DOI Kapitel:
Januar
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0089
M; 23. Mittwoch, 28. Zanuar 18V3.
* Politische Umschau.
Bki ciner kürzlich stattgehabtcn Borstcllung
von Gutzkow's „Urbild des Tartüffc" im kö-
uiglichcn Schauspielhause in Bcrlin brach bei
tzen Worten Moliere's im dritten Äcte, daß
bis zu den Stnfen des Thrones die Tarküffc's
flch dräugten, ein anhaltcnder rauschender Bci-
fall aus, daß der treffliche Darsteller seinc
Rede kaiini beenden konnte.
Die „Rhein. Ztg." bemerkt sehr richtig:
Lopalitäts-Dcpiltativnen, welche die Verfassung
und die verfaffungsniäßige Laneesverirctung
verläugnen, kann der. Ministerpräfldent, Herr
v. Bismarck, bei dem Könige cinführcn; aber
den Empfang einer Deputation deS Abgeord-
netenhauses, wetche dem Könige klaren Wein
über die Lage und Stimmung des Landes
Pflichtgemäß ciuschenken will, mag er nicht
anrathcn. Dazu ist er viel zu sehr Verfas-
sungsfreund! Bezüglich der Bismarck'schen
Politik am Bundestage äußcrt dasselbc Blatt
u. A.: Statt auf Mittel zu siniien, wie trotz
der bestehenden Uebclstände ras schwache pv-
litische Band, wclches dic deutschc Nation um-
schlingt, durch eine allgemeine deutsche,Gesetz.
gebung und Verkehiserlkichterungen verstärkt
werden köiine, lehnt er gemeinsame Maßregeln
auf dem Boden der jetzige» Bundesverhält-
nissc ganz ab. Als „Surrogat" für eine wirk-
liche dcutsche Einheit will er burch „kündbare
Einzelverträge" eine Art Kleindeutschtaud schaf-
sen. Es ist richtig, baß bic kleinen Ncgie-
rungen auf Einzelverträge sehr gerne cingehcn,
sofern dicselbrn ihre Staats- resp. die fürst-
lichen Privat-Caffen iüllen. Oesterreich hat
übrigens Preußen svfort auf eine recht ge-
schicktc Weisc daburch ein Paroli geboten, daß
es verkündete, es wvlle mir seinea BundeS.
genvssen (Bayern, Württemberg, Darmstadt,
Naffau, Königreich Sachsen, Hannover) eincn
Scparat-Vertrag üder eiue Delcgirten - Ver-
sammlung abschließcn und dieselbe in Function
setzen. Es liegt in den Griiiibgcsetzen des
deutjchen Bundes nichis, was die Constitui-
rung einer solchcn Privat > Delegirten - Ver-
sammlung hinbern könnte. Die Spaltung
Deutschlands in zwei biplomatische Sonber-
bünbe ist somit formell eingeleitet.
Der „Preuß. Staalsanzeiger" schreibt: Die
preußische Abstimmung i» der Delegirten An-
gelegenheit verwirft die bezüglichcn Anträge
ber Würzburger Confcrelijstaaien wegen bun-
deswibriger sormeller Behandlung und wegen
materieller Untauglichkeit und Halbheit der
Vorschläge. Reben einem nach Maßgabe der
Machtverhältniffe reorganiflrten BundeS-Cen-
tralorgan könne nur eine Vertretung der Na<
tion genügen, welchc aus unmittelbaren Wah-
lcn nach Verhältniß der Bcvölkerung jedes
cinzelnen StaatcS hervorgcgangen sei. Für
eine solche Volksvertretung wären erweiterte
Befngniffe erforderlich. Die Schwierigkeiten,
welche stch einer solchen Unigestaltung des
Bundesverhältniffes für deffen Gesammtgebiet
entgegenstellcn, würden sich schwerlich über-
windcn laffcn. Jnsbesondere deßhalb nicht,
wcil erhebliche Theile des Bundesgebiets zu
staatlicher Einheit mit nichidcutschcu Ländern
vereinigt seien. Ohne cine solche Lösung helfe
es nicht, daß man das Reforinbedürfniß für
dic Gesammtheit scheinbar zu befriedigen be<
müht sei, sondern nur, daß man es im engeren
Kreise wirklich zu befricdigcn suche. Jn die-
sem Sinnc verfahre Preußen unb hvffe, auf
dem Wcge freier Bereinbarung weiter gehen
zu können.
