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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0025

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Al>r. Lrscheint. MontagS auSgenommen. tqglich. ZnsertionSgebühren für die Sspaltige Peiit-

A. PreiS vierteljahrlich 54 kr. ;eile werden Mit 3 kr. berechner. ».^^RDED

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für -as mit 1.
Ianuar 1863 begonnene 1. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

44 Die jonischen Jnseln u. England.

Nach neuern Mitkheilungen ist wohl nicht
längcr daran zu zweifeln, daß die Kunde über
die Abtretung dcr jonischen Jnselgruppe an
Griechenland mehr ist, alS eine bloße Zeitungs-
nachricht, daß vielmehr der Plan, das Pro.
tectorat übcr die jonischen Znseln unter Um-
ständen zu Gunsten des Königreichs Griechen-
land fahren zu laffen, in Lonvon wirklich
eristirt, und bereits zu einiger Reife geoiehen
ist. Die Molive, welche die englische Regie-
rung hierbei leiten, sind leicht zu errathen.
Die Candidatur des Prinzcn Alsred wurdc
von dem englischen Cabineie in Scene geschl,
um den rnffischca Einfluß in Griechenland
völlig lahmznlcgen. Die Griechen aber, von
der ganz richtigen Einffcht geleitel, daß
ihnen die Freundschaft Englands mehr nützen
werde, als bie Freunbschafl Rußlands, wcn-
deien ihre Spmpathien, im Gegeusatze zu so
manchen früheren Traditionen, England zu.
Sie verstanbcn bie An- und Abffchien biejcr
Macht vollkommen und beschloffen, ven Prin-
zen Alsrcd durch das allgcmeinc Stimmrecht
aus den Thron zn crheben. Bevor ste jeboch
diesen Beschluß förmlich gefaßt hatten, war
bereits die förmliche Verzichtlcistung RußlandS
aus die Besetzung des griechischen Throncs
durch einen ruffijchen Prinzen ausgesprvchen,
und aus diese Wcise von Englanb mit rcin
diplomatischen Mittel» oie ausbrückliche An-
erkennuiig der Bestimmungen deS Londoner
Protocolls vom Jahr 1830 burch Rußland
und Frankreich moraiisch erzwungen worben.
Nachdem nnn dieser Zweck nicht erreichc ist,
handelt eS ffch darum, m Thar und Wahrheit
einen dem englischen Zntereffe ergebiiicn curo-
päischen Prinzen, wenn auch nicht Alfreb, sv
doch Ferdinanb von Coburg, aus den gricchi-
schen Thron zu bringe», unv dieses Mittel
liegt ebenfalls wieder in Englands Hanb —
es besteht aber in der Abtretung der jonischen
Znseln an Gricchenland.

Es kann naiürlich hier von keiner uneigen-
nützigen Handlungsweisc die Rede sein. Nie-
mand wird so naiv sein, der britischcn Politik
eine solche zuzutrauen; allein unter den gegen-
wärtigen Umstänben zieht Niemand größeren

Vortheil aus dieser Abtretuug, alS England
selbst. Denn um bie jonischen Znseln zu be-
kommen, werden die Griechen stchcr nur den-
jenigen Prinzen zum König erwählen, den bas
Londoner Cabinet empfiehlt, und da einmal
in politischen Dingen selten auf Dankbarkeit
zu rechnen ist, so wird England, bei der et-
waigen Abtretung, jedenfalls solche Bedingun-
gen machen, daß es von seiner militärischen
Pofltion auf der Hauptinsel Corfu so weaig
als möglich opfert, unb daß überhaupt th a t-
sächlich das Protectorat über die jonischen
Jnseln in ein solches über ganz Grie-
chenland vermehrt wird. Englanv gewinnt
also factisch weit mehr, als es rechtlich auf-
gibt. — WaS die europäische Diplomatie be-
trifft, fo wird sich dieselbe diesem britischen
Plane gegenüber in einer sehr peinlichen Lage
beflnben, denn dcr Fall, daß euie Macht sich
freiwillig des BesitzeS eineS Territvriums be-
gibt, ist abnorm und in ähnlicher Weise wohl
noch nie vorgekommen. (Die Abtretung Sa-
vopen'« und Nizza's von Seiten ZtalienS, so-
wie jcne Neuenburg's von Seite Prenßens,
ist als durch den Drang ber Umstände crzwun-
gen, hiermit nicht zu vergleichen.) Ein osfl-
ciellcs ruffischcs Blatt ist in seinem Unmuthe
über das bevorstehende Ereigniß schou so weit
gegangen, daß es bie sonderbare Behauptung
ausgestellt hat, England sei durchaus nichl
frei, die jonischen Ziiseln abzutreten, vielmehr
durch bic Vcrträge von 1815 gebunden, die-
seS Bcsttzthum zu behallen!'( Sonderliche
Schwierigkeiten kann es übrigens in keincm
Falle geben, wenn Englanb die Umständc sür
geeignct hält, zu Gunsten Griechenlands auf
eine Herrschaft und die Ausübung einer Pvlitik
(im Oricnte), zu verzichicn, die ihm scho» so
osi als schreiende Verläugnung der lideralen
Grundsätze seiner sonftigen Politik vorgewor-
fen wurde unv ihm seincrzeit den Haß und
die Fcindschaft aller christlichen Stämmc beö
Orients, die bei der Lösung der orientalischen
Frage zunächst beiheiligt siiid, zugezogcn hat.
Die vielfachen Versuchc der Jonier, sich vom
englischen Proteciorate vöüig zu besrcien und
an ihre Stammesgenossen in Griechenland an-
zuschließen, flnv bekannt, und ist baran schon
zur Zeit des griechische» Unabhängigkeitskam-
pses (von 1821 — 1827) wie in nationalen
Liedcrn gedacht wvrden:

