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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0229

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Mtttwoch, 11. März

* Politische Umschau.

Das Frkf. I. meldet zuverlässtg aus Müu-
chen, die provisorische Regierung Griechenlands
werde demnächst aüs pckuniären Rnckstchten
sämmtliche auswärtige Vertreter abberüfen.
(Dicse Nachricht wird auch aus Turin be-
stäkigt.)

Heute wird das preuß. AbgeordnctenhauS
im Staatsanzeiger auch für die im Posenschcn
angeblich wachsende Bewegung und den Ueber-
tritt von Jnsurgenten aus vcm Großherzvg-
thum nach Polen verantwortlich gcmacht.
Daran wären die Spmpathieen Schuld, welche
die Jnsurrecti'on im Auslande und in der
preußischeii Kammer hervorgerufcn habe. Ohne
die Conveiition hätte die Kammer sich aber
schwerlich eingehend mit der Frage beschästigt,>
dieß verschweigt der Staatsanzeiger.

Das Comitce der deutschen Fortschrittspartei
in Wurttemberg hat eine Auffordcrung erlas-
sen zu Sammlung und Bezahlung von Bei-
trägen für Parteizwecke. Dic Gelder sollen
vorzugswciie zur Untcrstützung politisch Ver-
solgter und für die Presse verwendet werden.
A. Seeger ist Vorsttzender des ComiteeS, Höl-
Ler dessen Stcllvertreter.

Das „Journal des Debats" sagt über Hrn.
v. Bismarck-Schönhausen: «Dieser ungestüme
Minister, welcher Paris, wie wan sagt, in
dem Glauben verlassen, die Spmpathien Frank-
reichs und vie Biindesgeiiosseiischast der fran-
zvstscheii Regierung durch die unbcgränzte Be-
wunderung erobert zu haben, welche er für
alle unsere Jnstitutionen, unsere Preßgesctze
nicht ausgenommen, an den Tag legte, — wird
damit cnden, daß er der unglücklichste der
Staatsmänner Europa'S ist."

Kurzlich wollte ein Gelehrter in seiner Woh-
nung zu Paris cinen Cursus biblischcr Eregcse
geben. Da die Zahl der Znhörer mehr als
zwanzig betrug, so bedurfte er dazu die.Er-
laubniß deS Polizeipräfecten, aüein sein An-
liegen wurde adschlägig beschieden. AUe Vor-
steUungen blreben vergeblich, und so sagte er
zuletzt gereizt: „Wenn Sie meinen Worten,
daß keiu Wörtchen Politik in meinem Cursus
vorkvuiiiit, keinen Glauben schenken-wvllen, so
schicken Sie mir in Gottes Namen einen Jhrer
Mouchards." „Auch das geht nicht," erwiderte
ihm Herr de Boitelle, „unsere Leute stnd alle
beschäftigt; wir haben keinen dispvuibeln."
Die Vorlesuligcn mußten iriiterbleiden.

England und Ocsterreich haben den Vor-
schlag Frankreichs, in Berlin gcmeinsame Vor-
steUungen gegcn die Uebereinkunst vom S.Febr.

» Traugott Bromme's Handatlas der Geo-
graphie und Statistik.

Untcr oorstchcndem Titel ist kürzlich ein Werk
im Vcrlage von Krais L Hoffmaim in Stuttgart
crschi/nen, wclches dic Beacbtung dcs größercn Pu-
blikumö in höchstem Gradc verdicnt. Der Ver-
faffcr, durch eine Rcihe Vvn Schriftcn in dcr dcut-
schcn Literatur auf das Vorthcilhaftestk bekannt,
hat cs in scincm ncueslcn Wcrkc untcrnommen, uns
in möglichst gcdrängtcr — jedoch inhaltschwercr
Kürze — dcm Pubtikum cin Bild von den gco-
graphifch-geschichtlichen, sowie von den Culturver-
hältniffcn dcc verschiedencn Ländcr dcs Erdballö
vvr Augcn zu führen, und dicö mit ciner Gründ-
lichkcit und Genauigkeit, wie cs nur eincm dcut-
schcn Gclchcten mögtich. Wer einigermaßen einen
Bcgriff von der Schwicrigkcit hat, die Maffe sta-
tistischcn Matcrials zu sammcln und die mannig-
fachcn Erhebungcn einzklner Gcgcnstände zu ma-
chen, wird stauiicn übcr dcn Flciß und die AuS-
daucr ciiiestheils, sowte übcr dic Umsicht und geist-
rcichc Bcgrcnzung, womit dcr Hcrr Versaffer dte

zu machen, abgelehnt. Frankreich hat daher
a»f scine ursprüngliche Vorstellung verzichlet
und allein eine in mäßigem Tone gehaltene
Botschasl nach Bcrlin geschickt. Alle anderen
über diesen wichtigcn Punkt in Umlauf ge-
setzten Auslegungen stnd unrichtig.

