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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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M 12«


* Politische Nmschau.

Die Berlinkr Vvlkszkituiig qibt drm König
vtn verständlichen Rach, zur Lösung des Con>
flirtes rntwedkr den Throiifolger als Mit<
regentcn anzunehinen oder aözudanken.

Die „Kreuzztg.« schließt einen Leilartikcl
mi't den Worten : „Unserrr Ueberzeugung nach
kann dic Regierung, wenn Sr. Mas. dem
Könige von der Kammee «irklich angesonnen
wird, dic Adresse anzuiiehincn, keine anderc
Antwort erlhtllen, als die Kammer svsort und
ohne WcitcreS schließen. Wie die Dinge heute
liegen, ist das längere Vcrhandeln mit ihr
nicht blos resultaklos — «s ist verderbli'ch."

Die Wiener „Generalcorresp." meldet aus
Warschau, daß ein kaiserl. Bcsehl ric Durch-
sühiiing der nach dem Ablaufe des Amiiestie-
termins angeordnrten Zwangsmaßregeln unt
Straicn „nvch snr einige Zeit und bis auf
weitere» Besehl" sistirt.

Tonntag, LL. Mat

seinen Dank aussprlcht für die entschloffene
und feste Haltung, womit sie dem Aufstande
im benachbarten Königreich Polen, durch alle
Angri'ffe unbeirrt, gegenüber getreten ist und
die preuß. Landestheile zu schützcn gewußt
hat." Bcrichterstatkkr ist v. Waldaw-Stein-
höfel. Baumstark wünscht Absetzimg des
Gegenstandes von der TageSorbnung unk Ge-
währung der dreitägigcn Frist, während wel-
cher der Berichk, dcr gestern Abend erst ver»
lheilt worden, sich in d-n Händen der Mit.
glieder befinben muß. Der Antrag wird ab-
gelehnt nnd die Debatte begonnen. Dagegen
stimmteil u. A. Fürst Wilhelm Radziwill, der
später den Saal verläßt. Der Referent meint,
das Haus habe sich schwer entschlossen, dem
Autrage Statt zu geben, hier den Vermittler
zu machen, weil das Haus principiell sich von
auswärtigen Angelegenheiken fern hält, na-
mentlich wenn es so scheincn köiinte, als ob
das HauS der Regierung Verlegenheitcn be»

ZnskrtionSgebübrea für die Ispalkige^vttit- -M
zeile werdea mit 3 kr. berechae^

nicht um Spmpathien mit Polen, sonderu nur
um Sympatyien mit der Revolution; weil die
jetzige Regierung aoti'revolutionär ist, richte
diese Partei die heftigsten Angriffe gegen fle,
Angriffe, dercn kleinster Theil ihren Autoren
in Fraukreich, woinil man so gerne coquettire,
den Weg nach Capenne eröffnen würbc. Man
gebe sich zu unwürdigem Liebäugeln mit Frank-
reich hin, gerade wie im Zahre 1806, das
babe stch schwer gerächt und werde sich wieder
rächen. Die Regierung habe sich vurch ihre
Maßnahmen in Polen verdient gemacht und
es sei nur zu wünschen, daß sie dem Rathe
ihrer wahren Freunde folge und den Belage-
rungSzustand in der Provinz Posen verhänge.
Gr. Krassow: Bci der ganzen Frage hanble
es sich nur darum, ob die Krone oder die Re-
volution herrschen solle, mit dcr Beantwor«
tung hänge das Wohl und die Jntegrität
PreußenS zusammen. Die Maffcn treffe kein
Vorwurf, sondern nur die Führer unb Haupt-
verlreter der revolutionären Zdeen. <Ls stän-
den sich der ercentrischc ZdealismuS und der
rohestc MaterialiSmus gegenüber imd beide
Gegensätze träsen zusammen in der Revolutiou
gegen Gottcs Ordnung. Es drohten die furcht-
barsten Gefahren sür Deutschland unb die
ganze gcrmanische Raqe, dahcr möge man die
Regierung i» ihrem Kampfe dagegen nnter»
stütze«. — v. Gaffron: Die Regierung habe
nur Selbsthülfc geübt, man sei ihr zu Dank
verpflichtet und daher müffe man den Com-
inissions-Aiitrag annehmen. — v. Senfft-
Pilsach beginnt mit cinem Rückblick auf die
Geschichte Polen«, Redner beleuchtet die Vor»
züge des polnischen Volkes und kommt schließ-
lich unter Berufung auf griedrich v. Raumer
zu dem Schluß, daß die Polen bic Theilniig
vom Zahre 1772 selbst verschulvet hätten (am
Ministcrtisch erscheinen der Ministerpräsibent
und ber Keiegsniiiiister), Redner gibt eioen
vollstäiidigen Äbriß der Geschichte PolenS.

