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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0261

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Utidtlbergtr Ititung.

LDx. Srscheint, MontagS auSgenommen, taglich.

UW^s . Kreis vierreljährlrch kr.

Frettag, 2« März


18«3.

* Politische Umscha«.

Die gortschrittSparlei in Württemberg will
den 28. Marz, den Tag, an welchem 1849
pie deutsche Reichsverfaffung verkündigl wurde,
als polttischen Feiertag begehen.

Hr. ».' Bismarck hat aus Halle eine Dank-
avreffe erhallen, in welcher er u. A. ,,der
Blücher deS größern Besreiungskampfes" gc-
nanni wird.

Die „N. Fr. Ztg." bringt nachstehende be-
zeichnende Corresponvenz:Aus Südbapern,
vom 15. März. „Neden bem Thema „Wa-
rum Kammerauflösnng?" wird auch in zahl-
reichen Kreisen uoch von jenen 500,00V Fr.
gesprochen, welche von Paris nach Berlin
propter Handelsvertrag gewandert sein jollcn.
Naipdeui sogar die vorsichtige „Baper. Ztg."
in München (wir wiffen aicht, ob wir sie
vieriels-, halb« oder ganz-oificieü tituliren
müffeio dteses Gerüchr erwühnt hat, ist na-
türlich diese Sache noch lebhaster zuw Ge-
sprache geworden. Man will da oder dort
sogar das BankhauS in Paris wiffen, welcheS
bas Geld aus den Tuilerien empsangcn habe,
man will daS Bankhaus auch kennen, das
dieses Ehrcngeschenk vvn Franksurt a., M.
nach Berlin dksörbert, wie man nakürlich auch
die Persönlichkeit i» Berltn wiffen will, wel-
cher das Berliner Bankhauö jeuen Belrag
zu überanlworien hatte. Die Bestimmlheil
aber, mir welcher bas Gerücht sich im Publi-
kum sestzusetzen scheint, ersordert, daß nun ein-
mal i» biejer Sache alsdald volle Klarung
ersolgl; es scheinr uns dies um so nothwen-
biger, alS in ber allernächsten Zeit die Gener
ralzvUconferenz in Munchen zusammentritl u.
eö wohl sür die Prcffe nachgerade tLhreujache
geworden ist, nun mtk aller iLntschiebeiihcit zu
verlangen, baß eine bestimmic Erklürung von
ver eiiien oder ehrlichcr Wiberrus vvn der au-
deren Seite ersolge.

Herr Havin stelll heute an der Spitze des
„Siecle" in einem zur Betheiligung an den
biesjahrigen Deputirtenwahlen ciniadenden Ar-
likel die Forberung aus, welche an einen Can-
didaten der demvkratischen Partei zu richien
sinb. Zn Bezug aus bic inneren Zustande
müffen diese Candibaten sich auöjprechen sür
Wahljreiheir, Abschaffung der ossiciellen Can-
dibalnreii,HPreß>reiheit, Versammluugs- unb
Vereinsrecht, ernstliche Garantien für bie in-
bividuelle Freiheit, Reform der Unlersuchungs-
hast unb des Gcsangnißweskne, Abschaffung
zum Mißbrauch verleitenver Zinmuniraten ber
öffeiitlrchen Beamlen bei Gksetzeöüberschret-

tungen. Zn Bezng auf äußere Politik ver-
langt Hr. Havin, daß der Candidat gegen den
Fortbestand der wcltlichen Herrschaft dcs Pap-
stes uud sür die Wiederherstellung PolenS sein
soü! Schließlich ermahnt er alle Parteien und
Zndivibuen der Demokratie zu einträchtigcm
Handeln. „Helfen wir uns, so wirb daö aü-
gemeine Stimmrecht uns helsen!"

Za Livorno hat sich eine Commiffion ge-
bildet, uw Beiträge zur Untersiützung ber ver-
wundeten Polea und der Opfer des gegen-
wärtigen Krieges entgegen zn uehmen.

Viceaduural Bonnard hat, wic es heißt, an
den Kaiser Napoleon gcschrieben, die Gestal-
tung der Dinge in Cochinchina verlange die
nochmalige Absendung von 6000 Mann Ver-
stärkung.

Deutschland

Karlsruhe, 17. März. DaS heute erschieuene Regbl.
Nr. 12 enthält (außer Personalaachrtchten):

I. Verfügungen und Bekanntmachungen der Mintsterten.

1) Bekanntmachungen deS großh. MtatsteriumS deS Znnern.
a) Dle Ausstellung von Schuldverschretbungen auf deu
Znhaber durch die Actteugesellschaft für mechanische Hanf-
sptnneret ünd Weberct tn Emmendtngen betreffend. b)Dte
medictnische Vorprüfung tm Frühjahr d. Z. betr. Darnach
wtrd tm Frühjahr d. Z. sowohl etne medtctntsche Vorprü-
sung, als auch etne medtcintsche Hauptprüsung stattfinden.
Dtejentgen, welche an der etnen oder der andern Thetl
nehmen wollen, haben fich längstenS bts 2V. März d. Z.
bet großh. SanttätScommtssion vorschrtstSgemäß zu melden.

