Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
April
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0345

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
N" 88. Pr.>«

* Politische Umschau.

Die deutsche -Civilprvzeß - Commiffion in
Hannover hat den allgemeinen Theil bes deut-
schen Prozeßgesetzes vvllendet.

In Königsberg erschien soeben im Druck:
„Sind die Mitgliedcr des Herrenhauses Volks-
vertreter? Vortrag in dem Vereine der Ver-
faffungsfreunde am 21. März 1863 gehalten
von Dr. Johann Zacobp." Dcr Vortrag
schließt: „Es ist an der Zeit Einspruch zu
erheben gegen die Behauptung, daß dcm Her-
renhause der Charakter einer Volksvertretung
zukomme. Das Abgeordnetcnhaus — um mit
Grabows Worte zu lchließen — ist die allci-
nige, aus allgemeineii Wahlen hervorgegangene,
wahre Vertretung des preußischen Volkes."

Die Wiener „Generalcorrespvndenz" meldet:
Die von der Augsburger „Allgemeinen Zei-
tung" gebrachtc Nachricht, Napoleon habe in
Turin über die disponibeln Streitkräste Er-
kundigung eingezogen, wird auch von anderer
Seite alö richtig bestätigt, gehvrt aber offen-
bar in dcn Bereich eiuer früheren Phase der
polnischen Frage, wo ,es sich nämlich um ein
gemeinsamesVorgehender acht Mächte handelte.

Nach der „Leipzigcr Ztg." wird die Köni-
gin von England bevorstrhendcn Svmmer wie-
der längere Zeit in Cobuxg zubringen.

Ueber eine Aeußerung des englischen Mi-
nisters Ruffel ist die Rh. Z. sehr genaü un-
terichtet, und zwar von Kiel aus: Russel habe
nämlich vor kurzer Zeit gegen eine hochgestcllte
schleswig-holsteinische Person geäußert: „in
diesem Augenblick ist es uninöglich, für SchleS-
wig-Holstein etwas zu thun; die Sache dieser
Herzogthümer läßt sich nicht nennen, ohne der
preußischen Regierung zu erwähnen, und diese
steht bei allen europäischen Völkern in einem
solchen Credit, daß ihre Einmischung das Grab-
geläutc für Schleswig-Holstei« sein würde."

Zwischen England und den Vereinlgten
Staaten ist eine neue Convention zur wirk-
sameren Unterdrückung des Sclavenhandels
in Washington unterzeichnez worden; das Un-
tersuchungsrccht der Kreuzer ist dakurch auf
die Küsten von Madagascar und der west-
indischen Jnseln ausgedehnt worden.

Nach den Berichten aus Richmond herrscht
dort Hungersnoth und Jnsubordination in der
Armee; die Garnison von Fort Sumter hat
förmlich den Gehorsam aufgekündigt; sie wollte
ihren Postcn verlaffen; Beauregard ließ einige
der Widerspenstigsteu erschießen.

Wie die pariser „Preffe" meldet, bereitet
Mqzzini eine Erpedition gegen Venedig vor.

Donnerstag, 16. April

Nach anderen Quellen hat Mazzini, der stch
im Canton Tessin befinden soll, die Absicht,
einen Aufstand im Venetianischen zu provo-
ciren. Geheime Anwerbungen haben in Maffe
Statt gefundcn. (s. Mailaud 11. April.)

Wie die „Weimar. Zcitung^ mittheilt, hat
Kaiser Alerander außer der umfaffendsten Am-
nestie noch weitgehende Concesstonen in libc-
ralem und nationalem Sinne in Aussicht ge-
stellt.

Deutschland

Karlsruhe. Am 15. d. ,M. versammeln
sich zu Utrecht in den Niederlanden dic Be-
vollmächtigten der sieben Rheinuferstaaten, um
wegen der bei Kuilenburg über den Leck zu
bauenden festen Brücke und die von Seitcn
der niederländischen Regierung der Schifffahrt
gegennber zu erfüllcnden Verbindlichkeiten eine
Uebereinkunft abzuschließen. Als Bevollmäch-
tigtcr für Baden begibt sich der Geheime Re-
ferendär Dr. Dietz nach Untrecht. Die zur
Berichterstattnng über den tcchnischen Theil
des Brückcnbaues von der Rheinschifffahrts-
Ceniral-Commission einberufenen Hydrotech-
niker versammeln sich am 14. zu einer Con-
ferenz und Jnspection in Kuilenburg.

