dem B-tte ausgestreckt,
in eincm Zustandc vollstcr Trunkenheit, das kleine
Kind quer übcr dtc Wicge gelcgt. Da übcrmannte
ihn der Zorn. Er griff nach eincm Earabtncr, der
an dcr Wand hing, und bcgann ihn zu laden. i
Inzwischen trat auch der Sohn -in und fragte,
»aS der Vatcr vorhabc. Dieser entgegnete kalt:
„Jch bin nun 20 Zahre verheirathet und deine
Mutter hat mich zum unglücklichsten Menschen ge- !

macht; hätte fie mir bcistehen wollcn, so könnten
wir jctzt. sorgenfrei lebcn. So aber hat fic, um
thre Trunksucht zu bcfriedigcn, mein Vermögen
vcrgeudet und ich sche uns dem Elcnd preisgegrben.
Sie wird fich mcht mehr ändcrn, das kann abcr
nicht mehr länger so sortgchen; ich will dcm Gan-
zen heute cin Ende machen, indem ich cntwedcr
mich odcb sie tödte." Er hattr kaum geendct, als
dcr Sohn den Earabinerrrgriff und ausries: „Nicht
du,s°ndernichwerdcsie erschießen." Er sprach's, stellte
sich vor das Bett und schoß ihr die ganze Ladung
in die rechtc Brust, sodaß sic soglcich todt liegen
dlieb. Der junge Mörder warf den Carabincr
«cg und verlicß das HauS, der Mann qbcr stand'
wic versteinert an dem Bctte seiner Frau. Durch
dcn Schall aufgeschreckt, eilten die Nachbarn herbci;
fie fandcn den Sohn und den Vatcr, beidc gcstan-
den dcn Hcrgang Ler'Sache und wurdcn dcm Straf-
gerichsi übcrgcben.

Konstanz, den 3. Iuni. Die Aufstcllung der
vier Standbilder auf der hiesigen Rhetnbrücke
wurde heute Vormtttag glücklich und ohne allen
Unfall beendigt. Dte erste diestr Statuen 'stellt i

Insertioasgebühren für^die ZspaMge Petit-

Koblenz, Bonn, Düffeldorf u. s. w. in sehr
bedcutsamer Weise Statt.

„Patrie" bringt einen Artikel über die Zn-'
stänve in Preußen, der zu der Schliißfolgerurig
führt, daß entweder der König Mittel sinden
möchte, sich mit seinen Unterthanen auszu-
söhnen, oder daß Preußen forlan darauf ver-
zichten müffe, eine Rolle zn spielen. Der schein-
bare Sieg des Cabinets sci in Wirklichkeit
für bas Haus Hohcnzollern eine Niederlage,
d'eren Folgen noch gar nicht zu berechnen
seien.

Die „Europe" veröffentlicht den Wortlaut
einer aus Bucharest datirten Erklärung des
Generals Türr, dahin gehend: Dke Besürch«
tung der Polen, er beabsichtige einc Aufwiege-
lung Galiziens, sei unbegründet; er sci zu
keinem Agitationsversuch in Galizien bcrechtigt.

Deutfchland

Karlsruhe, 5. Zunt. Durch Allerhöchste Ordre vom
2. d. M. wtrd GarnisonSaudttor Schmtdt auf setn unter-
thäntgstes Ansuchen wegen letdender Gesundhett auS dem
Mililärdtenste entlaffen.

Karlöruhe, 3. Juni. (96. öffentl. Sitzung
ber II. Kammer. Schluß.) Bei Tik. XXlV.,
von bcn Preßvergehen, frägt Artaria, ob
es nicht beffer wäre, die Berathung bieses
Titels beruhen zu laffen, bis die Prcßgesetz-
gebung revlbirt sei? Dic Regierung habe diese
Reviston in nahe Aussichl gestellt, vielleicht
könne dieser Titel in das Preßgesetz anfge-
»ommen werden. Minister Stabel: Dies
könne man »ach Belieben machen. Wo dcr
Tiiel stehe, fei gleichgiltig; der Znhalt müffe
ba wie dort derselbe bleiben. Aus Ku sei's
Versprechen, cinen beslallsigen Antrag Arta«
ria'S zu unlerstützen, stelll rieser ben Antrag,
wetchen aber Prestinari in einer Weise be-
kämpft, welche Kusel veranlaßt, seiiie Unter-
stntzung dcs gestellten AnlragS, unb hieraus
Arlaria, ben Aiitrag seibst zurückzunehinen.
Bei I. 373 stelll Eckhard den von Kusel
unkerstützten Antrag, den Paragraphen an bie
Commijston zurückjuverweisen, um das Recht
der NichligkeitSbcschwcrbe aus seinen gegen«
wärtigen Ümsang zu beschränken. Nachdem
Prestinari, Walli und Haager dagegen
gesprochen, erhält dieser Antrag bei der Ab-
stimmung keine weiterc Zustimmung. Titel'
XXX., Voüstrcckung ber Strafuriheile. Die
Commission spricht ven Wunsch aus, daß die
Todesstrafe abgeschafft werde. Kusel stellt
bcn Antrag, den Wunsch ber Commlssioii als
Wunsch ber Kammer zu ProtokoU auszuspre-
chen. Krausmann untcrstützt diesen An-

den seligcn Großherzog Leopold vor mit der Ver-
fasfungsurkundc tn dcr Hand, die zweite den Herzog
Berthold I. von Zähringen, vte dritte Bischof Kön-
rad den Heiltgen, Gründer von Konstanz, dte vicrte
Bischof Gcbhard, den Gründer dcs ehemaltgen
KlosterS PeterShausen. Sämmtlichc vier Statuc«
find aus ctnem röthlichgelben Sandstein, der aus
Reustadt an der Haardt herstammt, gefcrtigt und
haben von der Fußsohle öis zum Schcitel eine Höhe
von 9 Kuß. Die beiden ersten sind aus dem Atelier
des hiestgen BildhauerS Hans Baucr, die betden
Bischöfe dagegen auS demjcnigcn dcs Bildhauers
Xavcr Retch aus Hüfingen bei Donaueschingen
hervorgegangen. Uebcr die äußcrst gelungene Dar-
stellung dicscr vter Standbilder herrscht nur eine
Stimme dcr Anerkennung. Hrn. Bauer gebührt
vielleicht für seinc gcnialc Auffaffung und Aus-
führung der Vorrang. Die vicr Statuen «urde»
nach ber Aufstcllung sofort ctngehüllt und werden
erst am Tage dcr Eisenbahneröffnung fcierlich cnt-
hüllt wcrden. Dte Rheinbrücke «ird bis dahin
noch fcrner mit 4 prächtigen Gaskandelabern ber-
sehen «crdcn und sodann als »ollcndeteS Ganzc
eine prachtoollr Zterde der hicfigen Stadt setn.,
 
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