Die Wiencr „General-Correspondenz" ent-
hält einen eingehcnden Artikel über die Po-
litik deS preußischen Ministcriums, wclche sich
klar zu inachen täglich schwieriger werde. Der
Artikel deutet auf den von der „Norbdeutschen
Allgemeinen Zeitung" ber preußischcn Fork-
schrittspartei kürzlich crtheilten Nath der Man-
datsnicberlegnng hi» unb fragt, wclchcn Stnn
und welche Tragweite gcgenüber svlch offener
Vcrhöhnuiig der behauptctcn Ohnmacht der
eigcnen Landesvertretung in den Znientionen
ber prenßischen Regierung das gestrige preu-
ßische Votum in Frankfurt bezüglich ber Ein-
letzung aus unmiticlbarer Volkswahl hervor.
gehender Vertrctung als das bercchtigte Or-
gan der deutsche» Nation haben köniie? Welche
auögedehiiieie Rechtc wollen cincin deuischen
Abgcordnetenhause zugestandcn werden, wenn
bem aus der Volkswahl hervorgcgangenen
Abgcordneteiihause Preußeus die von dicsem
sast stimmeneinhellig bchaupteten Besugniffe in
Finanzangelegenheitcn bestritten werden? Ge-
gennbcr der „Kreuzzeitung", welche gegcn daS
Delcgirtenprvject einwendetc: „Wic man Preu-
ßen zumuthen könne, Delegirtc nach Frankfurt
a. M. zu schicken, indem dadurch bie Feinde
Preußens in jcner Versammlung vcrstärkt
würden", bcmerkt der Artikel: Keinem Oester-
rcicher, Bapern ic. würbe je die Jdee kommen,
die Erwählten seiner Repräsentation könnteu die
Fcindezahl ihrcs Landes in Frankfurt a. M.
verstärken. Der Artikcl weist cndlich mit Ent-
schikbenhcit die in einem Artikel ber „Nord-
deutschcn Allgemeinen Zeitung" vorkommcnde
Bcmerkung, „Preußen könne auf de» Bcistand
prachtvollen Villcn, seinen CottagcS, scincn Kirchcn
und Quaraiitäne-Gebäudcn, in dcr Mitte dcS Stro-
mcs Fort ColumbuS und daS rcizendc GovernorS-
JSland, daS wic ein hcllgrüner Tcppich auf der
dunkelgiünen Fläche dkS Hudson-River lag. Vor
uns in gcrader Linie, im Dust dcr Atmosphäre vcr-
schwimincnd, lag rinc Waldlandschaft, rcchtS tn der
Fcrnc Brooklvn und wciterhin der gezackte Thurm
von Trinity-Church, über den unabsehbaren Ma-
stenwald hcrvorragend. Hier auf Staten-JSland
traten bcreits die amcricanischcn Contraste recht grell
vor Augcn. An cine zierliche, im gricchischen Styl
crbautc Kirchc lehnte sich ein Pferdcstall, die rei-
zendste Villa hattc zur unmittclbaren Nachbarschaft
eine rußigc Schmicde, und die sanft aussteigenden
Hügcl von Staten-ZSlaiid waren wie übcrsäet mit
Gcbäuden zu den verschicdcnsten Zwccken, wie sie
das Bedürfniß des AugenblickS -viclleicht geradc
hatte entftchen lassen. Am Quarantäne-HauS ward
dic Fahrt aus cinen Augenblick langsamer einge-
halten. Ein americanischer Arzt kam an Bord,
um den GcsuildhcitSzustand der Paffagierc zu prü-
sen. Die ganze Proccbur daucrte höchstcnS zehn
Minutcu und bcstand in nichtS Audercm, alS daß
der nichtpreußischen Armee nur insolange zäh-
len, als das Waffenglück auf seiner Seite
sei«/ alS eine Verbächtigung der ehrenhaften
und echt patriotischen Rcgicruiigen und Völker
Deutschlands, als durchaus unberechtigt und
unverantwortlich zurück.
