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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0341

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L8«3.

R;; 87.

Srscheint, MontagS auSgenommen, täglich.
PreiS vierteljahrlrch 51 kr.

* Politische Umschau.

Nach emei-Nachi'icht des Wi'cner Scharf'schen
Bürcaus hat es allen Anschetn, als ob die
russtsche Seemacht gegen Schweden verwendet
werden wiid. Der russische Botschafter iii
Stockholm hat peremptorisch Erklärungen vo»
dcr schwedischen Regierung verlangt, welchc
durch ihr süngstes Auftreten den Argwohn
Rußlands erregt hat. Der Botschaftcr fordert
Erläuterungen tn Bezug auf Schwedens Hal-
tung zu der polnischeii Fragc und droht, falls
er ntcht binnen 24 Stunden etne zufrieden-
stellende Antwort erhalte, seine Päffe zu ver-
langen.

Die „Europe" enthält die Jnhaltsangabe
zweier eigeiihändiger Briefe des Papstes an
die Kaiser von Frankreich und Oesterreich.
Der Papst veriheidigt darin unumwiinden und
nachdriicklich die Sache der Polen, dringt in
die beiden katholischen Monarchen, mit ihrer
ganzen Macht an den Schutz der unglücklichen,
unter dem Druck der russischcn Orthodorie
seuszenden Katholiken Polens zu denken; er
erinnert daran, daß in Folge der Thcilung
Polens 11 Mill. Katholiken durch die erdenk-
lichsten Qualen zur Verläugnung ihres Glau-
bens und gezwungen wurden, Schismatiker
zu werden; der größte Thcil von ihnen wünsche
in den Schooß der katholischen Kirche zurück-
zukehren, was aber Nußlands eiserne Hand
verhindere. Er schließt mit einem Aufruf an
die gesammte katholische Welt zu Gunsten der
polnischen Brüder.

Die „Unita Jkaliana" veröffentlicht unter
dem Titel: „Polcn und Jtalicn" einen Bricf
Mazzini's, sowic einen Brief Garibaldi's aus
Caprera vom 30. März. Beide verlangen
von den großmüthigen Jtalienern für die Po-
len einen Franken per Kopf.

D e « tsch ia n d

Karlsruhe» 8. April. Ueber das Waffcn-
rechk enthält der Bericht des Abg. Eckhard
im Wesentlichen Folgendes: Bis zum Zahre
1848 war seder Badener berechtigt, Waffen
zu besttzen und zu tragen. Die bekannten Er-
eigniffe dieses und des folgenden Jahres führ-
ten zu einer allgemeinen Laiidesentwaffriung,
welche erst mit ver landcsherrlichen Verord-
nung vvm 2. Mai 1857 , die Aufhebung der
alsgemeinen Landksentwassnung und das Tra-
gen von Waffen betr., ihre endgiltige Auihe«
bung fand. — Jn dieser Vervrdnung ist das
Necht des Waffenbesttzes im Allgemeinen wie-

der anerkannt, das Tragen von Waffen dagegen
blieb nach wie vor verbotcn. Der Entwurs
stellt nun auch bezüglich tes Waffentragens
den, wie uns däucht, richtigen Gxundsatz wic-
der her, indem er das Recht hiezu, wie das-
senige zum Waffenbesttze, nur in besonderen
näher bezeichneten Fällen beschränkt wiffen
will. Bezüglich des Waffenbesttzes sollen fol-
gende Beschränknngen eintreten: s) Größere
Vorrätho von Waffen oder Munition svllen
wcdrr heimlich, noch zu andern, als Handels-
zwecken angesammelt werden. Nur größere
Waffen-Vorräkhe, nicht Waffen-Sammlungcn,
sollcn, wic auch die Motive besagen, von die-
sem Verbote getroffcn werden. Zu HandelS-
zwecken dürfen ohne alle Beschränkung Waffen
und Munition angesammelt werden. (Die
Bcschränkung des Waffenhandels anf Waffen-
schmicde und eigens conceffionirte Kausieutc
ist hiernach aufgehoben.) b) Der Bestß von
Waffen soll ausnahmsweise auS Gründen der
öffentlichen Sicherheit und Ordnung unkersagt '
werden dürfen. o) Niemand soll ohne polizei-
liche Erlaubniß zum Kriegsgebrauch geeigncte
Geschütze besttzen.

