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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0213

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Freitag, 6 März

InsertioaSgebuhreu für die SspaltigeWetit-
zeile werden mit 3 kr. berechner.

18«3.

Auf die „Heidelberger
Zeiiung" kann man sich
noch für den Mvnat
März mit 18 Kreuzern aboniiiren bei aüen
Postanftalten, den Boten und Trägern, sowie
der Erpedition (Schiffgaffe Rr> 4).

» Politische Umschau.

Nach den neuesten' Rachrichten ist weder
eine Austtzsung des Hauses der Abgeordneten,
noch der Rücktritt deö Ministerpräsidcnten v.
Bismarck zu erwarten; vielmehr würde der
srtzige unerhörte Zustand ruhig fortdauern.
Das Ministerium scheint den Ausweg gewählt
zu haben, in Sachen ker Convention einfach
nachzugkben und dazu die Form zu wählen,
daß rie Convention einer Reviston unterzogen
wire, bei der dann nichts übrig bleibt, als
was wcver den Westmächten, noch der LandeS-
vertreiung Anstoß geben kann.

Der Frhr. Gevrg v. Vincke ist einem trau-
rigen, aber leider unvertzienien Geschick ver-
sallen. Die „Kreuzztg." reclamirt ihn heute
als einen der Zhrigen.

Die gestrige Nummer des in Berlin erschei-
uenden „Klcinen Reactionärs" ist confiscirt
worden. Unter Anderm steht in dem Wisch
mit dürren W.rten: Die Adreffe des Abgc-
ordnetenhausetz an Se. Maj. bcn Kvnig haben
unterzeichnet „Großc Schuste und freche Lumpe
dcs preußischen Staates". Zu solchen Be-
stialitäten ist der feudale Witz bereits herunter»
gckommen.

Kaum war die russtsch-prkußischc Conven-
tion unterzeichnet, so solk Herr Bismarck
»ach einer Cortespondenz der Pariser „Nation"
sich erbolen haben, ein Armeecorps nach Polen
zu schicken. Doch solk die russische Regierung
dieß Aaerbieten abgelehnt haben, indem sie er-
klärte, im Siande zu sein, den Ausstand ohne
irgeud fremde Hilfe zu uuterdrücken.

Die „Opin. nai." plaidirt für voüständige
Wiederherfteliung Polens, sowie für die Cini-
gung Deutschlands, und meint, keine Macht
sei beffcr in der Lagc, hiezu die Jnitiative zu
ergreisen, alö Frankreich.

Gcgenüber der Behauplung der „Patrie",
daß die Westmächte in ber polnischen Frage
einig seien, während O este rr e ich zögere, er-
kläri die „Europe": An bcr Verzögcrung der
endgilligen FeststeUung der Form der diplo-
matischen Jntervenlion sei das Cabinet von
St. James schuld, welcheö — obgleich prin-
cipieU für die Jnierventivn — 'die Modali-
täten nach vem weitern Gang der Ereigniffe

Tom Thumb's Vermähluug zu Newhork.

Ueber diese eigenthümlichc, schon kurz erwähnte
Hochzeit schrcibt die„Schlcs. Ztg." noch Folgendcs:
Tom Thumb ist an cine Deminutiv-Frau, 32Zoll
hoch und 21 Zahr ait, Miß Laviuia Warrcn mit
Namen, vcrheiralhet. „Der General" ist 31 Zoll
hvch und 25 Jahre alt. Die Damc war von Bar-
nutn sür scin Museum cngagirt, und er that nach
einer Erzählung Lllcs, um die kleinen Leute zu
vcrhindern, einander iennen zu lernen. Das Schick-
sal war jcdoch stärker als cr; er konntc den General
nicht »bhalten, seint 25 Cents, wie jcder Arkdere,
zu zahlen und das Museum zu bctretcn. Dtcscr
einzige Act machte daS Gcschäft. Er kam, sah und
war auf der Stelle crobert. Zn cinem Gemüths-
zustandc, dcn man fich lcicht vorstcllcn kann, stürzte
cr zu Barnum und sagte ihm geradc heraus, seinc
Glückseligkeit hänge von dcm Bcfitz Miß WarrcnS
ab. Mr. Barnum sah das nicht ein. Er war gc-
rade im Bcgriff, Miß Warren'S Engagement sür
sich selbst auszubeuten, und eS siel ihm njcht ein,
sie Zcmandkm anders zu gebcn. Er schaffte sich

