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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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Utidtllmgrr Itilimg.

N^; 12.


Donnerstag, IS Januar


18«3.

Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Zanuar 1863 begonnene 1. Quartal
werden fottwährend angenommen.

Die Expedition

* Politische Umschau.

Am 3. Ian. feierte ver Präfideiit des preu-
ßischen Abgeordnetenhauses, Grabow, sein
25jährigcs Ämtssubiläum als Oberbürgermei-
ster von Prenzlau; die Stadk ehrle ihn durch
ei'ne Gehaltserhöhuug von 400 Thlrn. und
seine Freunde wivmeten ihm einen silbernen
Pokal.

Die „Köln. Ztg." und andere Blätter schrei-
ben, daß die versöhnlichen Aufträge, die Gras
Thiin seitenS des Wiener Cabinets hier über-
bracht habe, in entgegenkommendem Sinne
aufgenommen seien, und daß überhaupt die
preußischc Regierung kein aggreffives Vor-
gehen gegen Oesterreich beabsichtigt habe. Viel-
mehr sei ihre Haltung nur einc defensive,
durch das Verhalten anderer deutscher Cabinele
gegen Preußen bedingt gewesen. Sobald lctz-
teres eingcsteüt, vvr Allcm das Delegirtcn-
Project am Bundestage aufgegeben sein werde,
würden die obschwcdenden Differenzen einem
bcsriedigenden Einvernehmen Platz machcn.

Das „Lauenburger Kreisblatt" Nr. 1 ent-
hält nachstehende Bekannlmachung: „Da im
diesseitigen Bataillonsbczick die demokratischeil
Sammlungen für den sogenannten National-
fondS vcrsucht werden, sieht sich das Bataiüon
veranlaßt, alle Wehrmänner und zur Dispo-
fition der Truppen cntlaffenen Ncserven vor
jeder Betheiligung daran ernstlich zu verwar-
nen, da diese Sammlungen nur als eine freche
Demonstration gegen die Maßnahmen der kö-
niglichen Regierung betrachtet werden können,
der sich Niemand vhne Verlctzilng des Seiner
Majestät dem Könige geschworenen Cides an-
schließen kann, und das Bataillon jeden Ueber-
treter dieseS Verbols zur Untersuchung und
Bestrafung in diesem Sinne heranziehen wird.
Stolp, 30. Dec. 1862. v. Oppen, Oberst-
Lieutenanl zur Disp. und stellvertretcnder
Bataillons-Commandeur."

Hcrr Gras v. WartenSleben zu Carow hat
einigen seiner bisher von ihm bcschäftigten
Hanvwerkern hierselbst zu Neujahr die Mit<
theilung gemacht, daß ferner nur solche von
ihm Besteüungen erhalten würden, welche dem
preußischen Volksvereine angehöre».

Das heutige „Dresdener Journal" veröf-

Der verhängnißbolle Wespenstich.

Vom Polizci-üirector Dr. Stieber.

(Fortsctzung.)

Zch «äre am licbstcn sofort an unscre Arbeit ge-
gangen. Aber mcin Lehrmeistcr entgcgncte mir:
„Zungcr Mann, merken Sic sich dic Rcgel, daß
man Lriminal-Polizei nur mit frischen geistigen
und körperlichen Kräftcn, durch «elche man dcr Auf-
regung, in der sich der Vcrbrecher zu befinden pstcgt,
mindcstens gewachsen ist, betrciben kann. Wir wür-
den in unsercm jctzigen Zustande in cinigcn Stun-
dcn schachmatt sein; aber «enn wir eine kurzc Zeit
geschlafen und dann ordentlich gefrühstückt habcn,
dann werdcn wir im Stande sein, 24 Stunden und
noch länger ununterbrochen zu arbeiten. Lcgenwir
uns also ruhig auf das Ohr, zumal für den Augcn-
blick »trgends eine frische Spur zu verfolgcn ist und
rekognoScircn wir in aller Ruhe das Terrain, auf
wclchem wir uns befinden."

Nur ungern folgte tch dteser Auffordcrung und
ließ mjr von der Familie des TrauerhauscS, welchc
ebensv wie ich mürrtsch darüber «ar, daß «ir un-

fentlicht einen Ml'nisterial-Erlaß, durch wcl-
chen bas Verbot der „Berliner Volkszeitung"
für das Königreich Sachsen aufgehoben wird.

Während wir in Südbeutschland sehr mil-
bes Wetter haben, schneit es im mittleren
Frankreich so stark und unaushörlich, daß die
Telegraphendrähte gebrochen sind und die Te-
legraphcllverbindung mil Straßburg und Pa-
ris aufgehört hat.

