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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Mai
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N» 1V7. Freitag, 8. Mai

» Nuf die „Heidelberger
Zeltung" kann man sich
noch für die Monate
Mai und Ium mit 36 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstaltcn, deu Boten und Trägern,
sowie der Erpeditwn (Schiffgaffc Nr. 4).

* Politische Umschau.

Die französischen Blätter machen sich nber
die Phrafe der Berliner„M>litärischcn Blätter"
lustig, »der preußische Abler werde eher mäch-
tig über Paris schweben, als bas SiegeSkrähen
des gallischen Hahues auf dem Berliner Schloffe
hören." Wir in Deutschland, welche dcn
Capriolen der Junker mit denselben Gcfühlen
zusehen, wie dcn Sprüngen sranzösischer Gauk-
ler, halten natürüch solche Windbeutelei, in
der Volkssprache „preußischer Wind" genannk,
keincr Erwähnung werth; ohne Unterstüßung
des übrigen Deutschlands würde bei einem
Anprall gegen die Franzosen die. preußische
Junkermacht wieder in wenigc» Tagen ge-
jprengt sein. Kann diese aber auf deutsche
Hülfe auch in allen FäUcn rechnen, selbst auch
dann, wen» ihr eigcucr Uebermuth und Un-
verstand sie in eine Sackgaffe gesührt?

„Times" sagen, die Antwort Rußlands an
Frankreich und England laute allerdings ver-
söhnlich; mit England woüe eö d'ie Bestim-
mungen der Tractate erörtern und Frankreich,
das sich nicht darüber beschwert, daß ein des-
potisches Regiment überhaupt eingeführt, son-
dern daß es schlecht in Vollzug gesetzt worben,
antworte es, baß es seiner Freundschäft und
seinen guten Diensten vertraue; Oestcrreich
wcrde crwiebert, baß bie revolutionäre Partei
im Auslandc alle Schulb trage. Die Notcn
seien daher nicht ungeschickt abgcfaßt. Jn Po«
len werde man aber russischen Bersprechunge»
fo wenig als Amnestieen trauen; die Polen
würden selbst die Constitution von 1815 ver-
werfen, wenn sie ihuen durch cinen Congreß
der Mächte angeboten würde, denn von Russcn
vvllzogen, würdc sie inimer nur eiue Fallgrube
scin; Rußlanb habe das Verlraucn der Polen
getöbtet.

„Temps" bemerkt über das Verhaltcn Preu-
ßens iu dcr polnischen Frage: dic preußische
Politik, welche seil Fricvrich II. nie sehr ge-
glänzt habe, sei nic unconsequcnter u. gesähr-
licher als sctzt gewesen.

D e « t s ch l a ,» d

Karlsruhe, 29. April. 81. öffentliche
Sitzung der >1. Kammer. (Schluß.) Polizci-

Ueber die Mode.

(Fortsctzung.)

Das Räthsel ist nur so langc cin Räthsel, als
man glaubt, bic Mehrzaht der Wciber habe bei
der Auswahl der Bekleidungsgcgenstände Lsthetische
Zwecke im Auge; die Mchrzahl bcabstchtige durch
anmuthige Form und gcfälligc Farbcn einen gün-
stigen Eindruck auf den Beschauer, namentlich auf
die Manner zu machen. Dies zu glauben ist ein
vollständiger Jrrthum. Dic Wciber putzcn sich nicht
für die Männcr, sondern für die Wciber. Von
den Männcrn wollen ste ihre Reizc, von dem cigc-
nen Geschlechte «ollen sie ihre Kleider bcwundert
sehen.

Dics ist sv wahr, daß etn Mädchen ihren Gelieb-
ten gern im einfachften Morgcnanzugc empfängt;
soll sie aber mit eincr Rivalin zusammcntrcffen,
so wtrd sie allen Glanz ihrer Toilcttc zu entfalten
suchen. Dic Weiber «tffen inftinctmäßig, daß dtc
MLnncr durch Tvilettenkunststückc nur wenig be-
sttmmt werden, und es ist ihnen daher ziemlich

