Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Januar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0101

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ueidtlbtrgtr Itilung.

Erscheint, Montags auSgenommen, täglich.
MMHA. " PreiS vierteljährlich 54 kr.

* Politische Umschau.

Ein in München emgetroffenes Tclegramm
aus Tilrin meldcl: Der Krlegsmlnister habe
etnen Befehl erlaffen, demzufolge dre Conscrl-
birten der Altersclasse von 1856 und 1857
aller Waffengattungen, sowohl der actlven
CorpS wie der Depots, vom 1. Februar an
cinen Urlaub auf unbestimmte Zeit erhalten
sollen.

Nach dem »Nürnb. Corr."r sollen bezüglich
der weiteren Schritte, welche Oesterreich und
die Mittelstaaten in den Bundesreform-Ange-
legenheiten thun werden, in kürzester Zeit er-
neute Mlliisterconferenzen in Wien stattfinden.

Die „Berliner Börsenzcitung" hat, wenn
auch in Einzelnheiten auseinander gehende, so
doch im Wesentlichen übcreinstimmende Mit-
theilungen aus Karsruhe und aus Frankfurt
erhalten, „ach welchen eine Annäherung zwi-
schen der großh. badischen Regierung und
Oesterreich sich vorbereiten und wahrscheinlich
schon demnächst auch einen äußeren Ausbruck
erhalien würde. Ohne Zweifel würde wenig-
stens die moralische Bedcutung eines solchen
Ereigniffes nicht zu unterschäßen sein.

Nach rer Wiener „Prcffe" verlautet in diplo-
maiischen Kreisen, daß Lord Palmerston den
Prinzen Eduard von Weimar als Candidaten
für den griechischen Thron vorschlagen werde."
(Prinz Eduard, geb. 1823, ist dcr älteste
Vetter des regierenden Großherzogs, seit 1851
mit einer Lochter des Herzogs von Nichmonb
mvrganatisch vermählt.

Wie die Wiener „Preffe" meldet, hat dcr
Senat zu Bucharest einen Antrag auf Ab-
setzung Cusa's vorbereitet, weil derselbe die
Verfaffung in mehreren Punkten verletzt habe.

Die Pariser „Preffe" glaubt zu wiffen, daß
die Negierung der Pfortc eine Note an die
Eabinete von Wien und London erlaffen habe,
in welcher ste Rußland anklagt, an den Waf-
fensendungen nach Serbien mitschuldig zu scin
unv dieses Vasallenland zum Angriff der tür-
kischen Festungen aufzurcizen. Auch wird da>
rin gesagt, daß Rußland im Süden seines
Reiches Artillerieparks zusammenziehe.

Der „Norddeutschen Zeitung" wird geschrie-
ben, daß nach der Anficht zuverläffiger Polen
die Erhebung in Polcn gescheitert sei. Die
Nachrichten aus der Provinz Posen seien sort-
während günstig.

Die Warschaucr Studentenschaft hat nach
der „Schles. Ztg." fast einstimmig beschloffen,
stch den Weisungen des revolutionären Cen-
tralcomitee's nicht zu unterwerfen.

Tamstag,'3L. Zanuar 18«3.

Nachrichten aus Polen, die in Wien einge-
troffen, melden keineswegs die vollständige Un-
terdrückung dcs Aufstanves. Dic Stävte des
Landes sind im sicheren Besttz der Russcn.
Die Communikation ist inzwischen nach allen
Richtungeil unstcher, theilweise ganz gestört.

Die „Europe" meldet aus officieller Quelle
gegenüber ver „Patrie": Pasolini habe dem
griechischen Gesandten Roque zu Turin, und
der italienische Gesandte zu Athen der dorti«
gen provisorischen Regierung erklärt: Victor
Emanuel willige ein — wenn die Schutzmächte
nicht dagegen scien —, daß dcr Herzog von
Aosta den griechischen Thron besteige.

Wichcrem Vernehmcn nach bisdet eine der
wesentlichsten Schwierigkeiten in Bezug auf
die griechische Throncanbidatur des Herzogs
von Coburg, die bcharrliche Weigerung des
Königs Otto, auf die Krone Griechenlands
formell Verzicht leisten zu wollen.

Deutschland

Karlsruhe, 29. Januar. Se. Köntgl. Hohett der
Großherzog haben unterm 20. Zan. 1863 gnädtgst ge-
ruht, den Zngenieur und provisortschen Äerwalter der Eisen-
bahnbauinspectton WaldShut, Frauz Zoseph Grabendörfer,
zum prootsortschen Vorstand der neu zu errichtenden Eisen-
bahnbautnspectton Donaueschingen, und den Revidenten bet
deui Controlbureau der Oberdtrectton deS Wasser- und
StraßenbaueS, Wtlhelm Gerstner, zum Revtsor bet bteser
Stelle zu ernennen.

