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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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N'» 1O«.


Donnerstag, 3» April


L863.

* Politische Umschau.

Während Herr v. Müller als preußischcr
Cultllsminister sich mit aller Macht gegen die
Zulaffung jüdischer Lehrcr und Professoren
auf Universitäten wehrt, wurde an der Uni-
versität in Prag jüngst in dem Dr. Kämpf
der zweite jüdische Lehrer angestellt.

Jn Paris beschästigt man sich gcgenwärtig
mit dcr Lösung der großen Tagesfrage, wie
in Zukunst die Wahlcandidaten genannt wer-
den sollcu, die bishcr „unabhängig" hießen.
Der „Tcmps" ist nicht im Stande, ein Bei.
wort aufzusindeii, das sicher auf die Geneh-
migung des „Mokiiteur" rechnen könnte; seibst
die Bezeichnuug „nnangenehmer Candidat"
dürfte höhcrcn Ortes schrverlich acceptirt wer-
den, obwohl die „Nation" so gütig ist, die
Ramenlosen auf diesen Ausweg ausmerksam
zu machen.

Jn dem letzten Ministerrath in London soll
eine Note nach Washington beschloffen worden
sein, um daselbst einen Tadel deS jüngsten
VerhalkenS des Herrn Adams zu erlangen.
Gleichzeilig würde der Wunsch ausgesprvchen,
die gegenseitigen Beziehungen wieder in ihrem
frühcren freündschaftlichen Charakter hergestellt
zu seheu. DaS engl. Cabinet sei zu allen mit
seiner nationalen Ehrc verträglichen Zugeständ-
niffeii bereit, und hoffe das GleiLe von der
anderen Seite.

Jn Athen herrscht vollständige Gesetzlosig-
keit; Leute werden auf den Straßen erschoffen,
Häuscr angefallen, abgesetzte Capitäne bcim
Heer und bci der Flotte verwcigern den Ge-
horsam und bleiben in ihren Stellen.

D e « t sch l a » d

Karlsruhc, 27. Febr. (A. vffentliche Sitzung der
I. üannner.'l Lorsitz: Fürst v. Löwenstem. Am Mi-
nisterlijche: Aünister Stabel, Eeh. Rath Junghanns,
Atiuistcrialpräfident v. Roggeubach. Es werden die neu
eingetretenen MitgUeder Frhr. v. SchMing und Geh.
Ratb v. Moh! becidigt. Es wcrdeu einige Petitioncn
augezcigl. Frhr. v. Göler widmet dem verstorbenen
srühereil Mitulicdc des Hauscs Frhru. v. Berekheim -bren-
den ütachrus. Der Abg. Lauer hat um Enthebung von
scinem Amtc als Mitgiied der I. Kammcr gcbeten. Graf
Hcnnin crstaltcl Bericht über das Gesctz bezüglich der
Errichinug der Kreisgerichte. 'Die AntrLge der II Kam-
mcr werden angeuommen, auch bczüglich des Schwarz-
waldkreisgerichls, dagegeu will mau die Errichlung eineS
Odcuwaldkreisgcrichts der Regierung überlasjen mil Hin-
weis aus dic ueuen Eijenbahiirichlungen. Der Wunsch
der II. Kanuner, daß der Stadt Bruchsal sür dku Ber-
lust des Hosgerichts Ersatz dürch Zuweisung einer au-
dcru Behörde geboten werde, wird unterstützt, Es fol-
gen Petitiousberichte. (K. A.)

Karlsrnhc, 24. April. 77. vsjentliche Sitzung.
(Forisetzung.) Die Jnterpellation Häussers dezüglich,
SchleSwig-Holsteins lautet im Wejentlicheu: Die däuische

