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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0277

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M. 71.


MittV-ch, 23. März


L8«3.

EinLadung zum Abonnement

auf die

Hei-elbergerZeitung

mit dem Herdelberger Tagblatt und Straßeaanzeiger.

Auf die Heidelberger Zeitung werdcn auch für das II. Quartal 1883 Bestellungcn angenommcn. Auswärtigc Abonnenten «ollcn fich damit
frühzeitig an das nächstgclegene Postamt wcnden, damit nicht wegen vcrfpätctcr Anmelbung nur unvollständige Eremplare gcliefert werdcn müffen. Die
Heidclberger Zeitung piird, untcrstützt durch tüchtige Correspondenz, «ie bishcr, auch ferner die Bahn dcs Fortschritts mit Freimuth beharrltch »erfolgen
und Labei den uationalen Standpunkt festhaltend in dieser Richtung namcntlich die Angelegenheiten des gesammten deutsche» und jenc unseres cngeren
BaterlandeS Baden der Bctrachtung unterzichen, überdicß alle wichtigen und intercffanten Lhatsachen der Tagesgeschichte so schleunig als mögltch und cbenso
die telcgraphischen Nachrichten milrheilcn. Die Berhanblungen unserer Stänbckammern werden jeweils am andern Tage nach der Sitzung in unsercm
Blattc veroffentlicht. - Bezüglich der Schulfrage werden wir die Lrennung der Schule von der Kirche, und damit die größerc Selbstständtgkeit des Lchrer-
standeS besürworten. .

Mit der Zcitung verbunden ist ein dreimal wöchentlich erscheinendes Unterhaltuiigsblatt, um auch den für diesen Theil deS Blattes fich urehr in-
tercfstrenden Lescrn cinc größcre AuSwahl und Mannichfaltigkeit zu bietcn.

Wic biSher werden wir uns angelcgcn sein laffcn, unscren localcn städtischen Verhältniffen gebührende Beachtung zu widmen

Schließlich sei bemerkt, daß wir dte obrigkeitlichen Bekanntmachungen sowohl, wie alle Anzeige» aus dem praktischen Gebiete und die Ankündigungen
der Behörden theils vollständig, theils auszugSwcise mittheilen werden. ZnSdesonvere werden dabei alle aus das öffentliche, commerciellc und
sociale Leben sich beziehenden Anknndigungen eine Stellc finden.

Sämmtliche für die Hctdelberger Zeitung bestimmtcn Anserate «erden außerdem Aiatis noch dnrch das Tagblatt untz
den Straßcnanzciger vcrbreitet. Die Hetdelberger Zcituna erscheint täglich (Montags ausgcnommen) tn groß Fölio. Der vicrteljährige Abonne-
mentspreis beträgt 54 kr. Für Auswärtige kommt dazu noch der Postausschlag.

Hcidelderg, im MLrz 1863.

Adolph Emmerlmg.

Verlagsbuchhandlung und Buchvruckerei.

44 Der Berfaffungskampf in
Preußen,

als das bcdeutungsvollste, uus zunächft be-
rührende Ereigniß, dars über den Äegebeuhei-
ten in Polcn nichl außer Acht gelasscn werden.
Man thcilt ziemlich allgemein die Ueberzeu-
gung, daß die gegeuwärtige geschraubte Lage
der Dinge in Preußen aus die Dauer unhaltbar
sei. Doch ist Bismarck'S Abstcht biS jetzt
nicht, zurückzutretkn, vielmehr scheint sein gau-
zeS Dichten und Trachtcn daraus auszugcyen,
stch ver ihm lästigen Bolksvertretuiig zu eiit-
lebigen, und an ihrer Stellc eine für scine
Zwecke brauchbarere zu gewiuncn. Die Ver-
sassung bietet ihm hierzu bas Mittel ver Aus-
lösung beS Lanbtages. Noch stnd aber bie
Umständc nicht darnach angethan, uin von
Licsem Mittel Gebrauch zu uiache», ba, wie
hcute vie Dmge stchen, vie tzenbalpartei von
emer Neuwaht nur dic Wieberwahl des ge-
genwärtigen Abgeorbnctenhauseö zu crwarten
hat. Sie geht baher vor Allem daraus hinaus,
Zcit zu gewinnen. Sobald das Haus bie
Budgetdebattc geschlossen hat — wozu der
Monat Aprii in AuSsicht genommen ist — soll
der Landtag geschloffen und bie daraus sol-
gendc Zeit, in wetcher der Rcgierung allkin
zu wirken vergvnnl ist, zur Bearbertiing der
Wählcr mit allen Mikteln benützt, im Herbst

