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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0157

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Dienstag» 17 Zebruar

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;eile werden mit 3 kr. berechnec.

1863.

* Politische Umschau.

Einer Correspondenz der „Sübd. Ztg." zu-
folge will man hier den Prinzen Karl zum
Regenlen oder Stellverlreter bes Königs ma-
chen. Der „Heff. Lanbeszeitung" wird vou
Berlin geschrieben: „Aus den König ist keine
Hoffnung mehr zu seyen. Seit seinem Schrei-
ben an bas Abgeordnetenhaus kann er nicht
mehr zurück und wird sich baher vorwärts
nach rechtö drängen laffen müffen. Er wird
voüständig reaclionär werden. Aus sicherer
Ouelle verlaulet, daß der König dem Prinzen
Karl,' der ihn scil der Krönuagszeit beherrscht,
sein Ehrenwort gegcbcn habe, von der Reor-
ganisalion bes Heeres uicht abstehen zu wollen.
Prinz Karl ist ber enragirteste Absolut unler
aüen Prinzen. Er wirv natürlich auch jeht
Alles auswenben, den König zur Jnlerventiou
in Polen zu bewegen.«

Zm Unlerhaus brachte Adderlep einc Bill
zum Schup gegen Garrolteure an; die Prü-
gelstrafe soll gegen dieselben in Kraft trelen.

Die Beiträge für Gründung eincr »kalho-
lischen" Universitäl belaufcu sich bis setzt aus
19,958 Thlr. 27 Sgr. 10 Pf., wovon aber
nicht mehr als 1700 Thlr. baar eingegangen
sind.

Von einer eventucllen Cooperalion preußi-
scher und russischer Truppen zur Unterdrückung
despoln. Aussianbes soll in der zum Abschluß ge-
kommenen Convention keine Ncbe sein. Die
geschloffene Uebereinkunft regell, wie es heißl,
lebiglich bie gleichmäßige Behandlung dcr bei-
derseiligen Ueberläufer uud etwa austretenden
Truppenlheile, sowie den Greazschiitz, und soll
in letztcrer Hinsicht festgestellt worden sein,
daß bei Einbrüchen von Zriedenssiörern aus
dem Gebiet der einen Macht in baS ber an-
deren die Truppen des Staals, beffen Grenzen
dadurch verletzt worben sind, bas Recht er-
halten, die Uebellhäter eine bestimmle Strecke
weit im Gebiet des andern Staates zu ver-
folgen.

Die Nachrichten aus Meriko lautcn für die
französtsche Erpedition nicht besonders günstig;
wiederholi werben Verstärkungen verlangt, und
„Confiiiutioniiel" venröstet seine Leser wegen
Nachrichlen von der Besitznahmc von Puedla
auf deu April. Es machl einen widerwärtigen
Eindruck, sagt die N. gr. Ztg., bie Ankünvi-
gung menschlicher Hekalomben hinler ber Be-
schreibung von Bällen zu finben, in welchen
die Damen als Veilchen und Schnecglöck-
chen erscheinen. Diescr Tanz auf Leichen-
feldern, biese Erceffe beö Uebermuths, währenb

die Lruppe» den Fiebern und dic Arbeiter dem
Hungertod erliegen, zeigt die enlsetzliche De-
moralisation, welche der BonapartismuS und
seine aufgeschoffene Aristokratic übcr das un-
glückliche und verblenbete Frankreich gebracht.
Wie, wenn eS sich cinst die Angen reibt und
sieht, was man mit ihm getrieben hat? Was
wird dann kommen? Wäre ein SchreckenSzu-
stand, in stärkerer Potenz, dann etwas Uner-
warteteS?