Deutschland

Mamnheim, 8. März. So zahlreich wie
gestern Abenv warcn schon lange nicht mehr
bie Mitglieder deS Nationalvereins, denen stch
viele Freunde der Sache beigesellten, erschie-
nen, galt eS aber auch dem Vortrage über
zwei hochwichtige Gegenstände, Lie gegenwär-
ttgen Verhältnisse deS deutschen Vaterlandcs
und die Ausgaben zu deren Befferung, dann
ber demnächst unscrn Ständen vvrzulegenden
Gesetze über die Organisation der inncrn Vcr-
waltung unseres specieüen Vaterlandes Da-
den. Nachdem im Namen der geschäflssühren-
den Mitglieder die Versammlung. Lurch Hrn.
I. Schnetder bcgrüßt und unter Bezugnahme
auf die heulige wichtige und viel Zeit in An-
spruch nehmende Tagesordnung vvm Vortrag
der gcwöhnlichen geschäftlichen Mitthcilungen
Umgang genommen ward, wurde zum Vor-
sttzenden der heutigen Versämmluiig Herr Dr.
E. Eller proponirk und bcstätigt. Zur Er-
klärung und Begründung des ersten Vortrags
über die deutschen Verhältnisse erhielt darauf
Herr Geh. Hofrath Dr. Wetcker von Heibcl-
berg das Wort, welcher als Grundlage zu
bemselben eine Resvlutivn verlas, deren Car-
dinalpunkte sich in Len Sätzen: „daß bie ur-
alten Rechts- und Staalsgrundsätze aller ger-
manischen Völker m dem repräsentaliven deut-
schen Retchs- oder Bundcsstaat die wesentliche
Grundlage bildeten, daß 1806 derselbe ohne
Zustimmung des Volkes durch srembe Gewalt
ausgelöst, raß 1813 und 1848 die deutschen
Fürsten zur Rettung ihrer Throne die Wie-
derherstellunss des deutschen Rechts aus natio-
nale Freiheit und Einheit anerkanntcn nnd
gelobten, daß dasselbe ln der 1849er Reichs-
verfaffung, den Grnnbrechte», seinen rechtmä-
ßigen Ausdruck sanb, solche uns aber rechtS-
wldrig vorenthalten würdc, daher alle chr. u.
vaterlandsllebknden deulschen Bürger sich ver-
pstichten müßten, für das höchste Gitt jebes
wüebigen Voikes, die vaterländische Freiheit
und Einheit, Allcs einzusetzen, zur versaffungs-
mäßigen Verwirküchung berselben stch noch-
maiS würdig und einmüthig zu erheben; ius-
besondere, daß eine allgemeine deuksche Natio-
nal-Versammlung berufen und bei Verzögerung

großartige Aufgabe gelöst hat. Eine Reihenfolge
von 48, größtcntheils gediegcncr und sorgfältig ans-
geführler Specialkarten, ferncr Abbilduiigen der
Wappen und Orden der curopaischen Länder nebst
eincm Flaggcnatlas zicrcn das practischc Wcrk,
deffen Anschaffung «ir mit vvllem Rcchte jedcm Ka-
milicnkrcise cmpfehlcn können. Außer dergcnann-
ten artistischcn Beigabe findcn wir in dem Atlas
anch noch eine großc Anzahl Holzschnitte, theilwcise
von Mcistcrhand vollcndet, welche u»S die schönsien
und intcrcffantesten Städte und Gegcnden der Wclt
vor Augen führen.

Alle Dicjenigen, welche über Gcschichtc, Gco-
graphie, Genealogie, Statistik, Lultur, Handels-
und Gewerbsvcrhäitniffe, die Land- und Scemacht,
das Finanzwesen u. s. w. trgend eines Staates
Auökunft wünschen, werdcn solche tn dcm bespro-
chenen Wcrke auf oaS Gcnaneste finden, und ist
die Anschaffung desselbcn von dcr Verlagshandlung
durch einc Lieferungsausgabc in anerkcnncnSwcr-
thcftcr Wcise crlcichtert. Dic erste Lieferung, deren
jcde nur 54 kr. kostct, liegt in allen Buchhandlun-
gen zur Ansicht berett.