Dcr steierische Landiag erklärtc die Errich-
tung cines Erherzog - Johann-Mvnuments in
Graz als LandeS-Ängclegenheit und beschloß,
die Kosten zunächst im Wege der Privatbc-
theiligung, bann burch Laudesbeiträge zu be-
schaffen.
Die gestern mitgetheilte Nachricht vom Ueber-
tritt von 800 polnischen Rckrutirungsflücht-
lingen auf Lsterreichisches Gebiet bei.Skolat
erweist sich als unwahr.
Rach der Mvrning-Post ist die koburgische
Candidatur für Griecheulands Thron desiuitiv
bcseitigt und es werde eiu auderer prvtestan-
tischcr Prinz angcblich in weiiigen Tagen vor-
geschlagen werden.
Die „Patrie" behauptet, es sei gewiß, daß
die fränzösische Negierung eine Note nach Was-
hingion geschickt habe, durch welche ihr Ge-
sanbteL,, Herr Mercicr, beauftragt wcrde, der
amerikanlschen Regicrung die Berufung eiuer
DelegirteN-Versammlung zu empfehlen, durch
welchc dic Maßregcln gcprüft werden könnten,
welche zur Wiederannäherung des Südens an
den Norden zu ergrcifen wären. Dcr sran-
zösischc Vo?schlag wäre, ähnlich den früheren
SchritteN/ lediglich officiös.
Die Aufstände in Polen sind ein beachtens-
werthcs Zeichcn der Zeit. Das Laudvoik,
welcheS 1848 während der Aufregung im übri-
gen Europa unb währeud des Krimkrieges
sich ruhig verhalten u»b ber Nationalpartei
keine Stütze gebotcn hattc, bricht nun aus
Anlaß eincr Recrutirung loS, nachdem es die
Wvhlthat, bavon befreit zu sein, sechs Jahre
lang kennen gelernt hatte. Zwar ist es nur
zu wahrscheinlich, daß es bald nicdergehauen
unb damit bie legale Ordnung hergestellt sein
wird, denn was solltcn unorganifirte und schlechl
bewaffnete Banden gegcn das ruffische Heer
vermögen; allein es ist doch nicht Zweck und
Wunsch einer Regierung, den eincn Theil ihrer'
Unlerthanen durch ben anberen niebermeßeln
zu laffen, und man wird vielmehr auf Besei-
tigung dcr Ursachen solcher Zustände denken
müffen. Der polnische Bauer will weder Käu-
kasiea erobern, noch den Sultan chikaniren;
er rvill sein Felv bauen und nicht für ihm
sremde Zwecke sein Leben vcrgeuden; und daß
diese Einsicht tn ihn, den um wenigst Fortgc-
schritlenen, gedrungen, zeigl, daß Militärre-
der Jünger Aesculaps, auf der Treppe deS Quar-
tcrdeckS sitzend, dir ganzc Gesellschaft an fich »orüber
dcfiliren ließ, dic langsam Gehendcn mit einem
quäkeriden „Zot on!" antricb, aufstand, „sII riZllt!"
sagte, um sich sodann an Bord der andcrn mit unS
eingekommencn AuSwandererschiffe bringen zu las-
sen. DaS amcricanische Gefctz vcrbictet nämlich die
Einwandcrung vou Krüppeln und Krankcn; da
abcr dtc Straßen von Newyork breit genug find,
um arme Tcufel HungerS sterbcn zu laffcn, ohne
daß fie die Passage sperren, so hegnügt man sich,
der Form des GesetzeS Gcnüge zu leistcn, und über-
läßt dcn Rest dcm Hlmmcl.