Bezüglich des Waffentragcns soll das Waf-
fenrecht in zwcifacher Weise beschränkt wer-
den: a) Das Tragen sog. verborgener Waffen
ist nur erlaubt, falls und so weit dasselbe
durch Verordnung nicht verboten ist. Zur
Zeit ist diese Sache durch die landesherrliche
Verordnung vom 5. März 1835 geregelt. Jn
Art. 1 sind diesenigen Waffen, welche nament-
lich als verborgene gelten sollen, näher be-
zeichnet; es stnd dies Windbüchscn in Form
eines Skocks mit abgeschraubtem Kölben, Ab-
schraubgewehre jeder Art und Stockflinten,
Leßgleichen Dolche und dolchartige Meffer,
«töcke, welchc L-kilctS oder Degen in stch
faffen. Bei einer künftigen Reviston dieser
Verordnung wird die Frage aufzuwersen sein,
welche Waffen, nach dem gegcnwärtigen Stande
der Technik, ctwa noch weiter als verborgene
Waffen im Sinne des Gesetzes zu bezeichnen
und welche der obcn bezeichneten Waffen ctwn
aus dem Verzeichnisse zn streichen stnd. Ja
Art. 2 jener Verordnung ist blos Reisendcn
das Tragen solcher Waffen erlaubt und zwar
nur so lange ste unterwcgs sind; auch in die-
ser Hinsicht dürfte dic Vervrdnung einer Re-
viston zu unterziehen sein. b) Das Tragen
von Waffen aller Art soll durch Verordnung
für einzelne Fälle aus Gründen der öffentli-
chen Sicherheit und Ordnung untersagt wer-
den.können. Ohne dieses besondere, übrigens
sehr eingeschränkte Verbietungsrecht würde,

so fügt der Berichterstatter bei, die Großh.
Regierung kaum in der Lage gewesen sein,
das Tragen von Waffen, sv wie im Entwurfe
geschehen, als allgemeines Recht jedem Staats-
bürger einzuräumen. Dcr Strich dieser Be-
stimmung würde jedenfalls dic stcherlich nicht
sehr wünschenswerthe Folgc haben, daß die
Großh. Regierung sosort zur Verhängung des
Kriegszustandes schreitcn würde. Neben dem
§. 38 des Polizeistrafgesetzbuches und zur Er-
gänzung der Ziff. 4 desselben ble.iben nach
dem oben Gesagten und nach Maßgabe dcs
8. 27 des Entwurses noch in Kraft: 1) Die
landesherrliche Verordnung vom 5. März
1835; 2) die Verordnung Großh. Ministeriums
des Jnnern vom 30. April 1835 Nr. 3973.
Die landesherrliche Verordnung vom 2. Mai
1857 dagegen verliert ihre Wirksamkeit.

(Bd. LdSz.)

Karlöruhe, 13. April. I. M. die Kö-
nigin von Preußen ist heuke Nachmittag 2^/z
Uhr aus der Durchreise nach Baden dahier
eingetroffen und im großh. Schloffe abgestiegen.

8 Aus dem Breisga«, 11. April Dnrch
die hohen Güterpreise ist «uch ein sehr schäd-
licher Mißstand entstanden, den einzelne Spe-
culanten auszubeuten suchen. Sehr oft wird
nämlich pon gewinnsüchtigkn Käufern ein Gü«
terstück nur erworden, nm dasselbc bald nach-
her wieder in kleinere Stücke zerschlagen und
so einzeln beffer an Mann bringen zu können.
Das Vorherrschen größerer Güter wirkt aber
viel wohlthätiger, denn das Zerschlagen in
solche kleinc Parzellen macht auch mehr Ser-
vitnten nöthig. Daß aber solche Weg- und
andere derartige Dienstbarkeiten sehr viel Nach-
theil bringen, ist allgemein bekannt. Die Ab-
hängigkeit des einen Besttzers von den Arbeiten
des Anberik, dieunnöthigeMenge vonWegen, die
dann meist unsörmliche Lage und Gestaltung der
zerschlägenen Grnndstückchen ist für die produk-
tive Kraft sehr hindernd und es wäre gut,
weun diesem Ücbelstandc, der ioimer mehr sich
zu verbreiten droht, so viel als möglich ge-
steuert werden könnte.

si- Bom Rhein, 9. April. Daß das
preußische Abgeordnetenhaus die geheimen
Fonds von 35,000 Thalern für höhere Poli-
zeizwecke gestrichen hat, bedarf in den Augen
patriolischer und freisinniger Männer gewiß
keiner Rechtfertigung. Die wenigen gewicht-
vollen Worte des Abgeordneten Schulze-De-
litzsch gegen und die Worte des Ministers
des Jnnern für dsese Ausgabe genügen, den
Bcschluß des Abgeordnelenhauses als sehr