die Auflösung ausgesprochcir, und endlich im
Dcccmber dic Neuwahl gewagt werden. Nach
den Probens welche das preußische Volk biS-
her von seinem versaffungsmäßigcn Sinne
gcgcben, wird man übrigens ziemlich getrost
den Ergebniffen dieser ministericllen Rechnung
entgegensehen dürscn. Bercils zweimal unb
jedesmal unter anderen Verhältniffen haben
bie prcußischen Wühler ihr Volimi gegcn das
hinlcr der Heerksorganisation stchende mili-
tärisch-absvlutistische System abgegeben. Statt
daß aber seitdem von der Regierung etwas
geschehcn wärc, was dazu hätte dienen kön-
nen, die Antipathien des Landes zu uiilbern,
hat ste burch die Verfaffungswidrigkeit der
budgctlosen Berwaltung, durch die Convention
mit Rußlanb u. drgl. mchr gerade umgekehrt
nnr Antipathien gegen sich geweckt, während
anbererseits das AbgevrdnctenhauS durch die
besonnene Energie, mit der es dic Verthcidi-
gung der Landesintereffen gcfnhrk, immer neue
moralischc Erobcrungen gemacht hat. ES wird
also Hrn. v. Bismarck schwer fallen, diese Er-
oderungen, auch wenn ihm voüe acht Monate
vergönnt sind, rückgängig zu machen und —
man weiß nicht wodurchl — bie Wähler sür
sich zu gewinnen. Gleichwohl wäre es wenig
rathsam, sich in Sicherheil zu wiegen, und
den Plänen des Minifteriums unbekümmert
das Feld zu räumen. Die liberale Partei i»

Preußen muß vielmehr jedcn Fuß des gewon-
nenen Terrains zu erhaiten suchen. Hierzu
ist aber das wichligste Mittel — die sich ver-
längernde Debattc im Abgeordnetenhause. Hr.
v. Bismarck rechnet darauf, den Landtag im
April schließen zu können. Die Volksvertre«
tung hat aber die dringendsten Gründe, wenn
das Ministerium vvn einer sofortigen Auflö-
sung absteht, sv lange als möglich beisamuien
zu bleiben, unb die wciter noch nöihigen De-
batten zu pflegen. Hieryer gehört vor Allem
jene übcr ben Forckenbeck'schen Entwurf eines
Kriegsdienstgesetzes, welches man der von der
Rcgierung vvrgelcgtcn unannehinbaren Äili-
rärorganisätion gegenüberstellen will. Denn die
bloße Ablehnung der Forberungen der Regie-
rung für bas Miiitärbüdget ist ungenügend.
Dieselbe wahrt vielmchr nur den 8tstns quo;
es ist äber nölbig, baß das Haus etwas Be-
stimmles und Positives in der Militärreform
an die Slelle der von der Regierung geschehe-
nen uiiannehmbaren Anträgc setze.

Außerdem liegcn noch zwei weitere, eben-
salls sehr bedeutsäme Gesetzeulwürse vor:
nämlich bie von dem Abg. Lctle und Genvssen
cingebrachte Kreisordnung und das aus den
Berathungen der Fvrtschnttspartei hervorge-
gangene Ministerverantwortlichkeitsgesetz. Da
es sich auch hier um zwei wesentliche Voraus-
setzungen des Versaffungsstreites handelt, so

Carrousel in Wie».

