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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Februar
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Utidtlbtrgtr Ititung.

M 38

Trscheint, MontagS ausgenoinmen, täglich.
Preis vierkeljährlich 54 kr.

Samstag, Februar


L8«3.

Auf dle »Heldelberger
Zeitung" kann man sich
noch für dle Monate
Februar und März mit 36 Kreuzern abon-
ntren bei allcn Postansialten, dcn Botcn und
Trägern, so wie der Erpcdition (Schiffgaffe

Nr. ä).

* Polittsche Umschau.

Die Weigerung deS Herzogs Ernst von Co-
burg hat in Athen cinen peinlichen Eindruck
gemacht. — Die Wiederherstellung der vffent-
lichen Ruhe daselbst wird zweifelhaft. — Ein
Decret der provisorischen Regierung bezeichnet
drci ihrer Mitglieder, welchc abwechsclnd den
Vorsitz in dem Cabinete führen svüen.

Dem „Nvrd" wird aus Wien berichtet,
Mazzini sei durch Oesterreich gekommeu, die
vsterreichische Polizei sei thm auf dcr Spur
gewesen, habe ihn jedoch nicht fangen können;
man glaube, cr sei auf der Neise nach Caprera.

Die Pariser Journale enthaltcn sich in Folge
der Moniteurnote feder Bcmerkung über innere
Fragen und sind daburch so inhaltlos, daß
ihnen kaum etwas zu entnehmen ist. „Consti-
tutionnel" sucht zu beschwichtigen, indem er
erklärt, die Verwarnung gelte nur falschen Be-
richten, nicht Bemerkungen; dic Zeitungen hal-
ten aber Schweigen für gerathcn, bis der
„Moniteur" selbst eine ofsicielle Deutung brin-
gen werde.

Jm engl. UnterhauS verlangte Hcnneffp die
Vorlage der über Polen zwischen Frankreich,
Oesterreich und England gewechselteu Depe-
schen, damit das Haus Gewißheit darüber er-
halte, ob Oesterreich sich während des Krim-
kricges für die Unabhängigkeit Polens aus-
gesprochen und Lord Clarendon cine Erörte-
rnng dieser Frage abgelehnt habe. Roebuck
sragte, ob cine österreichische Depesche über
die jonischen Znseln eingetroffen sei. Palmer-
ston erwiederte, letzteres wiffe er nicht und
müffc erst noch fragen. Ocsterreich habe nie
während deö Krimkrieges die Unabhängigkeit
Polens zur Bedingung einer Allianz gemacht,
sondcrn sich eher dagegen ausgesprochen. Die
Abtretung der jonischen Znskln sei uiiter Zu-
stimmung der Großmächte und der Jonier ge-
rechtsertigt; niemals aber werde England
Malta oder Gibraltar aufgeben.

Die direcien Telegraphen-Verbindungen mit
Rußland über Polangen, Epdtkuhnen u. Thorn
sinb betriebSunfähig, deßgteichen die Verbin-
dung von Kowno nach Warschau.

Als Urheberin der Wielopolski'schen Ver-

giftung ist eine tn der Küche des Markgrafen
beschästigte Frau ermittelt. Das Gift hatte
sie von einem mit ihr verwandten Apotheker
crhalten.

Deutschland

Karlsruhe, 12. Febr. Dtenstnachrichten. Oberzoll-
inspector Sold ür Lahr wurde auf setu unterthäntgsteS An-
suchen wegrn andauernder Kränkltchkett, unter Anerkennung
setner trcuen Dtenstletstungen, in den Ruhestand versetzt;
Forstprakttkant Karl Frttscht von Karlsruhe alS BeztrkS-
förster für dte städttsche BeztrkSforstet Bretteu bestättgr,
und dte auf ven Geh.-Rath Professor v. Vangerow ge-
fallene Wahl zum Prorector der Untversität Hetdelberg für
daS Stubtenjqhr von Ostern 1863 bts dahin 1864 bestättgt.

Karlsruhe, 12. Febr. Heute sind Nr. 7 und 8 des
Regterungöblattes erschtenen. Nr. 7 enthält etne Bekannt-
machung deS großh. FtnanzmtntstertumS: Den Vollzug deS.
Art. 24 des Münzvertrags vom 24. Zanuar 1857 betr.

