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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0337

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M 8«


Dtenstag, LÄ April


1863.

* Politische Umschau.

„An die Wähler der Pfalz" ist soeben eine
Ansprache crschienen, die das Programm der
freistnnigen Partei bildet. Dieselbe ist von
ungefähr 370 Bürgern unterzcichnet, welchc
zu den angesehensten und geachtetstcn im gan-
zen Landc gehören. Es ist eine Art Miß-
trauensvotum gegen dic reactivnäre Majorität
der bisherigen Abgeordneten.

Jn der Frage, ob auch KatholikeN u. Juden
als Docenten an den preuß. Hochschulen vou
Königsberg, Greifswalde und Hallc zuzulaffcn
seien, hat stch Herr v. Mühler gemäß einem
Schreiben vom 6. März d. I. an den Decan
dcr medicinischen Facultät in Königsberg, die
Habilitationen des Dr. Samuel, in verneinen-
dem Sinne ausgesprochen.

Die Wiener Generalcorrespondenz berichtct
aus Paris, der ruffische Gesandte Budberg
habe am 4. d. M. dem Kaiser Napoleon eine
Note überreicht, welche denselben so aufge«
bracht, daß er den Gesandten ärgcr alS 1859
den Hrn. Hübner angefahren habe.

Nach der „Berl. iiberalen Correspondenz"
werde Oesterreich stch nicht wie Preußen mil
einem Protcst in dcr schleswig-holsteinischen
Sache begnügen, sondern am Bunde kriegerische
Schritte gcgen Däncmark herbeifuhren. Jn
diesem Sinne sollen jetzt schon Verständigun-
gen zwischen Oesterreich, Bapern und Hannover
stattgefunden haben und Hannover sehr bereil
sein, die BundeSerecutio» in erster Linie zu
übernehmen."

Von gnter Seite wird die telegraphisch ge-
meldete Nachricht dcr Berlincr „Norddeutschen
Zeitung" über die Rüstungen Rußlands nnd
die Armirung Kronstadts vollständig bestätigk.
Eine ofstcielle Anzeige-soll auch dem k. russt-
schen Gesandtcn am Wicncr Hofe, Herrn
Balabine, von Petersburg mit der gleichzciti-
gcn Weisung zugegangen sein, dem Wiener
Eabinete über den rein desenstven Charakter
diescr Maßnahmen die beruhigendstcn Zusiche-
rungen zu geben.

Dcr Cultusminister Pisanelli hat die Be-
hörden im Neapolitanischen angewiesen, die
Geistlichcn nicht zur Abhaltung von Gebeten
für den König zu zwingen.

Das „Journal von Monaco" meldet, daß
der Fürst dem Spielpächter Blanc in Hom-
burg eine Conceffion auf 50 Jahre zur Grün-
dunq cines Lervle eles LtrsuKsrs gegebcn
habe; die früber eiuem Herrn Lcfcbvre gege-
bcne Conceffion wurde annullirt. Die Raub-
ritter scheinen in anderer dcr verschiedenen

Zeit angepaßten Form wieder aufzuleben; nur
wagten die alten ihr Lcben, die neuen aber
nichts als ihren Ruf, den ste bei diesen Con-
ceffionen nicht hoch anzuschlagen scheinen, be-
merkt die „N. F. Z."

Die feudale „Zeidler'sche Correspondenz"
gibt folgende intereffantc Enthüllungen: „Die
Tendenz der Demokratie geht jetzt dahin,
Preußen unter dem schwarz-roth golbencn Ban-
ner in einen Krieg mit Dänemark zu ver«
wickeln und damit Frankreich eine Handhabe
für das linke Rheinufer zu geben."

Die französische Geistlichkcit unterstützt an
mehreren Orten die Candivatur der Oppost-
tionscandidatcn: so der Erzbischof von Cam-
brap die ThierS in Valenciennes und der Bi«
schof von Nimes die des Protestanten Guizot.

Nach der France sollen 2 Commiffäre deS
amerik. Südens nach Enropa geschickl werdcn,
um Schatzbons im Betrage von 2 Mill. Pfd.
Sterling zu 6 Proc. zu verhandeln, und, wenn
es angeht, ein weiteres Anlehen von 10 oder
gar von 20 Mill. Pfd. Sterling abzuschlreßcn.

„Times" meldct: die an das Petersburger
Cabinel gerichtcten Depeschen seien gestern von
Wien, Paris unv London abgegangen; die Gc-
sandten seien angewiesen, ste dem Fürste» Gort-
schakoff vorzulcscn und ihm eine Abschrift zu
laffe»; die Depeschen seien in freundlicher
Sproche abgefaßt, enthielten aber ein verständ«
liches Avertiffement für Rußland. (s. auch
London, 12. April.)

