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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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Areitag, 27. März

*Potitische Umschau.

Die „Süddeiitsche Ztg." veröffentlicht das
Wahlprogramin der Fortschritts - Partei in
Bapern. Wir entnehmen demselben folgenden
auf dic allgemeine deutsche Politik bezüglichen
Eingang: „Wir vcrlangen für Deutschland die
Machtstellung nach Außen und dre gcsicherte^
Freiheit im Jnnern, worauf eine große nnd
gebildeie Nation nicht verzichten kann. Wir
verlangen deshalb'die bunvesstaatliche Einigung
Deutschlands, und vor Allem die Wiederher-
stellung des deutschen Parlaments. Ohne uns
über die Hinderniffe zu täujchen, die stch der
Verwirklichung dieser Ansprüche sür jetzt noch
entgegensteüen, vertrauen wir doch dem un-
Verkcnnbaren Fortschritt dcr sreiheitlichen Ent-
wicklung. Er wird das deutschc Volk über
aste Schwierigkeiten der Gegenwart hinweg
seinem letzten Ziele zusühren. Der von Preu-
ßen im Namen des ZoüvereinS mit Frankreich
abgeschloffene Handelsvertrag erschcint, inso-
sern cr dem Handel des Bereinsgebiets einen
erweiterten Absatz verspricht und zugleich die
nothwendige Resvrm dcS Bereinstarisö her-
beisührt, als ein volkswirthschaftlicher Fort-
schritt, ist aber in scinen Einzelheiten nicht
ohne Bedenken. Wir halten es daher sür die
Psiicht jeder Volksucrtretung aus dem Vereins-
gcbiete, dahin zu wirken, daß die Vereins-
regierungen erustliche und vou bem Wunsch
nach Verständigung behcrrschtc Uiiiorhandlun-
gen zur Beseiiigung der von bem Leutschen
Handclstag hervorgehobenen Mängel deS Ber-
trags cinleiten, Die Auflösung des Zollvcr-
eins, wcnn sie bei dcr Verkittung Ler male-
riellen Znleicffcn übcrhaupi möglich ist, wäke
jedensaüs dem Wohlstand ber Nalion verderb-
lich und ein öffeutlichcs Unglück. Wer durch
Mangel'an Nachgiebigkeii und Entgegenkom-
men zu diesem Aeußerßen ireibt, übernimmt
oie schwerste Veraniworiung."

Der „Constitlitionnel" bemerkt über dic
polnische Angelegenheit: Wir sind weii entsernl,
zu behaupten, daß AUes zn Ende sei. Dies
würde jedoch viküeicht ber Fall sein, wenn
Kaiser Alerander seinen Sieg zu bcnützen vcr-
stünbc, unv es gibt'nur ein Mittel,- ihn zu
bcnutzen, das näuilich, eine allgemeine Amnestie
zu erlaffen uad Polen eine Versaffung zu gebcn.

„France" spottet über vcn Rath der „Opin.
nat.", wie Polen Hülfe zu leiste» sci; ste
rathe 100,000 Flinien an der polnischen Kuste
zu landen, aüein Polcn habe kcine Küste, und
landc man si« in Rußland, sv fielen sie in bie
Hände ber Riiffen. Dann wolle „Opinivn

nat.", daß 'man auch ohne England und Ruß.
land mik alleiniger Hülfe Schwedens u. Däne-
marks Krieg gegen Rußland unb Preußen
führe, das heißt, man soüe 1,300,000 Fcinde
mit 60,000 Aüiirten angreifen. Da gingc
man zu ben uuglücklichcn Tagen zurück, wo
man ganz Eurvpa gegen sich haite, erstrebe
Unmöglichkeittn durch Abenteuerlichkcit und
setze Frankreich in vie Loiterie.

Die Pariser Necruten machten cine Demon-
stration für Polen vor rem Sladthaus; sie
riesen Vivs la koioKne; Niemand mischte
sich ein.