Deutschland

Karlsruhe» 14. Februar. 71. öffentliche
Sitzung der II. Kammer. Präsident Hilde«
branbt. Am Regierungstische: Staatsminister
Dr. Stabel unb die Staatsrälhe Dr. Lamey
unb Dr. Vogelmann. Der Präfident gibt
der Kammer Kenntniß, daß die anläßlich der
Vermählung des Prinzen Wilhelm bestimmte
BeglückwünschungSbeputation von JI. KK.
HH. dem Großherzog, der Großherzogin und
der Großherzogin-Mutter empfangen worde»
seien und Höchsidieselben bie Glückwünsche des
HauseS freudig entgcgengenommen haben. S.
G. H. der Prinz Wilhelm habe den Glück-
wunsch der Kammer in einem Telegramme
sofvrt crwiedert und zwar etwa in folgenben
Worten: „Zch danke tief bewcgt sür Jhre
Wünsche und bitle Gott nm seinen Segen für
das theure Vaterland. Prinz Wilhelm von
Baben." Das Präsibium becidigie hierauf
die neueingetretenen Abgeordneten Dr. Herlh
und Hofgerichlsrath Mepr und zeigt der Kam-
mer au, daß die Pet.-Commis. an Steüe des
auSgetretenen Abg. Mäps den Abg. Kusel
zum Borstande erwählt hat, daß in die Com-
miffion bezüglich der Abänverung dcs Feuer-
versicherungsgesetzes die Abgg. Fingado und
Seitz, in jene über den Hanbelsvertrag der
Abg. KusO und in die Bubgetcommiffion die
Abgg. Hoffmeister unb Moll gewählt worden
seicn. Die Abthcilungen haben foigcnde neue
Comuiissionen gebilvet, für das Verwaltungs-
gcsetz: Allmang, Fingavo, Spohn, Seitz und
Arlaria, für die Anwaltsordnung: Friderich,
Muth, Prestinari, Schwarzmann und Achen-
bach, für die Civil- und Strafprozeßordnung:
Wahrer, Haager, v. Stockhorn, Walli und
Achenbach. Der Abg. Häufser widmet dem
früheren, nunmehr verstorbenen Abg. Franz
Buhl einen ehrcuden Nachruf. Staatsrath
Dr. Vvgelmann legt einen Gesetzesentwurf
vor, wornach einige Befreiungen vou Liegcn-
schaftsaccis gewährt und ber §. 92 der Accis«
oronung abgeänbert werden sollen. Staats-

minister Dr. Stabel legt vor: eincn Ge-
setzesentwurf, wornach für die Einführung der
neuen Gerichts - Verfaffung ein Credit von
92,850 fl. gefordcrt wird. Daran knüpft der
Minister eine längcre Darlegung über die
Motive der großh. Regiermig bei Feststellung
der KreiSgcrichte. Hierauf meldeten sich meh-
rere Redner; die Kammer beschließt aber auf
Antrag .des Präfldiums, den Vortrag des Mi-
nisters der Budgetcommiffion zum Berichtc zu
überweisen und in nächster Woche diescn zu
berathen. Auf Antrag Kirsner's werden die
Commiffionen über Verwaltungsorganisation
und Prozeßordnungen um je 6 Mitglicber vcr-
mchrt. Es wurden gewählk in die Commis-
sion bezüglich der Civil- und Strafprozeßord-
nung: Mepr (53), Schwarzmann (5l), Pre-
stinari (50), Kusel (49), Hägelin (48) und
Wundt (42Stimmen); in jenc zur Berathung
der Verwaltungs-Organisativn: Kirsner (51),
Fröhlich (44), Krausmann (43), Eckhard
(40), Häuffer (29), und Paravicini (29
Stimmen); in die Budgetcommiffion wcrden
weiter gewählt: Seitz (34) und Dehaan (24
Stimmen) und» in bie Commiffion für die
Motion des Abg. Lamep v. Pf. auf Abände-
rung des 8. 37 der Verfaffung: Pagenstecher
(24 Stimmen).

Staatsrath Lamcp legt einen Gesetzent-
wurf vor, die Erhebung der Gemeinde Hohen-
wettersbach zu einer selbfiständigen Gemeinde
betreffenb.

Hierauf ergreift der Abg. Häusser das
Wort: Nur wenige Tagc werde die Kammer
noch zusammen sein, und dann auf längere
Zeit sich wieber trennen, sonst würde er sich
nicht enthalten haben, den Anstoß zu gcben
zur Besprechung der deutschen Frage. Wenn
es auch nicht am Platze, jede breniiknde poli-
tische Frage vor das Forum der Kammer zu
zichen, so hat sie doch das Recht und die
Pflicht, sich um solche Fragen zu bekümmern,
die uns selbst nahe bcrühren. Ünd eine solche
Frage liegt gegenwärtig vor: der constitutio«
nelle Conflict in Preußen. Wo 18 Millionen
Deutsche in cinem derartigcn Consiict fich be-
finden, bedarf es nicht erst dcs Beweises, daß
bie Sache un's ebenfalls angeht; wir wollcn
uns kein Richtcramt darüber anmaßcn, aber
zu dem Ausspruch stnd wir berechtigt: die
Fortdauer dieses Consiicts gefährdel die Sicher-
heit Deutschlands, ste gefährdet die Freiheit
mehr noch als sie die Monarchie gesährdet,
sie schiebt die freiheitliche Entwicklung Deutsch-
lands auf lange Zeit hinaus, ste schneibel tief
ein in das Wesen des ConstitutionalismuS,

x x Fastnacht und Faftnachtsspiele.

