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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0241
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N: «2


* Pokitische Umschau.

Dik Wirthe sämmtlichkr öffentlichcn Locale
in Berlin müffen setzt, wie die Äontags-
zeitunq mittheilt, der Polizei ein Verzeichniß
allcr Zeitungen einreichen, welche bei ihnen
ausgelegk werden.

Der Berliner Burschenschaft,- die in diesen
Tagen ihre Kneipe von der Taubenstraße iu
die Schützenstraße verlegt, ist von dem neuen
Wirthe bic Mielhsbedingung gcstellt worden,
daß sie am 18. März nicht Revolntion
mitmache, weil ihm sonst die Schankwirth-
schaftsconccsston entzogen werden würde.

„Times" weisen bei Gelegenhcit der Hoch-
zeiisfeierlichkeiten auf ven Unterschied zwischen
der Stimmüng bes englischeu nnv preußijchen
Voikes hin; daran trage nur der Wille eines
rinzelnen Mannes die Schuid, ber durch zwei
Diener, dcnn Staaksmänner dürfe man ste
nicht nennen, scin Land in Berwirrung gebracht
habe. Diejenigen, welchc glaubten, König
Wilhelm werde e>n befferer Regent werden
als sein schwacher und sentimenkaler Brnber,
haben stch geirrk; die Dewokcatcn kannien ihn
beffcr. Er verfiel in den Fehler der meisten
Fürsten, den Wünschen der Nalion aus Wiber-
willen gegen deren Sachwaltcr entgegenzutre-
ten. Biemarck wäre ein Straffort, wenn
maii einen solchcn Schwächling mit dem seu-
rigcn Grafen verglcichen dürfe; bie Conven-
tion mit Rußland sei indeß sein unscligster
Fehlgriff; kie Armee schäme sich ihrer, bie Be-
sitzcnben seien beunruhigt, die Mäffen anfge-
dracht. Den Aerger übcr das Mißlingen der
Convention, ben Bismarck nicht an Frankreich
und Englanb anstaffen konnte, zeige er nun
jn bcr Preffc gegcn die Dcpntirteii; cr scheine
pollends den Kopf verloren zu haben, denn
seine Gereiziheit zeige nur seine Schwäche.

Nach der „Patrie" hat Zrankreich schon
vorigc Woche auf die englische Note geant-
wortet, es habe bereits Schritte gethan, welche
seine Spmpathien sür Polen bezcugten, werde
sich aber auch Collcctivschritten ber Untcrzeich-
ner der Wiener Congreßacte anschließen.

Der „Monitenr" erklart die Nachricht des
„Constitutionnel", daS Lager von Chalons
werbe Ende März gebildet, sür irrthümlich;
Ende -Mai sei dießmal wie früher ber be-
stlwmte Teruiin.

Nach der „France" hat Lord Ruffel an die
Unterzeichncr der Wicner Verträge eine De-
pesche erlaffen, um «ine diplomatische Jnter-
veution bei Nußland zum Behuf der Anöfüh-
rung ves auf Polrn bczüglichen Artikels 1 ber

Die Cibilliste Napoleon's III.

(Schluß.)

„Also war Gargantua, erlaüchten Andcnkens, der
Sohn des Grand Goficr und der Garamella, dcr
bel jcder Mahlzeit, während z«ei Männcr ihm
Schaufcln von Mostrich ins Maul warfen, so vtel
Ochsen, Hämmel, Schwcine, Gänse und Schinkcn
fraß, einc wirkliche Pcrson, daS Bild cines Königs
oder KaiserS!" Welche Mühc hat nicht dcr ihaucr,
ein Kalb oder Schwein auszubringen; mit dcm cr
nach drci Monatcn seine- Schuldcn, die Steuern,
daS monatliche Schutgeld und dte Lumpen der Kin-
dcr zu ersetzen sucht. Und dte Mutter gibt von
ihrer Suppe noch dem jungcn Thiere ab, damit es
zunehme und damit jährlich die zwei Williarden
Franke» hcrausgcschwitzt werden, «ovon 60 Mil-
ltonen allein für den Kaiser! Aber mit diescn 60
Millioncn ließen fich SgMg Arbeiterquartiere,
4000 Schulhäuser, 8000 Baucrnhäuser, 12,000
Waschanstaltcn, einc Pumpc in 10,000 Gcmeindcn,
240 Kilometer Sisenbahnen bauen, 40,000 Lehrer

Samstag, i'll. März


L8S3.