Karlsruhe, 12. April. Dic zweite Kam-
mer wird am 20. d. M. ihre Arbeiten wie-
der aufnehmen, die erste Kammer jcdoch nicht
vor dem 27. d. M. zusammentreten. Obgleich
die CommissionSberichte über fast fämmtliche
Vvrlagen der Regierung erstattet sind, und
somit die Sißungen ununterbrochen gehalten
werden können, so ist doch der Zeitraum ver-
hältnißmäßig schr kurz, innerhalb dessen die
Geschäfte dieses Landtags erledigt sein müffen.
Denn mit dem 1. Zuli ist die diesmalige
Lanbtagspcriode bcendigt, und das Mandat
von einem Viertel der Mitglieder der zweiten
Kammer ist mit diesem Tag erloschen.

Freiburg, 13. April. (F. Z.) Der hiestge
Arbeiterbildungsverein hat in seincr gestrigen
Generalversammlung einstimmig einen Protest
gegen die Flugschrift des Literaten Ferdinand
Laffalle rn Berlin: „Offenes Antwortschreiben
an den Centralausschuß des Arbeitercongreffes
zu Leipzig" und gegen den Ausschuß zu Be-
rufung eines allgemeincn Arbeitertags aüda,
welche die Arbeitervereine zu politischen Be-
wegungcu benützen wollen, beschloffen.

— Aus Baden, 12. April. D>er schon
bis zur Uebersättigung besprochene Erlaß des
Oberkirchenraths in Betrcff der Familienre-
gister erweckt freilich in formeller Beziehung,


gegenüber dem Beschluffe der Generalsynode
die sich eine nochmalige Vorlagc vorbehalten
hat, gerechte Bedcnken, die übrigens durch die
Statthaftigkeit einer zweifachen Auslcgung
dieses Bcschluffes und durch die in Bezug auf
Jnhalt und Materie anerkannte gleichgültigc
Eigeuschaft des oberkirchenrathlichcn Erlaffes
wesentlich gemildert werden. Zedcnsalls kann
aber diesem Erlaffe keine solche Wichtigkeit
beigelegt werden, daß es zu entschuldigen wäre,
wenn eiue gewiffe Zeitung unseres Landes
cine ganze Woche hindurch ihre Leser in jeder
Nummer mit drei langweili'gen, wiederkäuen-
den Artikeln über diescn Gegenstand tractirt.
Die in Frage stehenden Fami'lienregister sind, ohne
d'aß ihnen jedvch ein officieller Charakter zu
kam, in manchen Pfarreien unscres Landes
schön seit 50 Jahren angelegt, und es ist nicht
zu verkennen, daß sie die Amtsführung in
mancher Beziehung erlcichtern, besonders aber
bei Ausfertigung von Stammbäumen, bci Ver-
wandtschastsnachweisungen und Erbschaftsan-
gelegenheiten von großem Werthc sind. Ällcin
die crste Anlegung und Einrichtung dieser
Register ist in größeren Stadtgemeindcn mit
ungemeinen, in einzelnen Fällen kaum zu über-
windenden ischwierigkciten verknüpft, und die
Generalsynode, die überhaupt die Fragc über
die Einführung solcher Familienbücher noch
nicht für spruchreif hielt, hat wohl daran ge-
than, wenigstens für die Städtc eine Aus-
nahme vorzubehalten. Der größte Feind dieser
Familienregister, der, wenn sie zu Stande
kommen, die Fortdauer ihrer Eristens unfehl-
bar gefährden wird, ist daS Gesetz der Frei-
zügigkeit, wodurch eine immerwährcnde Fluc-
tuation in die Gemeinden kommt, die den Fa-
milienstand einer unablässigen Veränderung
unterwirft. Nach unserer unmaßgeblichen
Meinung soll die Einführung von Familicn-
büchern gar kein Gegenstand der kirchlichen
Geseßgebung, sondern nur der Verordnung sein,
weiche die Rücksichten dcr durch Gemeindever-
hältniffe bedingtcn Zweckmäßigkeit und Aus-
führbarkeit dabei im Auge zu behalten hat.
Wir betrachten diese Bemcrkungen als genü-
gend für Zhr Blatt, welchcs, soweit uns be-
kannt ist, von diesem Gegenstande bis setzt
noch keine Notiz genommen hat.

Speyer, 13. April. Auf der protestan-
tischen Generalfynode hatten dic beiden Par-
teien ihre Kräfte heute zum ersten Male zu
meffcn. Es handelte sich um die Wahlen des
Ausschuffes zur Prüfung der neuen Wahl-
ordnung für Prcsbyterien und Synoden. Die
Rcformpartei hal dabei vollständig gestegt,

Eine Wolfsjagd im borigen Jahrhundert.