.Brllcn, strilch! a«S cnern Listrn mcinen Namen mir heran«,

Bannet mlch an« enrcm Schutze, laßt »crlanfcn auch meln

Hau«!

Sclber wlll Ich mlch icschützcn, HcllaS Himm-l ist mctn

Dach;

Und der Frciheit Fahne folg' tch srendig tiS znm Tod

nach!

Hab' in ihre Werberrolle schon mit mctnem eig'nrn Blut
Mcincn Namen eingcschricdcn, nnd ein Schwcrt ist all'
mcin Gnt!" —

Auch von einem national politischrn Ge-
sichtspunkte aus betrachlet, ist es daher nur
wvhl gethan, wenn England den Wünschen
seiner Schutzbefohlenen enblich zuvorkommt,
und deren biktere Feindschast in Zuneigung
und Freundschaft verwandelt. Wollte Eng«
lanv die hier angedeutete Richtung, die poli-
tischen Ueberliefcrungcn eines CauNing, Co-
dringkon, Bpron und anderer großen Briten
wieder aufnehmend, in ihren weiterea Cvnsc-
quenzen versolgen, so wäre ihm hier die beste
Gelegenheit gedvtcn: Es gäbe keine geeignetere
Lösung der orientalischen Frage und keine bcs-
sere Zukunft sür die morgenländischen Chri-
sten, als wenn England ihre Besreiung von
dcm türkischc» Jochc in die Hand nähme, und
durch die Vergrößerung des in seinen Gren-
zen viel zu gering zugemeffenen griechischen
Königreichs den Ersatz schaffe» würde, welcher
sür ben immer sichlbarer herannahenden Zu-
sammenstnrz des türkischen NeicheS für vie
eurvpäischkn, und hier zunächst für die briti-
schcn Zntereffen geboten ist. — Daß die Herr-
schast der Psvrte, als dercn Stütze sich Eng-
land bisher hergab, auf die Dauer nicht mehr
aufrechlzuerhatten ist, daß ber so vicle Men-
schcn- und Geldopfer fordernde Krimkrieg sast
nutzlos geführl wurvc, beginnt man vhnehia
wie fast überaü, so enblich auch in Eugland
einzusehen.

* Politische Umschau.

Die »Kreuzzeitling" enthält einen Austuf
zur Begrünbung einer Säcular- und Zubi-
läums-Sliftuiig zur Verherrlichung ber Groß-
thaten des preußischen Hecres im siebenjähri-
gen Kriege und der Erhebung des preußischen
Volkes zur Befreiung des VaterlandeS im
Jahre 1813, und zur Unterstützung der Ve-
terancn aus dem Befreiunzskrieg.

Dic officiöse Zeibler'sche „Kammer-Corre-
spondenz" schreibt: Es heißt, daß der Minister
des Znnern ben sehr verständigen unv voll-
kommen gerechtfertigten Antrag im Staatsmi-
nisterium gcstellt hat, daß allen pdeußischen
Beamten verboten wird, Mitglied des gegen
die Regierung Sr. Majestät in vffencr Feind-
schaft stehenden Nationalvcreins zu sein.

