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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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D: Ä8.


Donnerstag, 2« Februar


18«3.

* Politische Umschau.

Nach dkm Wochenblatt dcs Reformverkins
hat stch in Freiburg ein großdeutscher Reform-
verein gebildet, an deffen Spitze die HH. von
Andlaw und Alban Stolz stehen I

Die Bismarck'sche Circularnotc vom 24.
Zanuar zeigt aufs Neue, wie die Berliner Re-
gicrung gar keinen Sinn hat für Deutschland;
wie sie einzig und allein eine Ausbreitung der
spccifisch preußischen Macht erstrebt, und zwar
geradezu auf Koste» unseres Gesammtvater-
landes; und wie sie demzufolgc dem Wiener
Hofe aufs Bereitwiüigste die Hand bietet u.
ihn auswärts zn unterstützen verspricht, wcnn
derselbe stch nur zu dem Cinen verstehen will,
Deutschland der Präponderanz Preußens zu
überlaffen! Von einer gründlichen Besserung
der Bundesverhältniffe ist nicht entfernt mit
einer einzigen Sylbe die Redc; im Gegen-
theil cvncentrirt sich der Hauptvorwurf gegen
Oesterreich in dem Punkte, daß dieses nicht
das alke bundestägliche „Einverständniß" wic»
dcr hergestellt habe, jenes „stillschweigcnde Ab-
kommen", das zu einem, „seitdem nicht wieder
erreichken Grade von Einigkeit" führte, nach
welchem in allen irgend wichtigen Buiidesan-
gelegkiihcitcn Oesterreich und Preußen sich
stets (privatim) vcrständigt hätten, worauf
sie dann — den übrigen Bundesstaaten dicti-
ren konntcn! Es ist schr gut, sagt die N. F.
Z., daß dic Ungeschicklichkeit der Bismarck'-
schen Diplomatie dieses Actenstück der Oeffent-
lichkeit übergeben hat. Die Circularnote zeigt
aufs Neue, wohin unser Vaterland gebracht
würde, wenn die Pläne dcrjenigen auch nur
thcilwcise verwirklicht werden könnten, welchc
das Heil Deutschlands in einer Unterwcrfung
unter Preußen zu finden hoffen, gleichvicl ob
in dcr Form einer „preußischen Führerschaft«
oder eines „Hohenzollern'fcheii Eibkailerthums".
Jene braven deutschen Stämnie, welche der
preußische Staat umschließt, müffen vor Allem
sich selbst zur Einancipation verhelfen, — zur
Einancipation vom Absolütismus, dem stehen-
dcn Soldatenthum, ciner französtschen Centra-
lisation, dem Junkerthum, der Büreaukratie
und der Pfafferci! Erst muß das specifische
Preußenthum sein Ende finden, — nicht früher
kann und wird es ein einiges u. freies Deutsch-
land geben.

Die ministerielle „Bayerische Ztg." bemerkt
in Bezug auf die gestern erwähnte neuestc
bayerische Circulardepcsche, eS wäre ein Miß-
verständniß, wenn man aus der Notiz der
„Allg. Ztg." dic Folgerung ziehen wollte, die
Circulardepesche bcschränke sich auf eine Ein-
ladung zur Bildung eines besondern deutschen
Zollvereins mit Oesterreich.

Auch das „Drcsdener Journal" verstchert,
daß der Jnhalt der neuesten bayerischen Cir-
cularnote bezüglich der Zollvereinsfrage keincs-
wegs den Angaben der „AugSburger Allgem.
Zeitung" entsprcche.

Rach der „Patric" hat Herr Drouyn dc
Lhuys an den französischen Gesandten in Ber-
lin, Baron Taleyrand, eine vom 20. d. M.
daiirtc Note in Betreff der polnifchen Ange-
legenheit abgehen laffen. Diesc in sehr freund-
schaftlichen Ausdrücken abgefaßte Note entwickelt
den Gedanken, daß die Mitwirkung Preußens
zur Unterdrückung des polnischen AufstandeS
die Polen in Preußen hinrcißen könnte, mit
dem Aufstand gemeinschaftliche Sache zu ma-
chen. — Die „France" meint, Oesterreich sei
gencigt, sich dem Gedanken anzuschließen, der
in der polnischen Frage Frankreich und Eng-
land zu einigen scheinc.

Es wird gemcldet, daß die Franzosen wir-
der mit großem Verluste von Puebla zurück-
geschlagen wurden,

Die Avantgarde des französischen Generals
(Berthier?), dic 4000 Mann stark war, wurde
von 800 Mann merikanischer Cavallerie voll-
ständig überrumpelt, und cs wurden gcgen
2000 Franzosen getödtet und verwundet. Meh-
rere französtsche Officiere wurden mit dcm
Laffo gefangen und fvrtgeschleppt.