„Times" glauben, der Kampf in Polen sei
im Wesentlichen zu Ende; ohne Abfaü der
ruffischen Truppen habe er auch zu gar nichts
führen können; Verzweiflungskampse seien sel-
ten von Srfolg, und es sei auch gut, daß
Langiewicz nach Oesterreich geflüchtet, das ihn
nicht ausliefern werde, ipas der König von
Preußen ohne Zweifel gelhan haben würbe.
Nachdem nun für Rußland die Ehrenfrage
bescitigi sei, dürfe man von der Verwenbung
Englands stch Ersolg versprechen. Bisher
hatie Polen nur die Alternative, zu siegcn
oder glorreich zu fallen; von den Westmäch-
ren hatte es keine Hülse, von Rußland kein
Gehör zu erwarten, nun kann die Stimme
der Gerechtigkeit sich vernehmbar machen. Der
Kaiser ist miid, burchaus nicht rachsüchtig und
fördert gernc vas Wohl ber Menschheit; er
hat bem Neich Frieden und Ruhe gegeben und
die Justiz vcrbeffert; er wird daher einsehen,
daß seine Uniergedenen den Aufstand veran-
laßt haben. Was Gewaltsmaßregelu nicht
bewirki, muß ber Kaiser durch Gnabe und
Wohlwollcn versuchen; einc weise Politik
würve noch viel mehr als die Wiener Ver-
träge zugesteheii.

Der Dienst des untcrseeischen Telegraphe»
zwischen Sardinien uud Sicilicn ist eröffnel
wvrben.

Rach einem officiellen Berichte stnd vom
1. Mai 1861 bis zum 1. März b. I. 1038
Briganten mit den Waffen ergriffen und er-
schoffcn worden. 2413 flelen lm Kainpse,
2768 wurden gesangen und 932 stellten sich
frciwillig.

Der Papst bedauert in seiner Allocukion bei
der Cardinalpromotion, daß in diesen unglück-
lichcn Zeiten Jtalien und fast die ganze Weli
dnrch ben Geist drr Empörung erschütiert wer-
den, wclcher der Klrche und der bürgerlichcn
Gesellschaft so sehr gejchadet hal. Der be-
danerlichc Ziiskand Polenö habe seine ganze
Sorgfalt erweckt, und er wcrdc baher bic lang

vermißten Bischofssitze nun dort besetzen, da-
mit Glaubc und Neligion in diesem Landc ge-
wahrt werden u. s. w.

Der Bericht der Consulu in Bucharest an
die Gesänbten-Conferenz in Konstantinvpel ist
den Hospodaren ungünstig. Das Volk ist un-
zufrieben und wird die Steuern verweigern.

„Dailp News" versichern, daß im Augcn-
blick in England füafzig Dampfboote für die
Confödeririea gebaut werden, und zwar unier
der falschen Angabe, sic seien für den Kaiser
vün China.

Deutschland

— Aus Baden, 23. März. Vou den
schlechten Beispielen sagt man, baß sie an-
steckenb seien; und ste sind es auch wirklich
auf allen Lebensgebieten. Glücklicher Weise
kann man aber dasselbe auch vvn den guten
Beispielen behaupien; und es dars in Zcitcn
aügemeiner Vcrderbniß nur Einer den Muth
und die sittliche Kraft haben, das Rechle zu
thuu,. und balv werben auch Andere ihm uäch-
zusolgen sich angeirieben fühlen. Scitdem i»
Deutschlanb Repräsentativ - Berfaffungcn be-
stehea,. bestehi auip die Klage, baß dieselben
nur eiu Scheinleben haben, und daß insbc-
sondere,die Beeiufluffung der Wahlen durch
die Beaunen ver Negierung diesem an sich gu-
len VersaffungösKstem allen Werth nehmc.
Auch Baden war von biesem Fehler nicht frei,
boch ist seine Regierung — was wa» kaum
ciner andern nachrühmen kann — wenigstens
"zweimal auch mit einem befferen Beispiele
vorangegangen. Zum ersten Male geschah
dieS im Zahre 1831 bei jenem denkwürbigen
unb segensreichen Landtage, welchcr dem Re«
gierungöantritt veS höchstscligen Großherzogs
Leopoiv folgie. Damais wurde zum ersten
Male, nach einer vorausgegangenen Zcit ber
Wahlbeherrschung unb der Bestechungen, aus
dem Munde emes conftiiutioirellen Fürsten unb
seincr Minister vas sreudig begrüßte Wort
vernommen: dic Wahlen soüen frei sein, und
kein Leamier barf sich erlauden, einen Einfluß
aus dieselben auszuuben. Lcider dauerte —
nicht durch Verschuldung unserer Regierung,
svndern des deutschen Bundestages unseligen
Andenkenö — jene Blülhezeit unserer Ver-
fassung zu kurz, als daß daS von einem bür-
gersreunblichen Fürften gegebcne Beispiel hätte
zünden mid zur Nacheiserung erwecken köunen;
ja wir wurden sogar der aus dem harmvni-
Ichen Zusammenwirken der Negierung und
Siände hervorgegangeneN Früchte zuüi Theil