Und jetzt nachdem wir Governors-Zsland pas-
sirt hatren, lag das Panorama, jencr Comxlcrvon
Städtcn nnd Dörfern, welcher daS Bassin dcr Hud-
soumündung umgiedt, äor unscrn Augen aufgerollt
da. Acrsey-City, Hoboken, Newyork, Brooklyn,
WilliamSburg und dic Dorfschaftcn auf Long Zs-
land und Staten-Zsland, cin ricscnhaftes Empo-
rium dcr neucn Welt. Jch mochtc wollcn odcr nicht,
bet aller vorgesaßten Meinung von den Amcrlca-
ucrn mußte ich staunen, wenn ich bedachte, wie
kaum über huüdert Jahre genügt habcn, um »us
Eine Spazierfahrt nach der nenen Welt.
(Fortsctznng.)
Dcr scharfe schlanke Bug, die hohcn Mastcn mit
der zicrlichen Takelage, bic vollgeschwellten Segcl,
die biS zu den roz-sl-tox-gsllauts bcigcsctzt waren,
beladeu mit aller Lcinwand, dic das Schiff nur zu
tragen vcrmochtc, mit Lcc- und Dachsegcln — deiin
eS gilt ja, bei Vcrlust dcr halben Fracht, in hun-
dert Tagen daS Manisest in San KranciSco ein-
zureichcu; — und jetzt — da — jener Koloß mit
Thürmen, einem schwimmenden Palaslc glcich, drci
Stockwcrk hoch, mit Galerten an den Seitcn vcr-
sehen, unb über dem Hurricane-Deck die Maschinc
schnaubend und keuchend ardeitend — daS ist cin
amerikanisches Dampfboot, welcheS von Boston sei-
ncn Weg nach der Empire Lity, Rew-Aork, zurück-
gclcgt.
Ein tov-dost nahm unS jetzt ins Schlepptau,
die Scgcl «urden etngeholt und in geradem Strich
fuhren »ir tn die Bat ein. Zur Rechten Long
ZSland mit scineii zahlrclchen Dörsern und Sett-
lemcntS, zur Linkcn Staten-Zöland mit sciuc»
* Politische Umschau.
Bki ciner kürzlich stattgehabtcn Borstcllung
von Gutzkow's „Urbild des Tartüffc" im kö-
uiglichcn Schauspielhause in Bcrlin brach bei
tzen Worten Moliere's im dritten Äcte, daß
bis zu den Stnfen des Thrones die Tarküffc's
flch dräugten, ein anhaltcnder rauschender Bci-
fall aus, daß der treffliche Darsteller seinc
Rede kaiini beenden konnte.
Die „Rhein. Ztg." bemerkt sehr richtig:
Lopalitäts-Dcpiltativnen, welche die Verfassung
und die verfaffungsniäßige Laneesverirctung
verläugnen, kann der. Ministerpräfldent, Herr
v. Bismarck, bei dem Könige cinführcn; aber
den Empfang einer Deputation deS Abgeord-
netenhauses, wetche dem Könige klaren Wein
über die Lage und Stimmung des Landes
Pflichtgemäß ciuschenken will, mag er nicht
anrathcn. Dazu ist er viel zu sehr Verfas-
sungsfreund! Bezüglich der Bismarck'schen
Politik am Bundestage äußcrt dasselbc Blatt
u. A.: Statt auf Mittel zu siniien, wie trotz
der bestehenden Uebclstände ras schwache pv-
litische Band, wclches dic deutschc Nation um-
schlingt, durch eine allgemeine deutsche,Gesetz.
gebung und Verkehiserlkichterungen verstärkt
werden köiine, lehnt er gemeinsame Maßregeln
auf dem Boden der jetzige» Bundesverhält-
nissc ganz ab. Als „Surrogat" für eine wirk-
liche dcutsche Einheit will er burch „kündbare
Einzelverträge" eine Art Kleindeutschtaud schaf-
sen. Es ist richtig, baß bic kleinen Ncgie-
rungen auf Einzelverträge sehr gerne cingehcn,
sofern dicselbrn ihre Staats- resp. die fürst-
lichen Privat-Caffen iüllen. Oesterreich hat
übrigens Preußen svfort auf eine recht ge-
schicktc Weisc daburch ein Paroli geboten, daß
es verkündete, es wvlle mir seinea BundeS.
