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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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April
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Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" fur das mit 1.
Äpril 1883 begonnene 2. Quartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expeditiou.

* Politische ttmschau.

Der Koburger Landtag ist auf den 14. d.
M. zusammcnberufkn.

Die Mitglieder des ungarischen 186ler
Reichstags haben an Deak ein Album mit
ihren Bilvniffen durch eine Deputation übcr-
reichen laffen, welches durch Baron Eötvös
an der Spitze gestern dem Gefeiertcn persön-
lich überbracht wurde. Unter den Mitgliedern
der Depuiatioii wurde das Haupt der Alt-
conservativen Graf Apponyi besonders be-
merkt, und ist die Antwort Deak's ganz dazu
angethan, die ncue Parole für die ganze Partei
abzugeben, eine Parole, die stch in den Wor-
ten gipfelt: „Es ist unsere Ueberzeugung, daß
das Ziel ver Nation nur auf jenem Wege
erreicht wer.den kann, welchen der letztc Land-
tag betreten, und diesen zn behaupten, stnd
wir auch entschloffen.«

Man schreibt der „France" aüs Wien, daß
Oesterreich Rußland gegenüber die Rechte der
polnischen Katholiken in Geltung gebracht,
wclche unter den Schutz. Enropas gestellt sind.
Fürst Gortschakoff soll sich auf die Frage nicht
eingelaffen haben, sondern sich auf das Ober-
hoheitsrecht des Kaisers über alle religiöse
Fragen des Rcichs berufen haben. Oesterreich
soll im Sinne haben, sich darüber mit den
anderen katholischen Mächten ins Einverneh-
men zu setzen.

Dic „Allgemeine Zcitung" erhält unter halb-
officiellen Zeichen aus Paris die Mittheilung,
daß mit der Entwerfung der von Frankreich,
England und Oesterreich gemeinsaui an Ruß-
land zu richtenden Note Herr von Nechderg
beauftragt sei.

Die „Köln. Ztg." spricht sich über dic Er-
nennung des General Berg zum Adlalus des
Großfürstcn Constantin wie folgt aus: „Härte
nnd unerbittlicher Zwang, Kampf auf Leben
und Tod! So wird von allen Polen die Er-
nennung des Gencrals Grafen Berg zum Ad-
latus des Großfürsten Constantin ausgelegt
werden. Graf Bcrg hatte die Polizei nach
der Rcvolution von 1830 in der Hand, ja,
er zeigte sich unerbittlicher noch als der Czar
Nikolaus selbst und wußtc die Amncstie, die
dieser bcabsichtigt hatte, als gefährliche Con-
cession kückgängig zu machen."

D e u t sch l a » d

Frankfurt, 30. März. (Schluß.) Wel-
cker aus Hndelberg spricht in einem andert-
halbstiindigcn, häufig von Beifallsrufen un-
terbrochenen Vortrage über die Rechtsbestän-
digkcit dcr Reichs - Versasiung, die cr allen
An,cchtiiiigen gegcnüber mit Energie vertritt.
Er verwabrt sich gegen die ihm nculich in
öffentlichrn Blättcrn gemachten Vorwürfe, daß
er im Jahre 1848 die Fürstenrechte verireten,
währenv cr sich heute auf den Boden der
Volkssouveränetät stelle. Die deutsche Natio-
nalversammlung hattc von dem sich selbst f»r
immer auslösenden Bundestag die Aufgabe er-
halten, das Vkrfassungswerk zwischen Fnrsten
und Volk sestzustellen, und die Manvanten
müffeil das halten, was die Mandatarc in
ihrem Austrage gethan. Die Nkichsverfaffuiig
bernhe in den wksentlichsten Bestimmungcn
anf dem Entwurf der 17 von den Regierun-
gen ernannten Vertrauensmänner, welcher allen

