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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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N» IO2. Samstag, 2. Mai

Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
nvch für die Monate
Mai und Iuni mit 36 Kreuzern abonniren bei
allcn Postanstalten, den Bvten und Trägern,
sowie der Erpedition (Schiffgasse Nr. 4Z.

* Politische Umschau.

Nach dem „Pf. Courier" ist der Ausfall
der Abgeordnetenwahlen in der Pfalz für die
Fortschriitspartei ein glänzendcr.

Jn Bambcrg ist der Frhr. von Künßberg-
Manbel aus dem oortige» Reformverein aus-
getreten. Seinen Austritt rcchtfcrtigt er durch
cine Erklärung, in welcher es schließlich heißt:
Es ist meine innigstc Ueberzeugung, daß die
Politik der Local-Neformvercinc, wenigstens
wie ste i» Bamberg zu Tage tritt, nicht der
Einigung Deutschlands dient, svndern lediglich
dem Particularismus uud damit, wenn auch
unbewußt — der Revolution! Hierzu kann,
will und werdc ich nie die Hand bieten! Jch
werde forlfahren, im grvßdcutschen Sinne zu
arbeiten und zu wirken mit dem Aufgebok aller
lueiner Kräfte, aber im wahrhaft großdeutschen
Siun, — und nicht in dem Sinne, der diescs
Prstdicat stch nur als Aushängschild aneignet!

Die „Köln. Ztg." bemerkt: So ist denn
Preußen, wic alle übrigeu Staatcn, gleich
einer Macht zweiten Ranges aufgesordert wvr-
den, stch den Schriiten der drei Großmächte
in Pclersburg anzuschließen. Die deutschen
Staaten werden wohl so ziemlich alle dem
Beispielc Oesterreichs folgcn, und so wird
Preußen anch in rieser Hinsicht isolirt dastehen.
Dic preußische Regicrung bemüht sich, wie
es heißt, zwischcn Rußland und den 3 Mäch-
ten zu vermittesn, unb soll in PeterSbnrg das
Wort „Repräsentatlvverfaffung" für Polen
haben fallen laffcn. Znzwischen äußert sich
die gesammte hicsige Preffe über den Ernst
dcr Lage mit wachsender Besorgniß, da die
Gerüchie über ei» preußisch-russisches Bündniß
nlcht verstummen wollcn.

Die Berliner „Kreuzzeitung" und ähnliche
Blätter verlangen neuerdings strcngere Be-
handlung dcr Preffe und Kurzhalten der Be-
amten. Zn beiden Beziehnngen soll »och nicht
genug geschehen seinl

Zn eincr auf den 30. April festgesetzten
Versammluiig der preuß. Fortschrittspartei soll
über die allgemeine Lagc unseres StaateS nach
Znnen wie nach Außen Berathung gehalten
wcrden. Man steht in Abgeordnelenkreisen die
Situation für so bedenklich an, daß es dcm-

zufolge gerechtfertigt wie geboten erscheint, noch
einmal ein frischeS, unverhvhlencs Wort zu
rcden. Die Form, i'n der das Haus seine
WillenSmki'nung zu crkennen gibt, würde ent-
weder eine Rcsolution oder eine Adreffe au
die Krone sein.

Die „Mailänd. Ztg." verflchert, daß an
Minister Pepoli in St. PeterSburg eine Rc-
gierungsdepesche'abging, nach welcher er an-
gewiesen wird, auf die Aukonomie Polens zu
dringen.

„Patrie" vcrstchert, vo« Spanien sei auf
die Einladung, sich den Vorstellungen in Peters-
burg anzuschließen, eine günstige Antwort ein-
gegangen.

Der amerikanische Gesandtc in London hat
so befriedigende und offene Erklärungen über
seinen neulichcn Brief gegcben, daß die freund-
lichen Bcziehungen zwischen demsclben u. Lord
Ruffell voükommen wieder hergestellt sind.

Deutschland

Karl-sruhe, 30. Aprtl. Das hruttge Regbl. Nr. 19
enthatt: 1) Medaillenverleihung. Se. Königl. Hohett der
Großhcrzog haben dem Hauptlehrer Zakob Kurz in
Bethcnbrunn tn Anerkennung setncr 55jährtgen ersprieß-
ltchen Wirksamkcit in dteser Schulstelle.dte kleine gvldene
Ctvilverdicnstmedaille verltehcn. 2) Dtenstnachrtchten. Se.
Köntgl. Hohett der Großherzog haben geruht: den
Sttftungörevisor Franz von Pötz bet der Regierung deS
UnterrhetnkreiseS zum Revijor bci dem evangelischen Ober-
ktrchenrath, den Cameralpraktikanten Wtlhelm Drechsler
von KarlSruhe zum Oberetnnchmer tn Ucberlingen, den
Cameralpraktikanten Karl Schäfer von Waibstadt und Fz.
Wetß von Werthetm zu Revisoren bet der Steuerdtrectton
zu erneynen; dic Wahl deS Forstprakttkantcn Albert Holz-
mann von KarlSruhe zum städttschen Bezirksförstcr tn Dur-
lach zu bcstätigen. 3) Bekanntmachungen: Den Leitrttt
von Sachsen - Koburg zu dem Münzvertrage vom 7. Aug.
1858 betr.; die StaatSgenehmigung von Stistungen tm
Uuterrheülkreise bctr.; den weiteren Bollzug deS § 14 deS
GcwerbsteueigcsctzcS betreffend.