(Schluß.)

Binnen sechs Monaten waren mehr als 40 all-
gemetne Jagden vcranstaltet worden, an welchen
fich bis zu 100 Gcmeiliden bethciligt hatten, über-
dies hatten noch cinc Menge bcfonderer Zagden
und Nachsxürungen stattgefunden, die abcr alle,
nngeachtet des Eifers, der Erfahrung und vielfach
erprobten Geschicklichkeit dcr JLgcr, ohne den so sehn-
lichst erwünschten Erfolg warcn, und daS Ende der
Unglücksfälle in dicsem Landc schien entfernter als
je. S° viele vergcblichc Anstrengungen, so viele
unnützc Strapatzen hatten die Ausdaucr aller derer,
welchc sich daran bethciligt hattcn, crschöpft. Müdc,
und eincr so bcschwerlichen und doch erfolglosen
Jagd überdrüßig, verlteßen die Zäger der benach-
barteu Provinzen die Gegcnd und gingen nach Hause,
weil sic doch nicht hclfcn konntcn.

Der König war fortwährend von dem Resultate
der abgehaltcnen Aagden in Kenntniß gesetzt wor-
den und nun beauftragte er scinen Oberjagdmei-
ster und Büchsenhalter Antoine, Ritter deS heilt-

gen Ludwigsordens, mtt ctner Abtheilung der ge-
übtestcn Leute auS dem Jägercorps seiner Jagdhöfc
zu Versailles und zu St. Germain-en-Layc und
mit sämmtlichen Wolfsjagdhunden dahin abzugehen
und nicht zurückzukommen, ohne daß cr den Wolf
crlegt habe. Die Herzöge vön Orleans und Pen-
thievre, sowic der Prinz von Condo becifcrten sich,
dic Absicht des KönigS zu unterstützen, indem sie
den Kcrn ihrer Jäger jenen beigeselltcn und unter
die Befehle deS Oberjagdmcisters stellten.

Diese ansehnliche Gcsellschaft kam Mitte Iuni
1765 in Gevaudan an, und alsbalb wurden von
diesen Männern dcr vollendetste» Erfahrung die
geschicktesten Disposittoncn angewendet und dte Zag-
dcn wurden mit einer Uebcreinstimniung gemacht,
die hoffen lteß, daß das Terrain, in welchem sich
dic Schlupfwinkel dcS Wolfcs befanden, nunmehr
ganz bestimmt cingeschloffen werden würde und die
Kugcl eineS der anwcsenden auSgezeichneten Schütz-n
Lem zähen Lcbcn deS LnthiereS daS längst verdiente
Endc machcn werde.

Aber auch diese Hoffnung war trugcrisch, unge-
achtet der unaufhörltchen Verfolgungen jedcr Art,
«elche Tag für Tag und selbst in gar mancher Nacht

stattfanden, cntschlüpfte das Thier noch Monate
lang diesen zahlretchen Fcindcn, während welcher
Zett es wieder verschiedene Kinder und Weiber an-
fiel, deren eine stch so tapfer vcrtheidigte, daß fic
ihm mit einem an etnem Stockc bcfestigten Bajo-
nctte cinen tüchtigen Stich beibrachte.

Mehrcrc Wölfe, die ohne Zweifel manche auf
Rcchnung jenes alten Wolfes gcsctzte Unthat ver-
übt hatten, wurdcrr in der Zwischenzeit getödtet,
als endlich auch Jener an die Rcihe kam.

Dem Oberjagdmeister — welcher den Bcfehl des
Königs befolgcnd, schon über 3 Monate in der Ge-
gend verweiltc — war bcrichtct «orden, es hätten
sich Wölfc in den Wäldern der köntglichen Abtet
Chapes'in Auvergne gezeigt und trieben da ihr Un-
wescn. Soglcich schickte cr zwet Wildmetster mit
einer Anzahl Zägcr, Tretber und Hunden dahin
ab. Diese ließen ihrem Hcrrn sagcn, fie HLtten
wtrklich cincn großen Wolf, eine Wölstn und Mkh-
rere junge Wölfc aufgcspürt, und nun begab stch
dcr Oberjagdmeister am 20. Scptember mtt allen
scinen Leuten dahin, nachdem er wettere 40 Schützen
zugezogen hatte. Er ließ das Gchölz umstellen und
dann durch die Treiber mit ben Hunden vurch-
 
Annotationen