— Bour Neckar, 29. Jan. Die Bad.
Landesztg. hat in ihrer Nr. 22 eine Polemik
gleichzeitig gegen die Reactton und gegcn den
Radrcalismus eroffnet, die uns um ihrcr
Beschaffenheit willen eines Blattes, welchcs
sich rühmt, „das englische Zeitungsspstem zu
verfolgen", nicht ganz würdig scheint und uns
zu einlgeil Bemerkungen Veranlaffung gibt.
Fürs Erste mißfällt eS uns, daß sic ihren
Kampf mit eincm Sprüchworte beginnr, wel-
ches von gewiffen Klerikern gern im Munde
geführt, hier aber auf politische Dinge ange-
wendet wird: „Wo unser Herrgott eine Kirche
baut, baut bekanntlich gcwiß der Teufel ein
Wirthshaus daneben." Daß unter unsercs
Herrgotts Kirche der „Palast dcr politischen
Freihcit", an wclchem auch die Landeszeitung
mit baueu hilft, unter der Wirthschaft des
Teusels aber die von ihr bezeichneten und be-
kämpsten Gegner zu vcrsteyen find, wird man
von selbst errathen. Als Vcrtrcter der Reac-
tion erscheint verdientermaßen der Karlsruher
Anzeiger, dem die Landeszeitung nur zu viel
Ehre erweist, wenn ste mit ihm so viele Lan-
zen brichk, als bercits geschehen ist. Als über«
stürzcnde Radicalisten gcltcn ihr dte weiland

Hekdelberger Volkszeitung, die sogar
in den höheren RegierungSkreisen gcrn gelesen
wurdc, und die Neue Frankfurtcr Zei-
tung; leßtere aus dem Grunde, weil ste an
dem badischen Fortschrittsminlsterinm, „dcm
das badische Volk aufrichtig vertraut alS sei-
nem.Führer", auch einige Mängel findet und
eS nicht für einen unfehlbaren Papst hält;
v«r allen Dingen aber aus dem Grunde, weil
sie fich über cinen Theil der badischen Preffe,
über deren Respectpolitik und Vcrtrauensdusel,
wie man sie an der „LandeSbase" gewöhnt
»st, bisweilen lustig macht. Wir fühlcn uns
zwar nicht berufen, dic Anwaltschaft für die
Neue Frankfurkerin, die frcilich auch von ihren
Corrcspondenten manchmal irre gcführt wird,
zu übernehmen; sie mag ihre Sache selbst ge-
gen die Landcszeitung führen. Wenn letztere
aber die badischkn Minister dadurch zu heben
sucht, daß ste das badische Vvlk herabsetzt,
indem ste behauptet, daß demselben „die Mi-
nister bisher mit ihren Reformen stets eine
vvllc Manneslänge voraus waren;" wenn sie
„den wahren Grund unseres vorsichtigeren
Vorschreitens" (cine euphemistische Redensart)
in unserem „durch die Erceffe des RadicaliS-
mus gewitzigten Volk" finbet, wclcheS „nvch
nicht zur vollen Aufnahme der politischen Thä-
tigkeit eingetreten" sei; wenn sie scrner von
sich selbst, d. h. von der Badischcn Landes-
zcitung, die bescheidene Mcinung hegt, daß
sie „bisher noch in allen Fragen weiter und
rascher vorangegangen sei, als das Ministe-
rium", dem sie doch bekanntlich als dienstbare
Magd nur die Schleppe trägt, und wenn ste
diese hvhe Meinung von stch nnter Anderem
auch durch die Thatsache zu bekräftigen sucht,
daß sie ja „sür den Nationalverei» und scin
Programm einstehe;" wcnn ste endlich die
Maffe falscher Neuigkeiten, womit sie sich von
ihren Correspondenten wiederholt schwindeln
läßt, durch die großsprecherische Phrase zu be-
schönigen sucht, daß sie cs auf die Heran«
bildung von Mitarbeitern in abgelegenen
Landestheilen" abgesehen habe: so sinv daS
journalistische Kniffc, womit ste keinen beson-
nenen Lescr berücken, sonvern nur sich selber
lächerlich machen kann. Die Krone aller Lächer-
lichkeitcn ist aber der „Kampf gegen die Ka-
plane", den sie „so cnergisch geführt^, und
von dem sie mit der naivsten Einbildung be<
hanptct, daß ohne ihn „unserc neuc Gesetzge-
bung in Kirchensachen dem Volke gegenüber
nicht tn der glücklichen Stellung stünde, iu der
sie sich heute Gottlob befindek." Hoffentlich
werden daS badische Volk und seine Regierung

New-Porker Gcrichtsberhandlung.