Die „Nat.-Ztg." sagt: Der Woctwechsel
zwischen Herrn von Bismarck »nd dcm Grafen
Karolpi hat trotz seiner angeblichen Lebhaftig-

Drr Äazar

beim Beginn seincS IX., m 100,000 Eremplaren
erscheinenden Zahrganges.

(Schluß.)

Als ein erfreulicher Bewcis der Fortschritte deut-
schcr Andustrie mag hierbei erwähnt werden, daß
dieiclbc Druckerschwärzc aus eincr deutschen Fabrik,
mit «elcher dcr „Bazar" in Lcipzig gcdruckt «ird,
threr bedeutende» Vorzügc wcgcn auch znm Druck
dcr sranzöfischcn und spanischen AuSgabcn vcrwandt
wtrd, währcnd man sonst der Meinnng war, Zllu-
strationcn nur mit englischer Farbe gut drnckcn zu
können.

Wollte man daS alljährlich zum „Bazar" ver-
wandte Papicr dcr Längc nach Bogcn fnr Bogen
ancinander legcn, so könntc man damit eine Weg-
strecke von 770 beutschen Metlen bedecken. DaS
Gcsammtgewicht LeS jährlichen PapierquantumS
aber bcträgt 478,590 Pfund, zu dcren Verladung
auf einmal ern Eisenbahnzug »on ca. 60 Wagcn
erforderlich sein würde. DaS Anfahrcn deS Pa-
piers und die Versendung der Eremplare an die

Zwischenhändler bringt dcn Eisenbahnen und Poft-
anstalten einen jährlichen Frachtertrag von mtndc-
skcns 6—7000 Thlr., während der Bruttogcwtnn
der Postanstalteit und Buchhändler, wclchc den De-
tailvcrkauf der Zcituug besorgen, auf 70—80,000
Thaler jährlich zu vcranschlagen ist.

Am großartigsten gestaltet fich der Betrteb deS
IlnternchmenS jedeSmal im Monat November, wo
neben dcn letzten Nummern deS ablaufendcn, die
crstcn Nummern des neucn Zahrgangs und circa
cine Million Prvspecte gcdruckt werdcn.

Zicht man in Betracht, welchen Nutzen die Zet-
tung ihren zahlreichcn, durch die ganze civilistrtc
Welt »erbreiteten Lescrinnen dadurch gewährt, daß
fie ihnen die Selbstanfertigung eincr Maffe von
Gegcnständen crlcichtert, die svnst zu thcuern Prei-
scn gekauft wcrden müßten; erwägt man ferner,
«elchcn Vorthcil die zahlreiche weibiichc Bevöl-
kcrung unserer Städte, die von ihrer HLndc Ar-
beit lcbt, auS dcn Mustern und Vorlagen, Klci-
dcrschnitten u. s. w. dcS „Bazar" ziehcn kann und
zicht, so «rrd man unserc Behauptung vollständig
gercchifertigt finben, daß kcin andercS litcrarischeS
Unternehmcn eristirt, «elcheS fich in gewerblichcr,

industricllcr und volkSwirthschaftlichcr Beziehung
eine glcich hohe Bedeutung bcimeffen könntc.

Setnen cnormen Erfolg aber vcrdankt der„Ba-
zar" vorzugsweise der rastloscn Thätigkett und dtr
»ortrefflichen Leitung seines GründerS und ünter-
nchmers. Mögc er fich der schönen Resultate set-
neS WirkenS noch langc erfreucn.

Eine außerordentliche Gefchichte.

Aus dem Ungarischcn von S. Z. Huber.

(Fortsetzung.)

„Sie find also bcreit zu schließen, daß tch wahn-
finnig sei —, Sie können nicht glauben, daß ich
spaßc", erwidcrte dcr Kremdc, einc Tausendgulden-
Banknotc hervornehmend und dieselbe aus dcn Tisch
lcgend. „Da sehrn Sie, daß dies kein Kinderspiel
ist und daß der Dienst, welchen ich von Zhnen ver-
lange, für mich von höchster Nothwendigkeit und
Wichtigkeit ist. Zch bitte Sie, schneiden Sie diese
Stelle aus metner Hand heraus!"

„Und ich sage Zhnen, metn Herr, daß alle Schätze
der Welt mich ntcht bewegen werden, rin gesundrS
 
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