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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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F-reitag, 12 Juni


L8«3.

* Polttische Umschau.

Die „Königsbergcr Harlung. Ztg." bringt
folgende Erklärung: Unsere Lescr werden es
erklärlich finden, daß wir fortan nicht mehr
in der Lage find, in dem von uns geleiteten
Preßorgane einer Besprechung politischer Fra-
gen Raum zu verstatten, upd »nS lediglich
auf eine rein objectivc Referirung von That-
sachen beschränken.

Ein von den Studenten Bonns zu Ehren
des Profcffors v. Spbel bcabsichtigter Fackel-
zug muß unterbleiben, wcil die polizeiliche
Erlaubniß dazu nicht crtheilt wordcn ist.

Unter den Pariser Arbeitern verbreitet fich
immer mehr die Meinung, daß sie unter dem
kaiserlichen Regiment, tvenn die Theuerung
der Lebensbedürfniffe so fortvauere, am Ende
verhnngern werden. Ein Regierungscandidat,
der in einer Waffenfabrik die „Gloire" des
KaijerreichS rühmte, erhielt zur Antwort: Wir
wollen keinc mehr, wir bedürfen billigen Bro-
ves. Die Arbeiter reiben sich die Händc vor
Vergnügen, wenn schlimme Berichte auS Puebla
kommcn. Der Schwindel scheint eben seine
Zeit gedauert zu haben und etwas KaHensam-
wer eingetreten zu sein.

„TimeS" glauben, daß dic Worte des Kö-
nigs von Dänemark an den neuen Griechcn-
könig einen Wink für den König von Preußen
enthiclten, der unter dcm Vorwand, Däne-
mark zu zwingen, seine Armec gegen die Frei-
heit deS eigenen Landes verwende, die ver-
haßtesten und rückstchtslosesten Männer zu
Rathgebern gewählt habe, u>n mit ihrer Hilfe
die Landesinstitutionen zu vernichten, dic Preffe
stnmm zu machen und den Willen des VolkcS
unter die Füße zu treten. Der Dänenkönig
habe eS daher zeitgemäß gefunden, seinem
Neffen ein andercs Betragen zu empfehlen u.
ihn daran zu erinnern, daß ohne die Liebc dcs
Volkes die königliche Würde wFder Ehre noch
Vorthcil bringe.

Deutschland

Karlsruhe, 8. Juni. (99. öffentl. Sitzung
der ll. Kammer.) Schluß. Lamey von Karls-
ruhe stcllt den Antrag, den Artikel 6 also zu
faffen : „Zum Eintritt in die Auwaltsrechte
besähigt ist seder Rechtsgelehrte (statt Refe-
rendär), welcher nach Erstehung der obersten
juristischen Staatsprüfung (stakt zweitcr Prü-
fung) noch mindestens zwei Iahre bci Staats-
stcllen (statl bei Gcrichten, wic dic Commis«
fion haben wollte) oder unter Leitung eines

Anwalts gearbeitct hat." Man dürfe nicht
die Referendäre allein ncnnen, denn auch aus
dem Staatsdienste getretene Zuristen hätten
daffelbe Recht. Von einer zweiten Prüfung
dürfe man auch nicht im Gesetze sprechen,
denn dic älteren Zuristen hätten eine solche
nie abgelegt, man könne fic auch von shnen
nicht nachträglich verlangen und einc Mini-
sterialvcrordnung könne die zweite Prüsung
wieder ahschaffcn und das Gesetz bedürfte dann
einer Abänderung. Faffe die Kammer den §. 6
nach scinem Antrage, so sei im 8. 7 statt
„zweitcn Prüfung": obersten Prüfung zu sctzen
und der §. 8 „Auch vormaligen rechtsgelehr-
tcn Staatsdienern, die stch der Ausnahme nicht
unwürdig gemacht haben, kann die Anwalt-
schaft verliehen werden«, könne dann gestrichen
werden, wenn es nöthig erscheine; hierauf
stellt Lamcy jcdoch, wie er nachträglich be-
merkt, kcinen Antrag, da daS Verbleiben des
Paragraphen im Geseße nichts schade. Kusel,
Minister Stabcl und Prestinari stimmen
dieser beantragten Aenderung vollkommcn bei,
da ste eine Verbcfferung bezweckten, welche im
Sinne der Regierung und der Commisston sei.
Bei der später folgenden Abstimmung wird der
Antrag Lamey's einstimmig angenommen. Mi-
nisterialrqth v. Freydorff hält ben Zusatz
der Commisston zu 8- 7, welcher lautet: „Wo
die Zahl ber Anwälte fest bestimmt ist und
eine Stelle erledigt wird, geht von mehreren
Bewerbern der ältere, von der Zeit der Er-
stehung der obersten Prüfung an gerechnct,
vor", nicht für nothwendig, man sollte darin
die Regierung nicht beschränken. Minister
Stabel wünschi, daß wenigstens bestimmt
wcrve, Ausnahmen könnten mit Zustimmung
dcr Anwaltskammer stattfindcn. Lamep von
Pforzheim stellt den Antrag oder wenn man
ihm nicht beitreten wolle, so solle man den
Zusatz annehmcn: „wenn nicht dem jüngeren
Bewerber bcffere Prüfungsnote» zu Statten
kommen; das staire Ancicnnetätswesen sci nicht
zn empfchlen. Kusel ist für den Commis-
sionsantrag; dic Befähigung soll nicht mehr
in Betracht kommen, ber Candidat sei geprüft
und alsv befähigt, das gcnüge. Kirsner;
Für das öffentliche Jntereffe sei das Ancien-
netätswesen kein Vortheil, er unterstütze La>
mey's Antrag bezüglich der Zustimmung der
Anwaltskammer, nicht aber der besseren Prü-
fungsnote, denn man wisse ja, daß Zuristen,
dic das beste Eramen abgclegt haben, in der
Praris unbrauchbar waren. Artaria und
Moll wollen freie Concürrcnz. Der Antrag
dcs Abg. Lamey von Pforzheim wird abge-