2) Belanntmachung des großh. FtnanzmtntstertumS. Die
StaatSprüfung der Berg- und Hüttencandtdaten betreffend.
Darnach wird etne den 13. Aprtl d. Z. beginnende StaatS-
prüfung angeordnet.

ll. Dteusterledtgung. Der SteuenevtfionSdtenst zu
Fretburg.

III. Todesfälle. Gestorben find: Am 9. Decbr. v. Z.
der pensionirte Oberrechnungsrath Stevert tn KarlSruhe.
Am 8. Zan. d. Z. der pensiontrte Oberforstrath Zäger-
schmidt tn KarlSruhe. Am 3V. Zan. d. Z. der mtt Ab-
senzbewiüigung tn Fretburg domtctltrende kathol. Pfarrer
Mar Krieg tn Göggtngen. Am 1. Febr. d. Z. der großh.
OberhofgerichtSrath ür. Zentner tn Mannhetm. Am 19.
Febr. d. Z. der erzbtschöfl. Decan und Pfarrer Zoh..Bapt.
Btnz zu RothenfelS.

— Bon der Bergstratze» 24. Februar.
(Vcrspätkt.) Die neueste Nr. des südd. ev.
pr. Wochcnblatts macht das neue Vorwort
dcr Hcngstenberg'schkn Evang. Kirchknzeltung
zum Gegenstande ihrer Betrachtung. Dicses
Vorwort ist seit dem Bestehcn der Zeitung
immcr eine intereffante theologischc Crschei-
nung gewesen, welcher man mit gespannter
Erwartung entgegcn sah; denn es wurdc da»
rin jedesmal so ein Stück von Weltgericht
übcr die Ungläubigen ausgeführt. Dieses neueste
Vorwort soll nun frcilich, wie das Wochen-
blall bemerkt, daS Merkmal an sich tragen,
daß Hengstcnberg alr und kindisch gewprben

sei; doch hat er auch diescS Mal wiedcr sein
Steckenpferd, die babischen kirchlichen Zustände,
geritten und dabei besonders den zwei badcn-
ser Reformatoren Dr. Rothe und Dr. Schenkel
seine zartc Ausmerksamkeit gewidmet, na-
meutlich dcs Letzteren Entwurf eines neuen
Bekenntniffes, worin er ben Beweis sindet,
daß „der Fürst dieser Welt (Hr. Dr. Schenkel
wird für dic Jdentisicirung sciner Person mit
dem Teufel gewiß dankbar sein) jetzt »icht
blos bröckeln will an dem Felsen der Kirche,
sondcrn diesen sogar in bie Luft sprengen."
— Doch der eigentliche Grund, warum wir
auf dieseS Hengstenberg'sche Vorwort hier zu
sprechen kommen, ist seinc Anspielung auf
kirchliche Ereigniffe in der Stadt Weinheim.
Die Queüe nämlich, woraus Herr Hengsten-
berg seine Notizen über die badischen Zustände
schöpste, ist das „Heffische Kirchcnblatt", in
welchem ein Bruder, der von bem Besuch
eineö badischen Psarrers zurückkehrte, die La-
mentatiünen desselben sowie-die Gräuel bcrich-
tet, die er bei dem Freunde an der Bergstraßc
gcsehen. Nun werven bic längst bekannten
Weiuheimer Vorgänge, natürlich im Lichte ber
Hengstenberg'schen osmsrs obsour», ausge-
führt: daß cin Gemeinde-Ausschuß (der hier
mit dcm Porzellan-Ausschuß zusauiinengestellt
wird) gewählt worden, „deffen Glicder zum
Theit seit 20 Jahren nicht in der Kirche ge-
wcseu seien", was sich auf die einfache That-
sache reducirt, daß Eines der gewähltcn Aus-
schußmitglieber die üirche deS muckerischen
Pfarrers, dcr ihn überdies persönlich beleidigt
hatte, nicht wehr besuchte. „Sojort wurben
daiin von dem neuen Collegium die Evangclien
und Epistellesuiig am Altare abgeschafft", das
heißt, der Kirchcngemeinderath unb Kirchen-
gemeinde-AuSschuß haben nach bem Wunsch
und Auftrag der Gemeinde die Abschaffung
der von dem Pfarrer gegen den Willen der
Gemeinde ociropirten kalholisircnden Altarli-
turgie und die Wiedereinführung der zu Recht
bestehenden einfachen Gotteöbienstordnung be-
antragt, was auch durch eincn Beschluß der
obersten Kirchenbehörbc zum Voüzug kam.
Endlich wurbe der von dem Pfarrer eben so
willkürlich eingeführte Gebrauch, den Braut-
paaren cine Bibel zu verabreichen, auS dem
Grunde wieder aufgchvben, weil durch diesen
Ausgabeposten, der in keiner aaderen Kirchen-
gemeinbcrechnung des Landes vorkomml, ver
Almvsenfond ungebührlich belastet wurde, ohne
daß ein guter Zweck baburch wirklich erreichk
worden wäre. Denn durch aufgenöthigte Ge-
schenke von Bibeln schafst man keine Bibel-

Doetur Pitschner's Besteignng des Mont Blane.