Karlsruhe, 8. April. Der verstorbene Bau-
dircctor Hübsch, wetcher u. a. in KarlSruhe daS
Polhtechnikum, das Finanzministerium, dic Kunft-
halle, den Gartenpavillon im Museum, das Hof-
theater, den Wintergarten, das Ministerium dcs
AuSwärtigcn, in Baden die neue Trinkhalle, in
Freiburg die evangelischc'Kirche, in Mannhcim
den Freihafen und bie Zollgcbäude, in Bulach und
«ielen, andern katholischen und evangelischen Orten
schönc Kirchen gebaut hat, «ar, als der Sohn deS
Postverwalters Hnbsch in Weinheim und dkffen
Ehefrau Friederike, gcb. Pagenstecher, daselbst den
9. Febr. 1795 geborcn. Seinc erste wiffenschafr-
liche AuSbildung erhielt dcr talentvolle Knabe auf
dem Gymnafium in Darmstadt, nach dcrcn Been-
digung cr die Lniverfität Heidclberg bezog, wo er
fich während drci Aahren den philosophischen Stu-
dicn «idmcte. Annerer Beruf entschied ihn für
das Studium dcr Baukunft. Er begab fich °cs-
halb auf dic Bauschule, welche damals untcr der
Leitung des Baudtrectors Wcinbrenncr in hiesiger
Stadt bestand. Nach dreijährtgem Besuch dersel-
ben uuiernahm er zu ftincr weiteren AuSbildung

seine erste Kunstreis« nach Rom und von dort aus
nach Gricchenland und Konstantinopcl. 1820 zu-
rückgekehrt, bestand er das Staatseramen mit Aus-
z-ichnung. Nach kurzem Aufenthalte tn der Hei-
math fuhrte ihn sein Genius zum andern Male
tn dic ewige Stadt. Er hattc dort eine zwcite gei-
stig« Heimath gcfunden im Kreisc jener MänNer,
eineS CorneliuS, Overbeck, Heinrich Heß (wentge
Tage vor Hübsch gestorben) und Anderer, uftlche
die dcutsche Kunst als ihrc Wiederhersteller verehrt.
Eine ehrenvolle Berufung als Lehrer am Städel-
schcn Jnstitut in Frankfurt a. M. gab ihn tm
Aahre 1824 dem deutschcn Vaterland zurück. Dort
verlebte er im vertrauten Nmgange mit dem Ge-
schichtöforscher Joh. Friedr. Böhmer, mit dem Dlch-
ter Clcmcns Brcntano und andcren hochbcgabten
Männern zwei für seine wetterc allftitige Entwick-
lung fruchtbare Iahrc. Zugleich war ihm durch
Ucbertragung verschiedcncr namhaften BauauSfüh-
rungen Gelegenhcit für fcine practische Ausbildung
gegebcn. Jm Zahre 1827 trat er als Architekt der
Residenzstadt Karlsruhe unb Mitglied der Bau-
Commtssion in den Staatsdienstseines cngeren Va-
terlandes ein, wo ihm eine reichc Aufgabc künst-

lertschcr Leistung gcboten war. 1829 wurde er zum
Baurath, 1831 zum Oberbaurath und 1842 zum
Baudtrector befördert. Scin Ruf als auSgczeich-
ncter Baukünstlcr verbreitete sich früh auch außer-
halb der Gränzen Badens, wie denn auch seine
Bauthätigkeit u. a. mit zwet größercn Aufgaben
auswärts,, dcr Wiederherstcllung dcr Hauptfacade
dcs Kaiftrdomes in Speier und der Erbauung einer
Pfarrkirche in LudwigShafen am Rhcin abschloß.
Neben ftiner ausgedehnten Wirksamkeit als prac-
tischer Baukünstler cntfaltete er nicht geringere Reg-
samkeit als Mann der Wiffenschaft, als thätiger
Forschcr und productioer Arbciter auf dem Feld
dcr Kunsttheoric und der Kunstgeschichte, wozu ihm
-scinc Stellung als mchrjährtger Vvrstand der Bau-
schule am hiefigen polytechnischen Jnstitut beson-
dcre Anrcgung bot. Dic Ergebniffe feiner For-
schungen liegcn in verschiedenen Druckschriften der
gelchrtcn Welt vor, worunter dic neueste, ein kaum
beendigtes Werk, über den altchristltchen Kirchen-
bau. Ehrenvolle Anerkennung seiner wiffenschaft-
lichcn Leistungcn wurde ihm durch Ernennung zum
correspondirenden Mitglied dcs liuzsi lostituto ok
llritisb Lrolntects, ferncr zum Mitglied der königl.
 
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