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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0269

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ZD «S

rrfcheint» MontagS ausgenommen, täglich.
KreiS vierteljährlich 54, kr.

Sonntag, 22. März

IasertionSgebühreu -ür die 3spaltige-Petit- M

;eile werden mn 3rr. berechaerl »

* Politischc Umschau.

I» der heutigen Sitzung des Abgeordneten-
hanses wirb auf Anlrag bes Präslbenten be«
schloffen, daß, wie im vorigen Zahre, die drei
Präsioenlen dem Könige die Glückwünsche deS
Hauses zum Geburlöfeste am 22. d. M. dar-
bringen soUcn.

Dic Münchener großbeulsche Reformpartei
hat aus Veranlafsmig der bevorstehenden Land-
kagswahlen in Bapern ein Programm aufge-
stellt, nach welchem nur „enlschiedene Gegner
deS preuß.-franz. Handelsverlrags" zu Abge-
ordneten erwählt werden soUen.

Der Herzog von Anmale hat den Polizei-
präfecten wegenBeschlagnahme seinerGeschichte
des Hauses Conb« verklagt; bieser bestreitet
aber die Compelenz bes Gerichts, ba er aus
Befehl ves Ministers gehandelt habe.

Die „Moruing-Post" sagt, daß ber Kaiser
Napoleon und Lorv Palmerston den Frieden
wünjchen, daß aber die öffenlliche Meinung
sie nölhigen könnle, Krieg zu führcn; ber
Kaiser Alerander möge Rathgebern mißtrauen,
welche zn ihm sagen, wie ste seiner Zeit zu
scinem Vater sagten, baß Cnglaud und Frank-
reich nicht bazu komwen würben, zusammen
gegen Rußland zu zieheu.

„Diritlv" widerspricht den Angaben von
der Verschlimmerung ber Wunde Garibalvi's.

Der „Hchw. Bote« bringt ans Luzern bie
Neuigkeit, baß ein ueuestcr Beschluß der päpst,
lichev Curie bestimme, eö bürfe kein Beicht-
kinb, alö ber Ercommuuication verfallen, ab-
solvirt werden, das bie Petition an ben Papft
für Verzicht auf bie weltliche Herrschaft un-
terzeichnet habe.

Zn Folge unlösbarer Disferenzen mit Ge-
neral Hooker hat Gcneral Sigel seine Be-
sehlshaberstclie in der unionistischen Armee
niedergelegt.

Deutschland

Mannheim, 20. März. Zm Lause des
gestrigen Tages haben II. KK. HH. der Groß-
herzog unb bie Großherzogin wiederum meh-
rere öffentliche Anstalten mit Zhrem Besuch
beehrt. Ju der Anilinfabrik von Engelhorn,
Soutag und Clemm ließen sich die höchsten
Herrschaften den ganzen Gang der Bereitung
der intereffante» Farbe vom Rohmaterial an
bis zum fertigen Fabrikate und barauf die
Farbuüg auö cein gewonnenen Material zeigen
unb nahlneu bie Localitat der Fabrik in genauen

Augenschein. Ueberall sprechen sich ZZ. KK.
HH. mit vem lebhaftesten Zntereffe übcr das
Gesehene aus. Wie verlauret, ist ber Aufcot»
halt des Großh. Hoses nach dcn bisherigen
Bestimmungen bis nächften Dienstag fcstge«

Darmstadt, 17. März. Abg. Weibig
stellle iu heutiger Sitzung 2r Kammer den
Amrag aus WieverhersteÜung der katholischen
Facultät rn Gießen.

Coburg, 20. Marz. Die neueste Num-
mer der Wochenschrift des Nationalvereins
enthalt folgendeS Nuudschreiben des GeschäfLS-
sührerS an die Vereinsägenten Ln Betreff der
Feier der Gründung der beutschen Reichs-
verfaffung:

»Das Zahr 1663 ist daS füufztgste^ seit das deutsche
Vott tn denkwürdtger, AüeS üderwälttgender Erhebung dte
Unabhängtgkeit vo» fremder Hkrrschaft uno Oberherrlichkeit
wteder erkämpjt hat. Mit Recht werden dte Gedenktage
dieser Erhebang und dteses StegeS aller Orten tm Vater-
land gesetert, die Feter dersetben vorberettet. Bet so vtel
trüben und trostlosen Seiten setner Geschtchte hat daS
deutsche Volk eS uöthtg, wenn eS nrcht endltch den letzten
Halt, den Glauben an sich selbst vertteren soll, daß es auch
der erhebenden Momente setner Vergangenhett, daß eS der
Lhaten fetner Väter gedenke, durch welche dteselbeu mit
ihrem Llute setn Anrecht auf eiue große Zukunsl vor allen
Vötkerv Europa's besiegclt haben. Fetcrn wtr darum dtese
Lage, setern wtr vor allen tn dtesem Herbst jenen großen
Gcdenktag der Vesretuug beS Vaterlandes, aa welchem auch
dte fürstltcheu Führer deS siegreichen Volkes, üdexwältigt
von den Schaueru dtcser allgcwalttgeu und doch so ver-
trauenövoll htngebenden Erhebnng, mitten aus dem großen
Schlachlfeld, mttten unter deu Strömen des sur fie mit
vergoffenen BluteS, vom Hauche GotteS berührt aus etnea
Augenblick drr hetltgeu und unveräußerltchen Rechte ihreö
VotkeS sich bewußt geworden , und der Frtede von thuen
mtl sich selbst und threm Volke geschloffen schten. Aber
vergeffea wtr auch ntcht, daß cs nur etn Augenblick ge-
bltcben, vergeffen wtr ntcht, daß dte hetltgen Gelübde, auf
dcm blutgerränklen Altar deS Vaterlandes unter dem sreten
Htmmel Goltes nicdergelegt, fünszig Zahre lang vergeffen
bletben konnten, daß sie zu threm wesentlichsien Thetle
heutc uoch unerfüllt gelaffen sind. Eine doppelt ernste,
vaterläudtsche Vedeutung hat darum noch etn anbcrer Ge-
denklag. Es sind 15 Zahre, als dtc deutschen Fürstcn, cr-
schüttert von dcm durch daS Recht gehetltgten Zorn der
Natton, wteder etngedenk wurden jener Gelübde und dem
dcutschen Volke zu dem unterbrocheuen Tempelbau der Etn-
heit uud Frethett des Vaterlandcs von Ncuem dte Hand
geboten haben. Und mitten unter den Stürmen, dte daS
alte Europa durchbrausten, mtlten uuter ausgeregten Partei-'
kämpfen — genährt, angefacht vou den altcn Fetnden deS
VaterlandeS — entstand dteser Tempelbau, selbst mit seinen
Mängeln immer noch erhabcn und groß., tGs der zukunst-
verheißende erste Ausbruck dcS etnmüthigen WtllenS eineS
großen, btS dahin schmachvoll zerspallenen, nun zum ent-
schtoffenen Bewußtsein des RcchtS und der Nolhwendigkett
setner Eiuhett unb Frethctt wteder erwachten VolkeS. Am
28. März 1849 verkündete daS Parlament deutscher Natton
daS neu aufgertchtete RrtchSgrundgesetz, — dtc Verfaffung
des deutschen Reichs. Und daS deutsche Volk, noch ebcn
tn allen setnen Schtchten durchwühtl von den Kämpsen
seineS neuerwachten öffentlichen LebenS, gebot Schwetgeu
dem Hader der Parteteu und, solgend dem ttef siltltchen