Wicner Schlußacte herbeizuführen. Frankrcich,
sagt das genannte Blatt weiter, sei mit Eng.
land eiiiverstandpn, Schwedcn und Portugal
hätten den Vorschlag angenommen, Oestcrreich
sei zum Beitritt geneigt, Preußen und Spayien
hätten noch nicht gcantwortet.

Herr v. Bndberg, der russische Gesandte,
hat beim Kaiser Napoleon eine Audienz ge-
habt, in welcher er im Namen dcs Czaren
die bestimmtestc Zuficherung gab, daß Ruß-
land die Beruhigung Polens durch erNstliche
Garantieen bietende Zugeständnisse zu bewerk«
stelligen gedenkc.

Deutschlaad

Karlsruhe, 7. März. Er'ne in der Süd.
deutschcn Zig. gegebcne Darstellung übcr den
Zirsammenhang vcr Erhöhung des diplomati-
schen Ranges des Vertreters der großherzogl.
Regierung am österreichischen Hofe veranlaßt
die Karlsr. Ztg. zu folgkndcr Berichtigung!
Diese Darstcllung ist burchaus unzutrkffenv,
unb wir stnd cs der österreich. Regierung, der
badurch eine, dem wirklichen Hergang wider-
sprcchende Stellung angewiescn wird, schulbig,
cine sofortigc Berichtigung eintreten zu laffen.
Frhr. v. Ebelsheim war bei seiner Ernenuung
sür den Wiener Posten aus bestimmlcn, unb
den Beziehungen der beiden Höfe durchaus
fernliegenben Gründen zunächst als Minister-
resident beglaubigt und damit, eine vorüber-
gehenbe Abweichung vvn der Regel, wornach
als jebesmalige Vertreler an zwei Hvfen Per-
sonen gleichen diplomatischen Ranges bestimmt
werden, nicht zu umgehen. Es war von An-
fang an nur beabstchtigt, dicse Rangsverschie-
benheit nur eine kurze Zeit andauern zu laffen,
unv als die Gründe, dic sie veranlaßt hatten,
in den Hintergrund traten, ergriff nicht die
österreichische Rcgierung, wie die Sübdeutsche
Ztg. tcndcnziös entstellend berichtct„ die Zni-
tiativc einec Aenderung, sonbern dies that und
koynte nur die großh. Regierung ihrerseits
thun.

Karlsruhe, 10. März.' Der dem Land«
tage vorgelegie Entwurf der Strasprozeßord-
nuug, welcher nuumehr im Druck erschienen
ist, führt die burch die neue Gerichtsverfaffung
festgestkllteu Grundlagen des Strafverfahrens
im Einzelnen durch, indem er dabei auf die
Fortschritte iu Wiffeuschaft uud Gesetzgebung
gebührende Rücksicht nimmt. Zunächst wird
ausgefprochen, daß nach dem schon in ber Ge-
richtsorganisation festgestellten Anklagegrunb-
fatz in allen Fällen, welche nicht der Privat-

anklage vorbehalten sind, eiue Strafverfvlgung
nur auf Äntrag des Staatsanwaltes staitfin-
det. Die Stellung der Staatsanwaltschaft
witd dahin erläutert, daß dieselbe nicht etwa
als Partci dem Angeklagtcn gegenübcrtritt,
svndern als unparteisches Organ der Rechts-
pflege, deffen Aufgabc bie Ersorschung der ma-
teriellcn Wahrheit ist. Die gerichtliche Vor-
untersuchuug als Vorbercitung für die öffent-
liche Hanptvkrhandlung wfrd als eine burchaus
nothwendige Einrichtung beibehalten, jedoch
ist man dabei, wie die Begründung des Ent-
wurfs sich ausdrückt, keineswegs der Mcinung,
die viclgetadelten Mängcl der bisherigen Art
der Untersuchungsführung, unuöthige Weit-
schweifigkeit, dadurch bedingte Verzögerung
mit allen ihren Beschwerden für den Ange-
fchuldigten, foribestehc» zu laffen. Man er-
warter vielmrhr, daß die Uniersuchungsrichter
fich immermehr von den angewöhntcn Vor-
stellungen über die Aufgabe der Untersuchung
losmachen und sich von dcm Gedanken durch-
dringen laffeu werden, daß künftig das Urtheil
nicht mehr auf gefchriebcne Acten, sondern auf
die Ergebniffc der eigenen Anschauung iu der
mündlichen Verhanblung gegründel werden soll.
Einzelne bies bezweckende Vorfchriften sind
insbesondere: das Gebot einfacher Ervfsnung
ber Anschuldigung an dcn Beschuldigteii uud
Entgcgennahme seiner Erklärung, statt der
hergebrachien kunstrcichen Verhöre, bie Ver«
schiebung der Zeugcnbeeibigung und der Ge-
genüberstellung auf die Hauptverhandlung,
Abkürzung Ver Protvcolle u. s. w. Eine Neihe
anderer Vorschristen bezwcckt die Veimchrung
der Schiitzmittcl gegen grnnblose strafgcrichl-
liche Verfolgung, so namentlich gewiffe, bem
bisherigen Zustande gegenüber wesentliche Er-
weiterungcn der Nechie der Vertheibigungr
Zulaffung eines Vertheibigcrs in der Vorun-
tersuchung zur Ausführung von Beschwerden
oder Anträgen, bedingte Gestattung ber Acten«
einsicht und Zulaffung bcS Vertheidigers zu
einzelnen Untersuchungshanblungen, Gestattung
freier Besprechung des Vertheibigers mit dem
Angeschuldigten nach Eröffnung des Verwei-
sungsbeschluffes, Recht directer Fragestellung
in ber Hauptverhandlung n. s. w. Eudlich
führt der Entwurf die in der Gerichfsver-
faffung vorgeschriebene Okffentlichkeil u. Münd-
lichkeit in Bezug auf aüe Stufen dcr Gerichts-
barkeil in der Weise durch, daß die münbliche
Verhandlung nicht eine bloße Wiedcrholuag
der vorangegangenen actenmäßigen Erhebun-
gen, svndern eine wickliche, den Schwcrpunkt
des ganzen Verfahrens enthaltende und die

