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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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Ueidtllmger Ieilimg.

78.


Donuerstag, 2. April

ZnsertionSgebührell für die SspalttgeZPetit-
zeile werven mit 3 kr. berechaer.

L8«3.

Bestellungen anf die „Heidelberger
Zeirung" «ebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
April 1863 begonnene 2. Qnartal
werden fortwährend angenommen.

DieExpedition

* Politische Umschau.

Die „General-Coirespondenz" dementirt die
in der Samstags-Nummer der „Köln. Ztg."
veröffentlichten mid angeblich aus Wien gc.
kommencn Rachrichken in Betreff einer Wie-
derherstellung der Unabhängigkeit Polcns und
bemerkt zuglcich, daß die Andeutungen dcr
„Kölnischen Zeitung" über eine angebliche
Miffion deö Fürsten Metternich nichts weiter
seien alS eine gänzliche ungerechtfertigtc Con-
jectur.

Die „Norddcntschc Allgemeine Zeitung" hört,
die Regierung werde der „Südbcutschen Ztg.",
dcr „Wochenschrift des Nationalvereins", dem
Berner „Bund" und der Hamburger „Re-
form" den Postdebit cntziehen.

Dic östcrreichische (osficiöse) „Gen, Corr."
crklärt: „Eine Auslieferung von aus österr.
Gcbiet übergetretenen Znsurgcnten dürfte schon
deßhalb gar nicht in Aussicht stehen, weil ein
vertragsmäßiges Recht zur Forderung der
Ausliefcrung nicht, oder beffer gesagt, nicht
mchr bestehl."

Nach der „Morgen- Post" ist die Krifis,
welche die Skellmig des Grafcn Forgach in
Frage stellte, als vorübergegangen zu betrach-
ten. Nach alter Gewohnhcit soll auch diese
neueste Krisis ohne Resultat geblieben sein,
das heißt, Jeder behält seinen Posten, scine
Ansichteu und seinc Pläne, oder Jeder behälk
Recht.

Die „Allg. Ztg." gibt an, daß die Nachricht
der „Köln. Ztg.", bezüglich der Pvlenfrage
nur ein Gedanke des Prinzen Napoleon und
dex Kaiscrin Eugenie war; zunächst wurde
Großfürst Constantin, dann Leuchtenberg ins
Auge gefaßt.

Nach der „Europe" sind England, Frank-
reich, Pvrtugal, Jtalien und Schweden für
die Berufung eines Congreffes; Oesterreich
jedoch nur untcr der Bedingung ciner vor-
gängigen genauen Feststellung unb Umgrenzung
der Grundlagen und des Zweckes des Con-
greffcs, damit nicht die Mächte mibekanaten
Dinge» gegenüber der Mvglichkeit von Ueber-
rumpelungcn ausgcsetzt seien. Rußland ist ba-
gegen, weil dem Czaren die Borlage eines
innern Conflicles an einen Congreß als eine

Vorausunterwerfung unter die Entscheidung
der europäischen Mächte erscheinen müffe.

Der Pariser Correspondent des „Dresdener
Zournals" bezweifelt die Angaben der „Köln.
Zeitung" über Frankreichs Stellung zur pol-
nischen Frage und sagt: Sicher ist nur, daß
Frankreich eine Mitwirkung zü Schritten im
Sinne der Ruffeü'schen Note vom 2. März
ablehnte; abcr cs machte Oesterrcich u. Eng«
land ncue Vorschläge zu gcmeinsamcm Bor-
gehen bei der ruffischen Regierung.

Marschall Baraguep-Hilliers ist zum Com-
mandanteu des Lagcrs von ChalonS ernannt
worden.

gn London werden nun die unter dem letz-
ten Königc von Neapel im Gebrauch gcwese«
nen Folterwerkzeuge mit authentischen Bewei-
scn, daß sie in Palermo angcwandt wurden,
öffentlich ausgesteüt. Englische Blätter geben
davon eine haarsträubende Beschreibung.

Zn Athen nimml die Zndisciplin unter dem
Militär immer mehr zu, selbst Officiere ver-
weigern den Gehorsam. Der Pöbel hat bie
Druckerci cines Zournals gestürmt, welches
ausgestreut hatte, England unterstüße die Can-
dibatur eineS baperischen Prinzen; Lord Elliot
hat biesem Gcrücht wibersprochen.

DieUnionisten haben 26 conföderirtc Dampf-
boote auf dem Iazoofluß weggenommen. Das
Bombardement von Vicksburg bauerte fort.
Durch den Durchstich der Dämme steht in den
Staaten Louisiana und Missisfippi ein Land-
strich, so groß als Schottland, unter Waffer.
Der Angriff aus den Iazoopaß sührte zu kei-
nem Resultate.

Auf San Domingo ist eine Revolution gegen
die Spanier ausgebrochen; es flnd von der
Haoannah Truppen gegen die Aufständischen
abgesandt worden.