Vor eiuem gcwLhlten Krcise geladener GLste fand
gestcrn AdcndS dic Geiieratprobe, richtigcr gesagt,
die erste Vorstellung jcnes Schaujpiels statt, welche
seit dret Wochen die Mitwirkendcn, die Neugieri-
gen und eine Unzahl von Gcschäftslcuten in Athem
erhält, und in der Thar nach dem, was «ir ge-
stern gesehcn, ist diescS Schauspiel ein so großar-
ttg prachtvolles, daß cS dic kühnstcn Erwarlungen
dcr Kartenbefitzer übcrtreffcn «ird. Dic kaiserliche
Reitschule, festlich bclcuchtet, mit Fahncn und Ar-
maturen rcich decorirt, ist für derlci Evolutionen
gcbaut, da schon in srühcrer Zeit unter Ferdinand l.,
Mar ll. und Leopold 1. großartige Turniere unb
Festspiele so imposanter Art in Wien stattsandcn,
daß Fischcr v. Erlach seinem letder unvollendeten
Burgbau die Rettschulc als Theater sür Reiter-
sptele anzufügen für gnt fand. An der katserlichen
Loge, die ebcn deswegen dreiter und prachtvoller
construirt tst, alS in irgend eincm Hof- »der Pri-
vattheater, erschicnen Punkt 7 llhr Jhre Majestä-

ten dcr Kaiser und die Kaiscrin mit den kaiserli-
chcn Kindcrn und dcr Erzherzog Rainer. Seine
Majestät der Kaiser trug die Oberstenuniform eines
Jnfanteric-Regiments, Jhrc Majestät die Kaiserin
war in Traucr gekleidet, Kronprinz Rudolph und
Prinzcssin Gisela in Weiß mtt Rosa. Jn der Hof-
lvge hatte schon ftühcr die Erzhcrzogin Marie mit
dcr Erzherzogin Mathilde, in bcr Seitenlogc rcchts
Erzhcrzog Karl Ferbinand mit seincr Famiiie Platz
gcnommen. DaS Erscheincn des Katsers war daS
Signal zum Beginne der Festlichkeit, und sofort
setztc sich dcr Zug inBcwcgung, auf dte kaiscrliche
Loge zuschrcitcnd, dcn Turnierherrn zu begrüßen,
worauf dcr Bannerträgcr mit dem riesigen Retchs-
panicr, um und hinter ihm dte Schaar der Heroldc,
auf dem Wappenrock und dcm Hcrvldstabe den kai-
serlichcn Adler tragend, vorschritten, hinter ihncn
24 berittcnc Lanzenknechte; diesen folgten die tur-
nicrsLhigcn Paare, genau tn der Ordnung, wie
das Programm sic angegeben, zuerst bie Rittcr,
unter welchen die Erzherzoge Albrccht, Wtlhelm,
Ludwtg Victor und Levpvld, kennbar unter Allen
durch den aus der Hclmkrone emporragendcn Busch j
»on Pfauenfedern, dem alten Abzeichen der Habs- j

burger, aus de» Tagcn von Stillsried, Tcrouane
und Guinegate. Dic Saracencn machten den Schluß;
Rittcr und Saracenen hatten ihrc Damcn zur Sette,
und untcr den fetcrlichen Klängen cines mittelal-
tcrlichcn Festmarschcs zichcn sie heran bis vor dte
Loge, die ganzc Rcitschulc erfüllend, 230 Miwtr-
kende, 170 Pferdc, ein Schauspiel, wic cs Wien
seit vielcn Aahren nicht gesehen, prachtvoll, groß-
artig, staunenerregend, bei dem man nicht weiß,
ob man mehr bie Pracht, dcn Reichthum der ver-
fchwendcrisch mit Gold, P-rleu und Edelsteinen be-
deckten Anzüge bcwundern soll, oder die historische
Treue, die uns bis inS kicinste Detail die Gewan-
dung aus dcnZciten der Krcuzzüge abspiegclt, oder
endltch den Gcdanken, daß die Ahnherrn dicser Rit-
ter und Damen einst tn solchen Gewändern nach
Palästina gezogen, während ihrc Enkcl für arme
Wcber heute das Werk christlicher Liebe bethätigen.

(Schluß fvlgt.)
 
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