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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0451

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» Auf die „Heidelbcrger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
Mai ^ind Ium mi't 36 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstaltcn, den Boten und Trägern,
sowie der Erpedition (Schiffgaffe Nr. 4).

* Politische Umschau.

Nach der Wiener „Presse" betrachtet das
Tuilerien-Cabinet den neulichen Uebcrtritt be-
waffneter russischer. Truppen auf preußisches
Gebiet als die Aussührung der Convention
vom 3. Febr. mit oder ohne Ratification und
auch die Erklärung des Ministers v. Eulen-
burg auf die betreffende Jnterpellation als ein
Zugcständiiiß des Fortbestehens der Conveiition.
Jn Folge dcffen betrachtet sich kcr Kaiser Na-
pvleon als persönlich bupirt und hat sofort
unmitlelbar und eigenhändig an Lord Palmer-
ston geschrieben. Seit dem 5. d. finden fast
unauSgesext Conferenzen zwischen Drouyn de
Lhuys und Lord Cowley statt. Jm Momente
wenigstens stehxn die Dinge sehr ernst und
scheint ein eclatantes Zerwürfniß mit Preußen
hier sogar gewünscht zu werden.

Jn der englischen Preffe wird der Rhcin-
krieg als eine nothwendige Consequcnz der
Politik des Hrn. v. Bismarck behandelt. Für
das englischc Volk handelt es sich dabei um
die Frage, ob es stärkere Sympathien für
Deutschlanb oder für Polen habe. Da man
in England mehr vder wcniger daran gewöhnt
ist, das deutsche Volk und die deutschen Re-
gierungen zusammen zuwerfen, da man ferncr
mit einigem Recht jedcs Volk für verantwort-
lich für die Politik scines GouvernementS hält,
so kann die Entscheidung, wem sich die eng-
lischen Sympathien zuwenben werden, kaum
zweifelhaft sein.

Die Nachrichten aus Paris siimmen alle
darin überein, daß man sich ja nicht durch
die jetzigen friedlichen Aeußerungen der fran-
zöstschen RegierungSpreffe täuschen laffen soüe.
Die Gefahr sei so groß, wie vor einigen
Wochen, ja der Entschluß der Regierung, bie
polnische Sache für ihre Zwecke zu benntzen,
stehe heute fester, äls damals. Nach den Er-
klärungen des Kriegsministers in der letzen
Sitzung des preuß. Abgeordnetenhauses scheint
sich auch die Regierung in Berlin nicht über
die Gcfahr zu täuschen.

Die „Morning-Post" vergleicht in einer
ergreifenden Schilderung die von den Ruffen
in Polen verübten Grausamkeiten mit den
Schrecken des indischcn Ausstanoes. Sie sagt,

Beethoven und Catalam.

Ein Capriccio von Friedrich Stcinebach.*)

Ludwig van Bcethovcn lebtc, obwohl im Zahre
1772 zu Bonn geborcn, doch in Wien am liebsten,
«° ihn die Gemüthlichkeit und das Trauliche des
Familicnlebens ganz besondcrs fcffelte, so daß cr
einen höchst vortheilhaften Antrag, nach England
W gchen, ausschlug, um mit scincn bcioen Brü-
dern Wi-n nicht verlaffen zu dürfcn. Doch die
Stürmc des Krieges drückten die Künste dcrmaßen,
daß der große Bcethoven bald einsah, daß cs scin
Glück wäre, wenn cr cinc Stcllc erhielte, die ihm
ein sicheres Einkommcn vcrschaffte. Schmerzcn,
dic durch cine Täuschung seincS HerzenS veranlaßt
wurdeip, vergrößertcn die hilflose Lagc/ und er
mußte eS mit Freuden ergrcifen, alS ihm im Jahre
1809 der König von Wcsiphalkn, Hieronymus Bo-
naparte, die Stellung eines Kapcllmcisters an sei-
nem Hofe übertrug. Somit sollte der dcutschr

») Aus Louis Selar's „Theatcrwclt." Wien.

Rußland könnte die Sympathie» für Polen
bi'S zu einem solchen Grade rege machen, daß
es den Souveränen und den Regierungen un-
möglich würde, sich einer activen Zntervention
zu enthalten.

Laut Bcrichten aus Vcra-Cruz vom 16.
April war Puebla noch immer nicht erobert.
Die beiderseits erlittenen Verluste waren be-
deutend.