Er heißt Patrick Mac Keon, und eS ist daher
nicht nöthig, zu sagen, «o scine Wiege gestanden.
Er dicnt dermalen als Scrgeant in einem Krei-
wtlligen-Rcgimcnt, ist ein hübscher, muthiger Junge
mit krausem Haar, und begretft sich aus allcn dte-
sen Gründen, daß er gcgen keinen Feind größere
Erfolge aufzuwcisen hat, alS gegen das schöne Gc-
schlecht. Dem entsprecheno, besitzt dcr galantc Mac
Kcon denn auch, obgleich eifrigcr Katholik, schr
auSgesprochene mormonische Gesinnungcn. Er ist
nicht einmal bei der fimpeln Btgamie stehen ge-
blicben, sondern nennt drct lcgittme Frauen scin,
und stand sogar eben auf dem Punkt, dte Blätter
diescS licblichen Klecblatts um eineS zu vermehren,
als etner der bei diescm Wechsel interesfirten Vor-
mLnner, «ill sagen, etne setne, früheren Fraucn,
dic HeirathSlnante thres Ungetreu-n denuncirte.
Patrick erschcint daher in sctner schmucken Uniform
vor dem Richtcr. Bet seincm Etntritt widmet cr
drei netten Jrländcrinncn ein süßeS, jcdoch etwaS
sabeS Lächeln. ES sind Anklägerinnen.

Der Richtcr: Mac Keon, Stc find Unterofsizter
der födcrirtcn Armee; tn diescr Eigenschaft sollten
Ste in dcr Achtung vor dem Gesrtz alS Muster
Licncn! Wie komint cs nun, daß Sie, mit Ver-
achtung der Rcligion, der Moral und der Gesctzc
JhreS Adoptiv-VaterlandcS, drei Fraucn zugleich
geheirathet haben, und damit nicht genug, noch
eine vicrte junge Damc unglücklich zu machen suchen?

Der Angeklagte, mit süßlächelnder Miene: Ia,
mein Hcrr, daS wciß ich selbst nicht; ich kann
Zhnen nur sägen, daß tch cin mcrkwürdtgeS Glück
bci den Wclbcrn habe. Da ich babei sehr dclicat
bin, so will ich keine vcrführen; tch schone also,
da ich mich ihrer doch nicht cntledigen kann, thre
Ehre, und gebe thnen mcinen Namen, leider daS
Einzige, IvaS tch besttze. Gcrne würde tch mich
großmüthtgcr gcgcn sie bezcigen. UcbrigenS be-
handle ich fic sehr gut, und wird sich keine übcr
mich beklagen.

Der Richter: Laffcn Sie diese schlechten Späffc
und antwortcn Sic etwaS ernsthafter! WaS haben
Sie zu Ahrer Verthetdigung zu sagen?

Wac Keon: Zch wiederhole mtt aller Aufrtchttg- >

keit, daß ich fie heirathete, um fie nicht «erführen
zu müffen. Jch weiß wohl, daß tch dabei nicht so
ganz im Recht «ar, aber wte soll man dicsen aller-
licbsten klcincn Gcschöpfen wtdersteheu? Kragen
doch Eure Ehren mcine Aiiklägeriiinen, ob fie ntcht
mit aller Gewalt gcheirathct fein wolltcn? (Hier-
bei lächcltc der Angeklagte mit großer Selbstzufrie-
denheit.)

Die dret KattieS «erfen etncn zärtlichen Blick
auf den jungcn Scrgcanten, erhebcn sich auf einen
Schlag und bestätigen scine AuSsage.

Nachdem der Richtcr dem Angeklagten ohne son-
derlichcn Erfolg das Unmoralische und Verbre-
cherische seines LebenSwandels auScinandergefctzt,
verhört er die drei jungen Fraueiz, Ste bcmüh-
ten fich sämmtlich, dte Schuld Mac Kcon'S nach
Möglichkcit zu bemänteln. Eine derselben schließt
ihrr Aussage mtt den Worten: „Scicn Eure Ehren
nicht zu strcng gegen ihn; er ist wohl siattcrhaft,
aber doch ein herzenSguter Jungc, wcnn man ihn
ctnmal hat! Er trinkt nicht, er sptclt nicht, und
hat mich tn den sechs Wochen unserer glücklichen
Ehe nicht ein einzigesmal geschlagen. Warum hat
man thn doch angezeigt? Liebcr HLtten wir unS
 
Annotationen