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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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ÄA'r. Srscheint, Montags auSgenoinmen, tägttch.

»» ^ Preis vierteljährlich 54 kr.

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" «ebst Beilage „Heidelber-
ger Fainilienblätter" fnr das mit 1.
April 1863 begonnene 2. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Cxpedition.

* Politische Umschau.

Durch kiiie Verfiigung des Ministers des
Znnern stnd auf Grunb des § 52 deS Preß.
gesetzes die fernere Verbreitung der „Süd-
deutschen Zeitung", der „Wochenschrift des
Nationalvereins", der „Hambnrger Reform",
und des Benier „Bund" im preuß. Staate
iiunmehr wirklich vcrboten worden.

Das königl. SchauspielhauS in Berlin war,
wie der „Volksztg." mitgetheilt wird, bei der
gestrigen Aufführung des „Geheimen Agenten"
Zeuge einer in diesen Räumen ftltenen De>
monstration. Als'der Fürst zu seiner Mutter
etwa die Worte sprichi : „Billigen Sic es,
daß ich meinen alten Minister entlaffe und
mich nüt frischen jungen Kräften umgebe, die
ein warmes Hcrz für »üch und mein Volk
haben", — brach ein donnernder Beisall aus,
der immer und immer fich erncuerte und bie
Handlung der Bühne mehrere Minuten lang
unterbrach. Der König unv der Kronprinz
nebst Gemahlin wohnten der Vorstellung bei.

Nach den neuesten Wiener Morgenblättern
soll in eincr Conserenz zwischen Herrn von
Rechberg, dem Herzoge von Grapimont und
Lord Bloomsteld der Beschluß gefaßt wordcn
sein, der russtschen Negierung in einer iden-
tischen Note glcichzcitig anznempfehlen, in dem
Königreichc Polen rasch Rcformen einzuführcn,
welche den Erfordernissen unserer Zeit ent-
sprechen würden.

Fould's Demisstonsgesuch soll wegen des
den „Dcbats" und „Patrie" zugcsandten Cvm-
munique erfolgt sein, welches cr für seine
Ehre verletzcnd hält, da darin seinen Finanz-
reformen jeder Wcrth abgesprochen wird. Die
für Fould beleidigende Stelle deS Communiguö
lautet dahin, daß im Jahr 1862 300 Mill.,
und nicht 35 Millionen, wie man glauben
machen woüc, über das Budget hinaus ver-
ausgabt wurden. Der Streit ist nun durch
Magne's Auscritt aus dem Ministcrium bci-
gelegt und Fould's Verblcibe» bcwcist, daß
die Polcnfrennde für's Erste nicht die Ober-
hand haben.

Briefe aus Petersburg berichten über einc
große Bewegung der Gcmüther nicht bloß in

Der Mißgriff.

Vom Polizei-Dlrector Dr. Sticbcr.

(Schluß.)

Der Fürst hatte längst durch das Gerücht von
dcm Uiifuge des HazardfpieleS gchört und den Gc-
richtS-Präfidenten beauftragt, mit allcr Energie
gegen solchcs einzuschrciten. Vcrgcblich hattc fich
der Präfidcnt bisher bemüht, bestimmte Thatsachen
zu ermittcln. Offenbar hatte cr sich dem Fürsten
gcgenüber das Ansehen gcgebcn, als ob er mich
mit ben betreffendcn Recherchcn beauftragt habe und
der Fürst schien fiichtS davon zu wiffcn, daß tch
ganz zufällig durch einen Mißgriff bci Gclegcnheit
dcr Dicbstahls-Untersuchung hinter die Sache ge-
komincn. Jch fand auch kcinen Bcruf, den Für-
sten näher aufznktären. Den Ministcr hatte ich
mir nnn fchon durch mcinen Diensteifer znm Feinde
gemacht, ich hatte k-tne Lust, es nun noch ohne
mein Vcrschulden mit dem Gerichts-Präsidenten zu
vcrderben.

Jch „ahm eS »lso ruhjg hj», daß der Fürst mir
ftlnen Dank flir dic Encrgie und Rcchtlrchkcltaus-
sprach, mlt welchkr ich verfahrcn sei. „Zch bin Ahnen
jungcr Mann", sagte dcr Fürfi, „noch tm Namen

Freitag, S April

MoSkau, sondern auch in PetcrSburg selbst,
wo das Chaos und die Anarchie in den Rc-
gierungskreiftn den Gipselpunkt crreicht haben
soll.

Palmcrston ist als Rector der Universttät
Glasgow installirt worden; in seiner Rede
betonte er EnglandS vortrefstiche Beziehungen
zu allcn Mächten.