Frage berühre die iuuigsten Jnteressen der deutjcheu
Ration uud mache zugleich die Bcängel und Lücken un-
jerer Nationalvertretung sühlbar; sic stche über den po-
lllischen Partcien, alle Parteieu seien darin einig. Red-
uer will die menjchlicheu uud patriolischen Gesühle und
Leideuschasten nicht ausregen, das sei nicht uvthweudig;
aber das Nothwendige wolle er über den Zusammen-
hang der Vorgäugc in Eiinneruug bringeu; es sei eine
Reihe iuuerlich zusammenhängender Begebenheiten, die
mau kennen müsje, um die heutige Frage zu erkenuen.
Seit älter Zeit sei es das Bestreben DänemarkS, die
uralteu Berbindungen SchleSwig-Holsteius zu lösen.
Bis vor etwa 12 Jahren jei jedoch diese alre Berbiudung
etwas Lebeudiges gewesen. Die Nalur habe beide LLn-
der zusammengefügl; Natioualität, Geschichte, politische
Entwickeluug habe »ic Verbindung immer mehr be-
lestigt, sie sei nicht so lcicht zu löseu, wie inau möchte.
Bis vor zwöls Jahren haben Schleswig und Holstein
einc gemeinschafrlichc Verwaltuiig gehadt. Jahrzehnte
habe Dänemart dagegeu reagirt, endttch habe Köuig
Christian Vlll. im Zahre 1846 deu bekaunleu ofsenen
Bries crlaffen; er sei zur rcchten Zeit gekommen, denu
er habe die gewaltigste Gcmtithsbewegung in deu Herzog-
thümern. wie in Deutschland hervorgebracht, so daß Dä-,
nemark eineu kleinen Schrilt zurückzumacheu sich ge-
zwungen sah. Es gab eine Erklärung au deu dcutscheu
Buud, worin cs jagt, daß durch den ofseuen Bries keine
Aendcrung an dem Verhältiiissc zwischeu SchleSwig und
dem dcnlschen Äunde deabsichtigl werde, beide Läuder
solleu alle öffeutliche Rechtsverhältniffe gemcinjchajtlich
haben. Zchn Tage daraus ersolgte der Bundesbeschluß
oom 17. Scplember, worin Dänemark angedroht wor-
den, salls es von dieser Versicherung abweiche, werde die
Eompetenz des BundeS eintrcten. Die Erlebniffe von
1848 biS 18l>1 seien bckannt. 18ä1 seien Schleswig
nnd Holstein den Dänen jvimlich auSgelicsert wordcn:
glcichwohl wollte man dic Rechte der Herzogthümer nicht
preisgeben, daS Wcsen wollte man dehaupten. Deutsche
Bundesbevvllmächtigte erklärten aus dem jchleswig-hol-
steiitijchcn Ländtagc, daß der Bund da« alte Recht bei-
der Länder wahren werde. Dnrch eine preußische De-
pesche wnrdc jedcr Bersuch einer Jncorporirung mit
Dänemark zurückgewiejen; selbst das dänijche Patent
vom 28. Juli 1852 enthielt noch Spurcn dieses Be-
mühcns, nicht AUes anf einmal preiszugeden, ader die
hier Schlcswig zugestandenen Rechte waren nur Nach-
klänge eines theilweise schon aufgegebencn Rechtes; denn
dasselbe Patenl sage zngleich, daß alle geschiedenenen
Lheile dcs Königreichs zu cinem äußern Ganzen ver-
bunben werden sollen; für Cultus, Zustiz und Jnneres
allein werde e!n eigener Minister sür Holstein-Lauenburg
und -in iolcher sür Schleswig crnanni; nur Univer-
sitäien, Ritterschastsangelegenheiten, WohlrhätigkeüS-,
Ltrasanstaltcn svllen noch gemeinschastlich bleiben. Aber
auch dieses sei nichr geschchen. Unüberlegt habe man
der dänischen Krone die Mittel an die Hand gegeben,
die Herzogthümer vollständig an sich zu ziehen. Wcnige
iNonale daraus habe Dänemark nnter russtscher Mitwlr-
knng das Londoner Protokoll erschsichen und er müffe
leider sagen, auch dentsche Mächte haben dieses Proto-
koll nnterzeichnet, rvornach die Erbsolgeordnung in Hol-
steln aufgehoben wnrde. Der deutsche Bund habe erklärt,
daß,die gcschehene Anordnung von 1852 den Rechten
des deutschen BnndeS entsprechend sci und die Erwar-
tung ausgesprochen, daß der dänrsche Kvnig auch in Zu-
kunst eoen so gerecht gegen seine deutschen Landestheile
sich zeigen werde. — Die deutfchen Mächtc schen jetzt
jrcitich ein, daß diese Rechle »°n Dänemark nichl respcc-
iirt worden seien. Dänemark ließ den Herzoglhnmern
inimer mehr seinen Druck sühlen, das sei dankenswerth,