„Times" mcinen, die polnische Frage werde
durch die Haltnng der preußischcn Regierung
eine allgemeine europäische Frage, und Frank-
reich dürfte die Gelegenheit am Rheinc aus-
beuten. „Daily News" fpricht von der Wie-
derherstcllung Polens. Sämmtliche Blätter
verdammen das Bcnehuien Preußcns auf das
schonungsloseste.

Bcrichten aus Neapcl zufolge hatte sich die
Jntcndantur des Theaters San Carlo in Folge
einer polenfreundlichen Kundgebung veranlaßt
gefunden, die Lichter im Hause auszulöschen,
worauf das Publikum das Theaker verließ.

D e u t sch l a n d

Karlsruhe, 23. Febr. DaS heuttge Regbl. Nr. 9
enthält ferner: 2) OrVenSverleihungenr Se. Kgl. Hoheit
der Großberzog haben Sich gnädtgst bewogen gefunden,
dcm k. preuß. außerordentltchen Gesandten und bevollmäch-
tigten Mtntster, wtrklichen Geh.-Rath und Kammerherrn
Grafcn v. Brassier de St. Stmon das Großkreuz, Und
dem kats. brasil. Generalconsul Franctsco Montz Barreto
de Aragao daS Ritterkreuz deS OrdenS vom Zähringer
Löwen zu verlethen. 3) Dtenstnachrichten: Se. Kgl. Hoh.
der Großherzog haben Sich gnädigst bewogen gefunden,
den Mtnisterrefidenten am K k. österr. Hofc, Frhrn. von
EdelSheim zu Höchstthrem außerordentlichen Gesandten und
bevollmächtigten Ministcr an demselben höchsten Hofe huld-
vollst zu ernennen; bem BeztrkSförster Kopp in Buchen dte
erledigte Beztrksforstei Werthetm zu übertragen; den StaatS-
rath ür. Weizel auf setn unterthäuigsteS Ansuchen der
Stelle eineS Piäsidenten des HandelSmintstertumS in Gnaden
zu enthcben und dte Leitung dteseS MintsteriumS dem Prä-
sidcnten deS Ministeriums des großh. Hauses und der aus-
wärtigen Angelegenhetten Franz Freiherrn v. Roggenbach
interimistisch zu übcrtragen. 4) Bekanntmachungen der
Mtnisterten: Von vier Forstcandtdaten, welche sich der tm
December v. Z. vorgenommenen Staatsprüfung unterzogen
haben, find August v. Teuffel von Mannhetm, Karl Heine-
fetter von Ballenberg und Karl Ktßltng von Baden unter
die Zahl der Forstpraktikantcn aufgenommen worden. 5)
Grledigt find bet dem großh. ArmeecorpS zwei Oberarzt-
stellen mit der Gage vou 600 st.

Karssruhe, dcn 18. Febr. Nach einem
der ersten Kauiiner vorgelegten GejetzeS-
entwurf soll künftig das System dcr Ein-
zelhast, welches bishcr blos bei Zuchthaus-
strafe zulässtg, auch auf die Arbeitshausstrafe,
aber nur bei Persouen männlichen Geschlechls,
ausgedehnt werden. Elfjährige aufmerkfame
Bevbachtungen haben die Regierung zu der
Ueberzeugung gebracht, daß dic Einzelhaft an
sich auf die körperliche Gcsundheit keinen
nachtheiligen Einfluß äußert, dagegen ist die
größere Elnpfänglichkeit der in Einzelhaft
Befindlichen für Geisteskrankheiten nicht zu
verkennen. Beginnende Geistesstörungen konn-
ten aber in den meisten Fällcn durch Ver-
setzung in dic Gemeinschaftssäle oder Wechsel
dcr Bcschäftigung beseitigt werden. Als
Hauptgrund der Ausdehnung der Einzelhaft
auf Arbeilshaussträflinge wird angegcden,
daß dadurch schädlicher Einfluß von Mitge-
fangenen beseitigt und Befferung sicherer er«
zielt werde. Zn dcr Einrichtung bictet sich
jctzt die geeignete Gelegenheit, da die Zahl
der Zuchthaussträflinge so abgenoinmen hat,
daß sämmtliche Arbeitshausgesangene die Ein-
zelhaft in dem Bruchsaler Zeüengefängniß er-
stehen könncn. (S. M.)