Sonntag, S April

Regierungcn zur Erklärung vvrgelegen habe,
und gegen deffen Grundlagen kcine einziqe
Rcgicrung Einwendungen gemacht habe. Wäh-
rend der Verhandlungen hätten dic Regierun-
gen schweigend zugestimmt, nur Oestcrreich
habe Vorbehalt gemacht. Ganz haltlos sei
es, wenn hintcndrein die anderen Regierungen
behaupten wollten, man müßte erst nochmals
über dic Verfaffung mit ihnen unterhandeln.
Wenn sich die 750 Mitglieder des ParlamentS
nach Liechtenstein bcgeben hätken, um dort die
Berfaffung genehmigen zu laffen, und der Fürst
von Liechtenstein hätte Nein gesagt, so wäre
allcs Beginnen vergeblich gewesen. Wie Spa-
nien immer und immer wieder auf die Cortes«
vcrfaffililg zurückgekommen sei, so werde
Deutschland festhalten an dem Panier der
Reichsverfaffung. Bei den Gefahren, denen
das Vaterland in Folgc der neuesten auswär-
tigen Verwicklungen möglicherweise entgegcn-
gehe, vcrbürgt die Reichsverfaffung allein den
Fürsten die Eristenz. Die Bewegung werdc
nicht in ihrem jctzigen Stadium stehen bleibcn,
der Bundestag habe kein Lcben mchr; wenn
daher nicht die Nation in die Mitte tritt, so
ist Dcutschlanv verlorcn (Beifall)^ Redner
würde zwar den Schweizern niemals rathen,
ihre Regierungsform zu verändcrn, er gchöre
aber nicht zu Denjcnigen, welche für Deutsch-
land kcin anveres Heil als in Revolution und
Republik erblickten. Aber cs gebe Etwas,
was ihm höher stche, als die Bcsorgniß vor
einer gewaltsamen Umwälzung: das ist das
Baterland und seine Ehre. Jn ciner Lage,
wie jetzt diejenige Dcutschlands, sei es lächer«
lich, von der Gefahr der Revolution zu fa-
scln„ denu weit Höheres stehe auf dem Spiele.
Eine Rcvolution werdr aber nur glücken, wenn
das ganze Volk hinter ihr stehc und wenn cin
paar Millionen Männcr die Forderung der
Wiederherstellung des gebrochenen Rechts er-
heben; dann werde es Niemand so leicht wa-
gen, stch zu widersetzen. Der Redner geht
nun zu dcnjcnigen Bestimmungen der Rcichs-
verfaffullg übcr, wclche von dcn Gegnrrn am
häufigsten angefochten wcrdcn. Er sei 1848
nicht für das preußische Erbkaiserthum ge-
wescn, weil dasselbe die Ausschließung Oester-
reichs bcdeutet habe, während Oesterreich seinc
Deputirten zur Rationalversammlung ebenso-
gut gcsandt habe, wie die übrigen Staaten.
Erst als Orsterreich durch die Verfaffung von
Kremsier sich selbst ausgeschloffen habc, hätte
er für den König von Preußen gestimmt. Bei
der Gründung dcs Nationalvereins habe er
sich entschieden gegen die Aufnahme ciner preu-
ßischen Hegkmvnie in daS Statut erklärt, weil
er kcineswegs die Deutsch-Oesterreicher aus-
geschloffcn sehen wolle. Sie mögen nur kom-
nien und an der Bewegung Theil nehmen.
Der Kaiserihron sei vacant. Allc diese Fra-
gen möge man ruhig dem Parlament uber-
laffcn, welches schon das Ricktige treffe» werde.
Daruin möge man auch nicht so scharf ur-
Iheilcn über die Bestrebungen des Resörmver-
eins, wenigstcns insoweit sic offen ausgcspro-
chen wcrdcn. Mit den armcn bemitleidcns-
'wcrthen Lenten, welchc Mitglieder dieses
Vcrcins geworden seiea, weil sic wollen, daß
gar nichts geschehe, sondern AUeS unter der
bishcrigen Oberherrschast Ocsterreichs ver-
bleibe, mit ihnen habe cr hier nichts zu schaffen.
Er endigte: Laffen Sie mich mit dcm Gruud-
gedanken unserer Erklärungen schließen: Die
Nation behauptc ihrc Reichsversaffunq und
mi« ihr die Freiheit des Vaterlandes in einigem
und energischem Kampf gegen ihre Feinde,
dann haben wir keine Junker zu fürchlen,
wkder die schwelgenven, ric wie in Mkcklen-
burg und Kurland svgar noch in unserer Zeit
fortfahren die Bauern zu berauben und zu

ZasertioirSgebübreu sür die Zspaltige^Petit- M

;eile werden mit 3 kr. berechnel. R «

unterdrücken, noch die hungrigen, die wie in
Preußen und anderwärls für Freistellcn in
Cadettenhäusern und Osficiers- und DiencrS-
gagen die Freiheit und Ehre deS Vaterlandes
verkaufen. Wir werden auch aus diesem
Zwischenreich herauskommen wie einst nach der
Wahl Rudolphs von Habsburg, welcher zu
Dutzcnden die Raubritter aufknüpfte, aus dcm
altcn, benn geendigt sei „nach langem verderb-
lichem Streit, die kaiserlose, die schreckliche
Zeit!"