denn sonst hätten Schleswig und Holstein sagen mnssm:
Deutschland hat uns verlasjen, DLnemark gewährt uns
wenigstenS Erträgliches. AUes Dentschthum würde jetzt
in d-n Hcrzogthnmeru verdrängt durch Soldaten nnd
fanatisirte dänische Geislliche, welche man schwarze Gen-
darmen genannt. Keine wejcntliche dänische Verheißung
von 1852 wurde erfüllt, felbst nicht bezüglich dcr Uni-
versitälen und WohlthLligkeitsanstaUen. lliun.wäre Ge-
legenhett da gewesen, daS Londoner Protokoll und das
Patent von 1852 umzuwerfeii. Man hat sie vorüber-
gehen lassen. Die Versassnng vom 2. Oktbr. 1855 wurde
octroyirt, Schleöwig als Theil DLnemarks betrachtet,
Holstein nur wenig besser behandclt. Jm Juni 1856
verlangten die deutschen Großmächte, daß den schleswig-
schen Stäncen die Versassung von 1855 vorgelegl werde
und die Herzogthümer in der Gesammtvolksvertretung
vertreten scin jollen. Für Holstem wurde gewährt, für
Schleswig nicht. Hieraus wurde Jahre lang verhandelt,
Dänemark hat ein eigenes Geschick in Verzögerung die-
ser Frage, in Abliiugnnng offenkundiger Lhaisachen ---
gegenüber der Schwcrfälligkeit u. Langsamkeit deS deut-
jchen jöderaliven Lebens. Jm Februar 1858 crschien
cin Bundesbeschluß, welcher das Bcriaffungsgcsetz von
1855 u»d andere Berordnnngen als versassungsmäßig
nicht anerkennt. Am 12. August 1858 ward die Bnn-
deserecution angedroht, mit Frift von 3 Wochen. DLne-
mark snchte Zeit zu gewinnen, durch Versprechung, nene
Vorlagen, Delegirtenversammlnng u. s. w. Eine Aus-
flucht solgte der andecn. Nachdem der deutsche Bund
hingehalten, die Provinzialstädte mit Vorlagen vcrhöhnt,
beschloß der Bund 1860, es sei von der Execution ab-
zustehen und nene Propositionen zu Gunsten Schleswig-
Holsteins zu machen. Damit hatte Dänemark scinen
Zweck erreicht, Zeit gewvnnen; ber Bnnd gab immer
neue Frist, als ov er jroh gcwesen, die Ereculion nnter-
lassen zu können. Run aber ersolgte eine neue Wendung,
das preußische Ministeriuni nannte zum erstenmale wie-
der officiell das verpönte Wort „Schleswig". Groß-
britannicn habe eine leise Schwenkung in der Stellung
zn der dänischcn Frage gemacht. Russel machte Ber-
mittlungsvorschläge, welche aber ieiner Seite znsagten,
aber doch sagte er, daß »on Jncorporation Schleswigs
in Dänemark nicht die Rede sein könne. Dänemark
wartete offcnbar immer die Berhältniffe ab, unter wel-
chen es rücksichtslos versahren könne. Später kam die
Bundessrecution von Ncnem zur Sprache, sreilich etwaS
schüchtern, wohl aber wurde in etwas schärserem, fast
in erregtcm Tone verkchrt. Prcußen ha! am 22., Oester-
reich am 25. Augnst v. I. Noten an Dänemark abge-
sendet, worin ats gciingstes Aiaß vertangt wird: 1)
Anfgedung der Beriassung von 1855, 2) Glcichberech-
tigung der Monarchie und der Herzogthümer, 3) Hcr-
steüung des ProvisoriuinS, 4) Schutz des deutschen Ele-
ments in Schleswig und 5) Rückkehr auf den Stand
von 1847. Da erschien daS Patent vom 30. Niärz 1863
als Antwort Dänemarks auf die zwei Noten. Es wurde
nichts gewährt. Die enropäische Lage scheint den Dä-
nen geeignet, den deutschen Großmächten den Handschnh
in das Gesicht zu wersen. Die Berechnung ist ganz
richtig. Die deutsche ErecutionSandrohung sei nicht mehr
respectirt, man müsse das unverküuimerte Recht jetzt for-
dern, kein Minimum, nnd er srage die großherzogliche
Regierung: „ob sie geneigt uno cntschlosjen sei, soweit
an ihr liegt, bei dem dentschcn Bunde die Ansicht zu
unterstntzen, daß die Verträge von 1852 nicht mehr alS
verbindlich anznerkennen jeien, sondern daß die Wahrung
des uiiverkümmerten RechteS allein die Wsung deS Con-
flictes zu Stande bringen könne?" Die Antwort des
Ministerialpräsidenten v. Roggenbach ist bereits in Nr.
97 mitgecheilt. (Schluß solgt.)

