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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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Samstag, S. Zutti


1863.

Auf die »Hekdelberger
Zeitung" kann uian stch
noch für den Monat
Iuni mit 18Kreuzern abonni'ren bei allcn Post«
anstalken, den Bvten und Trägern, sowi'e der
Erpedition (Schiffgaffe Nr. 4).

Das neue Polizeistrafgesetzbuch.

III. Besonderer Theil.

Die bcsonderen Bestimmungen über dic ein-
zelnen Uebertretungen sind in geeignete Kate-
gorien zusammengestellt, und werden in 10
Titeln behandelt: 1) öffentliche Sicherheit,
Ruhe und Ordnung, 2) religiöse Einrichtun-
gen, Erziehung und Sittlichkeit, 3) Leben und
Gesundheit, 4) Feuerpolizei, 5) Baupolizei,
6) Straßen- und Wafferpolizci, 7) Gewerbe-
polizei, 8) Feld-, Jagd- und Fischereipolizei,
9) Schiffsahrt, Flößerei und Eisendahnen, 10)
fremdeS Eigenthum. Die Bestimmungen der
besonderen Theile zerfaüen zugleich in solche,
welche den Thatbestand der Uebertretuug voll-
ständig und zugleich dic aus dieselbe gesetzte
Strafe enthalten, und in solche, welche außer
der Strafc blos den Gcgenftand der Ueber-
tretung im Allgemeinen angeben, die nähere
Bezeichnung dcr Letztern dagegen der Berorb«
nung der bezirks- und ortspolizcilichen Vor-
schrist anheim gcben. Alle Polizeivorschriften
der letztern Art konnten natürlich ni'cht in den
Entwurf hineingezvgen werden. Auch wären
diese Strafbestimmungen, loSgeriffen von den
betrcffenden Gesetzen, kaum verständlich ge-
wesen. Das reiche Detail dieser Bestimmun-
gen ergab stch aber näher aus den RegierungS-
notizen, dem Commisstons-Bcrichte und den
Kammerverhandlungen.

Ebenso erschicn es alS unmöglich, in dem
Polizeistrasgesktzbuche alle einzelnen polizei-
lichen Vcrbote vollständig mit der Strafdrohung
zu umfaffen; jc mehr die Polizeigcsetze dazu
bestimmt stnd, den wechselnden Bedürfniffen
des vielgestaltigen LcbenS Rcchnung zu tragen,
desto wenigcr dürfcn die Bestimmungen allzu
sehr inS Einzelne gehen, ohne die Gesahr, die
verschiedenen Znteressen zu hemüien, stark zu
sördern.

Jm Allgemeinen verdient uur noch bemcrkt
zu werden, daß der Standpunkl der polizei-
lichen Willkür und Allgewalt, über den früher
s» häufig geklagt wurde, in dem Gesctze in
ziemlich befriedigender Weise verlaffen ist, und
daß, selbst wenn cinzelue wenig beliebte Ein-
richtungen, wie die Polizeistunde, noch für die

nächste Zukunft erhalten bleiben, mit der Ein-
führung deS neuen Gesetzbuches ein wichtiger
Schritt vorwärts in d«r Ausbildung unserer
staatlichen Berhältniffe zum Rechtsstande ge-
schehen ist, — Die Begehung oder Unterlassung
einer Handlung wird ln der Folge nur inffo-
fern strafbar sein, alS fle vsn einem Gesctze
mit polizeilicher Strafe bedroht ist. Damit
ist zugleich dic Bcstimmung der Berfaffungs-
urkunde, welche der persönlichen Freiheit und
dem Eigenthume deu geseßlichen Schutz ver-
heißt, auf dem Gebiete ver Polizeistrasgewalt
auSgeführt, jedoch (der Natur der Sache nach
verschieden von dem Strafgesetzc, wo Verbot u.
Wirksamkeit in den einzelnen Strafbestimmun-
g«n immer verbunden stnd) in der Weise, daß
zwar das Gesetz stch immer bie Strafsanction
vorbehalten hat, dic betreffenden Gebote oder
Verbote aber thcils im Polizcistrafgesetze selbst,
theils in Special-Gesctzen, oder in Berord-
nungen, oder besondercn polizeilichcn Vorschrif-
tcn enthalten sein können, die nach Maßgabe
deSselben gültig erlaffen sind. Dcnjenigen,
die vielleicht ein raschcres und vollständigeres
Brechen mit der Vergangeuheit gewünscht
hatten, kann man mit dem in dcr 2. Kammer
erstatteten Commisstonsbcricht entgegenhaltcn,
daß Sprünge in der Gcsetzgebung überhaupt
nicht ralhsam sind, auf keinem Gebiete aber
gefährlicher, als auf dem, der in alle mensch-
lichen Verhältniffe tief eingreifenden Polizei.
Was viclc Zahre bestand, und, wcnn nicht
von allen, doch von vielen StaatSbürgcrn als
wünschenswerther öffentlicher Schutz angesehen
wurde, konnte und durfte nicht mit einem
Schlage beseitigt, wußte vielmrhr dem theil-
weisen wcitern Ausbau der Zukunft überlaffen
werben.

