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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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Donnerstag, 1S März

^ Nordawerika und die Sclaven-
Emaneipation.

Auch das laufkllde Jahr hat, trotz des zwei-
felhasten Sieges von Mnrfresboro, sür d»e
Krlcgsführnng ver Nordstaaten keine desondern
Erfolge auszuweisen. Wird die kürzlich er«
folgte Entsetzung LeS neuen Oberfeldherrn
Burnside an dieser Calamiiät viel ändern?
Es ift dieses, dcn früheren Vorgängen nach zu
nrtheilen, leider kaum anzunchmen. Während
Lem einerseits Lie Anzeichen sich wehren, daß
man sich im Norden bcretts an eine ble'ibende
Trennung der Südstaalen (?) zu gewöhnen an-
fängt, während dem ber Kaiser der Franzosen
wieLerholt seine Vermittlung, und zwar bics-
mal aus einer Basis anbietet, welche für Lie
Univnsregierung eher annehmbar ist, als bie
früherc,*) sino andercrseits doch wieder anbere
Jndizien vorhanden, welche auf eine weiter
fortgesetzte ernstliche Kriegsführung des Nor-
dens schließen laffen. Hierher gehört namcnt-
lich auch das letzte (zu Anfäng Lieses ZahreS
erlaffene) SclavenemancipationseLict deS Prä«
sidentcn Lincoln, welches, wie eS von seinem
Verfaffer seldst ausdrücklich bezeichnet wird,
im Grunde genommen weiter nichts ist, als
einc Kricgsmaßregcl zur Schärfung der Waffen
der Bürgerkriege. Dicsee Eingeständniß wird
durch den wettern Jnhalt des Erlaffcs selbft
bestätigt. Nur für gewiffc Staaten u. Staats-
theile der Uuion wird die Negerbefreiung ver-
heißen, für anbere dagegcn nicht. Dürfte die
Unionsregierung dieseö, wenn ihre Absicht auf
Beseitigung deS Fluches der Sclaverei gerichtet
wäre? Die Grunbsätze ber Humanität, welche
diese Ler Würdc des MrnscheiithumS Hohn
sprechenbc Einrichtung vcrbauimen, verdammen
sie in Ostvirginien ebenso gut, wie in West-
virginien, unv iu Sübcaroliua nicht minber
als in Nortcaroltna. Einem Decrele aber,
welches nur eiuem Theile des Sclaveuthums
jeine Freiheit ankündtgt, um sie bem anoern
vorzuenthalten, kann keiue aufrichtige Aner-
kennung gezvüt werbcn. Der Präsident der
Uniou erklärt Lie Sclaverei gerade nur in
denjenigen SiaatSgebieten abgeschafft, in wel-
chen bie noch uugebrochene Herrschafk der auf-
ständischen Sclavenhalter ihn aller und jeber
Machtmittel beraubl, biese Erklärung zur that-
sgchlichen Gelkung zu briugen; bie Sclaverci
soll dagegen üderall noch, wenigstens einftwei-
len, unb lebigiich auf ein langwierigeö Los-

*) Dle SenatS-Commtfflon hat sich, nach den neuesten
Nnchiichlen, energtsch gegen jeden ZnterventionSversuch er-
llärt.

kairfungsverfahren (laut eines frühern De>
crets) angewiesen, fortbestehen, wo jcne hin-
dernde Gewalt nicht ist. Wäre es deur jüng-
stcn Erlaffe mit dem großen Culturfortschritt
der Besreiung der Schwarzen Ernst, so würdc
er denselben doch vor Allem da ins Wcrk
setzen, wo seinem Wollen das entsprcchende
Können zur Seike steht, wo, atso dre Äbschaf-
fung der Sclaverei innerhalb des Bereichs
seiaes Vermögens liegt. Nicht minder ,auf-
fallend ift zugleich dic Arl und Weise der
Emancipation selbst. Den Sclaven wird die
Freiheit geschcnkl, ohne daß irgend dafür ge-
sorgt wäre, sie im Einklange mit den Geboten
deS Culturlebens gebrauchen zu könncn. Der
Sclave wird sofort in einer nicht unbedenk-
lichen Weise zum selbstverantwortlichen Wesen
gestempelt, und alle Fürsorge ist außer Acht
gclaffen, daß statt Ler bisherigen Gewalt des
Herrn das innere Sittengesetz die Führung der
Freigelassencn übernehme. Den Sclavcn je-
f doch bie Möglichkeit eines menschenwürdigeu
Daseins zu erschließe», uud ihn für die Gc-
scllschaft zu cinem Mitbürger ber staatlichen
unb bürgerlichen Freiheit zu machen, das ist
cs hauptsächlich, was die Gesittung bes Zahr-
hunderts fordert, unb dieses ignorirt leider
der Emaucipationserlaß Lincvlns. Soll der
humane Zweck der Aushebung der Sclaverei
nicht eine leere Lüge bleibcn, und soll diese
Maßregel nicht zu einem Fluche für bie Be-
fieiten, sowie die Bcfreier sich gestalten, sv
muß ihr nothwendig ein Zwischenzustand vor-
auögehcn, der in allmähliger Hinüberführung
auö bem Zwange der Knechtschaft zur Selbsl-
thätigkeit ber Freiheit den Sclaven für tziese
erziehr.