Deutschlan-

Karlsrnhe, 30. März. Dcr von Walli
erstattete Commissionsbericht über den allge-
uieincn Theil des Polizeistrafgesetzbuchs ist nun-
mehr im Druck erschienen. Dcrselbe verbrcitet
sich ausführlich über dic dem Gesetzentwurf
zu Grunbe liegenben Principien, mit denen
die Commisston im Allgemeinen sich einver-
standen crklärt. Sie beantragt deßhalb auch
nur wenige Aenderungcn. Bezüglich der Frage,
welche Wirkung den älteren bcstehenden Poli-
zeivorschriften unter ber Herrschaft des neuen
PolizeistrafgesetzeS zukommen soll, eine Fragc,
die ber Entwurf nicht ganz klar entscheidet,
beantragt die Commission, daß die bermalen

bestehenden, von dcn Ministern erlaffenen Vcr-
ordnungen binnen Zahrisfrist einer Revision
untcrworfen und neu verkündigt werden svl-
len; den von dcn Kreisregierungen erlaffenen
Verorbnunge» svll aber unter der Herrschaft
des neuen Gesctzes gar keinc Wirksamkeit mehr
eingeräumt werden.— (Auch der Bericht über
das Verwaltungsgesctz von Kirsner ist er-
schienen.) . (S. M.)

Mannheim, 31. März. Das Central-
comite für bas erste badische Landesschießen
hat solgenden Aufruf erlaffen:

„Ltebe Freunde und Schützenbrüder! DaS erste allge«
metne Badische LandeSschteßen naht heran. Zn Ueberetn-
sttmmung mit dem Vorort des Badischen LandeSschützen-
VeretnS haben wtr deffen Begtnn auf Sonntag, den 28.
Zuni festgesetzt und laden Euch hterdurch eiu zu dem Feste,
mit welchem der Badtsche Schützenverein zum«crsten Male
vor das Land trttt. Es soll etn Verbrüderungöfest ntcht
nur für das engere Vaterland, sondern auch für setne
nähere und fernere Umgebung sein; allein vorzugSweise
zählen wtr auf unsere Badtschen Schützenbrüder. Dte leb-
hafte Theilnahme, welche wtr tn uuserer Stadt findeu, dte
fich geehrt fühlt durch dte Wahl, welche Zhr getroffen, läßt
unS hoffen, daß eS unS geltngen werde, daffrlbe tn wür-
dtger Wetse zu feiern. Freilich, an den Glanz deS Deut-
schen Schützenfestes 1n Franksurt bürfen wtr uicht denken;
alletn waS in unseren schwachen Kräften steht, daS wird
mtt allem Eifer geschehen und mäßigen Erwartungen hof-
fentltch genügen. Für frete Wohnung unserer Gäste wer-
den wtr sorgen. L-chon find uns sowohl tn unserer Stadt
als auch von auSwärtS schöne Ehrengaden zugefichert und
an wetteren wird eS ficherltch ntcht fehlen. Das beste aber,
daS am metsten zum Geltngen des FesteS bettragen wtrd,
daS wtrd dte mannhafte, frete, brüderltche Gefinnung setu,
welche unS mtt unseren lieben Gästen veretntgen soll, tn
freudtger lledung der Waffen. wte tn traultchem Zusammen-
setn. Unser trefsttcher freisinniger Großherzog hat unserem
Feste tn Folge unserer Etnladung scinen Besuch zugesagt^
Wtr rethen uns mtt ihm als thättges Glied etn tn den
großen Bund Deutscher Männcr, defsen Ziel die AuSbtl-
dung und Vervollkommnung deS Dcutschen SchützenweseuS
und dadurch dte Echöhung der Wehrkraft der Nation, dte
Hebung und Stärkung deS ManneSfinneS tn dem srohen
Bewußtsetn der Waffentüchttgkett tst. Darum erwarten
wtr freudtgen. zahlretchen Zuzug, zu deffen würdtger Auf-
nahme wtr AlleS aufbieten werden, waS in uoseren Kräften
steht. Um aber unsere Vorbereitungeu tn genügender Wetse
treffen und für dte mögltchft bequeme Unterbrtngung un-
serer Gäste sorgen zu können, tst vor Allem nothwendtg,
daß wtr tn thunltchst kurzer Frist dte Anmeldung d^r Thetl-
nehmer so vollständig als möglich erhalten. Wtr ersuchen
Euch daher, Eure Mttglieder htezu zu veranlaffen und unL
sobald als mögltch mitzutheilen. wte vtele Schützen Eurer
Gesellschaft wtr zu erwarten haben. Alle werden unS hoch
wtllkommen setn. Wtr zählen auf Euer Aller Mttwtrkung
zu dem schönen patrtottschen Feste, daS wtr durch Eure
Unterstützung tn würdigster Weise zu begehen hoffen, ge-
tragen von dem Getfte der Brüdeklichrett und freten Vater-
landSfinneS, der Badeu und setn Volk stetS auSzeichuete.