Karlsruhe, 28. April. 80. öffentliche
Sitzung dei II. Kummer. (Forts.) 8. 92.
Von ciner Geldstrafe bis zu 25 fl. wirv fer-
ner gelroffen: 1) Wer den zur Verhülung von
Gefuhren für die Gesundheit bei der Zube-
reitung uud Aufbewahrung, dem Ausmessen
und Auswiegcn verkäuflicher Natzrungsmittel,
Eßwaaren und Getränke, erlaffenen Verord-
nungcn zuwiderhandclt, 2) wer verdorbene
ober ber Gesunbheit schädliche Gegenstände
bieser Art feilbietet oder verkauft, wirb an
Gelb bis zu 25 fl. bestraft. Angenommen.
§. 93. Wer den Verordnungen über Reinlich-
llchkeit in Mühlen, desgleichen wer den ortS-
polizeilichen Vorschriften über Reinlichkeit auf
de» Märkten, in ben Schlachthäusern, Fleisch-
bänkcn, über das Schlachten und ben Fleisch-

Iasertiollsgebübrea für die 3spaltige:Petit-

zeile werven mit 3 kr. berechaei. M^WUW^WG

vcrkauf in denselben zuwiterhandelt, unterliegt
einer Geldstrafe bis zu 10 fl. Angenvmmen.
§. 94. Von Geldstrafc wi'rd getroffen: 1) Bis
zu 50 fl., wer dcn Gesetzen und Vcrordnun-
gen über die Leichenschau, den Transpori und
die Beerdigung von Leichen, 2) bis zu 25 fl.,
wer den ortspolizeilichen Leichen- u. Fricdhof-
ordnungen znwiderhandelt. Angcnommen. 8-95.
Wer mit Gefahr für Personen oder Elgen-
thum oder für die öffentliche Sittlichkeit Blöd-
stnnige oder Geisteskranke, deren Aufstchi ihm
obliegt, frei auf Straßen oder an andern öffent-
lichen Orien herumgehen läßt, wird an Geld
bis zu 25 fl. bestraft. Angenommen. 8. 95s.
Wer ihm angehörige oder anvertraute Kl'nder,
Kranke, Gebrechliche, Blödsinnige odcr andere
hilflose Personen in Bezug auf Aufstcht, Schutz,
Verpflegung oder ärztlichen Beistand in einer
öffentliches Aergerniß erregenden Weisc ver-
wahrlost, wirb auf Antrag des beireffenven
Gemeinderaths an Geld bis zu 50 fl. oder
mit Gcfängniß bis zu 14 Tagen bestraft. Bci
dem ietztcren Paragraphen bringt Moll bei
Abwesenheit bes Abg. Kusel den vom Letztern
aiigeregten Gegenstand, ob bie Bestimmungen
nicht auch auf „Mißhandlungen" der Kinder
Seitens der Eltern ausgedchiit werbcn svllen,
zur Sprache. Staatsrath Lamey macht auf
das Unzweckmäßige aufmerksam, dic Sache
von dem Antrage des Gemeinderaths abhängig
zu machen. Der Strich dieser Wortc wird de-
schloffen, ebenso der Zusatz „mißhandelt" vor
„verwahrlost". §. 96. Wer bei Verrichiun-
gen, welche zur Verhütung von Gefahr für
Lcben nnd Gcsundheit Dritter besondere Vvr-
sicht erfordern, sich betrinkt, wer betrunken
solchc Verrichtliilgen vornimmt, wird an Gcld
bis zu 25 fl. oder mit Gefängniß bis zu 8
Tageu bestraft. Anqeiiommen. 8- 97. An
Geld bis zu 5 fl. wird bestraft, wer sich an
Ortc begibt, deren Betreten wegen ihrer Ge-
fähilichkeii durch ortspolizeiliches Verbot un-
tersagl ist. Dieser Paragraph soll nach dem
Cvminissionsantrag aestrichcn werden. Staats-
rath Lamey verihcidigt den Regierungsent-
wurs, Kirsner beanlragt, vielfach untcrstützt,
beffen Wiedcrherstcllung, und die Kammer tritt
diesem Anlraqe bei. §. 98. Wer ohne poli-
zciliche Bewilligung gefährliche wilde Thiere
hält, wer bezüglich derselben die zur Verhü-
tung von Beschädigungen oder Siörungen ihm
polizeilich aufgetragenen oder sonst erforder-
Iichen Maßregeln vernachlässtgt, oder nicht
augenblicklich der Polizeibehörde Anzeige macht,
sodald ihm ein solches Thier aus der Ver-
wahrung gekommen ist, versällt in Geldstrafe

Die TabLkspseise der Kömgin Victoria.