in Polen riHten und sich erst nach Ankunft
des Kronprinzen von Preußen in London ent»
schciden wolle. Dieser sei von dcm Königc
von Preußen beauftragt, durch Erläuterungcn
und Versprcchungen im Namen Preußens und
Rußlands bie Jntervention abzuwcnden. Von
der beim englischcn Cabinet herrschenden Ab-
sicht, dic Sache hinauszuschieben, unterrichtet,
habe Oesterreich durch cine Rote vom 27.
v. M. sn Paris seine Geneigtheit zur Mit-
wirkung angekündigt, seine Endentschließung
sedoch von der Kenntniß der Natur und Trag-
weüc des Einverstänbniffes der Westmächte
abhängig gemacht, um zu wiffen, ob die Be-
rücksichtigung seiner Steüung als TheilungS-
macht ihm den Beitritt erlaube.

Montalembert hak eine Broschüre über die
polnische Zusurrection geschricben, die beach-
tenswerth ist. Der Verfaffer erkennt zwei
Auöwege aus der setzigen unhaltbaren Situa-
tivn: entweder Selbftständigkeit Polens unter
Personal-Union mir Rußland, oder Wieder-
herstellung der Unabhängigkeit bes Landes burch
Frankreich. Von einer Entschädigung am
Rheine will Montalembert nichtö wiffen, viel-
mehr verdammt er höchst encrgisch eine solche
Avnerion gerave im Namen deS Nationali-
tätsprincipö.

Rach der „Nation" haben sich durch einen
1833 abgeschloffenen Verrrag Nußland, Oester-
reich und Preußen verpflichtei, das mvnar-
chische Princip aufrecht zu halten und der
Revolulivn überall, wo sie stch zcigen wür-de,
Widerstand zu leisten. Jm Fall eines Auf-
standes in.Polen sollten sich die drei Mächtc
gegenseitige Unterstützung leihen. Vor drei
Zahren hal Fürft Gortschakoff erklärt, Oester-
reich sei der Bcrpflichrung entbunden, die es
am 8. Sepibr. 1833 übernommen.

Die „Posener Zeitungen" stnd durch den
Präsidcnten p. Bärensprung aufgesorverl, biö
aus Weiteres keine Nachrichten über Märsche,
Aufstellung und Stärke ber preußischen Trup-
pen zu bringen.

Nach einem Bericht des Warschauer Stadt»
rathö an ben Großsürsten Constantin wurben
in Warschau allein vom Ansäng bis zum Zuli
des Zahres 1862 nicht wcniger als 14,833
Personen ins Gefängniß geworfen; viele wegen
der unbedeutendsten Vergehen; darunter Müitcr
mit ihren Süuglingen an der Bruft ober Kinder
von 4 Zahren an der Seiie. Gras Andreas
Zamopski wurde öffen vom Großfürsten auf-
gesördert, die seiner Meinung nach für sein
Vaterland angemeffenste Polirik anzugeben, und
nichis konnte mii mehr Mäßiguug abgefaßr

demnach den General, so gut es ging, vom Halse
und verdoppelte seine Bemühungen, di- kleine Dame
in Bcrschtuß zu halten. Natürlich wurde Miß War-
rcn sehr bald von dcm Stande dcr Angclegenheiten
unterrichtet und nahm an ihrem tapfern Lirbhaber
ein tieseS Zntcreffe, noch ehe er Gelegenhcit hattc,
sich zu crklären. Sie dcschloß, zu einer Kriegslist
ihre Zusiucht zu nehincn, um ihm jeneS Stelldich-
cin zu gcwährcn, wclches nach Mr. Barnum's Wil-
len nieinalS stattfindcn söllte, und natürlich gelang
es der Dame. Sic wußtc es anzustellen, daß sie
ihn in ihrcm eigenen Zimmer im Museum sah,
cin Glücksfall, wclchen der Gencral nichtfaul war,
zu benptzen; denn cr vcrrieth ihr daS Kcuer seincr
Leidenschaft und betrieb setnc Bewerbung mit allcr
Gluth cincs militärischen CharacterS. Doch es fan-
den sich schreckliche Hinderniffe im Wege, dcren haupt-
sächltchstes Mr. Barnum war. Dte Liebenden hat-
ten mehrcre verstohlenc Zusammenkünfte und kamcn
cndlich übrrein, ihn mit dcm Zustande dcr Dingc
beka nt zu machcn und sich seinem Edelmuth zu
übcrlaffcn. Es ist nur billig anzuführcn, daß Mr.
Barnum, von der Sache untcrrichtet und sehend,
däß fichs nicht ändern ließ, gute Miene zum bösen

sein aks dieses Schriftstück, das er zur Ant-
work entwarf. Dafür wurde Zamopski nach
Petersburg gerufen und des LaNdes verwiesen.
Dcr Kaiscr selbst sagte ihm zum Abschiede:
„Zch sehe jetzl, man kann Pvlen nur durch
Schrecken rcgieren." Und Fürst Gortschakoff
erklärte ihm: „Wenn Zhr uns dazu zwingt,
werden wir Polen in cinen Aschen» und Leichen-
haufen verwanbeln."

