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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0145

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37.


Freitag, 13. Zebruar


1863.

Auf die „Heidelberger
Zeüung" kann man stch
noch für die Monatc
Fedruar und März mit 36 Kreuzern abon-
ntren bei allen Postanstalten, de» Boten und
Trägern, so wie der Erpedition (Schiffgaffe
Nr. 4).

* Politische Umschau.

Nachdem der gothaische Speciaüandtag am
Schluffe eines langen Kampfes die Conces-
sionspflichtigkeit ber Preßgewerbe anerkannt
hat, steht regierungsseitig der Einführung der
Gewerbefreiheit nichts im Wege.

Die diesfährige General-Vcrsammlung des
Volkswirthjchaftlichen Vereins für Südwest-
Deutschlanv wird voraussichklich gegen Enbe
April in Ulm staitfinden.

Nach einer Mittheilung der „Volksz." hat
dic feudale Partei einen nenen Plan ersonnen,
den König irre zu leiten. Jm Frühjahrc soll
derselbe veranlaßt werden, das Lanv zu be-
reisen, um selbst zu sehen, wie ungeheuchelt
das Volk ihm huldsge.

Die Wiener „Preffe" meldet, daß der Kai-
scr die Veranstaltung einer Welt-Ausstcllung
in Wien für das Zahr 1865 angeorbnet hat.

Mehr als 300 liberale Geistliche aus der
Lombarbei haben bem Minister Pasolini eine
Verlrauensadreffe überschickt, worin fie dem-
selben für ben Schutz gegenüber der römischen
Dcmüthigungen danken.

Die französische Regierung soll svwohl in
Bcrlin als in Wien die Erwarkung haben
aussprechen lasscn, daß in ber pvlnischen Zn-
surrection keiner der Nachbarftaaten stch zu
ciner bewaffneten Jntervcnkion bestimmen las-
sen werve, so lange der Aufstand nicht die
Grenzen des russischen Gebietes überschreite.

Aus Polen wenig'Neues. Nach ben Be-
richten im „Czas" morden, rauben und bren-
nen die Nuffen überall, wo ste die Oberhand
behalten, unb verschonen selbst Wehrlose nlcht.
Die Deiails ber Scharmützet, die an verschie-
benen Punkten vorfallen, bieten kein Jntereffc.
Zu Warschau wnrden Nachtö Kirchen und
Klöster durchstödert und nach Waffen gesucht.
Drei barmherzige Schwcstern, welche Warschau
vcrlaffen woülen, um bie verwundeten Znsur-
genten zu pflegen, wurden verhastet. Kosaken
binden Wehrlose au ihre Pferbe und treiben
ste mit Peitschenhieben vor sich her. Vo»
Lillhauen her ziehen 40,000 Mann neue Trup-
pen heran; waö bann zu erwarten, ist auf
jedem BIatt ber russischen Geschichte seit Zwan
dem Schrecklichen zu lesen.

Die „Zeidler'schc Cvrrespondenz" bringt fol-
gende auffallende Nachricht: Es sollen be-
stimmte Anzeichen dafür Vvrliegen, daß das
gcheime Hanplcomitee der revolutionärcn Pro-
paganda, welches die Rebcllion in Polen lei-
tet, augenblicklich in Dresden seinen Sitz hat.

Deutschland

Karlsruhe, 11. Febr. Dte auf Hofrath Profeffor
vr. Morttz Seubert gefallene Wahl zum Director der
polytechnischen Schule für den Rest deS SchuljahreS 1862/63
wurde von Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog be-
stättgt.

Karlsruhe, 10. Februar. 70. öffentliche
Sitzung der zweiten Kammer. (Fortsetzung.)
StaatSminister Dr. Stabel: Als-Präsident
des Zustizministeriums sehe er sich veranlaßt,
offen zu erklären, daß er es nicht für gut
halte, wenn ein Einzelrichter stch in die Wahl
einmische. Selbst dann müsse er diese Ein-
mischung mißbiüigen, wenn fie in nicht uner-
laubter Weise geschehe. Der Richter muß
selbst den Schein der Unparleilichkeit wahren;
wie. kann er aber das, wenn cr sich in Par-
teiungcn einläßt? Er (Rebner) sei weit ent-
fernt, die Unparteilichkeit und Rechtlichkeit bes
Oberamlsrichtcrs Sieb zu bezweiseln; wenn
derselbe stch aber unberufen und ohne Anlaß
in die Wahl eingemischt habe, so sei dies zu
mißbilligen.