Nr. 8 enthält : Verfügungen und Bekanntmachungen der
Mtntsterien. 1) Bekanntmachung deS großh. Zusttzmtnt-
stertumS: Dte Ernennung der SchwurgertchtSpräsidenten
für das 1. Quartal l. I. ^etreffend. Darnach werdeu er-
nannt: für den Ünterrhetnkrets: HofgertchtSrath Ruth in
Mannhetm und für den Fall setner Verhinderung Hofge-
rtchtsrath Retnhard daselbst; für den Mtttelrhetnkrets: Hof-
gertchtSrath Puchelt in Brvchsal und für den Fall setner
Verhtnderung HofgertchtSrath Gerbel daselbst; für den Ober-
rhetnkreiS: HofgertchtSrath Etmer tn Fretburg und für den
Fall setner Verhtnderung HofgertchtSrath Wtelandt daselbst;
für den SeekretS: Hofgertchtsrath ^>elb tn Constanz und
für den Fall setuer Verhinderung Hofgertchtsrath Mann
daselbst. 2) BekanntMachung des großh. HandelSmtniste-
riumS: Dte Ertheilung von ErfinLungSpatenten an die
HH. Albert Cohen, Vatllant und Comp. tn Harburg (für
etn von denselben erfundeneS neueS Verfahren 1) zur An-
ferttgung runder Fäden aus vulkantfirtem Kautschuk, 2) zur
Anferttgung beltebtg langer Gegenstände aus demselben
Matertal und 3/zur Hervorbrtngung von Verzterungen
auf dünnen Kastfchukwaaren). 3) Bekanntmachung deS
großh. FtnanzmtntstertumS: Die erste Sertenztehung zur
27. Gewtnnztehung vom Lotterteanlehen zu sünf Mtlltonen
Gulden vom Zahr 1840 betreffend.

Karlsruhe, 10. Februar. 70. öffcntliche
Sitzung ver zweiten Sitzung. (Fortsetzung u.
Schluß.) Abg. Bcck crklärt sich für die Be-
anstaudung der Wahl, nicht sowohl wcgen der
rechtlichen, als politischen und moralischen Be-
deutung der Frage. Er habe im Lauf der
Discussion Selbstbkkenntniffe gehört, die ihn
an eine längst vergangenx Zeit crinnerten, wo
die Wahlbeeinsiuffung Regel war und dann
dic traurigen Folgen der Parteiungen nicht
aitsblieben. Er werde sich jcderzcit gegen eine
Wahl erklären, sobald er höre, daß sich ein
Beamter dabei eingemischt habe, denn dic Leute
unterscheideii in dem Beamten nicht den Pri-
vatmaiin und den Träger der öffentlichen Ge-
walt. Die Unterscheidung zwischen Privat-
und Amispersönlichkeit ist auch nicht möglich.
Der Beamtc soll gar nicht agiliren; ein wirk-
licher Mißbrauch der Amtsgewalt aber ist cs,
wenn er gegen das Ministerium agitirt. Die

Eine Entsührung.

Der Wicner Feuillctonist dcr „Prcffe" schreibt:
Mitten in den Fafching sällt eine komische Entsüh-
rungsgeschichte. Um uns ntcht etwa wegen Billi-
gung einer ungesctzlichen Handlung Verdrießlich-
keitcn auszusetzcn, bcginncn «ir mit Lcr Erklarung,
daß die Entsührung der Tochter mit Erlaubniß des
Vatcrs vor fich gegangen, und nach dcm alten Satze
„Voleoti nou iit iojuria" weder Vater noch Staats-
anwalt ein Klagcrccht haben, „etnc herzbrcchende
Klausel, sich dcn Magen warm zu halten", würde
Roller, dcr honneteste aller Räubcr, gesagt haben.

Dic Geschichte begtnnt, wie die Heine'fche Ro-
manze: „Es ijebt ein Knab' ein MLdchcn." Al-
lein schon in dcr zweitcn Zeile tritt eine Vcrfion
ein: das MLdchcn hatte kcinen Andern erwählt,
wohl aber des MLdchens Vater, ein retcher, etwaS
wunderlicher Kauz, ber auf Anrathen eincr ein-
flußreichen Wirthschafterin, wclche die erwachscne
Tochtcr im Hause muthmaßlich genirtc, dieser einen
nicht mehr jungen, dafür ader schr retchcn BrLuti-
gam ausgetrteben hatte. Jubcl dcS Lltern Klee-
blattcs, Vcrzweiflung der Liebesleute. Der junge

Mann thut endlich ctnen cnergischen Schritt tn die
Schreibstube des VaterS, er bittet, fleht, droht, —
vergebens! Er crklärt, daß er ohne sic nicht le-
ben könne, Papa meint, das sei ihm ganz glcich-
giltig; der Vcrzweifeltc zieht cndlich — ein Zei-
tungsblatt hervvr, und licst dcm Altcn cine No-
tij, daß crst diese Wochc wicder ein Lommis aus
unglücklicher Liebe sich crschoffen habe. „Deshalb
itz doch ntcht dcr mindestc Mangel an Lommis",
replictrt dcr Altc. — „Zch zünde Zhnen daS HauS
an", droht der Zunge. — „Jch bin affccurtrt",
lächelt das alteKieselhcrz. — ,;Nun denn, ichwerde
Zhrc Tochtcr noch vor dcr Trauung mit dcm Ver-
haßten entführen." — Der Alte stutzte, das ist was
für den wundcrlichcn Patron. — „Hm! entführen!
das wärc ctwas!" meint cr; „gut, — wenn es
Ahnen gelingt, meine Tochter zu entführcn, so
sollen Sie dicselbe haben. Allcin ich mache Sie
daraus aufmerksam, daß die Zeitcn, «o Eduard
mit Kuntgunden bcim hintern Pförtlein hinauS-
tritt, vorübcr find. Selbst die Kutschen mit den
vcrmummten Männern sind tn dcn Tagcn, vdcr
vtelmehr in den NLchten der GaSbelcuchtung und
der Polizcimänner eine Nnmöglichkelt. Zch wcrde

Kammer möge in dem vorliegenden Falle da-
her als politische Jurp darüber wachen, daß
kein Eingriff >n das wichtige Recht der Wahl-
frciheit vorkomme.