Deutschlan-

Karlsruhe, 13. Mai. 89. öffentl. Sitzung
der II. Kammcr. Präsident: Hildebrandt. Am
Regierungstische: Zustizminister Dr. Stabel
und Ministerialrath v. Freydorf. Das Sec-
retariat zeigt zwei eingelaufenc Petitionen an,
die eine aus Hardheim und andern Gemein-
den bezüglich der Erfthalstraße, die andere von
der Freiburger Burschenschast „Tcutonia", die
akadcmische Gcrichtsbarkeit betr. Die Tages-
ordnung führt zur Fortsctzung der Berakhung
des Berichts des Abg. Kusel über die Ci-
vilprvceßordnung. Auf Anregung des
Abg. Walli wird kinstimmig beschloffen, den
§. 650 dcr Commission mit der Weisung zu-
rückzugeben, für die Dauer des richterlichen
Uniklpsandsrechts, wclches die Liquiderkennt-
niffe begründen, eine kürzere Dauer (die aus-
gesprochenen Ansichten gehen auf 3 Monate,
1 Jahr, 2—3 Jahre) festzusetzen und in Vor-
schlag zu bringen. Der ursprüngliche Antrag des
Abg. Walli, dem Liquiderkenntniß die Begrün-
dung eines richterlichen Unterpsandrechtes gar
nicht zuzugestehen, wird als gestern schon er-
ledigt abgelehnt. Bei §. 1047 stellt Eckhard
an die großh. Regierung die Anfrage, ob die
Gerüchte wahr seien, daß an manchen Orten
bie bürgerlichen Standesbeamten sich standhaft
weigern, gemischte Ehen in die bürgerlichen
Standesbücher einzutragen u. bejahendcn FallS,
ob dic großh. Regicrung zur Wahrung der
Rechtssicherheit geneigt sei, diese Sache endlich
einmal zu ordnen. Staatsminister Stabel:
Wenn auch nicht viele, so seien doch einzelne
Fälle vorgekommen und die großh. Regierung
werde Veranlaffung nehmen, ihre Maßregeln
zu treffen, aber das könne nur im Wege der
Gesetzgebung geschehen, wozu sie bis jetzt die
Zeit nicht gehabl habc; die Sache werdc üb-
rigens große Schwierigkeiten bieten. Eckh ard t
dankt für diese Auskunft. Haager stelltt Ven
Antrag, die §§. 1060—1063, welche von ven
Anträgen aus Fonsetzung der Ehe handeln, zu
streichen, aber nur Lamey v. Pf. und Kusel
stimmen ihm bei, Prcstinari, Allmang,

Sicb und Minister Stabel bekämpfen den
Antrag, der mit allen gegen obige Stimmen
abgelehnt wurde. Kusel stellt bei §. 1172
den Antrag, denselben zu streichen. Minister
Stabel findet ein Schutzmittel gegen die An-
wälte wegen Proceßführung für geboten, es
sei ihm aber einerlci, ob hier oder in der An-
waltsordnung. Eckhard unterstützt Knsel's
Antrag mit dem Beisatz, daß eine ähnliche
Bcstimmung in die Anwaltsordnung geseßt
werde. v. Stockhorn: Nicht der Anwalt-
stand, sondern daS Gcricht müffe hier urthei-
len, deshalb allein stimme er gegcn den Strich.
Es sprachen noch Kirsner und Prestinari,
worauf der Antrag auf Strich mit 28 gegen
22 Stimmen abge'ehnt ward. Das ganzc
Gesetz wurde durchberathen und wird in näch»
ster Sitzung (Freitag) über dasselbe nament-
lich abgestimmt werden. Schluß der Sitzung.