Deutschland

Karlsruhe, 1. Aprll. Dtenstnachrichten. Se. Kgl.
Hohett der Großherzog haben Sich unterm 28. März
d. I. gnädtgst bewogen gefunden, dte HmtSvorstandSfielle
tn GernSbach dem Oberamtmann v. Faber in Offenburg,
dte AmtSvorstandSstelle in Offenburg dem Oberamtmann
Montfort tn Engen, dte AmtSvorstandSstelle in Engen dem
Amtmann Rtchard tn KarlSruhe, und dte zwette Leamten-
stelle bei dem Stadtamt Karlsruhe dem Secretär Flad bet
dem evangeltfchen Oberkirchcnrath, unter Erncnnung des-
selben zum Amtmann zu übertragen.

Se. Kgl. Hohett der Großherzog haben zu ernennen
geruht auf folgende, Höchstihrem Patronat unterliegende
kathol. Pfarreten, alS: Randegg, DecanatS Hegau, den
Pfr. Zoseph HagioS zu Bubenbach; Rttdern, DecanatS
Stühltngen, dcn Pfarrverweser Albert Hetnel tn Bernau;
Sandhofen, LandkapttelS Wetnhetm, den Pfarrverw. Mich.
Kinztnger in KlepSau. Dem von Sr. Durchl. dem Hrn.
Fürsten von Fürstenberg auf dte Pfarrei Honstetten, De-
canats Engen, präsentirten bishertgen Psarrverweser in
Muggensturm, Frtedrich Gehrt, wurde am 26. Febr. d. Z.
dte ktrchltche Einsetzung ertheilt.

Karlsruhe, 1. Aprtl. Das Regbl. Nk. 14 enthält
1) beretts mitgethetlte Dtenstnachrtchten; 2) Bekannt-

machungen der Mtnisterten: a. dem Albrrt Ztegler von
KarlSruhe wurde die Licenz alS Apotbeker ertheilt, b. dte
Umlage der Beiträge zur Feuer - VersicherungSanstalt für
1862/63 wurde tn folgender Welfe festgesetzt: l. Klaffe
3 kr. von 10V fl. VerficherungSanschlag, ll. Kl. 4 kr.,
III. Kl. 5 kr. und IV. Kl. 6 kc., e. tn Schtltach, St.
Georgen und Dürrhetm sind Vereinstelegraphenstationen
mit beschränktem TageSdtenst cröffnet worden, ä. die Etsen-
bahnbaukasse Heidelberg ist aufgehoben und etne solche in
Gerlachsheim errtchtet worden; 3) Gestorben sind: der
pens. kath. Pfarrer Blust tn Münchweter, Oberamtmann
Asbrand, gen. v. Porbeck in GernSbach, KriegScommiffär
a. D. Heunisch tn Baden, Generalmajor LouiS und Rttt-
metster Wolff dahter.

Karlsruhe, 29. März. Das Verhäliniß
der Staaksregieruiig zu den landwirthschaft-
lichen Vereinen soll geändcrt werden. Dic
Großh. Centralstelle sür die Landwirthschaft
hat seither das Staatsintereffe vertreten und
durch die Geldbeiträge, welche den einzelnen
Bereincn zufloffen, zuglcich ihren Eiiifluß in
den Bezirken geübt. Dcr jetzige Präsivent des
Handelsministcriums, v. Roggenbach, ist da-
gegen der Anstcht, die Staaisci'nwirkung mög-
lichst zu vcrringern, wogcgen den Bezirks-
vereinen cine größere " Selbstständigkeit ver-
liehen würde. Auch dic Leitung der Central-
stelle für die Landwirthschaft, welche nur
provisorisch von einem Ralhe des Handels-

dcs ganzen LandeS zum Dankverpflichtet. Jch kann
für jetzt der Dicnste deS Ministcrs Grafcn I. nicht
cntbehrcn, da ftine Gcschäftskenntniß nnd Tüchtig-
keit nicht leicht zu ersctzen ist und wir in einer schwe-
ren bedrängten Zeit leben. Dennoch wärc der Mi-
nister durch die Leidcnschaft dcs Spielcs in kurzer
Zeit unhaltbar geworden, da allc metne Bemühun-
gcn, auf ihn cinzuwirken, bishcr ohnc Erfolg «aren.
Irtzt, wo mir bcstimmte Thatsachen vorliegen, hoffe
ich cnergisch aus ihn einwirken und ihn dem Lande
erhalten zu können, und in Betreff eintgcr anderen
Pcrsonen «erdc ich etn wohlthätigeS Bcisvie! sta-
tuircn."

Schon ln den nächsten Tagen erfolgten cine Mengc
wichtige Maßregcln in unsercm Lande. Mehrcrc
geheime Räthe und Offiziere, «elche bei dcm Splcle
betheiligt gcwescn waren, wurden penfionirt oder
versetzt. Dcr Mintster nahm nach cincr langen ge-
heimen Unterrcdung mit dem Fürsten einen Urlaub ^
auf zwei Monate und man hat später niemals wic- !
der von eiticr Geldverlegenheit deSselbcn ctwaS er- i
sahrcn. Der Eommandant dcr Garnisonsfladt
mußte einem jüngercn fehr ernsten Osfizier weichcn. -
Dcr Gcrichtspräfident erhielt einen Orden und ich

IllsertioaSgcbühren für die SspaltigeWetit- » GL

;eile werden mit 3 kr. berechner^ M^HWLDO

ministeriums geübt wurde, wird in Kurzem
in andere Hände übergeben.