strafgesctzb uch. Titcl VII. Uebertretun-
gen in Bezug auf Schifffahrt, Flöße-
rei und Eisenbahn en. §. 154. An Geld
bis zu 100 si. oder mit Gefängniß bis zu 4
Wochcn werden bestrast: 1) wer den Verord-
nungen hinsichtlich ber Sicherheil uud Ord-
nung der Schiffsahrt und Flößerei aus dcm
Rhcin und andern Flüssen sowie auf dem Bo-
dcnsee, 2) wer den Vcrordnuugen oder den
bezirkspolizcilichen Vorschriften hinsichtlich des
Floßbetriebs auf den Nebenbächen (Bachord-
nungcn) zuwiderhandclt. Angenommcn. §. 155.
Zuwiderhandlungen gegcn die Verordnungen
über die Einführung von Dienstbüchcrn für
die Schiffsmannschasr auf dem Rhein werden
an den Schiffern, Schiffs-Gescllen und Jungen
mit Geld biS zu 5 fl. beftraft. Angenommcn.
§. 156. Wer Buken oder Stöcke eiitfernt,
welche von den Flußbaubeamten oder Steuer-
leuten zur Bezeichnung gefährlicher Steüen der
Flüffc ausgcstellt sind, wird an Gcld bis zu
100 fl. oder mit Gefängniß bis zu 4 Wochen
bestcaft. Angenoinmen. §. 157. An Gelv bis
zu 25 fl. oder mit Gcfängniß bis zu 8Tagen
wird bestraft, wer an den Leinpfaden ber
Schifffahrt Hindernisse bereitct. Angenommen.
§. 158. An Geld bis zu 25 fl. wird gestraft,
wer den zur Vcrhinderung von Zolldefrau-
daiionen bei Ausübung der Schiffsahrt und
Flößerei erlaffenen Vcrordnungen zuwiderhan-
dclt. Angenommen. §. 159. An Geld biS zu
25 fl. oder mit Gefängniß bis zu 8 Tagen
werdcn Fährleute gestraft, welche den zur Ver-
hüiung von llnglücksfällen bei den Ueberfahr-
ten über den Rhein oder andere Flüffe er<
laffenen Verordnungen oder bezirkspolizeilichen
Vorschri'ften zuwiderhandeln. Gleicher Strafc
unterliegen Schiffer, welche auf dem Bodensee
Persouen in kleinen Schiffen oder Nachen um
den A>hn führen, odcr solche Schiffe zum Ge-
brauch vcrmiethen, wenn sie ben für diese
Lohuschiffsahrt erlaffenen Verordnungen oder
bezirkspolizcilichen Vorschristen zuwiderhan-
deln. Angenommcn. §. 160. Uebertretungen
der für dic Brücken übcr den Rhein u. andere
Flüffe erlaffenen Vcrordnungen (Brückenord-
nungeu) werden an Geld bis zu 25 fl. bestraft.
Angenommen. §. l61. Uebertretunge» der
Verordnungen für dic Häfen und Ein- und
Ausladeplätze am Rhein und an dessen Neben-
flüffen, sowie am Bodensce, unterlicgen einer
Gcldstrafe biS zu 50 fl. oder einer Gefäng-
nißstrafe biS zu 14 Tagcn. Angenommen.
§. 162. Jn den Fällen der §§. 160 und 161
kann die Geldstrafe von der mil der Verwal-
lung der Brücke oder des HafenS beauflragten

gleichgültig, wie deren Urtheil ausfällt, wenn fie
nur sicher find, ihrcm eigcncn Geschlechte zu impo-
niren. Der Putz hört mithin auf, Lsthetisches Mit-
tcl zu sein, cr wird cin Mittcl, Sensation und Neid
zu erregcn vder wcnigstenS dcr Jnhaberin das se-
lige Bewußtscin zu verschasfen, daß fie hinter An-
deren nicht zurückstehe. „Die Männcr verstehen ntchts
von Toilctte", heißt es sehr oft, und im Sinne des
Modewaarengcschäfts ist dies auch wohl wahr. Aber
dte Männer verstehen sehr wohl den Eindruck einer
geschmackvollen von dcm Eindruck eincr geschmack-
loscn Toilctte, dic wohlcingerahmtc Schöuheit von
der häßlich ctngerahmten zu unterschcidcn, und die
Arauen irren auf thrcr Seite, weniz sie mcincn,
daß die Herren der Schöpfung, weil sie ntcht im
Stande find, dcn Werth ctner Spitze zu würdigen,
»uch für die Thorheitcn und Widcrsinnigkciten der
Toilette hoffnungslos blind setcn. Ein Mann wird
vtellcicht nie bemerkcn, daß cinc Damc vortrefflich
geklcidet sei (was betläufig der höchste Triumph dcr
Toilette ist), aber dcrselbc Mann wird augcnbltck- ^
lich cmpfinden, daß einc andere Damc sich geschmack-
los gcputzt hat. Die Weibcr sollten also, nedcn
den nur für fie eristirenden Mysterien des Gc-