Abg. Regenauer stimmt gegen den Mi-
noritätsantrag. Sieb's Erklärung, daß er
sür einen tüchligen Candidaten, für eine gute
Wahl gewirkt, habe ihn gesreut; er habe Ach-
tung vor dem muthigcn Charakter, der scine
Ueberzeugung ohne irgend welche Rücksicht
ausgesprochen habe; mit dcm voüsten Verirauen
würve er diesem muthigen Manne einen Pro-
zeß übergeben.

Den zwciten Beschwerdepunkt betreffend,
kann von einer Nichtigkeitserklärung nicht die
Rede sein, wohl aber von einer Beanstandung;
derartige Petitionen werden abcr in aufgereg-
ten Zetren häufig kominen. Wenn man ihr
jetzt nachgibt, so wird man den Eintritt eines
Mannes verzögern, der für die Kammer jext
eine wünschenswerihe Kraft ist. Man darf
aber durch diese Verzögerung auch nicht An-
iaß geben zu Gleichgiltigkeit in dcn Wahlbe-
zirken, jetzt wo cine gewiffe Apathie thatsäch-
lich schon hie u»d da besteht.

Abg. Fingadv motivirt seine Abstimmung
für die Minorität, da wesentliche Formvor-
schriften verletzt seien.

Abg. Knies: Es handelt sich nicht um
Nichtigkeitserklärung, sondern um Beanstan»
dung; diese kann qbcr eintreien, wenn Zwei-
fel an der Richtigkeit bes Wahiprotocolls auf»
tauchen. Dies ist hier dcr Fall. Die Beden-
tung des Beamten und sein Einfluß ist nicht
zu llntcrschätzen. Manche Aeußerung in der
bisherigen Debatte habe er mit wahrem Be-
sremben vernommen. Das Wahlgeseß hat mit
minutiöser Genauigkeil Formvorschriften auf-
gestellt, und erst in dieser Seffion sind auS
rein forinellea Gründcn Wahlen für ungiltig
erklärt worden. Und jetzl wtll man einc lare
Jnterpretation aus Zweckmäßigkcitsgründen.
Das haben in großen Dingen die Haffenpfluge
auch so gemacht. Jn unserem Fall gibt das
Gesetz aber klarc Vorschristen, und sich darübcr
hinaussetzen wollen, wiverspräche dem Geiste
der Versaffulig.

Abg. Spohn: Ausdrückliche Vorschriften
und die Natur der Sache verlangen, daß der
Wahlzettel und Umschlag von dem Wahluianne
selbst geschrieben werde; kein Wahlinann darf
seine Stimmc übertragen, das von Anderen
Schreibenlafsen ift aber eine Uebertragung.
Die Wahl ist daher zu beanstandcn.

Abg. Walli: Die Absicht des Gesetzes ist
Schutz der Wahlfrciheit. Man soll nicht am

von metüein Hausrecht und vop all meinen sonsti-
gen Rechten Gebrauch machen. Geltngt eS Zhncn
dennoch, Emina zu entführcn, dann bekommcn Ste
das MLdchen, meincn Segcn und 1til),0Ul> fl. —
Adieu!"

Dcr junge Mann ging etwaS consternirt fort.
Emma ward von selbiger Stunde unter unmtttel-
barc Aussicht dcr Wirthschastcrin gestcllt, und nte
hat ein Drache im MLrchcn eine verwunschene Prin-
zesfin mit mehr Etfcr, Gcbulo und Ausdauer be-
wacht, alS dicse Madame dlc arme Emma. Gleich-
wohl waren die Licbesleate im Sttllen thätig, und
im Wcge geheimer üorrespondcnz wird ein Plan
entworfen, ein modcrner Plan, der, von Eduards
Rößlein und von den vcrmummtcn Kutschern der
Dubarry-Pertode abstrahircnd, dte Eiscnbahn alS
Entführungsmittel wählt. ES kommt von Baden
eine Einladung. SchneilmeyerS, bei denen man
übcr Sommer gewohnt, geben etnen HauSball, nnd
Papa Wundcrlich, der die HausbLlle schon deShalb
nicht leiden kann, «eil man anf denselben keine
DebardeurS findet, gibt sctne Einwilligung, daß
Emma, selbstvcrständllch unter den Fittichen von
Madame, nach Baden fahrcn darf. (Schluß f.)
 
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