zu 1SOO F»., 50,000 Lchrer zu 1200, 66,000 zu
800, 100,000 zu 600 Fr. besolden! Der Kaiser
sammt dem gesetzgedcnden Körper (ohne die Schul-
den) kostet jährlich 71,275,000 Fr. Dic Regterung
und Gesetzgcbung der Republik (1848) kostetcn At-
les in Allem 7,750,000 Fr. llnterschicd 63,625,000
FrancS! — Jn 10 Zahren gibt daS ctnen Unter-
schied von 630 Milltonen. Das wäre etwas für
Herrn Ftnanzminister Fould, um daS Deficit aus
dcr Welt zu schaffen, und beffer als das Project
der Reutenconvcrsron! Die Köhlcr und Holzflößer
können fich immcr noch nicht beruhigen: „EineHaus-
haltung »vn 3 Personcn, Vatcr, Muttcr und Kind
60 Millionen, per Kopf täglich 68,499 Fr. 30 Een-
timcn! DaG Soupcr, welches Mac Mahon dem
Könige von Preußcn in Berliu gab (dte erwähnte
Schrift führt die Speisckarte sorgfältig auf) kostcte
. auch 120,000 Fr. Dcr Ertrag Krankreichs ist täg-
ltch 12 Milliarden Fr.; davon müffcn 37 Mtll.
Menschen leben, jcdcr hat also täglich 88 Lentimen
auszugeben: dcr Kaiser nimmt 60 Milltonen vor-
weg unv verspcist bet jcder Mahlzcit dte Ration
von 4666 Arbeitcrtuncn, im Zahre die Ration »on
2 Mtllionkn Rrbkiterinnm! ttnd daS Katserreich

nennt sich dcmokratisch! „WaS sagen Sie, meine
Herren Senatoren, zu xinem Dcmokraten, der 60
Millionen jährltch ausgibt — und nicht auskommt! ?"

(B. Moiltag-Z.)

Man hat seit ciniger Zeit auf den Eisenbahnen,
welche in ihrcr Hauptrichtung »on Süd nach Rord
gelegen sind, odcr doch «cnigstcns merklich von
Osten und Westen abweichcn, die Wahrnehmung
gcmacht, daß die Locomotiocn am HLufigsten rechts,
d. h. übcr das östltche Schienrngeleise springen,
vder doch auffallend stärker gegen die Geleise drücken,
und daß dicS Strcben, dic »orgeschriebene Bahn zu
verlaffen, um so sichtbarer hcrvorrritt, je schneller
die Züge bcwegt «erden und je wenigcr der betref-
fendc Eisenbahnwcg «on der Meridtan-Znstanz ab-
wcicht. Am deutltchstcn stellte fich diese Erfahrung
auf der cnglischen Westbahn hcraus. Später be-
obachtcte man dtcs ebenso entschicden auf dcr Hud-
son-Bahn in Amerika, und als man erst darquf
aufmerksam gemacht war, fchlte diestlbe auch auf
den andern großcn Eisenbahncn nicht. Rachdem
man »nfangs dic Ursache dieser Erscheinung in der
 
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