* Politische Umschau.

Dic k. preuß. Verordnung gegen die Preffe
i'st erschienen und entspricht den schlimmsten
Besürchtungen, welche bie darüber verbreiteten
Gerüchte entftehcn ließen. Dcr Verwaltung.
ist die Bcsugniß der Suspendirung oder der
Unterdrückung eines Blatkes nach vorausge-
gangenem administrativem Berfahren zuerkann t,
wenn die Gesammthaltung des Blattes die
öffentliche Wohlfahrt gesährdet. Die in diese
Kategorie fallenden Bestrcbungen sind im Ein-
zelnen ausgeführt, und glcich nach derjenigen,
die als Untergrabung der Ehrfurcht und Treue
gcgen den König bezcichnet ist, wird die Ge-
fährdung des öffentlichen FriedenS durch Auf-
reizung der Angehörigen des Skaates gegen-

einander hingcstellt, durch welche z. B. wieder-
holte Angriffe gegen die Feudalparter das Ver-
bot ciner Zeitung herbeisühren können. Auf
den ersten Blick ist erstchtlich, daß die letzte
Spur von Preßfreiheit in Preußen mit dem
1. Zuni, und so lange die Verordnung in
Kraft blcibt, ihr Ende gefunden hat.

Das Erscheinen der Prcßordonnanz in
Preußen hat bereits die Folge gehabt, daß
der wackere Redacteur der „Rhein. Ztg.",
Herr F. Giebc, anzeigt, er werde dic Leitung
des Blatkes nur noch interimistisch fortführen,
bis die nothwendig gewordene Acnderung in ,
der Redaction erfolgt sei. — Die meisten
prcußischen Zeitungen enthalten fich, angesichts
der in Aussicht gestellten Unterdrückung, jeder
ernstlichen Besprechung jener Ordonnanz. Die
„Börs. Ztg." jedoch ermangelt nicht, wenig-
stenS einige Andcutungen zu geben. Sie wcist
darauf hin, daß es sich mit der ergriffenen
Maßregel um die Nachahmung einer der
schlimmsten napoleonischen Einrichtungen han-
velt, deren schließliche Erfolglostgkeit sich eben
in den französtschen Wahlen kundgebe; ste weist
dann darauf hin, wie in dieser Art mit eincm
Fcderstrich den Bürgern ihr sauer erwvrbencs
Brob geraubt und gegen ste eine wahre Ver-
mögensconfiscation ausgestbt werden kann. —

Die „Rhein. Ztg." fordert zu großen Ver-
sammlungen auf, nachdem dic Presse mundtodt
gemacht worden.

Der Art. 63 der preuß. Verfassung, auf
welchen gestützt die VerwaltungSbehörden be-
fugt sind, Zeitungen zu verbietcn, lautet: „Nur
in dem Fallc, wenn die Aufrechthaltung der
öffcntlichen Sicherheit, oder die Beseitigung
eineS ungewöhnlichen Nothstandes es dringcnd
erfordert, können, insosern die Kammern nicht
versammelt find, unter Vcrantwortlich-
keit des gesammten Staatsministe-
riums, Verordnungen, die der Versassung
nicht zuwiderlaufen, mit GesetzeSkraft erlaffen
werden. Dieselben sind aber dcn Kammern
bei ihrcm nächsten Zusammentritt zur Gench-
migung sosort vorzulegen." Nun haben aber
die Minister ausdrücklich die Verantworlung
für ihre Handlungen abgelehnt; sie erklären,
die Augen gcn Himmel richtend, daß sie den
irdischen Richter perhorresciren. Für diese
aus ihre gcsammte Amisthätigkeit gehende Ver-
antwortung haben ste stch durch die Krone zu
decken gesucht; ob mit endgültigem Erfolge, baS
wird die Zukunst lehren.