Leutschland

Karlsruhe, 11. Aprtl. Das heuttge Regbl. Nr. 15
enthält: I. Lerlethung der filbernen Civtlverdtenstmedatlle
an Fabrtkaufseher Kühnlc tn Durlach in Anerkennung seines
muthvollen BenehmenS bet dcm am 1. October v. Z. da-
selbst ftattgehabten Brande. II. Dienftnachrtchten (siehe
auch Nr. 79 d. Bl.): Prtvatdocent ür. Trlenmeyer tn
der phtlosophtschen Facultät der Untverfität Hetdelbcrg er-
hielt den Character als außerordentlicher Prosessor und der
Secretär bei der Directton dec polytechntschen Schule Zoh.
Bapttst Metsingcr dahter, StaatSdtenereigenschaft; der von
der Kirchenbehörde angenommene Verztcht deS PfarrerS
Schatble auf die kath. Pfarrei Griesheim wurde auch von
Sr. Köntgl. Hohett dem Großherzog genehmtgt. III. Be»
kanntmachungen von Mintsterien: 1) Für den Betrtcb der
WaldShut - Constanzer Eisenbahn wurden folgende Stellcn
errichtet: a. Eisenbahnamt Constanz (btS zur schweizertschen
Grcnzc zwtschen Gottmartngcn und Thaytngen) mtt Lettung
der bad. Bodenseedampfschtfffahrt; b. Etsenbahnbetriebs«
kaffe Schaffhauscn. Zum Post- und Eiscnbahnamte WaldS-
hut gchören folgende Stattonen, beziehungSwetse Haltstellen:
Thiengen, Oberlauchrtngcn, Grteßen, Erztngcn, Wtlchtngen,
Ncunkirch, Bertngrn. Neuhausen, Herbltngen und Thaytn-
gen. dte EtsenbahnbetrtebSkaffe Schaffhauscn und dte Tele-
graphenstattonen Thtengen und Erztngen. Zum Eisenbahn-
amte Constanz gchörcn dte Stattoncn, beztehungSwetse
Haltstclleu: Gottmattngen, Stngen, RtckelShausen, Radolf-

zell, Markelfingen, Allensbach und Retchenau, dte Tele-
graphenstattonen Gottmattngen und AüenSbach und dte
Dampfschtfffahrtsverwaltung Constanz. 2) Jn Mühlacker
wurde etne dem Post- und Etscnbahnamte Pforzhetm unter-
geordnete Bahnverwaltung errichtet. StattonSplätze auf
der Pforzhetm - Mühlacker Bahn sind: Euttngen, Ntcfern,
Enzberg und Mühlacker. 3) Schlosser Schmidt in Säk-
ktngen erhielt Patent auf eine Häckselschnetdmaschtne. 4)
Etnlösung der Z^/rprocenttgen Rentenscheine und Gewtnn-
zichung der letzten 35 fl.-Loose. IV. Erledtgt: die AmtS-
gerichtSassistenzarztstelle tn Heidelberg, eine Lehrstelle an
der Bürgerschule tn Frctburg (1000 fl.) und die Domänen-
verwaltung Fretburg. V. Gestorben: pens. Geh. Ftuanz«
rath MatheS dahter.

