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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Januar
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Dienstag, 13. Zanuar


Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebst Beilage „HeiLelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Aanuar 1883 begonnene 1. Kuartal
werden fortwährend angenommen.

Die Expedition.

* Politische Umschau.

Der Gemeiiiderath von Mainz hat eine
Ndreffe an den Großherzog beschloffcn, welche
den ' Beitritt zum deutsch - sranzöstschen Han-
delSvertrag und die Erhaltung des Zollver,
eins bezweckt.

Die Berliner Volkszeitung verlangt, daß
das Abgeordnetenhaus nach Lem Art. 82 der
Verfassüng eine Commiffion zur Unlersuchung
der Gestnnung im Lande niedersetze.

Bcrlin hat augenblicklich nahe an 10,000
brodlose Arbeiter.

Die Urtheile der preuß. Gerichte in Sachen
des Rationalfonds flnd ganz geeignet, das
Vertrauen auf Recht und Gesetz im Volk zu
untergraben. Der eine Richter spricht die An-
geklagten ganz frei, der andere verurtheilt ste
zu höheren, der andere zu niedrigeren Stra-
fen, der eine sührt diese, der andere jene
Griinde bei sonst übereinstimmendem Urtheile
an. Höchst vcrwunderlich motivirte der Poli-
zeirichier zu Tilstt seine Verurtheilung zu 1
Thlr. Geld- und 24 Stunden Gefängnißstrafe
damit, daß das betreffende Znserat iiibirect
eine Aufforderung enthalte, das Publikum bc-
lästige und mit größcren Lcttern an auffaüen-
der Stelle abgedruckt sei!

Man schreibt der Volksztg. aus Lübeck, 7.
Jan.: Die Unterzcichnung zum Nativnalfonbs
ist hier soeben von einem benachbarten Land-
mann mit der Summe von 200 Thlrn. eröff-
net worden.

Die Wiener „Preffe" bringt folgende An-
gabe, für deren Richtigkeil wir ihr bie Haftung
überlaffen: Wic uns aus Berlin berichtet wird,
macht stch dort ein Einfluß geltend, der die
gereizte Slimmung in den höchsten Kreisen
wesenilich erhöht. Herzog Ernst von Coburg
soll stch in einem Schreiben an den König ge-
wendet und darin auf die Unmöglichkeit, in
der bisherigen Weise fortzufahren, hingewiesen
haben. Bei Hofe, wo man schon die Ueber-
stedlüng des gemaßregclten Staats - Anwalts
Oppcrmann nach Coburg sehr übel aufnahm,
verargt man dem Herzoge Ernst seine Vermitt-
Iiingsvcrsuche im höchsten Grade, und nameut«
lich Herr v. Bismarck sieht in dem Schritte
des Herzogs eiiien Act der Feindseligkeit gegen

Eine außcrordentliche Gejchichte.

Aus dem Ungarischen von S. A. Huber.

(Fortsetzung und Schluß.)

„Als ich mein Haus errcichte, fand ich die GrL-
fin, die etnzige weiblichc Frcundin meiner Frau,
alS ich geradc anlangtc. Wie Andcrc, war fie nach
der zum Begräbniß festgesctzten Stundc eingetrof-
fen. Sie «ar schmerzlich aufgercgt, ob von Leid
oder von Mitleid, wußte ich nicht, aber die Worte
deS Trostes, welche sie an mich zu richtcn versucht,
warcn so vcrwtrrt, daß ich fic kaum verstehen kvnnte.
Zuletzt ergriff fie metne Hand und sagte mit stot-
terndcr Stimmc, daß sie fich genöthigt fehe, mtr cin
Geheimniß anzuvertrauen, wclches sie mich bttte,
nicht zu offenbaren. Ste habc mciner Frau ein
Paquet Bricfe zum Aufbewahren übergebcn; der
Jnhalt sei dcr Art, daß fie dieselbcn nicht bei ihr
selbst behalten dürftc, sic müßte mich nun bitten,
ihr dieselben zurückzustelleiu Ein etskalter Süiauer
überltef mich, als fie diese Worte sprach. Mit deut-
ltcher Käite sragte ich sie, waS die Briefe enthiel-

seine Person, für den er gerne Repreffalien
gebrauchen würde, wenn es nur thunlich wäre,
gegen Coburg mobil zu machen.

Man verfichert, der Prinz Napoleon werde
stch am 15. Jatiuar in Marseille cinschiffen,
um eine einmonatliche Reise anzutreten. Nach
Merico geht in der Mitte des Monats xine
neue Brigade ab. Die „Partrie" will Kennt-
niß haben von ciner starken mazzinistischen
Agitation in der Lombardei und in Florenz.