Berlin, 9. Mai. (Fortsetzung der Ver-
handlungen über die Militärorganisation im
Hause der Abgeordneten.) Der erste Redner
ist Twesten. Dcrselbe schildert znuächst dic
innere politische Lagc. Die Art und Weise,
wie die StaatSregierung dem Abgeordneten-
hause gegenüber verfahre, sei bekannt; an
hoher Stelle sei sogar ausgesprochen worden,
daß die Armeereorganisation nicht nur gegen
äußere, sondern auch gegen innere Feinde die-
nen solle. Bei dieser Sachlage sei das Miß-
trauen doppelt gerechtfertigt. Gegcn das Haus
der Abgeordneten würden Bcschuldigniigen er-
hoben, während es sich gegenübcr den unge-
setzlichen Handlungen dcr Regierung doch nur
in der Defensive besinde. Redner gcht dann
auf die Beschlüffe des Hauses vom vorigen
Zahre über, indem er nachwcist, daß dieselben
durchaus nicht in einem Widerspruch mit den
gegenwärtigen Vorschlägen dcr Commission
stünven; im Gegcntheil, diese Vorschläge seien
eine nothwendige Consequenz jener Beschlüffe,
und davon abgesehen, sci cs auch auch der
Sache selbst geboten, daß das Haus endlich
in positiver Weise vorgehe. Redner führt dann
aus, wie man auf die Verhältniffe vor 1859
nicht mehr zurückgehen köiine, und wie die alte
Hccresverfaffllii^' viele Mängel gehabt, dic
duichauSHÄtcnbcseitigt wcrdenmüffcn. Darüber
seien frühcr/ä>auch alle Parttien einig gcwe-
seiij Dazu komMe die Verstärkung dcr Armeen
in ajlen europäischen Großstaaten, namentlich,
ist Frankreich. Da habe auch Preußen »icht
zurückbleiben dürfen. Auch der gegenwärtigen
Regierung müffe eine bedeuteude Stimme io
der Reorganisationsfragc eingeräumt werden.
Was helfe es, mit neuen Organisationsplanen

Künstler des täglichen Brodes wegen sein theures
Wien verlaffen; doch zur Ehrc Wiens kam cs an-
ders. Ein Erzhcrzog, Cardriial Rudols und zwei
ächtc Cavalicrc, die Fürsten Lobkowitz und Kin^y,
sicherten ihm einc jährlichc Besoldung von 2009
Gulden zu und Becthoven bltcb unser! — Vicl-
lcicht hatte man nun, nach dcr Gefahr, den Künstler
zu verlicrcn, den Wcrth desselben ganz gcwürdigt,
oder suchte man srüherc Schulden zu tilgen, kurz
man übcrhäuftc Becthoven mit Schmeicheleien,
wclche abcr an scincm schlichtcn, biedern Lharacter
abglitten, ohne dcn gcwünschtcn Eindruck zu machen.
Rur eine Schwachheit hatte dcr Meister, cr war
stolz auf sctne herrlichc Stirne, cinen wahren Sitz
majestätischer Schöpferkraft, und zwar so stolz, daß
cr, alS in einer Gescllschaft eine Dame dicse Stirnc
pries, sich crmannte und sprach: „Wohlan, so küffen
Sie diese Stirne!" und die wcibliche Anmuth be-
lvhntc die männliche Gcistcsgcgcnwart auf dcr Stclle
Dock wir kommen von der Hauptsachc ab. Bcct-
hovcn war also für Wien erhalten und in Folge
scines ächt deutschcn, schlichten LharactcrS warcn
ihm alle Zierereien, Affectationen und vor allem
die Loquetterte verhaßt, worin die damals in Wicn

hofirten und überschätzteü italienischen SLnger und
Sängcrinnen besondcrs siark waren. Bci dcrlei
Gclcgenheiten, besondcrs wcnn das Publtkupi unter
der Geißcl dcs Eigcnsinnes oder dcr Laune dteser
Götzcn des Tages leiden ffollte, war scine Borltebe
fur epigrammatische Jrvnie stctS schlagfcrtig, sowie
seincr Anekdotenliebhaberei jedcrzeit cine paffende
Satyrc zu Gcbotc stand. ^

Schluß folgt.) "

Ais Scarron dcn H-irathscontract mit Fräulein
d'Aubignc (der späteren Frau von Maintcnon)
Unterzeichnen soüte, fragte ihn der Notar, vb er
auch wiffc, waS seine künftige Krau ihm zubringe.
„Gewiß", antwortetc der gcistrciche Komiker, „zwei
große sprechende Augen, cin« prächtige Gestalt, ein
Paar allcrltebste HLndchen und sehr vtel Geist."
— „tlnd waS sichern Ste ihr zu?" fragte der No-
I tar weiter. — „Dir llnsterblichkcit", erwtderte der
- Dichter.
 
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