Stuttgart, 29. März. DaS Bankett zu
Ehren der Reichsverfaffung war ein vollkom-
men gelungcnes politisches Fest, wie wir es
in dieser Stadt seit langer Zeit nicht mehr
gesehen habcn. Die Betheiligung der Bürger

Der Mißgriff.

Vom Polizei-Director Dr. Stieber.

(Fortsetzung.)

Der Eriminalbeamtc komknt nicht sclten in die
Lage, ohn« sein Wiffen Jemandcm Unrecht zu thun,
aber wiffentlich mochte ich kcincn Wurm unschuldig
kriinken. Zch begab mich daher endlich an jenem
Morgcn in Beglcitung mcines Aktuars zu dem
»erhrsteicn jungen Manne in dcr Abficht, ihn
nochmals einem strengercn Verhör zu untcrwerfcn
und thn, «enn auch diesc Prozcdur erfolglos ab-
laufen sollte, sofort in Frciheit zu setzen. Jch war
noch mehr verlcgen als der Arrcstant selbst, als
ich ihm in solcher Weisc gegenübcrstand und der
Aktuar endlich semen Schrcib-Apparat in Ord-
nung gebracht hatte, so daß das Verhör bcginnen
konnte. Dcr Arreftant war sehr aufgeregt und
nicht wenig erstaunte ich, als er das Vcrhör selbst
mit der Erklärung eröffnete: „Jetzt habe ich die
Gefangcnschaft in diescm elende» Nest satt, i'n wel-
chem mich die Wanzen noch mchr plagen als die
Langeweilc, und ich wcrde ein offenes Gestandntß
ablegen, «clcheS den Sitz der Untersuchung wenig-

stenS nach cinem anständigcn Ort verlcgen wird.
Das bei mir gefundene GZd rührt von Hazard-
spiel her."

Der Arrcstant legte nun ein offcnes Geständniß
ab, daS mich in daS höchstc Erstaunen sctzte. Zn
der GarnisonSfiadt, in welcher der angcbliche Died-
stadl pasfirt war, hcrrschte das Lastcr des Hazard-
fpiels in etner sehr ausgedehnten Weise; eS gab
dort mchrere Spiclhöllen. Mein Arrestant «ar
als gewcrbsmäßigcr Spieler durch den Ruf der bc-
zeichncten SpiclhöUen nach jener Stadt gesührt «or-
dcn. Er hatte durch cin rasendes Glück dic bet ihm
gcsundenc Gcldsumme gcwonnen. Er gab ganz
gcnau dcn Ort und allc Thctlnehmer deS SpieleS
mit dcr größten Gewiffenhaftigkett und mit allcn
möglichen BeweiSmitteln an. Es hatte ihn eine
förmliche Geständnißkrankheit befallep. Mehrerc
der Honoratioren drs Orts, namentlich einige hoch-
stehendc Bcamte, warcn an dem Spiel bethciligt.
gewcsen. Etner der Hauptspieler war «Lhrend dcr
Tage seines AufentzhaltS in dcm Stadtchcn der Mi-
ntster selbst gewesen. Er hatte sogar an eincm Abend
i» etncm engerrn Kretse sclbst Bank gehalten.

Da hatte ich nun eine schSne Bescheerung! Dcr

Minister, mcin Wohlthäter, war aus dem AnklL-
ger plötzlich zum Angekiagten geworden. Schon
längst bezetchnete ihn das Gerücht als dem Hazard-
spiel ergcbcn und es foll scine Stellung sogak etn-
mal d'urch dieses Gerücht gefLhrdet gewcsen sein,
da dcr Fürst ein Feind deS SpielcS war. Zch hattr
das Gcständntß des Arrestanten bereitS genau pro-
tocollirt, ehe ich ahncn konnte, daß der Rame des
Ministers genannt werden würdc. Der Aktuar,
welcher das Protocoll führtc, war ein notortscher
Fcind des MintsterS, da cr einer Kamrlie ange-
hörte, deren Haupt durch dcn Ministern>egen Schul-
den seinen Amtes cntsetzt worden war. Zch konnte
also mein Protocoll nur der strengsten Pfltcht ge-
mLß cinrichten und nicht an etne Ntederschlagung
der betreffenden Untersuchung denken. Wcnn ich
abcr noch so pfiichigemäß vcrfuhr, so kam tch tmmer
in die Lagc, dem Minister arge Unannehmlichketten
zu bcreiten, und ich hatte jedenfalls in ein böses
Wespcnnest gegriffcn, da cinc Menge hochgestellter
Personcn i» die Sache verwickelt wurden.

Zch nahm das Geständniß, an deffen Wahrhett
nicht etnen Augenblick gezweifelt werden konnte,
voüständig zu Protocoll und reiste noch an dem-
 
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