lehnt und der Commissionsantrag genehmigt.

9 lautet: „Nach Vernehmung des Gerichts
und der Anwaltskamrner bestimmt das Zustiz-
ministerium, wo nöthig, die Zahl der anzu-
steüenden Anwälte und verfügt über die Auf-
nahme, sowie im Falle des 8. 1 S. 2 dcn
Wohnsttz derselben. Es steyt ihm ferner zu,
das Recht der Anwaltschaft beim Oberhosge-
richt zu verlkihen. Ein Antrag Moll's, daß
die Bitte um Verleihung bei bcr Anwalts-
kammcr einzureichen sei und von da an das
Justizministerium gehe und bezüglich des Ober-
hofgerichts von dem Ausschuffe an daS Mini-
sterium, wird abgelehnt und auf Prestinari'S
Bortrag der Paragraph an die Commisston
zurückverwiesen, ,um über den Antrag Kusels:
„Staatsdiener, wclche vom Staate einen Ruhe-
gehalt bcziehen, haben kein Recht zur Aus-
übung der Anwaltschaft" Bericht zu crstatten.
Die weitere Berathung des Gesetzes bis zu
Ende brachte wcnig Bemcrkenswerthes. Die
' Paragraphen wurden nach kurzcn Bemerkun-
gen bei den §8. 19, 28 u. s. w. angcnommen
und bie Sitzung geschloffen. (B. B.)

Karlsruhe, 10. Zuni. (100. öffentliche
Sitzung der II. Kammer.) Vorsitz: Hilve-
brandt. Am Rcgieruugstischc: StaatSminister
Dr. Stabel, Staatsrath Dr. Lamey und Mi-
nisterialrath v. Freydorff. Nach Eröffnung
. der Sitzung bceidigt das Präsidium den neu
eingetretenen Abg. Stigler und gibt demselben
das erbetene Wort. Stigler bespricht die
gegen seine Wahl eingekommene Petition und
namentlich die bekanuie Aeußerung, er werde
nur für diejenigen Ortc wirken, veren Wahl-
männer ihm die Stimme geben werden. Er
sei nicht in der Lage, durch richteriiches Ur-
theil die Beschuldigung abzuwcisen, aber es
genüge ihm bie kurze Erklärung, daß er jene
Aeußerung nicht gethau habe, auch sonst sei
ihm keine Aeußerung bekannt, die nach Form
oder Jnhalt solche Äusiegung möglich machte.
Er hoffe, durch sein Wirken der Kammer zu
beweise», daß er solcher Aeußerung nicht fähig
sei. Das Sccretariat macht den Einlauf von
2 Petitionen bekannt und zwar die Errichtung
cines Amts in Ebingen und bie Anwaltsord-
nung detrcffend. Letztere Petition ist von 2
Anwälten aus Donaueschingen cingesandt und
wird dem betreffenden Berichterstatter zuge-
schieden. Schwarzmann berichtet nun über
die beiden Punkte der Anwaltsorbnung, welche
zur Antragstellung an die Commission zurück-
gewiesen worden sinv, 1) die Zulassung von
pensionirten Staatsdienern zur Anwaltschaft.
Der Penstonär habe keine Amtspflicht, er könne