Nach der „France" flößt der Gesundheits-
zustand deS KönigS der Belgicr wieder große
Besorgniffe ein, und ift der auf einer Reise
begriffene Graf von Flandern zurückberufen
worden.

Die „Patrie" hehauptet, die „Morni'ngpost"
habe nicht die wahren Ursachen des Minister-
wechsels in Konstantinopel angegcben. Fuad
Pascha, der Grvßvezier unb Mehemed Ali
Pascha, der Marineminister, beide durch ihre
Hinneigung zu Englanb bekannt, seien lediglich
wegen der Frage der jonischen Znseln unv we- ^
gcn des Projectes einer Grenzberich'tiguiig in
Theffalien elitlaffen wvrden. Herr Elliol,
meiiit bas genannte Blatl, werde wohl nichl
nach Kvnstantinvpel kommen. — Zn der Frage
der Beschlagnahme der serbischen Waffcn svü
nach einer Behauptung der „France" der Sul»
tan nicht nachzugeben entschloffen sein.

„Star" meldet, cs sei ein Agent ber Süd-
staalen in Liverpool angekommen, mit osfi-
ciellen Documenten und Vollmachten znm Ab-
schluß eines Anlchens versehen, wetches auf
Baumwolle hppothecirt werden solle, so baß
gegen die Anlehensscheine die Baumwoüe zu
einem fcsten Preis ausgeliefert wcrbe.

Deutschland

. Äarlsriihe, lv. Zaa. Se. Kgl. Hohett ter Groß-
herzog habcn untecm 5. d. M. goädtgst geruht, dem
Baurath Robert Gerwlg del der Oberdiicclioii dcs Waffer-
und StraßeiibaueS deu Eharaklcr eluc« OberdauiathcS, und
dem RechnungSrath Wtlhclm Fcsenbeckh bet gcdachler Be-
hördc den Charatter -iucS ObeirechnungSrathS zu ocileihea.

siarlsruhe, lü. 3an. Dic Poilcpeesähnrlchc Eduard
von Bodmann tm 2. Jnfanterle-Rcgtment, und Hcrmann
Waizcncgger tm L. Jnsantertc-Reglmcnt wurdcn zu Lieule-
naut-n chcsördcrt; dem Ob-rarzt Wölfcl »om (t.) Lcib-
Dragonerregtment wurdcn dte Grahzetchen «cS Oberlieute-
uanlS »crliehen. ,

ll Vom Rhein, 9. Zan. Auf unserer
Rundschau nach ben im Laufe dieser Woche
i» hiestger Gegend einigermaßen erwähnens-
werthen Vorkommniffen begegnen wir zunächst
der Prebigt eines jungen in der That viel
begabten und weit gereisten Ultramontane»
über — die Gartenlaube. Dicselbc soll
ganz eigens zur Tendenz haben, den Katholi-

ten. Dic Gräfin erschrack und antwortete hastig:

„Oh, metn Herr, Zhre Frau war edler, als Ste
sind. AlS sie dtese Bricfc untcr ihre Obsorge nahm,
fragte fie nicht, was sic enthielten, sondern gab mir
thr Wort, sie «ohl zu verwahren, und ich bin ge-
wiß, daß sie thr Gclübde gehalten hat. Ste war
etnc edlc Seele; eS wärc ihr unmöglich gewesen,
ihr feierliches Gelübdc zu brechen."

„Sehr wohl", sagte tch, „woran soll ich diese
Briefe crkenncn?"

„Sie sind mit ctnem rosenfarbencn, mit Silber
gestickten Bande zusammengcbunden."

„Jch wcrde fie augenblicklich suchen."

„Damtt nahm ich dte Schlüffel metncr Frau und
fing an, das Paquet zu suchcn. Ach wußte nur zu
gut, wo eS zu finden."

„Jst es dieses?" sagte ich endltch, der Gräfin es
darreichend.

„Aa, ja. Sehen Ste nur, hier ist der nämltche
Knoten, den ich gemacht habe; Ahrc Frau hat thn
nte aufgclöSt."