Abg. Moll: Mit großem Bedauern habe
er den Abg. Schaaff seine Theorien über
Wahlbeeinfluffung entwickeln hören; er selbst
habe eine durchaus entgegengesetzte Austcht.

Es solle die fittliche Wahlsreiheit herrschen.
Wenn man aber das Abhängigkeitsgefühl eines
Andern in eigenem Sinn gebrauche, so sei dies
ein Mißbräuch, Nach dem Geiste ber Ver-
saffung soll jeber Wahlmann selbst seinen Na-
men schreiben, nicht niederschreiben laffen, sonst
könnte man schließlich auch gedruckte Zeltel
vcriheilen, und damit wäre bie Freiheit der
Wahl vernichtet.

Abg. Federer bemerkt gegenüber dem Abg.
Schaaff, baß der Einfluß des Beamten erfah-
rungsgemäß ein sehr großer sei, wo er fich
geltenb mache. Der Regierungsbank danke er
sür bie enlschiedene und bündige Erklärung in
dieser Hinsicht, unb wünsche nur, daß sie im
Lande und namentlich ven Beamten auch be-
kannt werde.

Abg. Sieb: Auf seiner Gerichtsstube gelte
nichi Roth und.nicht Schwarz, sondern nur
das Recht.

Abg. Federer: Er habe das Gegentheil
ja auch nicht bchauptet.

Abg. Kusel stimmt der Ausführung deS
Abg. Moll über drn Geist der Versaffung
burchaus bei. Die ganze Thätigkeit des Wahl-
mannes befteht lediglich in bcm Schreiben bes
Gewähltcn; bei öffentlicher Abstimmung liegt
die Garantie in dem öffentlichen Aussprechen,
bei einer schriftlichen Wahl in der Schrift;
wen» dicse also wegfällt, so bleibt an der
ganzen Wahlorbnung nichis mehr übrig. Daß
dic Majorität der Kammer die strenge Aus-
legung der Verfaffung will, hat sie in dieser
Seffion ausgesprochen durch Zurückweisung
einiger Wahlen, bei denen die Form nicht er-
füüt war; die hcutige Beanftanbung ist dahcr
bloße Consequenz.

Das Wahlprotocoll kann nicht dazu dienen,
die Echtheit der Aufschrift des Wahlzettels zu
beweisen. Die Fragc des Commissärs lautet
gewöhnlich: „Jst dies Zhr Wahlzettel?" eine
Frage, die Jeder bejahen wird, der in bcm
guten Glauben steht, bas Schreibenlafsen des
Namens vurch einen Anbern sei erlaubt. Die
Kammer darf das ihr eigenthümliche Necht
der Wahlprüfung nicht sich schmälern laffen,
daö Wahlprotocoll barf uns nicht hindern; die
Betreffenben werden der Wahrheit gemäß äus-
sagen, ob sie ihre Waylzetlel geschrieben haben
oder nicht, unb Das allein lieseill uns voll-
giltigen Beweis.

Abg. Frick will dem Abg. Schaaff gegen-
über nur bemerken, daß dasür, ob eiu Bezirk
vertreten sei oder nicht, zunächst nur der Be-
zirk zu sorgen habc, nicht bie Kammer. An
die Resultatlostgkeit der Uniersuchung glaubt
Redner nicht, da ja der Umstand, daß die
Wahlumschläge zurückgcgeben würden, Anhalts-
punkte biete. Das Schreibenlaffen burch An-
dere ist nicht das Mittel, geheime Abstimmung
zu sichcrn; er stimme für ben Minorilütsan-
trag.

Abg. Schaaff: Warum soll daS Wort eines
Wahlmannes mchr gelten, als das Wahlpro-
tocoll? Gegen biese öffentliche Urkunde möchte
kaum cin Zeugenbeweis zulaffig sein. Wohin
svll abcr auch die allzu strenge AuSlegnng der
Versaffung sühren? jede Wahl könnte dadurch
verzögert oder gar unmöglich gemacht werdcn.