Wie „Europe" verstchert, spricht man in
Paris von einer Depesche Lord John Ruffells,
welche der Geschäftslräger Odo Ruffell dem
Papst vorgclesen, worin demselben Malta als
Residenz angeboten würde, bis die Verhält-
niffe Jtaliens sich geordnet HStten und seine
Rüekkehr uach Rom gestatteten. Dcr Papst
HSlte gcaniwortek, er werde sich aus eine po-
litische Discuffion mit dem englischen Mini-
ster nicht einlaffen, kenne aber die Jnteressen
der r'ömischen Kirche dvch genau genug, um
es als seine Pflicht zu haltcn, bei den Grä-
bern der Apostel die Entschlüffe der Vorsehung
abzuwarten.

Nach dem „Monitcur" lehnt der König
Dom Ferdinand ungeachtet des Brieses des
KönigS der Belgier die ihm angebotene grie-
chische Throncandidatur ab.

Die Thronrede, soweit sie durch ben Tele-
graphen bekannt geworben, zeigk cine schwüle
Temperatur in den höheren Regionen; daS ist
die stolze, zuverstchtliche Sprache nicht mehr
wie in früheren Tagen: der Kaiser sucht sich
zu entschuldigen. Er zählt die vielen Fragen
auf, in welche er hineingepfuscht, ohne eine
einzige gelöst zu haben. Dem gezwungensn
Stillstand der Arbcit weiß er auch nichl an-
ders alS durch Unterstützuug auf Staatskosten
zu begegnen, und alle gvlbiieii Versprechungen,
die er bei seiuer Kaiserwahi den Arbeitern ge-
macht, sind in Nichts zerronnen. Der Schluß
der Redc klingt wie ein Testament: fast scheint
es, als hiclte der Kaiser bie nächsten siebe»
Jahre der Dauer des neu zu erwählenden ge-
setzgebenden Körpers als entscheidend sür seine
Dpnastie; er will, daß Depulirte gewählt
werden möchten, welche vas gegenwärtige Re-
giment »hne Hintergekanken annehmen, unb
bie über ihr Partei - Jntereffe bic Stabilität
und die Größe des Valerlanbes steüen. Der
Kaiscr zwriselt mithin doch an der Aufrich-
tigkeil Derer, die uhm Treue gclobcn und vcr-
muthet Hintergedanken, und verlangt daß auf
Freiheit und persönliche Sicherheit des Ein-
zelnen auch fcrner verzichtet werbe, unb man
sich dafür durch Bulletinö aus Cochinchina u.
Meriko entschädigt hallc. Der Eiudruck, den

sere Thätlgkeit mit Schlafen bcginnen wollten, etnc
vortrcffliche Lagerstätte anweisen. Allerlct Träume
beunruhigten metne lebhaste Phantasie. Zm Fest-
zimmer der Familie hatte tch ein lebensgroßeS Por-
trät deS Vermißten gesehen, dersclbe erschien mir
tm Schlafc in allerlci Gestalten, bald schneeweiß,
bald mit Blut bedeckt, das Haupt unter setncm
Arme.

Die Sonne stand schon zicmlich hoch am Htm-
mel, als ein Frühstück im Garten deS Hauses in
einer bedeckten Zasminlaubr alle Bethciligten ver-
cinigtc. Außcr dem Criminal-Dtrector und mir
hattcn sich die Mitglieder der trauerndcn Familie,
der Bürgermcister und der Polizeidiener deS Orts,
mehrere Honoratioren, darunter auch der schon oben
crwähntc rothköpfigc RathSherr eingefunden. Dtc
ganze Scenc «ar um so traurigcr, als an dem
heutigen Tagc geradc dic Verlobung des Sohnes
vom Hausc mit cinem bildschönen Mädchen gcfet-
ert werden solltc, welche wir schon am Abcnde vor-
her gesehen hatten.

Der Fall wurde nun nach allen Richtungen genau
erörtcrt. Es war zunächst unzwetfelhast, daß der
Vermißte todt sein müßte. Für cine freiwillige

di'e Rede macht, ist keineswegs geeignet, das
Vertrauen in die Dauer des gegenwärtigea
Rcgi'mentS in Frankreich zu stärken; es er-
scheint vielmehr zicmlich abgenutzt und raih-
los; daS alte Blendwerk täuscht nicht mehr.

