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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0411

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Dienstag, 3 Mat


L8«3.

^ Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für die Monate
Mai nnd Iuni mit 36 Kreuzcrn abonniren bei
allen ^)ostanstalten, de» Boten und Trägern,
sowie der Erpedition (Schiffgaffc Nr. 4).

* Politische Umschau.

Nach offiziösen Berichten hat die prcußische
Regierung nicht blos in Paris, sondern auch
in Vondon die unumwundene Erklärung abge-
geben, sie könne eincr Politik, welchc aus vit
Herstellung der pnabhängigkeit Polens gerich-
let sei, ihre Unterstühung nicht gewähren, weil
sie darin eine Gefährdung des preußischen
Skaates erblicke.

Die neuesten Borsälle bei Znvwraclaw be-
urkunden die grellste Verlehung bes Neutra«
litätsverhältniffes von preußischcr Seite, und
sind ganz gceignet, dem Bonapartismus dcn
schönsten Vorwand zu aUe» möglichen Dingen
zu gewähren. Man hat fliehenden russischen
Truppen auf preußischem Gebiete die Waffen
belaffen, hat ste bei Bürgern wie die eigenen
Solvaten einquartiert, hat ihnen bie Möglich-
keit verschafft, sich, gefchützt durch dic preußische
bewaffnete Macht, neu zu ordnen und zu dem
streitenden russischcn Kriegsheere zurückzu«
kehren, — ja man har sogar — ein Hohn
auf alles Völkerrecht! — geduldet, daß die
Ruffeu die gesangenen Polen auch auf preußi-'
schem Gebieke ferner gefangcn halten und dann
mit sich.über die russisch.polnische Grenze zu-
rückschleppen konnten! Ein solches Verfahren,
sagt die „N. F. Ztg." muß allgcmeine Ent-
rüstung erzeugen uiid wirb schwcrlich immcr
ungeahndet bleiben.

Von den bis jctzt bekamiteii 93 Wahlen
aus dem diesseitigen Bapern gehören der
FortschrittSpartei nach der ihr günstigen Be-
rechnung 19, die übrigen 74 der großdeutschen
Partei an; von den 12 dekaniiten pfälzischen
Wahlen 11 der gortschrikts-, 1 dcr großbeut-
schen Parte.i. Zusammen 75 Großdculsche,
30 Fortschritlliche. 43 Wahlen stchen noch auS.

Dic Wiener „Prcffc" schreibt aus Berlin:
„Die Einladung Frankreichs an Prcußen, sich
dem collectiven Schritte der brei Großmächte
in Petersburg anzuschließen, mußte ihrer Form
und ihrem Znhalte nach ben hiestgcn Hos ties
verletzen. Auf Befehl bes Königs soll es da-
her geschehen sein, daß Herr v. BiSmarck
gestern a« den Botschastcr in Paris, Grafen
v. d. Goltz, beffen Bruder, welcher Avjutant
des Königs ist, in außerordcntlicher Mission

mit besonderen Jnstructionen absendete. Wenn
ich recht unterrichtet bin, überbringt derselbe
zugleich eine schroff ablehnende Antwort und
an dcn Botschafker die eventuelle Ermächtigung,
in Urlaub zu gehen."

Von Proudhon ist eine neue Broschüre, die
beeidigten Demokraten und die Widerspenstigen,
erschienen, welche grvßeS Aufsehen erweckt.
Proudhon ist für Enthaltung bei den Wahlen,
so lange die Regierung ihre Candidaten öffent«
lich untcrstützt, die öffentlichen Versammlungen
verbietet und die Preffe »icht srei ist.

Nach dem „Wochenblatt des deutschen Res.-
Ver." wären am 24. April in Wien an höchster
Stelle maßgebende Beschlüffc in der Bundes-
reform-Frage gefaßt wordcn.

Zwischen Bewohnern von Hamburg u. däni-
schen Soldaten, die in Altona garnisoniren,
sind in der leßtcn Zeit wiederholt Schlägereien
vorgekouimen.

Rach der „Nation" wärc Herr Walkcr,
Agent des FinanzuiinisterS der Vercinigten
Staaten, mit der Voümacht nach England ge-
kommen, ein Anlehen von nicht wenigcr als
50 Millionen Pfund St. zu 7 pEt. Zinsen,
mit halbjähriger Zinszahlung abzuschließen.