genvssen (Bayern, Württemberg, Darmstadt,
Naffau, Königreich Sachsen, Hannover) eincn
Scparat-Vertrag üder eiue Delcgirten - Ver-
sammlung abschließcn und dieselbe in Function
setzen. Es liegt in den Griiiibgcsetzen des
deutjchen Bundes nichis, was die Constitui-
rung einer solchcn Privat > Delegirten - Ver-
sammlung hinbern könnte. Die Spaltung
Deutschlands in zwei biplomatische Sonber-
bünbe ist somit formell eingeleitet.
Der „Preuß. Staalsanzeiger" schreibt: Die
preußische Abstimmung i» der Delegirten An-
gelegenheit verwirft die bezüglichcn Anträge
ber Würzburger Confcrelijstaaien wegen bun-
deswibriger sormeller Behandlung und wegen
materieller Untauglichkeit und Halbheit der
Vorschläge. Reben einem nach Maßgabe der
Machtverhältniffe reorganiflrten BundeS-Cen-
tralorgan könne nur eine Vertretung der Na<
tion genügen, welchc aus unmittelbaren Wah-
lcn nach Verhältniß der Bcvölkerung jedes
cinzelnen StaatcS hervorgcgangen sei. Für
eine solche Volksvertretung wären erweiterte
Befngniffe erforderlich. Die Schwierigkeiten,
welche stch einer solchen Unigestaltung des
Bundesverhältniffes für deffen Gesammtgebiet
entgegenstellcn, würden sich schwerlich über-
windcn laffcn. Jnsbesondere deßhalb nicht,
wcil erhebliche Theile des Bundesgebiets zu
staatlicher Einheit mit nichidcutschcu Ländern
vereinigt seien. Ohne cine solche Lösung helfe
es nicht, daß man das Reforinbedürfniß für
dic Gesammtheit scheinbar zu befriedigen be<
müht sei, sondern nur, daß man es im engeren
Kreise wirklich zu befricdigcn suche. Jn die-
sem Sinnc verfahre Preußen unb hvffe, auf
dem Wcge freier Bereinbarung weiter gehen
zu können.
Die Wiencr „General-Correspondenz" ent-
hält einen eingehcnden Artikel über die Po-
litik deS preußischen Ministcriums, wclche sich
klar zu inachen täglich schwieriger werde. Der
Artikel deutet auf den von der „Norbdeutschen
Allgemeinen Zeitung" ber preußischcn Fork-
schrittspartei kürzlich crtheilten Nath der Man-
datsnicberlegnng hi» unb fragt, wclchcn Stnn
und welche Tragweite gcgenüber svlch offener
Vcrhöhnuiig der behauptctcn Ohnmacht der
eigcnen Landesvertretung in den Znientionen
ber prenßischen Regierung das gestrige preu-
ßische Votum in Frankfurt bezüglich ber Ein-
letzung aus unmiticlbarer Volkswahl hervor.
gehender Vertrctung als das bercchtigte Or-
gan der deutsche» Nation haben köniie? Welche
auögedehiiieie Rechtc wollen cincin deuischen
Abgcordnetenhause zugestandcn werden, wenn
bem aus der Volkswahl hervorgcgangenen
Abgcordneteiihause Preußeus die von dicsem
sast stimmeneinhellig bchaupteten Besugniffe in
Finanzangelegenheitcn bestritten werden? Ge-
gennbcr der „Kreuzzeitung", welche gegcn daS
Delcgirtenprvject einwendetc: „Wic man Preu-
ßen zumuthen könne, Delegirtc nach Frankfurt
a. M. zu schicken, indem dadurch bie Feinde
Preußens in jcner Versammlung vcrstärkt
würden", bcmerkt der Artikel: Keinem Oester-
rcicher, Bapern ic. würbe je die Jdee kommen,
die Erwählten seiner Repräsentation könnteu die
Fcindezahl ihrcs Landes in Frankfurt a. M.