dersclben etn deutsches Vorparlament zusaw-
meukrete, daß wenn in Folge der preußischea
Cabtnetöpolltlk hinsichtlich Polens nns eia
Krieg mit dem Auslande bedrohe, die unent-
behrlichen Garantien für ein wirksames und
der Freiheit günstiges Aufgebot aller Volks-
kräste uns verschafft würden", cvncentrirten.
Der Redner sührle in warmen, beredten Wor-
ten aus, wie schon 1813 und 1848 die Volks-
rechte von ben deutschen Fürsten anerkannt
worden scicn und aus den Berathungen ber
mit Gepehmigung derselbcn erwählten Natio-
nalversammlung die Reichsversaffnng voa 1849
hervorgegangen sei, das Palladium, das aus
den Grundsatz der Volkssouveränetät basirt,
die rcchtliche Grundlage unseres Verhältniffes
zwischen Fürst und Voik sei. Zn seincn wei'-
lern Ausfthrungen erwähnte und beleuchlete
er dle jetzigen Verhältniffe in Preußen, wo-
selbst der König durch eine kleine Anzahl
Junker dahin bestimmt worben sei, sich über
die Verfaffung stellen zu wolleo, während ge-
rade bie preußische Bersaffung durch ihre klare
und präcise Fassuiig am besten dazu angethan
sei, den preußischen Kammern die entschiedenste
Abwehr einer solchen Jnsinuation an die Hand
zu geben. Znbem er bie Mißgriffe vieler Re-
gieruugen als ihnen selbst am schädlichsten
darstellle, da sie zur Revdlution unb auch Re.
publik sührten, sprach er stch über seine eige-
nen Ansichten über die letztgenannte Negie»
riuigssorm aus, dle er als kein Glück sür die
Bölker betrachtc, brachte bann den Gcgcnsatz
zu schlechten Regierniigen in ben Verhällniffen
unseres engern Vaterlanbes Baden zur Sprache,
woselbft Fürst, Regierung unv Volk in schöa-
ster Harmonie stch befinden, (allseitiger, freu-
diger Zuruf ertönte bei diesen Worten von
der ganzen Versammlung), dann crinnerte er
an die frühern Kämpse der babischen Oppo-
sition, die ansa^igs in bebeutender Minorität,
sich nach und nach zur Majorität vergrößerlc
und in ihren Kämpsen gegen die reactionären
Ministerien siegreich gewesen sci, wenn schon
die babische Verfaffuug nicht entfernt den
weitgehenden Beftimmungen der preußischen
die Hand reiche. Die Berusung einer Nalio»
nal-Versammlung, als Bewahrerin unserer
Freiheiien, sollte mil allen Mitteln angestrebt
unb sich derselbcn Alles im ganzen Valerlaude
anschließen, damit. das höchste Endziel erreicht
wcrve: ein freies deutsches Valerlanb! —
Stürmischer Beifall ward dem Redner zu
Theil uiid demjelbea auf Anirag bes Herrn
F. Löwenhaupt ein sreudiges Hoch ausge-
dracht. Der Redner hatte >n semem über

London, 3. März. Dre Lente reben und träu-
men jctzt von mchtö als von den bcvorstehcnden
Hochzeits-Festlichieiten. Eine solchc Fcirrtagslust
ist mir in London noch nicht vorgekommcn. Ob-
wohl sich jedcr selbcr fagen kann, daß dcr Einzug
des BrautpaareS kein grvßartigcö Schaustück sein
werde, drängt es doch Zcden unwiverstchttch, «mit
dabei zu sein. Fcnster und Balkonc steigen täglrch
im Prciff. Vor wenigeu Tagen berichtcte ich ge-
treulich, daß für leerstchend- HLuser mit crnem
Dutzend Fensler'in der Fconte biS zu 100 Guineen
bezahlt werben. Heute kann ich aus eigener Er-
fahrung nntthcilen, daß sür das erste Stockwerk
«ines sehr vortheilhaft.getcgenen Hauses tn Picca-
billh daS Doppclte dt-scr Summe gesordert und
auch bczahlt worben tst. Die Nachfrage nach Sitzc»
ist — um mich commerclell auSzudrückcn — weit
stärker als der Vorrath, obgleich jedcr frcie Platz,
jcder Balkon, jeder Ladenvvrsprung auf der gan-
zeu langen Strecke mlt improvisirten Sitzplätzen
versehen wird. Sogar die grvßcn Elubs in Pall
Mall und St. Zames Streei bauen vor ihrcn Fron-
len aufsteigende Sitzreihen auf, die Mitgtteder
loosen untereinander um die Plätze, und ivem daS
 
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