(Schluß folgt.)

K r a » k r e t «h.

Straßburg, 20. Mai. Hr. Nefftzer kün.
digl viesen Morgeu im Temps an, daß Odilon
Barrot die ibm angebotene Eandibatur sür
Straßburg definitiv angenommen hat.

I t a l i e n

Turin, 21. Mai. Zn der Abgeordneten-
kammcr und im Senaic wurde heute daS De-
cret verlesen, welches ben Schluß der Scsston
ausspricht. DaSselbe Decret setzt die Eröff-
nung der neuen Session auf d-n 25. d. fest.

D e u t sch l a » d

Karlsruhe, 22. Mai. Die 1. Kammcr
hat heuke lämmtliche 8l Paragraphen des N o-
tariatsgesetzes dnrchberatheii und dem Ge-
setze einstiminig die Zustimmung ertheilt. Nach
ihrem Beschliissc werden die AmtSrevisoren
künfii'g di'kBenennling„GcrichtSrcvisvr"führeii.
Den beiden Wünsche» der Eoiiimissio» stimmt
die Kammer bei. Nächste Sitzung künftigen
Freitag über dic RechtSverhältiiissk der Richtcr.

Frankfurt» 21. Mai. Die Verhandlun-
gen der heutigen BiindeStagSsitznng sind vhnc
allgemeines Zntereffc. Die nächstc Sitzung
wird besonders angcsagt werdcn.

Berlin» 20. Mai. Das HcrrenhauS hielt
heuic seine 17. Plenarsitziing. Die Mitglieder
sind wenig zahlreich auf ihren Plätzen. Die
Tagesvrdnung sührt zu teni Brrichk der Pe-
liiionscouiiliissivn. Derselbe bcginni mit einer
Pciiiivn von 70 Ortschaften der Provinz Po-
sen, welchc das Herrenhans bitten, sich zum
Vermiktler des Anerkcnniniffes und Dankes
)u machen, „den bas Land der königl. Staats-
regierung den Angriffen des Abgrordnctenhaii-
seS gegenüber sür die Maßrcgeln zollk, welchc
sie zur Sicherung der östlichcn Landesarenze
„iid zur Erhaltnng der Ruhe «nd Orbnung
in den beireffcnden Landesthcilei,, namcntlich
in der Provinz Posen getroffen hat." Die
Eoinmission beantragt: „Die Peliiionen dep
Regierung zn überweisen, indcm sich daS Hcr-
renhans denselben aiisdrncklich dahin anschließt,
daß es auch seinerseitS der StaatSregierung

reiten wollte. Zn biesem Falle sei jedoch die
Mitwirkuiig deS Hauses gebvten und deShalb
der einstimmig gefaßte Eommissions » Antrag
zii empsehlen. Der polnischc Aufstand bezwecke
Wikberherstkllling deS Königreichs Pole» in
den Greiizen von 1772 und wciter hinaus
über Ostpreußen hin. Das heiße aber nur
iui Riicken einer feindlichen französischen Armee
eine seindliche Macht zur Seite stellcn z»m
Ruin Prciißens u»d Deutschlanbs. Woher
komme nun die Unterstützniig bes Aufstandes
in deulschen ParlameniknL — Man habe in
den letzten Zahren enistehen sehe» den Ratio-
nalverei» und an sciner Seite Schützen», Tur-
ner-, Sänger-Vereine rc., an der Epitze der»
seldcn ständen dieselbeii Personen, welche an
der Spitze der deutschcn Fvrtschritls - Parlei
fikhcn, wclche im preußischen Abgeordnelen»
hause sitzen uiid offen den Aiisruhr in Polen
begünstigen und organisiren helsen, cs seicn
dieselben Männer, wclche von 1848 her be-
kannt seicn, vvn drnen Einer auf dcm großen
Schiitzenfest in Frankfurt cin Parlamentsheer
gcgrn daö königl. Hccr gewünscht habe. Wa-
rum aber neniic sich die Partei nicht offen bei
ihrem Namcn — dic revolnkionärc Partci, sie
habe ja doch keincn Zweck als die Revolulion.
Dic Regierung habck die Pflicht, dem Treiben
eiiergisch ein Ende zu machcn, sonst werde auch
über unS bie Revolution kommen und die
Zahl ber vertriebenen Herrscher sei schon groß
genug, unb Redner möchte, baß niemalS ein
Anderer alS ein Fürst auS dem Hausc Hvhen-
zollern über Prcußen herrschc. Es hanble sich
nirgends und auch <n der gortschrittspartei

Die fittlichen Einwirkungeu der Frauen
auf ihre Dienstboten.

