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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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D: 83.


Z-reitag, 1«. Aprtl

ZasertionSgebührea fär die ZspaltigeWettt-
zeile werden mit 3 kr. berechnet.

L8«3.

Bestellungen aüf dte „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für -as Mit 1.
April 1863 begonnene 2. Lüartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

Der ungarifche Berfaffuugs
kampf,

welcher über den Kämpfen in dem benach-
barten Polen fast in Vergeffenhelt gerathen
war, beginnt nun abermals wieder etwas mehr
in den Vordergrund zu treten.

Anderthalb Jahre stnd vergangen, seit der
ungarische Landtag ausgelöst und Hofkanzler
Graf Forgach mit der Aufgabe betraut
- wurde, die Herstellung verfaffungSmäßiger Zu-
ständc vorzubereiteir Nach Verlauf eincr sol-
chen Frist konnte wohl vvn diesem Statthalter
— wenn auch positive Resultate nicht zu er-
zielen waren — ein greisbareres Programm
für die in Ungarn zu beobachtendc Verfas-
sungspolitik gefordert werden. Ein solches
Programm ist auch in neuestcr Zeit von dem
Wiener Hofe gefordert worden, und der Hof-
kanzler soll dasselbe bereits vorgelegt haben.
Ueber deffen Znhalt ist bis jetzt nichts Be-
stimmles an die Oeffentlichkeit gelangt. Rur
einstweilen ist bekannt geworden, daß die Bor-
schläge des Grafen Forgach bei den öster-
reichischen Ministern wenig Anklang gefunden
haben, und zwar soll die Hauptdiffcrenz darin
bestehen, daß die Hofkanzlei dic Wiedereinbe-
rufung des ungarischen LandtagS für jetzt noch
ablehnt, während das (österreich.) Staats-
ministerium gerade die Wicdereinberufung als
das Unerläßlichste ansieht. Ein wciterer Theil
der wichtigen ungarischen Frage liegt in der
hiermit verbundenen siebenbürgischen Angele-
genheit. Während ver zwei Jahre, in wel-
chen die österreichische Reichsverfaffung besteht,
ist in Siebenbürgen nicht einmal ein Landtag
einberufen worden. Dieses Letztere svll zwar
dcm Vernehmen nach aus Anordnung des sie-
benbürgischen Hofkanzlers Grafen Nadasdp,
der endlich mit scinen Vorbereitungen hiezu
sertig geworden ist, in Bäldc geschehen. Dre
Berührung der siebcnbürgischen und der unga-
rischen Landtagsfrage' ist aber nur zu nahe,
als daß dieselbe ohne die Ueberstimmung auch
deS ungarischen Hofkanzlcrs gelöst werdeu
könnte. Sollte der 'sicbenbürgische Landtag
in der Folgc die Bcschickung des ReichsrathcS
ablehnen, so wird derselbe nichts desto weniger
zum Gesammtreichsrathe erklärt werden, ebenso

wie die Praris biSber in Bezug auf die
fehlenden ungarischen Abgeordneten gehand-
habt wurde.

Eine Krise in Bezug auf die Personen deS
ungarischcn KanzlerS Forgach und einiger
Ministerschwebte in Folge dieser Verhältniffe
eine Zeitlang in der Luft; sie kann jedoch mit
dem kürzlich crfolgten Rücktritt des sog. gucksx
vurise, Ahponpi, und deS Ministers ohne
Portefeuille (Esterhazp) alS beendigt angesehen
werden.