Nachruf

an

Peter Scharbauer.

Träurig hallt LaS Todtcnglöckletn von dem Thurme;
Wcm gilt wohl sein dumpfer Klageton?

Ach, er gilt dem hetßgettebten Sohn,

Der so krcu an Vater, Muttcr htng, im Sturmc
Selbft der argen Ficberhitze ihrcr dachtc,

Jhncn noch o,s Herz zum lctzten Opfer brachte.

Tranrig hallt die Bofschast durch die Krühlings-

bäume;

Einen rheucrn Freund verloren wir,

Weincn auf Lcm Grabe Thräncn hier.

Thatcn «arcn Zeugen seiner Fr-undschaMriiume,
W-nn wir oft bcglückt in heitern Abeudstunden
Traulich linS.tm muntern Kreise-eingefunden.

Schmerzlich tönt das Glöcklcin mit dcr dumpfen

Klage

An das Ohr der Braut in Einsamkcit.

Schnell verschwnnden war dte Scligkcii
Und an ihre Stelle trat dte Qual, dic Plage.
Doch du hast zcrriffen nicht die schönsten Baude,
Tvd, die uns vcrknüpfen noch tm höher» Lande.

Napoleon III. und sein Hos.

(Schluß.)

Dic Nonne trat aber einen Schritt zurück, cr-
hob sich mtt ehrfurchigebtetender Würde und sah
Eugenie mit einem hoheitSvollen Blicke an, indem
sie sprach: „Ktnd, laß ab von Deinem Begtnnen, :
! Du begehst kctn dem Himmcl wohlgefälliges Wcrk
! damit, Du bist nicht bestimmt, Dcin Lcben hintcr
^ Klostermauern zu verbringcn; «eise auch den Her-
zog von Offuna mit scincn Bewerbungen zurück,

: Du bist für etnen Thron Vestimmt, cin großes Land,
welchrs hinter jenen Bergcn ltegt, wird Dich als
Hcrrscherin begrnßen, Du wirst gechrt und gcliebt,
Du wirst glücklich wcrden, nur verbanne jeden Gc-
! dankcn an daS Kloster." Diesc Worte der Nonne,

' mii steigcnder Begkisterang gesprochcn, blieben Eu-

genren's Gedächtniffe unvertilgbar eingegraben.
Ganz vcrändcrt kehrte fie von dem Einkleidungs-
feste zurück und wies die Hand Les Hcrzogs »on
Offuna zurück, «as sich dazumal Niemand zu den-
ten wußte.

Der junge Graf Mvrny, bckanntlich ein Halb-
brudcr dcs Kaisers, wurde bei sciner Großmutter,
der Frau oon Souza erzogen. Er bcsuchte das
Eollege Bourbon, machte Verse, dichtete Roman-
zen, componirte sic und sang fic mit einer klang-
vollen Tcnorstimme. Zm Hotel Talleyrands «urde
er oft und gerne empfange»; Talleyrand selbst plau-
derte gerne mit ihm. „Jst Zhncn nicht", sragte
der Fürst eines Tages den Erzieher der Ktnder dcr
Herzogin von Dino, „allf der Treppc ei» kleiner
Mann bcgcgnet, den Herr von Flahaut an der
Hand haitc ?" — „Ja, gnädigcr Herr!" — „Nun -
«ohl, s° denkcn Sic an meine Worte; dies Ktnd
wtrd einmal Minister werden." Morny war da-
mals zwölf Aahre alt.

Mit '21 Aahren, also im Aahre 1832, verltcß
Morny die Generalstabsschule und trat alSUnter-
lieutenant tn das erste Lancicrsregimcnt, daS in
Fontainebleau, später in Llermont (Auvergne) in
 
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