Der Sclavenemancipation verbleibt also le-
diglich bie Eigenschaft einer Kriegsmaßregel
zur Unterbrückung des Aufstandes. Vergebens
hat die Unionsregierung bisher bie Mittel der
vffenen Fclbschlacht aufgebolen, ben Süvcn zu
bezwingen. Sie versucht nun als letzteö
äußerstes Mittel, — den Aufruf an die Scla-
ven. Nicht sowoh! der Freiheit Lieser gilt
eö, als einen Ausstand wiber thre,Herrn. Was
der Angriff ber Unionsheere in der Front zu
vollbringen nicht vermocht hat, das soll der
Schrecken eines bluligen Negeraufstandes im
Nücken der Gegner vvllbringeu.

Würde dieses Letztere wirklich geschehen,
würben Hapti'sche Morbscenen dic Kriegfüh-
rung deS Südens schwächeu, ja unmöglich
machen, so würde vielleichk die Univn momen-
tan wieder hergestellt, nicht zugleich mitihrer
Wiederherstellung würben aber Lie für solchen

LUWr. Srscheint, MontagS auSgenommen, täqlich

^U. »» UAUW. Preis vierteljährllch 5i kr.

Loctor Pitschner's Besteiguiig des Mont Blanc.

(Kortsetzung.)

Diese abgehärtctkii und uncrschrockcnen MLnncr
bedeckten erst lhr Gcsicht mit cincr Leinwandlar'vc
und schüxten sodann ihre Augen dnrch blaue Bril-
len und grüne Schleier. Da Doctor Pitschner
abcr dic Schnee- U!id Eisgebilde genauer beob-
achten wollte, .so begnügte er sich mit cinem ein-
fachen Schtetcr. Die Lebcusmittel und alles An-
derc, was nicht nöthig gcbraucht wurde, licß man
in der Hütte zurück. Nur ein klciner Mundvor-
rath wurde mitgcnommen, da nach Balmal's Er-
sahrungen fich auf dicsem Wegc stetS ein großer
Mangcl an Appetit einstellt; dagegen versah man
sich mit mehreren Flaschen alten WcineS unb eini-
gen Fläschchen wohlricchenden WafferS, das die Füh-
rcr zu Einrcibungen nicht genug cmpsehlen könncn.

Zwci große Laternen zeigtcn den umhcrtappcn-
dcn Füßen die Ktüftc, welche von den Felstrüm-
mern bedeckt wurden, über welche fie zuerst aus
Händen und FLßen hinabklettern mußten. Die
größte Vorsicht «är nöthig. Doch sch«n nach we-

ntgen Minuten nöthigte eine weit geöffnete Glet-
schcrspalte zum Stillftande. Es wagle Niemand
dcn kühncn Sprung; die Gletscherleiter «urdc hin-
übcrgcworfcn und auf allcn Vieren kriechend, pas-
sirten sic den weiten Schlund, deffen Ticfe dic Nacht
verbarg. Schweigsam rückten sie theils gehend,
thclis krlechcnd weiter »or bnrch die nächtliche Stille
dicser erhadenen Natur, tn dcr kein Tritt wiedcr-
hallt, in der ein Zeder, wic durch einen Zauber
gcbunden, ganz lcisc spricht, um dic hciltge Ruhe
nicht zu eniweihen.

Kaum hatten stch dic fünf Wanderer noch 1'/-
Stunde im mitternächtlichen Dunkel, stark anstci-
gend, durch die chaotische Wildniß dcr Eismaffen
htndurch gcschtagen, als fie fich Ler ersten von den
drei Schrcckensstcllen nahten, die znr Erreichung deS
Gipfels passirt wcrdcn müssen — eS ist die Lawincn-
ftraßc am Abhangc des Domedu Sontö. Das Ueber-
gewicht dcS KörperS mußte hier, während man mit
dcr rechten Schultcr den Gletschcr streifte, nach dicser
Seitc hin »erlegt werden, während der vorgcstreckte
Alpenstachel mit der linkcn Hand auf dem stark gc-
neigten Abhangc dir unfichern Küße zu stütz-n hattc.
Wer hicr »uSgleitete, «ürde in eliien mehrere Tau-

ZnsertkvllSgebühreu mr die Zspaltige Petit-

zeile werden mit 3 kr. berrchnei^ W<^UW^DG

Zweck entfeffelten Leidenschasten der nach Mil-
liooen zählenden Sclaven bewältigt, und die
Union hälte sich durch das gewagte Miitsl
„der Austreibung deö TeufelS durch ben Bel-
zebub" sicher cine noch bebcnklichere Zuchtruthe
aufgcbunden, als die Secefflon des Südens ist.