Die nahe bevorstehende Eröffnung der zwei-
ten Reichsrathssesfion in Wien drängt jetzt
mit Macht zu eiuer Entscheidung und es soll
auf dieser irgcnd cin auf Ungarn bezüglicher
Bermittlungsvorschlag endlich der verfaffungs-
mäßigen Behandlung unlerzogen werden. Eine
svlche schließliche Vermittlung ist auch drin-
gend nothwendig. So lange es nämlich in
den österreichischen Landen diesseitS der Leitha
ziemlich gut geht, so lange die politischen Con-
stellativnen für Oesterreich günstig find, und
die Befferung der staatswirthschastlichen Zu-
stände sortdauert, so lange kann man allen-
falls geduldig warten, bis die Sache der Ver-
fassung des österreichischen Gesammtstaates auch
jcnseits der Leitha Boden gewinnt: Ungarn,
Kroatien, Siebenbürgen mögen dann immerhin
Steuern zahlen und Nekruten stellen, ohne selbst
im Neichsrathe zu diesen ihren staatsrechtlichen
Verbindlichkeiten mitzuwirken. Alles diescs
geht aber nur an, so lange die Sachen in
Oesterreich überhaupt nicht schlecht stehen.
Bilvet sich dagegen cine kriegerische oder an«
dcre kritischc Constellation, so kann diescr
apathische Zustand eineS großen Theil deS
Reichs keineswcgS gleichgültig sein. Eine selbst
gcwöhnliche Staatsklugheit gebictet dahcr, daß
man viese noch nicht gelöste wichtige Frage
nicht aus eine endlose lange Bank schiebe,
vielmehr unablässig an deren, beide Thcilc zu-
friedenstcllendcn, Bereiniguug arbeite.

* Politische Umschau.

Die „Rhein. Zeitung" äußert: Jn Berlin
hat man cine Annäherung an Oestcrreich ver-
sucht, ist aber, wic es scheint, abgewiesen
worden. Durch die Politik Bismarck ist nicht
blos Frankreich, sondern auch Oesterreich in
eine höchst günstige diplomatische Stellung ge-
kommen. Preußen ist in Dcutschland wie im
üdrigen Europa jetzt vollständig isolirt, cs
hat nur einen einzigcn Bundesgenoffen, und
dieser ist der Kurfürst von Heffcn.

„Star" bringt einen Brics von Herzen,

nach welchem die preußische Regicrung vor
etwa 12 Tagen drei Ballen Charpie Vvm
Pariscr Damencomite, für die verwundeten
Polcn bestimmt, als Kriegscvntrebande ange-
halten habe.

Die „Wiener General Correspondenz" be-
richtet aus Turin, wenn Ratazzi, von seiner
Miffion in Paris zurückgekehrt, das Ministe-
rium wieder übernehme, werde er eine Ver.
ständigung mit Oesterreich zur Bedingung
stellen.

Aus Paris wird der „Berl. Börsen-Ztg.«
bcrichtet: „Das Gcrücht von einem Besuche,
den der ruffische Kaiser im Juni dem König
von Preußen in Berlin abstatten wird, tritt
jetzt mit größerer Bcstimmthei't auf.

Seit dem S. April ist nunmehr auch in dem
Herzogthum Altenbnrg die Gewerbefrciheit
zur praktischen Gültigkeit gelangt.

Die Journale bestätigen die Nachricht voa
der Abreise des Königs nach Florenz für näch-
sten Donnerstag. Se. Majestät wird von
dem Präsidcntcn des Ministerrathes begleitet
werden und einige Wochen in Florenz ver-
weilen.

Briese aus Rom meldcn, daß Franz ll. von
Neapel sich in der Lage befunden hat, seine
Diamanten um 400,000 Fr. an einen Floren-
tiner zu verkaufen.

„France" berichtet, die dänische Königsfa-
milic habe vor der Annahme der griechischen
Krone für den jungen Prinzen znr Bedingung
gemacht, daß die Mächte GriecheiHand wieder
ein Anlehcn garantiren und dem nenen König
eine Dotation gewähren. Um alle weiteren
Schwierigkeiten zu vermeidcn, häbe England
dies auf fich genommen, und daS Parlamenr
wcrde dagegen um so weniger ctwas einwen-
den, als vurch die Räumung der jonischen
Znseln Englanv sicherlich 7 Millionen Franken
erspare. — „Europc" erfährt, der Prinz
Christian von Dänemark wollc die Annahme
der Krone durch seinen Sohn von der Ent-
sagung König Otto's und des baper. Hauses
abhängig machen.

Der Befchl des polnischen ZnsurrectionS-
Comite's an die Bandenführer, die Waffen
nicderzulegen, ist allerdings ergangen und war
von der französtschen Regierung, um eine
diplomatische Verwcndung zu erleichtern, vcr-
anlaßt worden; nicht alle Bandenführer haben
aber Folge geleistet.

Das Königreich Griechenland wird nach
der Anncrion der jonischen Znseln 1,250,000
Einwvhncr zählen; bicse Znseln werden ihm
in sehr blühendem Zustande übcrgeben. Die

Prozetz Garria-Calzado.

(Schluß.)