Kanny Lewald spricht in ihren im Fcuilleton
der „National-Zcitung" vrröffentlichtrn Osterbrie-
fcn übcr vie fittlichen Einwirkungcn dcr Frauen
auf ihre Dirnstboten und bemerkt dabei: „Sie sehcn
in ben zahlrcichstcn Kamilien dcn Siun dcr Haus-
fraurn und ihrcr Tochtcr diS ins Kindische auf
Acußcrlichkcitcn geftellt, bis zuin Frevelhaftcn putz-
süchtig. Der Klerderlurus dcr Kraucn ist bei uns
in drn lctzten Decennien unverautwortlich gestirgen.
Man darbt im Stillen, man gcizt an den Untergc-
brncn, man drückt dcn Handwcrker, man gcht di«
an dic außerftc Grcnzr des Möglichen, ja in tau-
scnd Aamilicn wcit übcr diese hinauS, um aus der
Straße langc, wcite, setdene Kleider, bie niedt die
Krauen selbst, sondern der Schweiß, dic Sorgen,
dic Arbeit des MannrS erwarben, in Staub und
Schmutz hrntcr fich berzuschleppen. Man ist hciter,
wcnn man auf seincm Sammtmautel eine Spitzcn-
garnirung trägt, die gar keinen Zweck und gar kein
Vcrdicnst hat, al« zwanzig, dreißig und «cit mehr

Thalcr zu kosten, »hne daß mtt diesem hohen Preise
dem haldnackten Arbeitcr im Erzgebirge auch nur
Brod und Kartoffrln bezahlt würdcn. Man fieht
mit Neid, daß eine anderc Dame eS möglich ge-
macht, noch vicr Packctc Perlen und Schmclzen,
noch sechs Stück Litzen nnd sechS Dutzend Knöpfe
mchr an ihrc Klcider zu bescstigen. Man wünscht,
man sctzt scinen Lhrgeiz in GlaSperlcn, Blumen,
Plunder.alS ob man Hottcntottr oder ein Kafferwäre.
Man läßt bcn Vater dcr Kamilie arbeiten bis zur
Erschöpfung, um Gcld sür diesr oder andcre Thorhei-
ten herbrizuschaffen, dic Dienstboten müffcn waschcn
und plätten biS in dic Nächtc hincin, damit die
Damen dtc «eißen Röckc mit dcn viclen Kalbcln
cinmal im Staubc spaziercn führen können! Lin
Concert, ein Ballbesuch, da« Thcater, cinc Gar-
dinr, ein Bronccmöbel, ein Tcppich, cilie Equi-
page, das find die großen Lcbensangclegcnhcitcn,
die LrbenSzweckc in gar vielcn HLuscrn — unb
arme, jungr, uncrzogcnc Mädchcn sollten nicht glau-
bcn, daß dirsc Artcn vo« Gcnuß das Höchste wären,
wenn fie ihre Vorgesctztcn bi« zur Pflichtvergcffen-
heit, bi« zur Selbstvergeffenheit nach diesen Gü-
tern ftrcben sehcn? Pntzsucht und Genußsucht, daS

find die betden nächsten Tugcndcn, wclche dte ar-
beitcnde Llaffe in mchr als einem wohlhabenden
Haufc erlernt und als Mitgift der höhercn Ständc
in ihr einstiges Familicnlcbcn mit sich ntmmt. An-
staunen, beneiden- l achahmcn mögen die Arbci-
terinnen dcn Lurus ihrcr Herrinnen — fic achten
und lieben lernen fie durch den Anblick deS LuruS
sicherlich nicht."

Wi« die „Presburger Zcitung" crzählt, hat rin
Presbnrger Mctallaröeiter nach vicrinonatlichem an-
geftrengten Nachbenken cincn Stock erfuNben, wel-
chcr solgendc Gegenständc entbalt: Zundhölzchen,
rtn Pctiehast, sechs Bogen Briefpapier, etnen Leuch-
ter, eine Kcrze, cin Mcffcr, em Bleistift, ferner
Tintc, Streusand, Fedcrn und Stegellack. Auch
etgnct er sich zum Wandcrstab und, „ohne cine
Waffe im strengcn Sinnc deS Worts zu sein",
ncbenbci zur Vcrthcidigung. Wtc von anderer,
frcilich minder alaubwurdigcr Seite verfichert wird,
umfaßt dcr complicirtc Stock außcr den genann-
tcn Gegenständcn noch: cinc HLngcmatte, cinen
Toilctt.spicgel, clnen Kleiderkasten, cinen Thee-
kcffcl» cincn Kochtopf, Mundvorrathe für fünf Tage,
ci ie Handbibliothek, zwci Spiele Whistkarten und
cinc gezogene Kanonc. Er würde fich also nicht
allein zur Bertheidigung, sondern auch zum An-
griff eignen.
 
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