Deutschlan-

Karlsruhe, 13. Jan. Das Regbl. Nr. 3 enthält
dte Bekanntmachung des großh. Ministertums deS Aeußern,
den Abschluß etner Ueberetnkunft mit der Schweiz wegen
der Einrtchtung deS ZollabferttgungsdtensteS auf der großh.
Etsenbahn, sowett solche daS Gebtet deS KantovS Schaff-
hausen durchläuft, betreffend.

Karlsruhe» 11. Jan. Die Karlsruher
Zeitung enthäll ei'nett Artikel über die Dele>
girtenversammlung, der nicht versehlea
wird, Aussehen zu erregen. Sie geht davon
aus, daß eine Delegirkenversammlung zu le-
diglich gesetzgeberischcn Zwecken bedculungslos
sei, glaubt aber, daß im gegenwärtigen Augen-
blick cin blvß kriiischeS Verhalten zu vem
Projekte unstatthaft wäre. Dieß wegcn der
preußischen Drohung deS Austritts auS dem
Bunde, „deren Ausführung aber sclbst dann nicht
gerechtfertigt wäre, wenn bie Majorität mit
ganz offenbarer Verletzung des Bundesrechts
eine Delegirtenversammlung berufen und mit
ihr Bunbesdeschlüffc über gemeinsame beutsche
Gesetze faffcn wolltc." „Wie im Ansang deS
Jahrhunderts die rettungslose Versunkenheit
des Reichs keine Entschulbigung war für ben
Abfall vvn der nationalen Sache, schwer und
hart gebüßt von allen Theilen: so können wir
heute selbst in der unzweifelhafttsten RechtS-
verletzung bes Eincn nicht einen Rechtserti-
gungsgrund für den Anbcrn finben, das, wenn
auch noch so ungenügende Banb zu zerreißen,
welcheö alle Glieder unseres Vvlkes zusam»
mcnhält. Za, weit über das preußische Vo-
tum hinausgehenb, glauben wir, daß sclbst
Derjenige, welcher bie Rechtsbeständigkeit des
restaurirtcn Bundestags läugnet, unb nur als
Lhatsache ihn anerkennt, wenigstens diese
Thatsache, als letzten Znsammenhalt unsereS
Volkes, heilig haltcn muß, wie eiu höchstes
Rccht." Es srage sich, ob eö kein Mitiel gebe,
der gesahrdrohenben Katastrophe vorzubeugen?
Dasselbe sei darin zu finben, daß man, s»
lange bie Vertreter einer durchgreifenben Re-
form im nativnalen Sinn nicht i» ber Lage
seicn, für ihre Forderung zu handeln, wenig-
stens die Gegenpartei an ihren Versuchcn, bie
alte Bunbessaffung zu verbeffern, nicht rein
negativ verhiiibere, Jedvch untcr einer Be»
dingung: daß, wenn sie die Bunbesvcrsaffung
durch den Bundcstag aus der bestkhkliben

Entscrnung auf so langeZeit, ohne allen Abschicd,
lag nicht dcr geringste Grund vor. Ebcn so war
nicht an eincn Selbsimord zu dcnken. Der Mann
hattc in dcn glücklichstcn Familienvcrhältiiiffen gc-
lcbt und war mit GlückSgütern gesegnet. Es warcn
nur zwei Annahmen möglich, entwedcr war an thm
etn Vcrbrechen vcrübt, odcr er «ar »erunglückt.

(Fortsctzung folgt.)

Bcethovcn's heroische Symphonie,

welchc künftlgen Donncrsiag im 3. Abonnements-
Concert hicr zur Ausführung gelangt, «ird von ^
Rtcharb Wagner mit folgenben Wortcn geschil-
dert. (Wagner nimmt das Wort „heroisch" im
weitestcn Sinne und erklärt, daß unter „Held" der.
ganze volle Mensch zu verstehen sei):

„Den künstlerischcn Jnhalt des Werks füllcn alle
die mannigfaltigcn, machtig sich durchdringendcn
Empfindungcn cincr starken, vollkommcnen Zndi-
vrbualität an, der nichts McnschlicheS frcmd tst,
sondcrn die allrs wahrhast Mcnschliche tn sich ent-
hält und ln der Weifc äußert, daß fie nach der auf-
richtigsien Kundaebung aller edlen Letbcnschaften,
zu cinem, die gefühlvollste Wcichheit mit derener«
gifchsten Kraft vcrmählenden Abschluffe ihrcr Na-
tur gelangt. Der Fortschritt zu diescm Abschluß
ist dte heroische Richtung tn diesem Kunstwerke. Der
 
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