Der Tag vor dem Aschcrmittwoch, mit deffen
Endc Nachts zwöls Uhr dic vierzigtägige Fastenzeit
deginnt, heißt Fastnacht, im südwesttichen Deutsch-
land auch Faschiug genannt. Mit ihm schließen
sich die Lustbarkcitcn, wclche schon mchrere Lagc,
in manchen Gcgcndcn schon mchrere Wochcn vor-
her unter vcm Namcn Carnevai ihrcn Anfang
gcnommcn. Carncval aber ist lateinisch und heißt
wörtlich übersctzl: Fleisch lebe wohl l (oaro vsto).
Ein rechtcr Purist und Kanatikcr dcr deutschcn Rein-
sprache könnte, dürste odcr müßte dcmnach Larne-
valsbaü, hjx sthen Laute der Heimath vertirt,
übersetzen: „Fteischgenußabschicdstanz!" Lebc also
woht theures Ochsenfleisch, nun kommen mlt dem
Faftcn die Stvckfischc !

Die Belustigungen, welche noch heut zu Tagc
stattfindcn, haben eigcntlich cinen heidnische» llr-
sprung und in der weltberühmten und weltgeschicht-
tichen Stadt an dcr Tiber wird ihr Urbild zu su-
chcn und zu finden scin. DaS an Tempeln, Göt-
terbildern und „»ogelflugkundigen Götzendienern

und Baalspsaffcn" überaus rcichc rcpublikanischc
Rom fcicrtc am 15. Febr. seine Luperealicn, die
sür die Lommunistcn der Vorzeit eine wahre Wal-
purgiSnacht gcwesen zu fein scheinen. Daß bcidie-
sem antiken FreihcitS- und Vcrbrüderungsfestc jeder
Ünterschied dcr Stände verschwinden mußtc, «ar
schön und lvbcnswerth, daß aber dabei öfters arge
anstößige, das sittlichc Gesühl beleidigende Erceffe
vorkamcn, war nicht zu lobcn. Dic Orgien und
Ausschweifungen artctcn manchmal in solche Zü-
gellosigkeit aus, daß dic ernstlich besorgten ehrsa-
mcn Rathsvätcr mit einem zcitgemäßen sulminan-
ten SecrcruSeonsult die frech gewordcncAugcndin
dic Schrankcn dcr Schicklichkcit zurückweiscn mußtcn.

Nach dcn Lupcrcalien tam das Fest der Götter-
mutter Chbele mit Spiclen auf dcm Theatcr und
im LircuS, mit Festaufzügen und Maskeraden oder
Vermummungcn. Aus dcn dramatischcn Stücke»
dcs Aristophanes PlautuS crfieht man, daß dcn
Alten, die das Leben von seincr heitcrn Seite nah-
mcn, MaSken und MaSkenzkge bekannt waren.
Auf das Lybclefest folgten die Frühlingssaturna-
lien mit Gastmälern und mimischen Tänzen zu
Ehren deS Saturnus und der Flora. ^

Diese Feste, die mit großcr Ausgclaffcnheit gc-
feicrt wurden, fand die Kirche »or und weil stc
tief im Volksleben gewurzelt «aren, konnte sie die-
selben nicht beseitigen oder aufheben. DicS wollte
die Kirche auch nicht, eingedenk der Wortc dcr
Schrift: „Alles hat seine Zeit, Weinen und La-
chen, Trauern und Tanzen." Deshalb suchtc fie
nur was mit dcm Geiste des Lhristcnthums und
dcn edlern Gefühlen unvereinbar ist, »o» diese»
Lustbarkeiten zu entfernen, gestattetc übrigenS gcrne
jcde unschuldige Freude und Erhcitrrung. Daher
zeigt sich auch jetzt noch die Thcilnahme der vcr-
schicdcnen Stände an der allgemeincn Fröhlichkeit
und Faschingslust, die unö komischc Stücke auf
dem Theater, MaSkcnbällc, groteske Aufzüge, Gast-
mäler und lustige Schwänke jcder Art bringt, «o-
bei dem Humor und der Satyre ein ziemlich weiter
Spiel-aum gcstattct ist. Die Fastnacht ist somit
dic privilegirte Zeit dcS MuthwillcnS, dem keine
andern Grenzen als die des gcwöhnlichen Anstan-
beS gesetzt sind. Rcnnt man ja dcshalb auch jede
lustige Poffe einen Fastnachtsstrcich.

Rom, Venedig und Cöln haben sich von jeher
durch ihren Larneval ausgezeichnet. Der römischr
 
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