Dic Zcugi» sagt nun aus, daß dic BankbillctS
zusammen ungcfähr die Summe von 136,l»A) FrcS.
erreichten. De Miranda hatte 106,i>00 Frcs. mit-
gebracht, 11,000 Francs warcn ihm noch übrig ge-
blieben. Man ging nun daran, die vorgefallenen
Verluste zu ersetzcn. So wurden verschiedenen Per-
sonen an 1100 FrancS, dcr Frau Constancc Rejus
2800 FrancS, 7000 Francs Herrn Grammont-Ca-
dcrouffe, 85,000 Francs Hcrrn dc Miranda ersetzk,
26,000 und einige Hundert Francs blieben Herrn
Garcia.

Bor sciner Cntfernung verlangtc Herr Garcia jc-
dcm ber Anwesenden das Ehrenwort ab, daß cr
vo» dem Vorgesallenen nichtS weiter erzählcn woüe;
aber Zcder vcrweigerte es, cine folche Verpstichtung
zu übernehmcn.

Herzog Grammont-Caderouffc vcrfichert zunächst,
daß bci Madamc Barucci durchaus nicht gespielt,
sondern nur cin Thee gcnommen «erden sollte, und
bemerkt sodann bezüglich Lalzado's: Zch war er-

staunt, Hcrrn Calzado in dicser Gesellschaft zu trcf-
fen, da er dvch vor einigcn Jahren, ich glaube 1858,
bei dcm Duc de la Rocca in Verdacht gekvmmen
war, falsches Spiel getrieben zu habcn. Man hatte
nämlich bei cincm Baccarat-Spielc gefunden, daß
jcde Acht und Reun cntwedcr am Rande gefaltct
war oder cin Ohr hattc.

Jn der Gesellschast der Frau Barucci begann
nach dem Svuper eine Partic Baccarat-Tvurnant;
das Spiel ging jedoch nichthoch. Herr Garcia war
cinc »iertcl oder eine halbe Stundc abwcscnd und
kam, als ich gcrade dic Karten hatte, zu mir und
ließ sich zu mciner Rechtcn auf eincm freien Stuhl
nicder. Jch gab ihm ein Pakct Kartcn im Um-
fangc eines Piauctspiclcs. Herr Garcia begann
cin fvrcirtcS Spiel mit einem Einsatze von 2000
Francs, welcher von der umstehcnden Gcscllschaft
gehalten wurdc. Da er die Kartcn behielt und das
Spiel oftmals m,t Glück wiederholtc, hattc er bald
eine Summc von 60,000 Francs vor fich. Di-se
Summc hielt nun de Miranda und »erlor fic auch.

DaS Glück war Hcrrn Garcia lange günstig,
wiederholt unter de» sonderbarsten Combinationen. !
Er gewann ungefahr ib Mal. Herrn Calzado

fiele« faft alle Lontrccoups zu und auch er mußte
schon einc beträchtliche Summe gewonncn haben.
Da sagtc mir Herr Poir oder Feuilhadc-Ehauvin,
daß die Kartcn vcrmchrt wordcn seien, worauf ich
antwortcte, daß man fich ja leicht uberzeugcn könne,
wie groß dic Zahl der Spiele sei, dic man zur
DiSposition gestcllt. Frau Barucci, die ich hier-
über fragte, gab sechs Spicle an. Alö ich zum
Tische zurückkchrte, hatte Garcia so cben wicder
60,000 Francs gcwonncn und ich bcmerkt«, daß er
Kartcn von verschiedencr Wciße in den Händen
habe. Die Partie wurde unterbrochen, indem man
sagte, daß man fich in eincm Salon und nicht in
einer Kncipc befinde, und dte Thatsache constatirt,
daß Garcia sich nicht blos cines odcr zweier Spiele,
sondcrn dreier odcr vierer bediene. Ueberdieß wur-
den noch Karten bci ihm gcfunden. Calzado suchte
zu entwischen; abcr man hatte bereits Vorsorge ge-
troffen und die Thürcn sperren laffen. Darauf
folgtc die Aagd auf die BankbilletS. Jn jedem
Winkcl, den Garcia »erließ, wurden Bankbillets
gefunden. DaS gefundene Gcld wurde den Spie-
lern zurückerstattet und Herr Gareia behieli unge-
fähr 27,000 Francs,
 
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