Zug setueS WescnS, uuterwars es-fich dem zum HeÜ de-
Ganzen aufgertchteteu Gesetz. 29 Regieruugen folgten dem
ZmpulS threö Vvlkeö. Da erwachte tn den Mächtigsten,
dte zur Sühne alten UnrechtS vor Allen brrufen wäreu,
der NatLon als Leuchtende Vorbtlder in jeder patrtvtischen
Lugend voranzugehen, — dre alte Selbstsucht, drr Urgrund
all unserer nattonalen Schmach und llnhetls. Dte alten
Gelübde waren wieder vergeffen, vou Neuem fülllen fich
dte Kerker mtt Patrtoten, von Neuem mußten dte ver-
bannten Söhne deutscher Erde auf sremdem Voden Schutz
suchen, wetl fie daS Vaterland zu hetß geltebt, und über
Deutschland lagertc sich, Fäulutß verbrettend, dte dumpfe
Schwüle etner dte fittltchen Grunbsäulen deS öffentltchen
LebenS unterwühlenden, etdbrüchtgen Reaction. Mehr alS
zehn Zahre finb dahin gegangen übcr dtese Schmach,
schweigend geduldet von dcutschen Volke. Aber setue «n-
verwüstitche sittltche Natur hat fich auch unter dteser Prü-
sung von Neuem bewährt. Erstarkt im Gemeingeist, setne-
RechtS, sctner nationaleu Pstichte», setner weltgeschichtltchea
Ausgabc klarer bewußt und cntschloffen, sie zu ersüllen, tst
es probehalttg aus dem LäuterungSseuer hervorgegaugeu.
Ueberall im Balerland, allen Verlockungen, allen Zwte-
trachtSversuchungen zum Trotz, tst der gcsetzltche Kampf um
dte voreuthalteuen, unveräußeriichen Rechte deS VolkeS etn-
wüthtg wieder ausgenommen und der dcutsche Name, vou
den Mächtigen in allen Landen zum Ktnderspoti herabge-
würdtgt, begtnnt, untcr der crnsten poltttschen Arbett uu-
seres Volkeö wteder mtt Achtung genannt zu werdeu bet
allen Völkern Europa'S. Aber vergeffen wtr über deu
Einzelkämpfen dte große gemetnsame Aufgabe uicht. Noch
ist daS polittsche Gewiffen der Natton unversöhnt, noch tst
von beu Machthabern dte große poliltsche Schulb deS ZahreS
1849 ntcht etngelöst, noch steht mitten unter nnS der Tempel
deutscher Einheit und Freiheit entwetht von den Mächtigea,
setne Hallen etnsam und verödet. Wenn dte Machthaber '
threr hetttgsten Verpsttchtungen unetngedenk bletben, wenn
fie mtl schnöden Abfindungeu fich threr zu entledtgen trach-
ten, ist eS eine um so ernstere Pfiicht der Natton gegen
fich selbst, eingebenk zu bleibeu threr gehetltgten Rechte;
wcun jene das unter den wieder erwachten Regungen ihreS
GewiffenS ausgertchtete Grundgesetz der deurschen Natton
mit unverdteuter Mißachtung behandeln, so. mahnt da-
Gewtffen des VolkcS, das makellose Banuer dteseS Ge-
setzes, setne etgene schwer errungene Schöpfuug um so höher
tn Ehren zu halten. Fetern wtr darum aller Orten tm
Vaterland, wo und wic twmer dieS mögltch, den Grün-
dungStag der Verfaffung des deutschen RetchS — deu 28.
März! Zn Verfolg deS BeschluffeS der 3. Geueralver-
sammlung vom 6. October vortgen ZahreS und tn AuS-
führung ctneS jüngsten Beschluffes des VeretnSauSschuffeS
rtchker der Unterzeichnete diese Aufforderung an dte Herreu
Agenten des VeretnS, um hternach in thren Kreisen dte
geetgnete Anregung zu geben. Coburg, Ende Februar 1863.
Der GcschäftSführer deS deutscheo NattoualveretaS F.
Strett."

München, 16. März. Eine gestcrn Abend
beim HLUmcikrbräu iin Thal ausgebrochenc
Schlägerei häite bcinahe in eine Menschcn-
schiächrerei ausgcariet. Die Hammerschmiebs»
gesellen, rveiche ihre Herberge dahin verleg-
len, zogen Miitags bort ein und zechten blS
gcgen 9 Uhr Abenv, als cin Sireit enistand,
in Folge deffen sie eiiiige Miliiärs (man sagt
Rccruien) vor die Thür brachien; dadurch
gaben die Hammerschmiede bas Signal zn
elnem gegen sie gerlchtettn Angriff. Balo ström-
ten schaarenweisc Soldaten mil blankcn Sä-

Ein Besuch beim Jnsurgentengeneral
Langiewicz.