„Ach durftc meine Augennicht erhcbcn; ich fürch-
tcte, die Gräfin möchte in denselbcn lcsen, daß tch
jhn aufgelöst — ja, daß ich noch «eiter gegangen i

cismus auszurotten; deßhalb werden alle gu-
ten Katholiken ausgcforderk, dieses Blatt nicht
zu lesen, alle andern Glaübensgenoffen vor
dem Lesen deffelben zu warnen und davon ab-
zuhalten, und es unterbrücken zu helfcn. Welche
Lächcrlichkeit! Ein Blatt, bas in 150,000
Eremplaren anf der ganzen Erde verbreitet
ist, das die ausgezeichnetsten Männer zu Mit-
arbsttkrn hat, deffen Znhalt allen Menschen,
die Verstand besitzen und eines guten Willens
stnd, zugänglich ist — ein solches Blatt
sollte den kleingeistigen Confcffionshaß fchürcn?
Nimmermehr. Zwar ist seine Tendenz aller.
dings nicht confesstoncll, aber sie ist christlich,
sofern das Christenthum berufen ist, der ver-
nünftigen Erziehung bes Menschengcschlechts
zur Stütze zu dienen. Weun der Ültramon-
tanismus sich zu dieser hvhen Potenz erhebt,
dann haben seine Prediger das Gcjammer
über die Angriffe gegen seine unzeitigen Be-
mühuogen, die Welt um einige Zahrhunderte
^ in der von der Vernunft gebotenen Culiur
zurückzubringcn, ganz und gar nicht nothwen-
dig. Sie könnten ihre Klagen auch schon deß-
halb unterlaffen, weil sie nach jebem weincr-
lichen und grimmigen Vortrag gegen Anbers-
denkende die bestimmteWahrnehmung zu machen
Gelegenheit hätten, daß die Menge rarüber
gebankenlos weggeht, die Denkcnden hingegen
ein ArmuthSzeugniß für bas Prinzip des Ultra-
monlanismus darin erblickcn, daß seine An-
hänger für nothwendig erachteu, eS zu ver-
theidige», währeizb sie doch im nämlichen Athem-
zug mit Stolz behaupten, daß seldst die Pfor-
ten der Hölle ihre Kirche (ausschließlich) nicht
überwinden werden. Aber so geüt es eben je-
bem Vertheidiger einer schlimmen Sachc: die
Gründe sinb nicht stichhaltig, unb finden beß-
halb keinen Anklang. Das soüte dic römisch-
katholische Geistlichkeil in Deutjchland sich wvhl
merken. — Zn zweiter Reihe begegnen wir
bei unserer Rundschau auf der Schwabenseite
ves Bobenseeufers einem alten kaiholischen
Pfarrer, dem die freien Lehrcrkonferenzen wie
ein Greuel der Verwüstung — seiner bisheri-
gen Herrschafl vorkommen mögen. Er äußerte
kürzlich gegen einen jungen Lehrer hierüber
seine Besorgniß unb schloß mit der Mahnung,
an dem Schulgesetze nicht zu rütteln, denn Er
sei Ortsschulinspektor. Ueberhaupt will eS mit
ben freien Lchrerconferrnzen bei unS nicht vor-
wärts, eben weil die Geistlichkeit entgcgen
wirkt, und viele Lehrer bie Üngnade derselben
sich zuzuziehen sürchten, in Folge deffen ste
sich schon in den hintersten Winkel des Lan-
deS versetzt sehen, sobald ste auch nnr in Ge-

«ar, und etn ungeheures Verbrcchen begangen
hatte! Zch verabschiedete mich kurz von ihr, mtch
cntschuldtgend, so gut ich konnte. Ach mußte allein
sein. Dte Gräfin kehrtc nach Hause zuriick. Zhr
Gatte war iu allcn seinen Handlungcn gcmein und
brutal; seine Ncigungen warcn nicdrig und seines
Ranges gänzlich unwürdig. WLre ich ein solcher
Mann gcwcscn, so HLttc ich verdicnt, eine solchc
Frau zu haben. Aber mcine Frau war etn un-
schuldigcr, unbefiecktcr Engel, der mich ltebte, alS
ich ihn ermordetel... Ach erinnere mich nicht,
«aS tn dcn nächsten Stunden geschah, das aber
weiß ich, Laß, als tch wieder zu mir kam, tch tn
dcr Gruft auf metncs Wcibes Sarg saß. Ach war
nvch nicht so «ahnsinnig, um zu glauben, daß ich
sie auferwecken könnte; ich wollte jedoch mit ihr
sprcchen. ES schien mir, als vb sie meine Worte
anhörcn wollte.

„Bci dcr wahren, aufrichtigen Licbe, mtt «elcher
du mich einst liebtest; bei der Licbc, «elche du für
mich mit dtr tn das Grab genommen hast, flehe
ich dich an, sct mtr gnädig und rLche dich an mir
i» diesem Leben I Ueberlaffe meine Strafe nlcht
etner andern Wclt, sondern laffe mich hter auf Er»
 
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