verstärken. Der Artikcl weist cndlich mit Ent-
schikbenhcit die in einem Artikel ber „Nord-
deutschcn Allgemeinen Zeitung" vorkommcnde
Bcmerkung, „Preußen könne auf de» Bcistand
prachtvollen Villcn, seinen CottagcS, scincn Kirchcn
und Quaraiitäne-Gebäudcn, in dcr Mitte dcS Stro-
mcs Fort ColumbuS und daS rcizendc GovernorS-
JSland, daS wic ein hcllgrüner Tcppich auf der
dunkelgiünen Fläche dkS Hudson-River lag. Vor
uns in gcrader Linie, im Dust dcr Atmosphäre vcr-
schwimincnd, lag rinc Waldlandschaft, rcchtS tn der
Fcrnc Brooklvn und wciterhin der gezackte Thurm
von Trinity-Church, über den unabsehbaren Ma-
stenwald hcrvorragend. Hier auf Staten-JSland
traten bcreits die amcricanischcn Contraste recht grell
vor Augcn. An cine zierliche, im gricchischen Styl
crbautc Kirchc lehnte sich ein Pferdcstall, die rei-
zendste Villa hattc zur unmittclbaren Nachbarschaft
eine rußigc Schmicde, und die sanft aussteigenden
Hügcl von Staten-ZSlaiid waren wie übcrsäet mit
Gcbäuden zu den verschicdcnsten Zwccken, wie sie
das Bedürfniß des AugenblickS -viclleicht geradc
hatte entftchen lassen. Am Quarantäne-HauS ward
dic Fahrt aus cinen Augenblick langsamer einge-
halten. Ein americanischer Arzt kam an Bord,
um den GcsuildhcitSzustand der Paffagierc zu prü-
sen. Die ganze Proccbur daucrte höchstcnS zehn
Minutcu und bcstand in nichtS Audercm, alS daß
der nichtpreußischen Armee nur insolange zäh-
len, als das Waffenglück auf seiner Seite
sei«/ alS eine Verbächtigung der ehrenhaften
und echt patriotischen Rcgicruiigen und Völker
Deutschlands, als durchaus unberechtigt und
unverantwortlich zurück.
Dcr steierische Landiag erklärtc die Errich-
tung cines Erherzog - Johann-Mvnuments in
Graz als LandeS-Ängclegenheit und beschloß,
die Kosten zunächst im Wege der Privatbc-
theiligung, bann burch Laudesbeiträge zu be-
schaffen.
Die gestern mitgetheilte Nachricht vom Ueber-
tritt von 800 polnischen Rckrutirungsflücht-
lingen auf Lsterreichisches Gebiet bei.Skolat
erweist sich als unwahr.
Rach der Mvrning-Post ist die koburgische
Candidatur für Griecheulands Thron desiuitiv
bcseitigt und es werde eiu auderer prvtestan-
tischcr Prinz angcblich in weiiigen Tagen vor-
geschlagen werden.
Die „Patrie" behauptet, es sei gewiß, daß
die fränzösische Negierung eine Note nach Was-
hingion geschickt habe, durch welche ihr Ge-
sanbteL,, Herr Mercicr, beauftragt wcrde, der
amerikanlschen Regicrung die Berufung eiuer
DelegirteN-Versammlung zu empfehlen, durch
welchc dic Maßregcln gcprüft werden könnten,
welche zur Wiederannäherung des Südens an
den Norden zu ergrcifen wären. Dcr sran-
zösischc Vo?schlag wäre, ähnlich den früheren
SchritteN/ lediglich officiös.