Die von Wekcker verlesene, früher schon
mitgelheilte Mannheimer Resolution wird hier-
auf auch vvn dcr hiesigen Versammlung cin-
stimmig angenommen, ebenso wie dieselbe die
nachfolgende Erklärung in ihren Grundzügen
guthcißt:

„Jn Erwägung der neuesten preußischen
Reactionspolitik und ihrer neuen Erschütterung
des Vertrauens auf redliche friedliche Rechts«
gewährung, auf die monarchischc Regierung
und auf dcn Schuß dcr Nation in Kriegs-
fällcn, haltcn es die hier versammelten dcut-
schen Bürgcr für ihre Pflicht, neben ihrer Zu-
stimmung zu den Mannheimer Resolutionen
noch weiter zu erklären:

Die mit dcm natioiialen Recht wohl ver-
einbarlichen wirklichen Rechtc der deutschen
Fürsten stehen unter dem Schutz der Rcchts-
achtung der deutschen Nation und der geschwo-
renen Eide. Sie stchen unter diescm Schutz,
wenn dic Fürsten selbst die durch Wort und
Eid verbürgten gleich heiligen, ja älteren Rechte
der Nation achten; wenn sie demgemäß und
wie es auch mehrere der edelsten von ihnen
bereits aufs Reue bestätigtcn, unserem alte«
und ncucn deutschen Reichs- und dcm cnglischen
Recht entsprechend, ihre Hoheit nur in und
mit der gemeinschaftlichcn Volkshoheit, nicht
aber als Willkürgewalt über dieselbe geltend
machen wollen.

Die sittliche und ehrliebende deutsche Nation
wiü nur wort- und eidgetrcuc Fürsten oder
keine.

Mit Entrüstung aber sahen wir, wie neuer-
dings in Preußen, mitten in der Jubclfeier
der Befreiungskricge und der fürstlichen Ver«
hcißungen, mit Recht und Eid ein frevelhaftes
Spiel getrieben, die Volkssittlichkeit und dic
Rechlsachtung untergraben und auch nach Außen
die Ehre und Sicherheit der Nation gefährdet
wurden.

Für den etwaigen Kriegsfall insbesondere
wurden hierdurch unsere gemeinschafilichen
Rechte so gefährlich bedroht, daß die Nation,
welche in ihrcr jetzigen Schutzlosigkeit sogar
dcr einheiilichen Kriegsleiiung beraubt ist, die
Abwendung der Herrschaft einer verbrecheri-
jchen Junkerpartei über ihre wichtigsten An-
gclegenheiten in ernste Erwägung ziehen muß.

Ällc rcchtswidrigen, der Freiheit selbst und
der Einigkeit der Freiheiiskämpfer verderb-
lichen Revolutionsbeschlüffc verwerseu mit dcn
vereheungswüidigen Freiheitskänipfern des
preußischcn VolkShanses natürlich auch wir
auf das Enischiebenste.

Wenn abcr nun nach halbbundertjährigem
vergkblichen Erbitten der rechtlich schuldigen
Wiederherstellung ihrer wesentlichsten Ncchte
die Nation dicselbe auch jept noch übermüthig
zurückgewiesen sieht, wmn »uglcich vie beschwo-
renen Lanbesrechke unv ihre Bertheidiger so»
wie in der preußische» Jiiilkerverschwörung
und idrer verbktzeiidkii Entzweiung von Fürst
und Volk, »»" Soldat und Burger mit Pöbel-
revvlution und Säbelregiment bcdroht werben,
alsdann darf jedes rechtlichen Mittels männ-
liwstcr Gebrauch es endlich laut dezeügen,
daß auch wir Deutsche glauben an Schiller's
großes Wort: Nichkswürkig ist ein Volk, das
nicht sein Alles srtzt an srinc Ehre. Dann
 
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