Mannheiiii, 23. März. Nach dem Schluß
der heutigcii Norjiellung im Thcater, in «elcher
vor dicht vesctztem Hausc Bcethovens „Fidelio" in
oortcfflichcr Weise aufgeführt wurde, vcrkündcten
die feicrlichen Klängc sämmtlicher Glockcn, unter-
mischt mit dem Donner der im Schloßgartcn auf-
geflelltcn Böller, datz sich der große Nackclzug, wel-
chen dic Bevölkerung dem allvcrchrten Kürstenpaar
darzudringen übercingckommen war, von der Ket-
tendrückc an nach dem Schlossc zu in Bervegung
setze. Es u>ar ein impvsanter Zug, wohl nahc an
2000 buutc Laternen und Fackeln, gelragcn von
den Angehörigcn sämmtlichcr Männergksangvercinc,
dcr Fenerwchr, den Turnern, den Schützen, dem
Arbeitersortbiwungsverein rc. Jhre Ausstcllung
in d-m Schloßhof, die Bcleuchtung des SchloffeS
selbst, weiches in scincrganzcn monumcntalen Schön-
hcit hcrvortrat, gcwährte einen höchst iatercffantkn
Anblick. Dic Vcranftaltung und Ausführung de,
ganzcn Darbxingung, tn welcher sich die Huldigung
der Bevölkcrung gleichsam gipfelte, darf als eine
tn jeder Beztehung treffliche hervorgchoben werden.
Wahrhaft ergreifend war dcr Moment, als nach

Absingung des deutschen LiedeS von Kalliwoda und
eincr im Nainc» sämmtlicher am Zug theUnchmcn-
den Vercinc »on Herrn Eichelsdörfer an Setne
Königlichc Hvhcit gchaltenen begeistcrten Ansprache
der erhabrnc Fürst, wclcher von dcm Balkon übrr
dem Schloßportal die ihm dargebrachte Ovatlon
entgrgeniiahm, für dic ausgesprochcnen Gesinnun-
gen, für die ihm bewiesenc Liebe und Herzlichkett
in kräftigen, ausdrucksvollcn Worten dankte und
am Schluffe zu einem Hoch auf dic Bewohncr
MannheimS, auf das badischc Land aufforderte,
in daS alle Anwesendcn mit nicht endenwotlendem
Enthufiasmus einstimmten. Den Schluß dcr Ge-
sänge machtc die VoikShymne mit eincm cigens für
dcn gestrigcu Abend verfatzten Tcrt. Unterdejscn
ersirahltc das Schloß in dem Widcrschein dcr ma-
lerischen Bcleuchtung bengalischen FeuerS. Unab-
schbar «ar die Menschcnmaffe, «elche die wetten
Räumc »or dem Schloß und auf dem Schloßplatz
dicht bcfetzt hiclt. Man kann wohl vhnc Ueber-
treibung sagen, daß die halbc Bevölkerung dem
scltenen, unvergetzlichen Schauspiel zusah.

Den 15- Februar starb an den Kolgen ciner in
der Schlacht bet Suffolk am 30. A-nuar erlittcnen
fchweren Verwundung in den Armcn seiner herbei-
gceilten liebendcn Gattin dcr unionislische Oberst
Knodcrer, gebürtig von Emmendingen. Oberst
Knoderer wurde nach scinem Wohnorte Reabing
ZPensylvanien) verbracht und bortcn am L1. bc-
graden. Früherer badischer Angcnieurpraktikant
und als solcher zuletzt bei bcr Kilpcnsteige beschäs-
tigt, giNg cr tn Folge scincr Bctheiligung an der
unglücklichcn iSSScr Bcweguug nach Nordamerika,
wo er bald in dem Haufc cincs sehr einstußreichcn
ManneS als L-Hrer Beschäftigung und auf deffen
Empfehlung einc ganz glänzende Stcllung als
Eisenbahn-Angenieur fanb. Bei Beginn des Bru-
derkampf-S in den Stab des ihm persönlich be-
freundeten Gcnerals Fremont berufcn, machte er
scitdcm vcrschtedene Gefcchte mit Auszeichnung mtt,
was die ihm gewordene ehrenvvlle Besörderung wvhl
am bcften beweist, bts ihn dcr Tod etnes Hclden
für scin neues, ihm so lieb gewordenes Vatcrland
unerwartet abgerufen hat. — Den vtrlen Freun-
den und Bekannten des Verstorbenen wtrd diese
kurze Mittheilung w,hl von Zntereffe sei».
 
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