Aus Amerika. Ueber die Verwundung Heckers
in der Schlacht von Chaiicelorsville kvnnen wtr
nach westlichen, ihm bcfrcundetcn Blättern noch
Wciteres mittheilen. Ein vom 11. Mai „Camp
Schurz" datirter Brief erzählt: Samstag, 2. Mai,
der Tag, an dcm das Hecker-Rcgiment zum ersten
Mal im Feuer stand, inußten wtr als Plänkler
aüf der einen Flanke dic Position dcs Fcindes
unterfuchkn und wären dabei fast von unscrm Ar-
ineccorps abgeschnitten worden. Doch ltcf es noch
gut ab. BiS auf dcn Tod crschöpft erreichtcn wir
unsern altcn Standpunkt auf einer Anhöhe, rechts
durch cincn Busch gcdcckt, auf der linkcn Seite
durch eincn Hügel, auf welchem die andern Regi-
mentkr unsercr Division lagcrtcn. Wir lagen 8a
untcr der sengenden Sonnenhitze bis 4 Uhr Abends.
Plötzlich crzitterte die Luft von cinem fürchtcrlichen
Muskctenseuer. Stonewall Jackson (feitdem ge-
storben) hatte uns von dcr schwächsteii Seite an- ,
gegriffen und war schon durchgcbrochen. Jn dicht >
gcschloffenen Colonnen kamen siehcran, eine schwarze !
Fahnc als Symbol deS Todes vorantragcnd. Kaum ^
hatten wir uns aus dem nächsten Hügel gesammelt, >

! so pfiffen uns schon die Kugcln um die Ohrcn.

> Auf Lommando lcgten «ir unS auf den Bauch
und entledigten uns unserer Tornister. Als wir
uns crhobcn, um zu feuern, sahen wir schon Alles
in wilder Flucht und den Feind uns ungchindcrt
anf den Lcib rücken. Wir gaben ihm mchrere rasch
hintereinander folgende Salven; doch da Alles floh,
sah man auch unter uns schon die dicht geschloffene
Form sich lichten und auflöscn. Aber Hcckcr woüte
nicht weichen. Nochmals, alS dic Colonne flch auf-
zulöscn begann, commandirte cr: „Fällts Bäyon-
nct!" und mtt gefälltem Bayonnet wollten sich
einigc der Unmaffe entgegcnstürzen, wahrend sich
die andern schon zurückzogen. Mit dcr Fahne in
der Hanb stürzte in diesem Augcnblick Hccker, von
eincr Kugel inS Bein gctroffen, vom Pferde. Jktzt
war's vorbei mit dcm Stehcn. AllcS stoh, was
sttehen konnte, rechts und ltnks sielcn die llnseren
sterbcnd und vcrwundct zu Bode». Die Kugcln,
Kartätschen und Bomben rcgneten förmlich, — wo
dachtc da Etner daran, daß er dieser Schlächterci
entrinnen könnte? Es dauerte 2—3 Tage, ehe fich
vicle der Verlorenen wicder bet ihren Regimentern
kinfanden, Als sich unsere Compagnie wieder zu-

sammenfand, war dieselbe noch 22 Mann stark.
tlnser Capitän Grünhut von Chicagv hat fich sehr
tapser benommen: er war einer der Letzten, der
sich mit der Fahnc in der Hand vom Schlachtfeld
zurückzog. (Der Kamps daucrtc dann noch 3 Tage
fort, biS dte Ordre zum Rückzug kam.)

JLHrlich die Kleinigkeit von einer balbcn Million
zum Verzehreu zu haben und daber Engländcr sein,
das heißt in vtelen Fällen nichts weiter, als der
Langenwctle zum Opfcr fallcn und durch dre Lange-
weilc zum lächerlichen Soiiderlinge werden. Ein

solcher ist Lord B_ Er Sähnt vom frühen

Morgcn bis zum späten Abend. Alle Vergnügungcn
und Genüffe von Paris vermögen den abgestumpf-
ten Britten nicht zu zcrstrcuen. Nur cinS vermag
Seiner Lordschaft noch Spaß zu machen, es ist dte
Marotte, Damen der höheren Stände öffentlich sein
mit Banknotcn gcfülltes Portefeuille anzubieten.
Wenn er dies einmal gethan, ist er im Stande,
clne Stunde lang zu lachcn. EineS TageS stand
Mylord an dcr Ecke einer von der Pariser Aristo-
kratie vtelbesuchten Kirchc, wohin socbcn eine Schaar
eleganter Damcn wallfahrtete. Sedt Blick »urde
 
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