Mannheim, 29. März. Ein geachteter
Bürgcr der Stabt, Katholik, wollte cin Kind
tausen laffen, wobei ein hervorragender deutsch-
katholischer Mitbürger Pathe sein sollte; bei
der Zurückweisung des PaHen aber brachte
dcr Vater das Kind einfach zur Taufe in der
evangelischen Kirche, und hat auch das ältere,
kathollsch getaufte Klnd sogleich für die cvang.
Kirche angemeldet. Vor einiger Zeit führte
ein hiesiger katholischer Bürger bei Zurück-
weisung eineS evangelischen Pathcn seine ganze
Familie mit 7 Kinvern sofort der evangeli-
schen Kirche zu, und widmcte ein andcrer bci
Schwierigkeiten wegen gemischter Ehc seine
Familie sofort der evang. Kirche. Nur solche
burch das Gesctz von 1860 crmöglichten Hand-
lungen helfen. Reden, schreibe» hi'lft ni'chk.
Handeln muß man. Der römische Geistliche
,'st Krafl seines Amtes zu derglcichen Maß-
nahmen berechtigt; an dcn Gemcindegliedern
ist es, entwcder sich dergleichen gesallen zu
laffen, sich darein zu schicken, oder zu handeln,
wie dle Maiiiiheiiner handeln. (L.-Z.)

— Aus der badischen Pfalz, 29.
März. Wenn in den öffentlichen Blatlcrn bis-
her schon öfter Klagen über die für ben Ge-
brauch in Kirchen und Schulen währcnd der
Reäcu'onszei't eingeführten religiöftn Lehr-
bücher, insbesondere den Katechismns und die
biblische Geschichte, laut gewordcn sind, so
hat man dies von einer bekannten Selte her
gewöhnlich als die Herzknsergießungen eines
dem Christenthume kntsrenideten religiösen Ra«
dicaiismus bezeichnet, welcher die kirchlichcn
Bcdürfniffe des Volkes-weder verstehe noch
beachtc. Allein jene Klagen wurden zulctzt
so allgemcui istid drlngend, daß ste als der
unzweifelhafte Ausdruck der Volksanschauung
stch darstelltrn und von den zuständigen Be-
hörden nicht überhört werden und nicht undc-
rückstchtigt bleiben konnlen. Bon Karlsruhe
komml uns nun die glaubwürdige Nachricht
zu, daß die oberste Kirchenbehörde auf bie
Abschaffung jener Lehrdücher, die ein Kreuz
der Kirche und Schule sind, ernstli'ch bedacht
sel und bereits deßfallsige Berathungcn ge-
pflogen habe, dle jcdoch erst durch die nächstc
Geneialsynobe, an deren Mitivirkung dlese
Aenderungen gebunden sind, zu dem gewünsch-
ten Ziele'führen werben. Sehr erfreulich ist
cs aber, daß, um dcn dringendsten Wünschen
ei'nstweilen cntgcgenzukommcn, schon in ber
nächsten Zeit der religiöse Lernstoff auf ein
bescheidencres Maß zurückgeführt, und »ament-

eine Anstellung als beständiger Vertreter deS altcn
Criminal-DirectorS. Di- UntersuchUng wegen des
HazardspiclS wurdc natürlrch nicdcrgcschlagen und
mein Arrcstant in Freiheit gcsetzt.

Dtescr Mißgriff sollte aber noch anderweitig glück-
liche Folgen für mich haben. Am nächsten Wcih-
nachtsfcste erhielt ich vvn unbckannter weiblicher
Hand eine reizendc Stickerei und ein anonpmes
Schrciben fotgenden Jnhalts:

„Junger Mann!

Sie haben sich durch Zhr cncrgischcs Einschreiten
gcgcn das Hazardspicl dcn Dank vieler Kamillen
vcrdtent. Unser Vater, dcr bcste Gatte, der liebe-
vollsre Mensch, war durch das Hazardspiel dem Ruin
nahc und scine ganzc Familie jtand am Rande des
Abgrundes. Durch Jhr Einschreiten, zu welchcm
kein andercr Bcamte dcn Mnth gehabt hätte, rct-
teten Sic eine Familie und erwarbcn Sie fich im
Stillcn dankbare Seelen, dcnn mein Gatte ist scit
jcncr Zeit gehcilt worden. Unscre Tochter glaubt
der zärtlichen Liebe gegen ihren Vater keincn bcs-
seren Ausdruck leihen zu könncn, als daß sie Zhnen
durch dic Hand der Mutter anliegcndkS Zcichen des
DankcS und der Erinnerung üb-rrcichk."
 
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