— Aus Baden, 11. April. Von verschie«
denen Seiten vernehmen wir, daß, nachdem
das Gesetz über die in Ausnahmsfäüen durch
den Civilbeamtcn vorzunehmende Proclamation
und Trauung stch als ungenügcnd erwiesen
hat, weil von Seiten mancher Geistlichen auch
der Eintrag solcher Trauungen in das bür-
gerliche Standesbuch verweigert wird, die
großh. Regicrung mit dem Gevanken umgehe,
die allein alle Hinderniffc beseitigende und dem
rechten Verhältniffe des Staates zu den Kir-
chen entsprechende obligatorische Civilehe ein-
zuführen, wvbei es jedoch, wie in Rheinbaiern,
dem Brautpaare überlassen bleibt, die kirchliche
Trauung nachfolgen zu laffen. So wünschens-
werth es nun aber auch uns erscheint, daß
unsere Gesetzgebung in der angegebenen Rich-
tung vervollstäiidigt werdc, so haben wir doch
Gründe zu bezweifeln, daß eine derartige Be-
stimmung schon in der Ȋchsten Zeit zu er-
warten sei; dagegen dürste noch auf dem ge«
genwärtigen Landtage die Vorlage eines Ge-
setzentwurfes erfolgcn, wodurch die Führung
der bürgerlichen Standesbüchcr den bishcr da-
mit ex olstvro betrauteii Geistlichen abgenom-
men und von der Rcgierung dazu ernannten
bürgerlichen Standesbeamten übertragen wird.
Daß dies ein ünabweisbareS Bcdürfniß sei,
haben neuere Erfahrungen bewiesen. — Bei
dicser Gelegenheit köniien wir nicht umhin,
daräuf aufmerksam zu machen, daß auch hrn- .
stchtlich der Begräbniffc den Anmaßungen und
der Jntoleranz ber Geistlichkeit, die in man-
chen Fällen den kirchlichen Ritus verweigert,
durch ein schüßendes Jnstitut begegnet werden
sollte, und es ist in dicser Biziehung aus
Belgien zu verweisen> wv stch in mehreren
Städten bereits Gesellschafien gebildet haben,
welche die Einführung des Civilbegräbnisses
bezwecken. Auch in Südbeutschland sind schon
Fälle vorgekommen, wo der Geistliche stch dcr
Begleitung der Lcichc auf den Friedhof ent«
hielk u»d dem Verstorbenen durch eincn Freund
aus dem Bürgerstandc eine Gedächtnißrede ge-
halten wurde. Umgekehrt wurde in cinem be-

* Engclsgesaitg oser Frühlingslied eines
Pöselmannes.

Herrn Lichard Engcls ganz ergebenst gewidmet.

ES grünen dic Berge, die WaldeShöhn
llnd dcr Frühling «Lre so wunderschön!

Man könnte jubeln nnd frenen sich schr,

Wcim nur dad Höllengepöscl nicht war!

ES grünet im Klingentcich übcrall,

Milde Lüftc wchen durch's Neckarthal;

Der Frühling nahtc unS herrltch und hehr,
Wcnn nur das Höllengepösel nicht wär!

Es pösclt bei Werle, es pösclt bei Mctz,

ES pöselt im großcn Eisenbahnnetz;

O Zierdc dcr Dichtcr im Wupperthal,

ES pöftlt in Dentschland Lberall.

Es pöftlt am Rhein, in Franken und Schwaben,
llm dcn Satan mit Höllengepösel zu laben;

An der Weser pöselt's und an dcr Elbe,

Das Gcpösel ist übcrall daSftlbe.*)

Am Ohiv pöftlt'S, es pöftlt in Polen,

Will der Teufel dcnn noch mchr Uankee'S holen?
So hol' er auch alle Maschinen bazu.

Dann hätte der liebe Herr Engels dvch Ruh!

Und wir vor ihm und ftinem Gepöftl,

Anch Emma und Gretchen und Gustel und Rösel,
Die herrlichen Madchcn, die liehcn und holden,
Sie alle möchten Hcrrn Engels vergolden!

Es pöftlt bci Keller und Eompagnie,

DaS schadet den Menschen, daS schadei dem Vieh,

*) Für Sprachforscher bemcrken wir, daß „Ge-
pöse!" oder Pösct schlechtweg ein «on Hrn. EngclS
rntdcckteS ntederdeutsches Wort tst, mit welckcm er
unscren Sprachschatz in dankenSwerther Weisc be-
reichert hat. Das Wort bebeutet so viel als Ge-
- räusch oder Geklapper der Maschinen.

Herrn EngelS vorzüglich, der schmerzlich gcsteht,
Daß er ftltener jetzo nach Rohrbach geht.

Am Wcstend die Hauftr sind wenig mchr «erth,
Weil Tag und Nacht daS Gcpösel man hört;
Jhr Herren hört es! O staunet, o denkt,

Dcr Pöftlmajor nähmc sic nicht geschenkt!

Dic Pöftl hört man in Eppelbeim'S Flur,

Man hört fic ftlbst anf der Molkenkur;

Drum stetgt Herr Engels so ftltcn hinauf,

Geht licber nach Ziegclhauftn zu Knauf.

Es grüncn im Walde die Triftcn und Auen,
Dcr Frühling ist allenthalbcn zu schauen;
Vergnügt fttn könntc man, freuen fich fthr,
Wenn nur das Höllengepösel nicht wär!

Die Weiber ftufzcn, die Madchen klagen,

Kein Mensch kann solches Gcpöftl rrtrage«!

Die Hunde heuien, am Burgweg die Eftl
Von wegen dem schrecklichen Hollengepöftl!
 
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