Zu Bonn watd am 2. ein Verfassungsfest
zu Ehren der dort wohnenden Abgcordneten
begangen; eine von Gilvemeister abgefaßte Zu-

Die geheitte Eiferjucht.

Zu welchen Mrtteln eheliche Eifersucht grcift und
waS für abcnteuerliche Folgen diesclbrn zuweilen
haben, davon wird nachstchendc Gcschichte wieder
cinmal Zeugniß ablegcn.

Knrzlich erhiclt in Paris ein noch jungcr Mann,
der, obgleich verhclrathkt, in sich dcn Stoff zu cinem
Don Juan trägt, cin Billct dcs Jnhalies: „Wcnn
Jhr Herz frei ist von jeglichcr zartcn Ncigung und
Sie in dcm Gradc zärtlich scin könnte», als Sie
Gcist bcfitzen, werfen Sie fich in cincn Wagen,
der morgen, Mittwoch, gegcn neun llhr AbendS
an Jhrer Hausthfir warten wird. Wenn Sie den
Schlag öffncn, so murmeln Sie daS Wort deS
Märchens: Scsam, thu Dich auf! Kommen Sie
aber nicht, so weiß tch, daß es tn drr Welt ein
beglircktcs Wcib gibt! — Jch wcrdc dicse Frau
dan» bcncidcn, ohne nach Jhnen ferncr zu begch-
ren. Größercs kcnne ich nicht, als die Treuc dcr
Lcideuschasl, und Süßcres nicht, als die beflügklte
Phantafie! Gabrtele."

Der Mann, der dtes verführerifchc Billct empfan-
gen, laS daffclbe mit Vcrwnndcrung und überlas
eS zu vrrschicdencnmalcn, indem cr die Zeichcn ttef
nachdcnklich bctrachtcte. Es war noch im Monat
April, er ließ am Morgen Feuer in scincm Kamin
anmachen und sank, einc Ligarrc rauchcnd, in
scinen Lehnstuhl. Bald hob er den Kopf mit eincm
GcfichtSausdruck empor, welcher von dem Wiedcr- !
schcin cincs innerlich zurückgehaltenen EntschluffeS !
erhcllt zu scin schien. Er klingelic nach scinem !
Bcdicntcn, licß fich ankleiden, vcrgaß nicht, inS
Knopfloch des Ucberrocks cin Ordensbändchen zu
schlingcn (dcnn wir habcn eine vornehme Persön-
lichkcit vor uns!) und versügtc fich auf das Polizci-
Lommiffartat scincS Quarticrs.

Nachdem er von dcm Beamten mit den gcbüh-
rendrn Rückfichtcn empfangen worden und cr in
dcm Eabinet cine Viertelstunde vcrweilt hatte, ver-
ticß er cin Lächeln um die Lippcn den verrächtigen
Ort.

Am Tage nach dieser gchcimnißvollcn llnter-
redung, um nrun Uhr dcs Abends, wie rs in
jcncm zarten Billet Gabriclens bcstimmt worden,
hielt an der Pforte ves Sterblichen, den die Ltcbes-

fee fich zum Opfer ausersehcn, cin Lonpe, in deffen
Hintergrund eine verschleiertc Gestalt fich versteckt
hatte. O, über den Glücklichen! Doch nein; bc-
klagenswerthe Gabricle! Anstatt des ersehnten Pa-
ladin fand flch cin Poltzei-Agent ein, welcher dcm
Kutscher einige Worte zufiüsterte, und dic Dame
auf dic Wackc fuhr. Gabriele brachte- dort dtc
ganze Nacht zu. So unglücklich es klingen mag,
die Enttäuschte fügte flch nicht nur gelaffen in das
unerhörte Schicksal eincs liebcnden Wesens, son-
dern schicn äuch ohne die mindeste Entrüstung,
ohne das kleinstc Bedauern die unwürdige Be-
handlnng zu erdulden, welchc vielleicht das Rcsultat
einer niedrigen Verrätherei und nicht dte Kolge
eineS etwaigen MißverständniffeS gewesen. Welch
cin räthsclhafter Sc-lenzustand! meint gewiß der
Lescr — nun dic Sccne, die ich jetzt erzählen wcrde,
soll Gabriclens unnatürliche Herzensruhe »ollstän-
dig crklären.

> In einer MLnnergescllschaft plauderte» alle An-
wesendcn — dic metsten vcrheirathet — von dc»

i klcinen Leiden des ehelichcn Lebens. Da meinte
eincr, einc eifersüchtige Frau set doch die ärgste

- Strasc des Htmmels, dtc übcr einen Gatten ver-
 
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