Uebrigens scheint, wie wir schließlich an»
fügen müffen, nach den bisherigen Nachrichten
für jetzt ber beabstchtlgte Endzweck nicht er-
reicht werben zu sollen, nnd es hat ber Lin-
coln'sche Erlaß fürs Erste nur grausame Re-
preffalien von Seiten der Sübstaatlichen r Trup-
pen hervorgerufen, welche jeben kriegsgefan-
genen Neger unbarmherzig erschießen. So hat
bie in völlig schiefem Sinne und verkehrter
Richtung abgefaßtc und erlaffcne Emancipa«
tionsmaßregel den armen Schwarzen aoftatt
zur Freiheit des Lebens, bls jeßt nur zur —
Gewall des Todes verholfen.

* Politische Umschau.

Der „Schles. Ztg." wirb von Berlinge-
melbet, daß stch Lie hiestgen notablen Mitglie-
der deS NakivnalvereinS (darunler mehrere
Abgeordnele) zu einer vertraullchen Bespre-
chung zusammeiisinden wvllen, um die Miltek
zu berathen, welche zum „Anschluß PreußenS
an die Agitallon Süddeutschlanbö für die Ein-
bcrufnng eines deutschen Parlaments" führen
soüen. Es scheinl, daß man ben Antrag stellea
will, zuvörderst 'eln neueö allgemeines deut«
scheS Vorparlament im Mai jnsammenzurufen.
Zulctzt wird bemerkl: „Es schelnt begründete
Hoffnung vorhanden, daß der badischc Minister
Ler auswärligen Angclcgcnhkiten, Hr. v. Rog-
genbach, dem Plane günstig gestimmt ist und
daß im Mai das beutsche Vorparlament in
Bade» (warum nicht in Berlin sclbft? das
wäre ein viel geeigneterer Platz zum Agitiren)
tagen bürsle.

„Morningpoft" sagt, Preußen werde aller
Wahrscheinlichkeit nach die Convenlion vom
8. Februar aufgeben, und die poloische Frage
vamit wieder eiue innere Frage werden uod
aufhören, einc europäischc Krage zu sein. —
„Dailp News" glaubt, wenn ganz Europa
erklären würdc, bie Ausrottung der Polen
nicht dulde» zu wollen, so werbe Rußlaud sem
Opfer auch ohne Krteg fahren laffen.

Garibaldl'ö Befinben hat sich verschllmmert;
selne Wunde ist wieder aufgegangen; bei ber
Harlnäckigkeit beö Uebelö sinb Zufälle zu be-
fürchten.

send Fuß ticfcn Adgrund hinabgestürzt fetn.
parler, pan xsrlor, war Balmal'S Gcbot, als fich
die fünf Männer schweigend diese Straße ber Schre-
cken htndurchzogen, dle sie endlich nach 1Stunbe
dcr größtcn Besorgniß pasfirt hatten.

So errcichten sie um 3 Uhr 4ö Minuten das
großc Plateau, eine gegen 11,S00Fuß höhe Hoch-
cbene, dic tn zicmlich gleichem Nivcau mit dem Ptc
»°n Teneriffa steht. Die Nacht war außcrordcnt-
ltch kält, der Schnee knirschtc unter den Füßcn und
es erhob fich ein eiskatter jchnkidendcr Rordost. Das
Thermometer sank gegen 4 Uhr MorgenS his auf
— 20,5° Lelsius. Dlc Ebene diescS großen Pla-
tcaus ift durch tiefe und breite Spalten zcrrtffen,
welche feine Passage fehr mühsam und gefährlich
machen. Die tmmcr mchr schwtndenbe Köiperkraft
wird hicr thcils durch die Sorge sür jeden Fuß-
tritt, theilS durch die rrhahensten Gemälde auf-
rccht erhalten, welche in diescn EiSrcgionen vor
den Augcn deö einsamen Wandcrerö mit unbeschreib-
licher Pracht aufgerollt werden. Ein tntereffanteS,
optischeS PHLnomen feffclte auf diescm Plateau
cinige Minuten lang die Aufmcrkfamkeit dcS Dvc-
tor Pitschner. , SS fielen ihm am fernen östiichen
 
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