Dicse Tabakspfeife ist größer und mcrkwürdiger,
als irgcnd'cine andere auf dcr Wclt, sclbst >e»
Türkcnkopf aus dem Gedichte: „Gott grüß' Euch,
Alter, schmeckt daS Pfeifchen?" nicht ausgenommen,
und wir wollen eiue kleüie Beschreibung von dieser
cigcuthümUchc» Pfcife gchen. Mitten in den Lon-
doner Docks befindet sich daS sogenannte Entrepot
dcr Königin, besondcrs daS anSgcdchntc Tabaks-
magazin, welchcs nicht wcnigcr als fünf AcreS im
Umfangc hat und wofür dic Regierung dcn Actio-
nären der Docks die Klcinigkeit von 14,00» Pfund
Sterling jährlichen Pacht zahlt. Hier liegen cine
Anzahl Fäffcr mit Tabak, bisweilcn 24,000 nnd
mehr und in eincm kleincrcn Raume die Cigarren
und die feineren Tabakssorten.

Die Tabaksfäffer büden rcchts und links lange
Straßen und die ganze Atmosphäre ist mit Tabaks-
geruch erfüllt; gchen wir in dcr mittelsten Straße
cine Strecke fort, so crblickcn «ir balb einen Weg-
weiser, der die sonderbare Aufschrift führt: „Zum
Ofcn." Verfolgen wir diesc Richtung, so stehen

, wir bald in der Mitte des Magazins, und zwar
vor dcr Tabakspfeifc der Königin oder guoen's-xixe.
Wir ireten durch cine Thür, über der stch das kö-
nigliede Wappen mit den Anfangsbuchstabcn V. k.
befindet, in ein abgesondertes Local und erblicken
in dcr Mittc desselben einen riefigen kegelförmigen
! Ofcn; oberhalb dcr koloffalcn Ofenthüre prangt
abermals das königliche Wappcn mit dcn crwähn-
ten Buchstaben. Zn bem Ofen brcnnt ein unge-
heurcS Feuer und es hcißt hier: zchn Schritte vom
Leibc, wcn» man nicht gcbraten und geschmort scin
will. Nur die an dtesc Hölle schon gewöhnten Hei-
^ zer dürfen sich etwas näher hinzuwagen, um dcn
^ Riesen m!t neuer Nahrung zu vcrsorgen. Solchc
Nahrung ist bereits maffenhaft um ihn hcrum auf-
gcstapelt und bcstcht aus Ballen von beschädigtem
! Tabak, Thec und verschiedcnen anderen havarixten
^ Waarcn. DaS Feuer erlöscht nie, wcdcr bei Tag
! noch bei Nacht, und wird fortwahrend mit langen
Eisenstangcn geschürt, während nacheüiander Kistcn
und Ballen durch die offene Thür in die Flammen
fficgen. Auch alle confiscirtcn oder unvkrkäuflichen
! Waaren, «elcher Art sie anch stien, werden durch
! die Tabakspfeife der Königin tn Rauch und As-be

vcrwandelt und bisweilen wirb fie mit ganz eigen-
thümlichem Tabak gestopst.

So geschah es vor Kurzem, daß 900 Stück Schöp-
stnkeulen aus Australien der Tabakspfcist zum
Opfer sielcn; dieselbcn «aren kurz vor der Auf-
hebnng des EingangSzolles auf dicstn Artikel in
das Entrepot gebracht worden und da dem Eigen-
thümer nicht gestattet wurde, fic zollftci auszufüh-
re.n, so hatte das Fleisch stincn Wcrth vcrlorcn,
dcnn der Prcis war dermaßen gcfallcn, daß sich
kaum der Zoll bezahlt gcmacht habcn würde. Die
Waarc blieb also liegen m>d «ard, als sie zu ver-
dcrben bcgann, dcr Pfeifc dargebracht.

Bei einer anderen Gclegenhcit mußte die uner-
fättliche Tabakspstist 130,000 Paar der feinstcn
französischen Glacehandschuhc, die eingeschmuggelt
und confisclrt worden waren, i» sich aufnehmen,
die ihr übrigens, gleich den Schöpstnkeulen, ket-
ncrlei Beschwerde vcrursachte.

Als sie jedoch cinmal eine respectablc Anzahl
Rindshäute einzunchmcn genöthigt wurde, gab sie
ihr Mißbchagcn durch einen so pestilenzialischcn
Geruch zn erkennen, daß es die Bcamten nnd Diener
lange Zeit kaum aushaiten konnten und sich dte
 
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