Deutschland

Karlsruhe» 28. April. 81. öffentliche
Sitzung ber 1l. Kammcr. Präsibent: Hilde-
brandt. Am Regierungstische: Lamep, Burger
und v, Frepdorf. Das Secretariat zeigt eine
Petitron ber Gemeinde Tauberbischofsheim an,
die Errichtung eines Kreisgerichtes daselbst
betr. Der Präsident macht eine Mittheilung
der l. Kammer bezüglich der Errichtung der
Krcisgerichtssitze bekattnt. Die LageSordnung
sührt zur Bcrathuug des Polizeistrafgesetz-
bucheS. Berichterstatter Eckharb trägt die
von ber Commission vorgeschlagenen Redac-
lionsveränderungen der §§. 79, 87 und 95s
vor, welchen die Kammer stillschweigend bei-
tritt. Tit. V. Ucberlretungen in Be-
zug aus die Baupolizei. K. 116. Be-
richterstatter Eckhard cmpfiehll folgende an-
derc, von der Rcgierungscommisston genehmigtc
Faffung dieses Paragraphen: An Gelb bis zu
150 Gulden wird gestraft, wer als Bauherr
oder Bausührer bei Ausführung eines Neu-
baues ober einer Bauvcränderung die bau-
polizeiliche Genehmigung nicht einholt, den
Verorbnungen übcr die Baulinie in Acst-
igkeit, in Feuersicherheit und Gesundheit,
veu örtlichen Bauordnungen odcr den nach
Maßgabe bicser Polizeivorschriften in dcn ein-

zelnen Fäüen von der Baupolizeibehörde ge-
troffenen besondcren Anordnungen zuwidcrhan-
delt. Aus Antrag des Abg. Regenauer,
untcrstützt von Staatsrath Lamep u. Bericht-
erstatter Eckhard und angenommen von der
Kammer, werdcn vor die Worte „baupolizei-
liche" die Wortc: „durch Verordnung vorge-
schriebene" eingeschaltet, weil nicht bei allen
Bauverändcrungen die baupolizeiliche Erlaüb-
niß einzuholen sei. Prestinari stellt den
Antrag, den von der Commission gestrichenen
Absatz 2 des Regierungsentwurss wieder auf-
zunehmen; der 8. 29 genüge nicht, denn die
Polizei dürse nur einen Bau abreißen laffen,
wenn es iui öffentlichen Jntereffc nothwendig
erscheint, nicht aber auch wenn der Bau blos
ordnungSwidrig ist. Staatsrath Lamep:
Allerdings, aber die Polizci wcrde nicht weiter
gehen, als nöthig ist, als das Bedürfniß des
öffentlichen Zntereffes entscheide. Die Regie-
rung habc nichts dageqen, wenn man in Presti-
naris Sinn bcn §. 29 abändern wolle, aber
bei 8. 116 sei dies nicht räthlich. Prestinaris
Antrag wird unterstützt von Kusel, Moü und
von der Kammer angenommen. Es werden
hiernach die Worte „soweit es im öffentlichen
Znteresse nothwendig erscheinl" vorbehaltlich
der Redaction durch die Cvmmission in den
Paragraph aufgenommen. §. 117. 1) An

Geld bis zu 25 Gulden wirb gestraft, wcr
bei Arbeiten an Gebänden, Brücken, Brunnen
oder sonstigen Baulichkeiten die vorgeschriebe-
nen oder üblichen Warnuiigszcichen zur Siche-
rung Vorübergehenver nicht ausstellt. 2) An
Gcld bis zu 50 Gulden oder mit Gefängniß
bis zu 14 Tagen wird gestraft, wer bci svl»
chen Arbeitcn lZ'ffer 1), bei Aufstellung und
baulicher Erhallung von Baugerüsten oder
Schaubühnen bie zui Abwendung von Gesahren
für Personen und fremdes Eigenthnm von ber
Ortspolizeibehörde angeordneten oder sonst er-
forberlichen Sicherheiisniaßregeln unterläßt.
Angenommen. §. 118. Hauseigenthümer vder
deren Slellvcrtreter, welche der polizcilichen
Aufforderung zur Ausbefferung oder Nieder-
rcißung von Gebäuden, die mit Einsturz dro-
hen, keine Folge leisten, werden an Geld bis
zu 50 Gulden oder mit Gefängniß biS zu 14
Tagen bestrafl. Angenommen. §. 119. Haus-
eigenthümer oder deren Steüvertreter, welche
ohne vorherige Auzeige bei der Polizcibehörde
oder mit Nichtbcachtung der ihnen hierbei er-
theilten Anweisungen Blitzableiter anbringcn
laffcn oder wclche bei dcn periodischen Visi-
tationen solcher Blitzableiter ihnen gemachten
Auflagen nicht nachkommen, verwirken eine

Jourllalistischer Galge»humor.