(Sortsetzuug.)

Um 6 Uhr Morgcns erreichtcn fic cndlich dcn
gefürchteten Eorridor, «in 13,500 Fuß hych g«le-
geneS Schneethat zwischcn der Aigullle de Saussurc,
ben Rochcrs rougcs und dem Gletscherdom des
Mont Blanc. Die Gesahren dieses Thales beziehen
fich nicht auf dic drohenoen Lawinen der nmgeben-
den Berge, sondern fie betreffen dcn pathologischen
Zustand deS menschlichc» Organismus, der nach Um-
ständen jedeS weitere Vordringkn ganz unmöglich
macht. Vor hcm Eiulritt in dtcseS Thal wurden
die Waudcrer durch die in ciner Höhc von 13,400
Fuß ganz fremdartige Erschernung eineS lcbendi-
gen Wesens übcrrascht. Jn 20 Schritt Entfernung
schloß fich der Gesellschaft etnc Rabenkrähe an, die
aber nach etnigen Minutcn über dcn Gletscher hin
fortflog.

Zm Corrtdor herrschte fast vollkommene Wind-
stillc, der Thermometer zeigte um b ühr MorgcnS
— 8" Eeisius. Kaum waren fie sünf Minuten in

diesem Thal vorgeschrittcn, als fich bei Allen ein
tiefeS, unterdrücktes Gähnen und etne sehr inten-
five Schlassucht etnstellte, die bct dem Dr. Pitschner
de» höchstcn Grad erretchte. Das Athmen wurdc
ihm schr schwer, es entstand ctn Flimmern vor den
Augcn, Ohrensausen, Kopfschmerzen und Ekel. Ob-
gleich Balmal nicht erlauden wolltc, daß -r fich auf
den Schnec hinlegte, fo biieb jhm doch nichtS An-
dercS Ldrig, denn er sank zusammen. Zhn ergriff
ein lcthargischer, von großen Beklcmmungen be-
gleitetcr Schlaf, den Baimal für sehr gcfährlich
htelt, so daß man ihn ununtcrbrochen rüttelte und
schütteltc. 15 Minuten brachte er in diesem Zu-
ftande zu. Währcnd deS SchlaseS «ar ein starker
Schwciß auf Stirn und Geficht ausgebrvchen. Dann
befrcite er dcn bcdecktcn Kopf und das »crhüllte
G-ficht, ricb Stirn, Schläse, die Ohrcngegend und
beinahe dcn ganzcn Kopf mit Firuschnce ein, nahm
ei» «enig Eis in den Mund und nach ungefähr
20 sehr bcschlrnnigten und tiefen Athemzügen fühlte
er fich «ie von Neucm geboren. Auch Etnreibun-
gen mit dcm wvhlriechendcn Wasser und ein Trunk
mousfirendcn Weincs lcisteten ihm gute Dicnste.
Run konnte er fich ausrccht erhalten und sogar 10

Schritte «eitcr gehen; aber bald begann der lethar-
gischc Zustand von Ncuem, dcr wieder durch die-
felben Mittcl geheilt wurde. 8 Mal wiedcrholte
sich dieser Prozeß, doch konnte er jedcsmal mehr
Schrttte machen, jcdoch niemals über 50 hrnauS.

Endlich traten fie um 7 Uhr 30 Minuten aus
diesem schrecklichcn Thale Hcraus. Die frischere Lust
des mäßigcn Nordost «ehte ihn belebcnd und kräf-
tigend an. Aber noch wartctc des halbcrschöpsten
WandererS daS lctzt« Hinderntß, chc er den Kuß
des geheiltgtcn DomeS crr-ich°» sollte. Es «ar
ctn 300 Fuß hohcr Riefenwall »on EiS, deffen
Ftrste unmittelbar an dcn Fuß deö GipfeldomeS
führt. Mit Aerten und Bcilcn wird nun von den
ermüdeten Führern mühsam eine Riesentreppc von
300 Stufen -usgeh-uen, das heißt kletne Löcher
von 3—4 Zoll Tiefe, so daß nur ungcfähr der dritte
Thetl des Kußes in thiren ruhcn kann.

Doctor Pitschner, dem das Erklimmen dtescS
RiesenwallS am »erbundenen Gletscherseile zu ge-
fährlich »orkam, ließ fich und einen Führer »on
dcmselben befrcicn, da eS ihm ficherer erschicn, wenn
nur beide daS Seil fret tn dcr Hand bchieltcn.
Alsdann ersolgte daL Aufklimmcn ruckweisc tn Ab-
 
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