Für dcn StaatSdiencr verlange er edcnso
wie sür die Anbern Freiheit, seine Ueberzeu-
gung auszusprechen. Dic richtigen Grenzcn
scien allerbings schwer zu finden; wer sv ruhi-
ges Blui habe, daß ihm Aües gleichgittig sei,
was im Lande vorgehe, der möge stch von aller
Partei enlsernt halten.

Weun ber Auuörichter wirklich einen so
großen Einfluß hat, baß man ben von ihm

Die cigenc Verurtheilung.

Ern seltcner Criminalfall aus den Denkwürdig-
keiten eines Advocaten.

(Schluß.)

„Befand sich", fragte sic diescr, „das Licht nicht,
währcnd Sie in dcm Zimmer beS Hcrrn Smith
«aren, auf dem Tische in der Mitte?"

„Ja."

„Sie sagen, er sei krank gewesen und habc (wahr-
sch-inlich aus einem Schranke) ein Arzneimittel ge-
nommen?"

«3a- äas habc tch gcsagt."

„War dieser Schrank odcr diese Comode oder
dieser Secretär, kurz, das Möbel, worin sich die
Arznei besand, ein- oder zweimal offen, während
Sic in dcm Ziinmer waren?"

Dic Frau anlwortcte nicht.

„Es scheint, als wenn Sie mich nicht verständen.
Zch frage Sie, ob Herr Smith, nachdem cr die
Arznei aus dcm Schrankc gcnommen, dic Thüre
schloß oder sie offen ließ?"

„Er schloß sie zu."

„Dann öffnete er fie wteder, um das Fläschchen
hineinzustellen?"

„3°."

„Wic lange blieb dieser Schrank offen?"

„Ungesähr eine Minute."

„Befindet sich die Thür des SchrankeS, wcnn fie
geöffnct wird, gerade zwtschcn dem Ttsche in der
Mittc uud dem Fcnster?"

„Gcnau!"

„Zch besinnc mtch nicht gleich, «o, wie Sie sagtcn,
der Schrank sich befindct, rechts oder links vom
Fenstcr?"

„Links."

„Macht die Thür des Schrankes Geräusch, wenn
man sie aufmacht?"

„Ncin."

„Sind Sic Jhrer Sachc gewiß?"

„Ganz gewiß!"

„Haben Sie diesen Schrank geöffnet, oder öffnet
ihn Herr Smith immer sclbst?"

„Hcrr Smith öffnet ihn stetS selbst."

„Dcn Schlüffcl hattcn Sic aber wohl btSweilen
in dcr Hand?"

„Rie; Herr Smith behält ihn immer bet sich."

Jn dicscm Augcnblicke sah die Frau Smith an.
Jch beovachtcte Beide. Von der Stirn des Ange-
klagtcn fielcn schwcre Schweißtropfcn; scin Gesicht
war todtenbleich. Kaum hatte sie ihn angcsehcn,
so schrte fie laut auf und ficl in Ohnmacht. Die
Folgen ihrer Antwvrten stelltcn sich setzt crst ihrcm
Geiste vor; sie hatte die Verurthcilung ihres Herrn
ausgesprochen.

Der Generaladvocat hatte die höchste Wichtigkeit
auf einen besondcrn llmstand gclcgt, der Niemand
aufgefallen war. Er hatte sich gefragt, «ohcr der
Schatten kommen konntc, dcr nach der Aussage dcs
BauerS das Licht vcrdcckt hatte, und vermuthct, cs
gebe in dcmselben Zinimcr cinen Schrankoder der-
glcichcn, deffen Dascin noch unbckannt sei und dessen
Thür beim Ocffncn das augcnblicklichc Verschwin-
dcn des LichtcS vcrursacht habc. Dic scheinbarc
Glcichgiltigkeit und der nachlässige Ton diefer Fra-
gen hatte die Wirthschafterin irr« gkführt, und sie
hatte nicht bedacht, daß ihr Herr compromittirt
wcrdc, «enn siejenen Schrankerwähne. ZhrcOhn-
macht hob die Sitzung auf. Die Gcschworenen
schloffcn fich in ein besondereS Zinrmer ein, und
die Debatten sollten erst nach zwei Stundcn wteder
 
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