Karlsruhe, 20. Febr. Der den Ständen
vorgelegte Entwurf eines Gesetzes über die
Verwaltung ver Rechtspolizei verwirfl dic
vön dem französischen Gefctzc den Notaren
zugewiescne Stellung. Er stellt für die Ver-
waltung der Rechtspolizei als Behörden auf
die Gerichte, Geri'chtsnotare und Districtsnv-
tare. Der DistrictSnotar bksorgt die Ferki-

gung der StaatSschröibereiurkundcn, soferne fie
nicht andern Beamten übertragen ist, die
Anlcgung und die Abnahme von Siegeln, die
Aufnahme von Vermögensübergaben. Die
dienstpolizciliche Strafgewalt übcr die DistrictS-
notare steht den Appellationsgerichten und dem
Jnstizministerium zu. Die Gcrichtsnotare wer-
den von dem Großherzoge ernannt, fie sind
Staatsdiener; die Districtsnotare werden von
dem Justizministerium auf Lebenszeit angestellt.
Sie könncn, abgesehen von den Fällen straf-
gerichtlichen n. dienstpolizeilichen EinschreitenS,
wegen Dicnstunfähigkeit aus Körper- oder
Geistesschwäche ihres Amtes enthoben werden;
dic Aufstellung der wiffenschaftlichen und prak-
tischen Vorbedingungen zum NotariatSdienste
wird besondcrer Verordnung vorbehalten. Die
unmittelbarr Dienstaufstcht wird von den Gc-
richtsnotaren geführt. Dic Notare des LandeS
ernennen durch Wahl einen aus dem Vorsitzen-
den und vier Mitgliedern bestehenden Ausschuß»
Dieser Ausschuß hat als GeschäftskreiS die
Jntereffenvcrtrctung des Standes, dic Erstat-
tung von Gntachten, die Beilegung von dienst«
lichen Zwistigkeiten, Entwerfung der Geschäfls-
ordnung für dcn Ausschuß, die Bewilligung
dcr Mittel für gemeinschaftliche Angelegenhei-
tcn. Das Amt als Mitglied des AusschuffcS
ist Ehrenamt. Eine Disciplinargewalt, wie die
Notare wünschen, ist dem Ansschusse ntcht
übertragen.

Karlsruhe, 23. Febr. Der Allerhöchsten
Vcrordnung, welche das heute auSgegebene
RegierungSblatt Nr. 9 enthält, sind, wie wir
vernehmen, im großh. Staatsministerium cin-
gehenbc Erörterungen vorausgegangen, wie
fie der Wichtigkeit des Gegenstandes entspre-
chen. Es hatten sich in Folgt der in ciirzel-
nen Ministericn hcrrschend gewordenen, durch
die bisherige Organisation veranlaßten Uebung
der Geschäftsbehandlung wiederholt Mißstände
herausgestellt, welche durchgreifendc Abhilfe
erheischten. Jnsbesondcre mußten dic Zntereffen
unter der Schwerfälligkeit des GeschäftsgangeS
ünd der Zersplitterung einer auf vielfache Bc-
Hörden sich vertheikendcn Entscheidung leidcn,
welche wie die commcrciellen und industriellen
Zweige dcr Staatsthätigkcit vor Allem eine
mächtige und willenskräftl'gc Jnittative vor-
aussetzen. Es hatten solche Nachtheile sich
namentlich auch bei solchen Fragcn herausge-
stellt, welche von formeller Seite das Ressort
des Ministeriums der auswärtigen Angelegen-
heiten, von materieller das des HandelSmini-
steriums bcrührten. Sind wir recht unter-
richtet, so hatte in Folge dadurch hervorgcru-
fcner Meinungsverschiekenheiten unter beiden
Ministerien der Präsident des Ministeriums
des großh. Hauses und der auSwärtigen An-
gelegenheiten bereits nach einer am 13. d. M.
stattgehabten Staatsministerialsitzung unterthä-
nigst bei Seiner Königlichcn Hoheit um seine
Enthebung von dcm innehabenden Posten nach-
gesucht. Ein gleiches Ansuchen erfolgte unter
dem 16. von Seiten des Präsidcnten des großh.
Handclsministeriüms, Hrn. Staatsraih Weizel.

Seine Königliche Hoheit geruhten, bevor
Sie cine höchste Entschließung auf die Jhnen
vorliegenden beiden Gesuche faßten, zunächst
eine genaue Prüfung der zur Sprache gekom-
menen Organisationsfrage durch eine Commis-
sion des großh- Staatsministeriums anzuord-
nen. Als deren Auigabe mußte erkannt wer«
den, die unmitlelbare Wirksamkeit der verant-
wortlichen oberstcn Staatsbehörden gegenüber
den ihnen zunächst untcrstehenden Stellen zu
erhöhen, und anderseits wicder letztere in dem
ihnen zugewiesenen Geschäftskreise der vielfach
unnöthigen und beengenden Mitwirkung von
Collegialreferenten da zu entheben, w» solche
Mitwirkung sachlich und ocganisationsmäßig
 
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