Eine Lciliiicr Geschichte.

(Schluß.)

„Herr P. P.", sagte Hr. v. Bismarck in liebens-
«ürdiger Laune darauf, indem er durch einc Hand-
bewegung seincn blutgierigen Besuch rum Sitzen
etnlud, „Sie sind ohne Zwetfel ein Mann von Ehr-
geiz, cin geistreicher Schriftsteller..." — Ercellenz,
unterbrach ;jhu hestig Herr P. P-, ich verbitte
mir solche Beleidtgungcn! — „Bcleidigungen?"
fragt der Minister. — Allerdings, Hr. v. Bismarck,
untcrZhrem Regimcnt ist es dahin gckommen, daß
geistreich genannt zu werdcn einc Jnjnrie ist. —
„Ah!" Lcsen Sie denn keine Zcitungen? —
.Netn, ich lese nichts Guies darin." - Ilcber Eurc
Ercellenz allcrdings «entg. — „Doch warum die
Frage?" — S° müßten Sie wiffcn, daß neulich
cin Schriftstellcr vom Gericht vcrurtheilt wurde,
wetl er den Herrn Grasen zur Lippe geistreich ge-
nannt hat. — „Weshalb ist ,r so boshast." —
Ah, Srcellenz, unter unS — «s tst sehr wett hier-
zulande gekommeu! — Reden wir nicht davon,

Hcrr P. P., «ir stehen auf sehr verschiedencn
Standpunkten." — Allerdings. — „Es freut mich
gleichwohl, Sic kcnncn gelernt zu haben, tndcffen
bin ich mvmcntan beschäftigt und kann das Ver-
gnügen, wclcheS mir dicse llnterhaltung gewährt,
nicht fortsetzcn." — Jch vcrstehc, Herr v. BtSmarck;
indeffen Si- wiffen, zu wclchcm Zwcck ich gekom-

men; ich hoffc, daß cin Mann «tc Sie-

„ES ist also Jhr Ernst, daß ich mich mit Ahnen
ducllireu soll?" fragte der Minister minder liebcns-
würdig. — Mein völligcr Ernst; der Appell an
Zhre pcrsönliche Ehre wird ntcht ohnc Antwort
dleiven. — „Wiffen Ste, jungcr Mann, daß das
Duell gegen die Gesetzc ist?" — O, darauf wer'-
Lcn Sie kein Gewichtlegen. —„ZchbraucheJhncn
diese Satisfaction nicht zu geben; dafür sind dic
Gerichte da, mtr angethane Beleidigungcn zu ra-
chcn. Es wäre, wie gesagr, eine seltsame Sache,
wenn dcr Minister tn allen solchcn FLllen stch scl-
bcr solltc Gcnugthuung etnholcn; da würdc fich
zuletzt keiner mehr für diesc Stellen finden." —

^ Hm, meinte der junge Publicist spöttisch, wie wird
! man fich denn stets mit der amtltchen Stellung
! decken! Sie kennen doch das Duell Manteuffel-

Twesten? — „Nun, mein Herr", entgcgnetc der
Minister stolz, „ich werde meine gcscllschastltchen
Gewohnhcitcn bis auf den »on Jhnen gewünfchten
Punkt auSdehnen, sonst schreiben Sie wohl gar in
die Zettung, tch fei furchtsam. Gut, schlagen wir
uns denn; abcr untcr Einer Bcdingung!" —Und
welchc, s ll vous xlalt? — „Zch kann mtch, wte Sie
begreifen werden, Eventualitäten für meine Per-
son nicht aussetzen, ohne mcinc hohen AmtSpstich-
ten gegen den Staat zuvor ersüllt zu haben. Ge-
radc jctzt btn ich in den wlchtigsten Angelegenhei-
ten, und Europa sieht auf mich. Ach hade mtt
Dänemark zu thun, mlt Rußland, mit Frankreich;
diese Sachen müffen erlcdigt werden; ketn Anderer
als ich kennt sic und kann ste abwickeln. Ste be-
greifen die Wi-Htigkctt meiner Gründe. Aber fo-
bald dtcse Angelegenhetten «riedigt sind, und tch
hoffe, daß dies schncll geschchen wird, stehc ich zu
Dicnsten und werde ich Sic schriftlich benachrichtt-
gen. Bis dahin haben Sie die Güte, dte Sache
gchcim zu halten. Lcben Ste «ohl, Herr P. P.!"

Der junge Mann ging. D» dte Sache gehetm
bleiben sollte, erfuhr fie bald Dteser und Zener,
und die Folgen davon «arcn schreckltch genug. Zu->
 
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