Die Aufstände in Polen sind ein beachtens-
werthcs Zeichcn der Zeit. Das Laudvoik,
welcheS 1848 während der Aufregung im übri-
gen Europa unb währeud des Krimkrieges
sich ruhig verhalten u»b ber Nationalpartei
keine Stütze gebotcn hattc, bricht nun aus
Anlaß eincr Recrutirung loS, nachdem es die
Wvhlthat, bavon befreit zu sein, sechs Jahre
lang kennen gelernt hatte. Zwar ist es nur
zu wahrscheinlich, daß es bald nicdergehauen
unb damit bie legale Ordnung hergestellt sein
wird, denn was solltcn unorganifirte und schlechl
bewaffnete Banden gegcn das ruffische Heer
vermögen; allein es ist doch nicht Zweck und
Wunsch einer Regierung, den eincn Theil ihrer'
Unlerthanen durch ben anberen niebermeßeln
zu laffen, und man wird vielmehr auf Besei-
tigung dcr Ursachen solcher Zustände denken
müffen. Der polnische Bauer will weder Käu-
kasiea erobern, noch den Sultan chikaniren;
er rvill sein Felv bauen und nicht für ihm
sremde Zwecke sein Leben vcrgeuden; und daß
diese Einsicht tn ihn, den um wenigst Fortgc-
schritlenen, gedrungen, zeigl, daß Militärre-
der Jünger Aesculaps, auf der Treppe deS Quar-
tcrdeckS sitzend, dir ganzc Gesellschaft an fich »orüber
dcfiliren ließ, dic langsam Gehendcn mit einem
quäkeriden „Zot on!" antricb, aufstand, „sII riZllt!"
sagte, um sich sodann an Bord der andcrn mit unS
eingekommencn AuSwandererschiffe bringen zu las-
sen. DaS amcricanische Gefctz vcrbictet nämlich die
Einwandcrung vou Krüppeln und Krankcn; da
abcr dtc Straßen von Newyork breit genug find,
um arme Tcufel HungerS sterbcn zu laffcn, ohne
daß fie die Passage sperren, so hegnügt man sich,
der Form des GesetzeS Gcnüge zu leistcn, und über-
läßt dcn Rest dcm Hlmmcl.
Und jetzt nachdem wir Governors-Zsland pas-
sirt hatren, lag das Panorama, jencr Comxlcrvon
Städtcn nnd Dörfern, welcher daS Bassin dcr Hud-
soumündung umgiedt, äor unscrn Augen aufgerollt
da. Acrsey-City, Hoboken, Newyork, Brooklyn,
WilliamSburg und dic Dorfschaftcn auf Long Zs-
land und Staten-Zsland, cin ricscnhaftes Empo-
rium dcr neucn Welt. Jch mochtc wollcn odcr nicht,
bet aller vorgesaßten Meinung von den Amcrlca-
ucrn mußte ich staunen, wenn ich bedachte, wie
kaum über huüdert Jahre genügt habcn, um »us
Eine Spazierfahrt nach der nenen Welt.
(Fortsctznng.)
Dcr scharfe schlanke Bug, die hohcn Mastcn mit
der zicrlichen Takelage, bic vollgeschwellten Segcl,
die biS zu den roz-sl-tox-gsllauts bcigcsctzt waren,
beladeu mit aller Lcinwand, dic das Schiff nur zu
tragen vcrmochtc, mit Lcc- und Dachsegcln — deiin
eS gilt ja, bei Vcrlust dcr halben Fracht, in hun-
dert Tagen daS Manisest in San KranciSco ein-
zureichcu; — und jetzt — da — jener Koloß mit
Thürmen, einem schwimmenden Palaslc glcich, drci
Stockwcrk hoch, mit Galerten an den Seitcn vcr-
sehen, unb über dem Hurricane-Deck die Maschinc
schnaubend und keuchend ardeitend — daS ist cin
amerikanisches Dampfboot, welcheS von Boston sei-
ncn Weg nach der Empire Lity, Rew-Aork, zurück-
gclcgt.
Ein tov-dost nahm unS jetzt ins Schlepptau,
die Scgcl «urden etngeholt und in geradem Strich
fuhren »ir tn die Bat ein. Zur Rechten Long
ZSland mit scineii zahlrclchen Dörsern und Sett-
lemcntS, zur Linkcn Staten-Zöland mit sciuc»