Debatte über die Refolurion in der
polnifchen Angetegenheit.

(Schluß.)

Berlin, 28. Febr. (Abgeordnetenhaus.)
v. Hoverbeck spricht sich gegen alle Äinende-
menks aus und einpsiehlt mit Resignalion auf
seinen eigenen Antrag die Amiahme der Rcso-
luiiön des Herrn v. Bockum »Doiffs, den er
unler bem Beifäll des Hauses als das bedeu-
tendste Mikglied der Kainmer erklärt. Zm
Uebrigen wendet sich Ler Redner vornehmlich
gegen die Rede deö Herrn v. Vinckc. Auch
kommt der Redner noch einmal auf bcn Zwi-
schenfäll in Betreff des an den Ministerprä-
sidenten gerichteten Orvnungsrufes zurück und
meinl: entweder stände der Minifterpräsident
eben so gut unler der Disciplinargewalt des
Prasibknien wie jebcs andere Mttglied deö
Hauses, oder jedes Mirglied stände eden so
wknig unter der Disciplinargewall des Prä-
sidenten wie der Ministerpräsivent. Schiießlich
bemerkt ber Redner, baß er die Aeußerung
deö Miiiisterpräsidenten, er bleibe von den
Befchlüffen bes Hauses unberührt, nichi glaube;
eö werde dem Minister wahrlich nicht gleich-
güliig sein, wenn das Haus ihm — nichl Sr.
Maj. dem Könige, wie der Minister vielleicht
in einer leichten Bcrgeßlichkeit gesagt habe —
wenn daö Haus bicsem Ministerium zu einem
burch die Convention vcranlaßten Knege nicht
einen Thaler bewillige. — Der Minister-
präsibent: Die Regierung habe bei dem
Charakter dieser Debaiien unb der Kritik üder
die Miuister sich dem Hause gegenüber nicht
zuvorkommender zeigen können; wenn vie Re-
gierung dic Ueberzeugung gewinnen würde,
oaß das Haus wohlwollcnd und nur vom
Znrercffe beö Landes erfüllr berathen wolle,
dann werde sich bie Regierung auch mitlhei-
ienvcr zeigen. — Der Präsibenl: Durch
die Rede ves Ministerpräsibenten ist die De<
batte wieber aufgenommen, es ist etn Antrag
auf Schluß derselben eingegangen. Zum Worte
hat sich gemeldet der Abgevrbnele Simson. Der
Schluß wird abgelehnt. — Simsoii spricht

Spiel machte und Alles that, das kleine Volk zu
beglücken. Der „bcste Mann" bei bcr Hochzeit »var
Commodorc Nutt, ein Zwerg, selbst noch kürzer
alS Tom Thumb, und cine Brautjungfcr fand fich
für Miß Warren in dcr Person ihrer Schwestcr,
29 Zoll hoch. Die Feierlichkcit war im großartig-
srcn Stillc. Die ganze Stadt befand sich in Auf-
regung; jeder Fahrweg, wetchcr nach dem Thetle
von Broadway sührtc, wo der Hochzeitswagen pas-
firen solltc, war gedrängt voll, und sclbst an den
Fenstcrn zcigte fich läags der Rvutc Kvpf an Kopf.
Znncrhalb der Kenster von Stewart'S hattc man
Sitze amphitheatralisch «ngebracht, wclche die Zu-
schauer kaum zu faffen vcrmochten. Von den Dä-
chern in allcn Richwngen, von dcn Gicbeln, Ge-
simsen, Zäuncn, BLumen, von den Fenstern der
Omnibuffe, Wagen, von den Rückcn der Roffe blickre
cinc unübcrschbare Mengc herab, mit Schnupftü-
chcr» tn dcn Händen und Vivatrufen aüf den Zun-
gen. Etnen amüsanten Anblick bot die Scene um
die Kirche da.

(Schluß folgt.)
 
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