InfertionSgebühren fär die 3spaltige;Petit- M

;eile werdeamit 3 kr. berechnetl M.^UW4kWO

großh. Finanzbehörde erkannt werden,.we»n
sich der Angczeigte der von ihr für verwirkt
erachtetcn Strafe mit Verzicht auf die poli»
zeigerichtliche Aburtheilung freiwillig unter«
wirft. Angenvmmen. §. 163. 1) Wer den
zum Schutz ber Eiscnbahnen- und dcs Eisen-
bahnbetriebs erlaffenen Verördnungen zuwider«
handell, wkrb an Gcld bi'S zu 100 fl. oder
mit GefängNiß bis zu 4 Wochen bestraft. 2)
Wer der erfolgten Erinnerüng ungeachtet die
Verorvnungeii hinflchtlich der Aufrechthaltung
dcr Ordnung in den Bahnhofgcbicten vber
währcnd der Eisenbahnfahrten verletzt, verwirkt
Geldstrase bis zu 25 fl. oder Gefängni'ß bis
zu 8 Tagen. Angenommen. §. 164. Zn den
Fällen des §. 163 können die Geldstrafen un-
ter der in bem §. 162 angegebenen Voraus-
setzung von dem betreffenden Bahnhofvorstand
ausgesprochen werden. Tit. X. Uebcrtre-
tungen in Bczug auf fremdes Eigen-
thum. §. 165. Entwendung, Unterschlagung
und Bctrüg, soweit dieselben nach den §§. 397
und 477 des Strafgesetzbuchs als Polizeifrevel
zu behandeln sind, werbcn mil Gefängniß bis
zu 14 Tagen oder an Gcld bis zu 50 fl. be-
strast. Bei diesen Uebertretungen uuterliegen
auch der Versuch, die Bcihilfe und die Be-
günstigung einer Strafe. Prestinari, wel-
chem sich Kusel anschließt, beantragt, dcn
zweiten Absatz zu streichen. Fröhlich ist für
den Commisstonsantrag. Slaatsrath Lamep
lcgt nicht viel Gewicht barauf, ob ber Absatz
stehen bleibe oder nicht. Dem Berichterstatter
Eckhardt gcfällt der Commissionsantrag sclbst
nicht mehr, er schließt sich Prestinari an.
v. Stockhorn spricht für den Commissions-
anlrag, welcher schließlich mit kleiner Stim-
menmkhrhcil angenommen wurde. §. 166.
Muthwillige Beschädigungen, sowcit nichl die
Slrafbkstimmungkii des §. 575 des Slrasgc-
setzbuchs auf dieselben Anwendung finden, wer«
den an Geld bis zn 50 fl. ober mit Gefäng-
niß bis zu 14 Tagen bestrast. Angcnommcn.
§. 167. Wer falschc oder verfälschte Münzen
oder falsches oder versälschtes Papiergeld irr-
thümlich als ächt eingenommen und nachdem
er bie Falschheit erkannt, als ächt oder als
vollgiltig wieder'ausgegeben hat, wird, wenn
die Beschädignng den Bctrag von 5 fl. nicht
erreicht, von einer Geldstrafe bis zu 15 fl.
getroffen. Angenommen. — Dic Sitzung wird
aus kurze Zeit unterbrochen, damit bic Com-
mission über die an dieselbe zurückgewiesenen
Paragraphen berathe unb Bericht erstatte.
Nach Wiedereröffnung der Sitzung erstattet
Eckhardt diesen Bericht. §. 127 soll in

schmackes zu studiren suchcn, wenn nicht um der
Männer, so doch um derjenigen Frauen willen,
«elche dte Sachc vcrstehen und «elche unter fich
über cine solche unschuldigc, «crputzte Mitschwestcr
sich nicht gcnug lustig machen könne».

Dic Unwiffenheit in Geschmackssachen ist unter
dem weiblichen Geschlcchte wirklich unglaublich groß.
Von fünfhun^ert „Damen" fragt kaum Eine da-
nach, waS ihr gut stehcn würdc; die Meisten wählen
das, was fie für anderc hübsch gefundrn haben, na-
mcntlich aher dasjenige, „was jetzt viel getragrn
wird." Sollte ihr gesunder Anstinct gcgcn irgend
cin Muster odcr eine Farbe schüchtcrne Bedenke»
Lußern, so verstummen ihrc Einwände doch sosort
vor der Zauberformel: „Wir verkaufcn außcror-
dentlich vicl davon." Modcngeschäste suchcn bis-
wcilcn vermittelst dcr Zeitungen „einen gewandten
Verkäuser." Ach habc nic gelesen, daß Geschäfte
in Hcrrcnartikeln solche Annoncen ergehen laffen.

Schluß folgt.)

Ein klljähriger Zimmerpolier hat fich am letzten
Sonntagc zu KarlSruhe auf dcm Kirchhofe — auS
Qualen verschmähtcr Lieb« — erschoffcn.
 
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