Lemberg, 10. März. Ein Augmzeuge be-
richtct hrcrüver eincm hiesigen Blatt: „So cben
(7. v. M.) kchre ich aus bem Lager des Generals
Langrewrcz zurück. Za, ich habc sic gesehen die
neuen pvlnischcn Truppcn, dic Krrcgcr der neuen
Spoche, armseiig in der änßeren Erscheinung, abcr
groß durch den Geist, der sie bcherrscht. DaS La-
ger befindci sich tn diesem Augenblick in Goszczy,
einem Dvrf zur rechten Seite der Mtcchowcr Hcer-
straße, ctwa 10 Werste von Michalowicc entferni.
Der Kichtcnwald, der das Lagcr nmgibk, war heute
nngewöhnllch bclebt. Einc Mcnge von Fnhrwer-
ken brachte theils Zuzüglcr, theils Ncugicrige, die
das Lagcr des rasch bcrühmt gewordenea Führers
befichtigen woUten. Noch im Walde kam uns ein
RecognostirungstrupP entgegen, voran Mlanen
mit polnischen Fähnlein, dahinter Fußvolk theils
mit Sensen, thcils mit Flintcn bewaffnet, alle aber
trotz ihrer mangelhastm Bckleidung sroh nnd gu-
ten Muthes. Ich passtrle dic Pedetien, die »m

Krauze des Waldes aufgestellt waren — junge paus-
backige Leute, denen dtc Mühen des Lagcriebens
noch ntcht das Roth der Wangen »erscheucht hatten
— nnd ctlte dcm Herrcnhause zu, tn dem das Haupt-
qnarticr sich besand. Das stürmisch pulsircndc Le-
ben nnd dip rcge Beweglichkeit, dte hier hcrrschten,
mahnten mich lebhast an die Scencn des Zahres
1831, deren Augcnzeuge ich einst war. Der Hof-
raum «ar ganz von Wagen in Anspruch ge-
»ommen, dtc dm Znsurgenten LebenSmittel tn
reicher Menge znführten, darunter cin Karren mit
Pulvcr, führwähr, dic angenehmste Gabe! Einc
großc Mengc Bcwaffneter, Soldaten und Osfiziere,
in der äußcrn Erscheinung kaum zu untcrscheiden,
erfüllte alle RLume. Mii Mühe durchbrach ich die
Mcnge und ctlie die Siiegc hinauf, dcm Zimmer
deS Gencrals zu, vor dem zwci Smscnmänner
Wache hicltm. Ein bcsäubmder LLrm drang mtr
entgegen, ais ich eintrat. Die «hnehin nicht sehr
geräumtge Localität war von Lcuten aüer Art über-
füllt: zumeist junge, kraftvollc Gcstaltm, aber auch
alte Graubärtc, Rcste der ehcmaligen polnischen
Revolutionsarrnee, die gckommen warc», um ihre
üdrigen Tagc dem Vaterlande zu weihen. Aber

mein Blick haftete ntcht auf thnen, er eilie «eikr,
um — doch dort, an jcnem Pnlte sitzt er, den ich
fuche. ES ist Langiewicz, der ungeachtct des lau-
ten LLrmS ringsherum tm Schrciden fortfährt und
gleichzeiiig Bertchte enigcgennimmt vder Befehle er-
theilt. Es ist eine kleinc gcdrungcne Gestalt, mar-
kirtc Züge, ein sonnvcrbrannieS Gesicht, späriicher
Haarwuchs, schwarze denkende Augen. Auf dem
Kopfe trägi er ctiie blauc, pelzvcrbrämte pvlnische
Mütze, mit einer weißcn Feder, am Letbe gewöh».
lichcs pvlnlscheS Lostüm. NichtS als elnc drclfar-
bige Schärpe zeichnct ihn vor de» übrigen Offizie-
ren aus. Beim Sprechen belcben sich dte Zügc be«
etwa 3Vjährigcn Wanncs. Er vermeidet, obgleich
er sehr höstich ist, jedes überflüssige Wort, da er
sich deS WertheS der Zeit wohi bewußt ist. Htu-
zufügcn muß tch noch, daß er etn wmig hinkt.

(Schluß folgt.)

Zn Spanien erschcinen zur Zeit 304 Journale,
wovvn ö9 allcin tn Madrid, und zwar 21 poli-
iische mit 300,000 und 38 nicht Polittsch« mtt
228,000 Lesern.
 
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