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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0282
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wie die Franzosen mit Abdel-Kader verfuhrcn,
irgendwo unter Glanbensgensffen zu intcr-
niren.

Aus bester Quelle erfahren verschicdene
Blätter, daß die merikanische Frage binnen
Kurzem nicht mehr bestehen werde, indeui
gütliche Uebereinkunft zwischen dem franzöfi-
schen Oberbefehlstzaber, General Forep imd
dem Präsidenten Juarez, welche die Heimkehr
des franzvflschen ErpeditionskorpS zur Folge
haben wird, mehr alS iu flcherer AuSsicht
stkhkll soll.

Deirtschland

Frankfurt, 2l. März. Nächsten Sonn-
tag den 29. d. wird hier im Saalbau eine
gkößere Versammlung von Freunden der na«
tionalen Sache zur Feier der Grünvnng der
deutschen Reichsverfaffung Vvm 28. März 1849
statlfinden. Mehrere Kammermitglieder aus
den sübdeutschen Staaten, ferner Welcker aus
Heidelberg u. A. haben ihre Betheiligung zu-
gesagt. Auch werden einige Mitglieder des
preußischcn AbgeordnetenhauseS erwartet.

Wien» 20. März. Der Ertrag der ersten
Provuctivn des Carrousels in der Hofreit-
schule, zum Besten noihleidendcr Familien bc.
stiinmt, beläuft flch auf nahe bel 10,000 fl.

Wien, 22. März. Wic man vernimmt,
wird der Kaiser im Sommer mehrere Kron-
länder bereisen, und bilbet die Reise nach
Dalmatien den Anfang dieser Bereisungen.

Wien, 23. März. Die Morgenjournale
haben berichtet, eine ministerielle Krisis habe
staitgefunde» in Folge vvn Meinungsvcrschic-
denheiten mit dem ungarijchen Hofkanzler.
Diese Nachricht bedarf ber Bestätigung.

F r a n k r e i ch.

Paris, 23. März. Fürst Metternich ist
heute hier eingetrvffen und hatte bereitS eine
zweistünbige Unterhallung mit Hrn. Droupn
de LhupS. *

Gngland

Londo«, 23. März. Oberhaussitzung.
Stralheden dringt auf Anerkennung dcr von
ter nordamerikanischen Union adgefallenen
Südstaaten. Darauf erklärt Graf Russell:
England vermeide aus guten Gründen solch'
einen feindseligcn Schritt und wolle sich selbst
auch nicht an Vermittlnngsversuchen bethcili-
gen, weil diese nur die Friedensausfichten zu-
rückbrängen würden. Wenn England — sagt
dcr eble Lord — in Holland, Porhugal, Grie-
chenland rc. intervenirle, so geschah das für
hvhe Freiheitszwecke.

Untcrhaussißung. Hennessp verlangt,
daß England gemeinsam mit den übrigcn
Mächten zu Gunsten Polens bei Rußland in-
tervenire. Die Gefangenschast des gewesenen
Diclatvrs Langiewicz — meint er — berühre
die Chancen des Aufstantes wenig, und cr
verlangt schließlich Auskunft über den Stand
der aus die polnische Frage bezüglichen Ver-
handlungen mit Frankreich. Palmerston er-
wiederte: er müffe wiederholt erklären, daß

im Ehrengeleite deS OssiziercorpS deS Bürgermi-
litärs an die Spitzc deS ZugeS fich setzten, vom
brauscnden Zubcl dci Bevölkerung begrüßt. Drei
volle Stunden lang beivegte fich der Kestzug an der
Ehrentribüne »orbci, aus der nebcn den heimischen
Vetcranen und deren Gästen als Gast dcS KestauS-
schuffeS drr Geschichtsschreiber der FrcihcitSkriege
Major Beitzke die erste Stelle rinnahm, umgebcn
»o» drn preußischcn Abgeordnctcn Vicepräfident
Behrrnd, vvn Hennig (Planschott), von Saucken,
John (Labiau), Franz Dunker, sowie vo» Abgc-
ordneten der hannover'fchcn Kammer, von Mvrttz
Wiggers u. s. w., -zahlreichen Mitgltedern unserer
Bürgerschast; dcr Hamburgische Senat abrr glänztc
durch scine Lbwesenheit. Kein Mißton trübte daö
Keft; trotz des scuchte» NcbelS, der vom frühen
Morgen an dcn Himmcl trübte und später sich in
Rcgenschäuern aufiöSte, bcobachtete^ jcdcr Theil-
nchmer am Kestzug«, wie allc die Zuschauer, die
dicht gedrängt sämmtliche Straßen so zahlreich be-
sctzt hatikn, dic mustcrhaftcste Ordnung; es schien
gcradezu unerklärlich, woher diesc Mcnschenmaffe
zusaMmc» gcströmt, da doch außcrdem alle Häuscr
her Kestzugsstraßen bis zum Dach fast ebenfalls voll

England nicht dke Pflicht habe, in die polnisch-
ruffischen Wirren sich einzumischen; alleiii das
Cabinet habe geglaubt, in St. Pctersburg ein-
dringliche Vorstellungen machen zu sollen, und
eS werde dariu auch fernerhin fortfahren. Die
von Hcnneffy erbetene AuSkunft erklärt der
erste Lord deS SchatzeS für unstatthaft. Auf
eine Jnterpellation von Fitzgerald erwiedert
Palmerston: die Vcreinigtea Staäteu vizzi Nord-
amerika HStten vorgeschlagen, zum Behuf der
llntersuchung vou Fällen deS Bruchs der Neu-
tralität eine Convention abzuschließen; er
hoffe, daß eine Verständigung zu erzielen sein
werde, obschon dir Schwierigkeiten der AuS-
führung nicht eben nnbedeutend sein wurden.

Lonbon» 23. März. Der griechische Ge-
sandte Triknpis ist zufolge des ErsparungS-
bcschluffeS der Nationalversammlung abberusen
worben.

S ch w e i z.

Bern, 23. März. Die radicale Vcrfas-
snng vvn Basclland wurde gcstern mit 287
Stimmen Mehrheit angenommen.

Z tatte n

Turin» 23. März. Man liest tn der
„Opinione« : Gestcrn ging das Gerücht, der
Ministerpräsibent Farini habe aus Gesund-
hcitsrückfichlen um seine Entlaffung gebeten,
und cs stehe deßwegen eine Verändcrung im
Ministerium bevor. Wir halten diese Nach-
richt zum wenigsten für verfrkht.

Amertka

Neuyork, 11. März. (Per „Afrika".)
Die Sübstaatlichen überfielcn Fairfar Court-
house und nahnzen General Stoughton gc-
sangen, deffen Hauptqu.artier ihnen in dke
Hände fiel. Bei Unionsville in Tenneffee je-
boch crlitten sic eine Schlappe.

Präsident Lincoln verfügte die auf De-
serlion stehenden Strafen gcgen allc nach
dem 1. April nicht bei dcn Fahncn befindlichen
Svldaten. Das Eigcnthum des Hrn. Slidell
in NeuorleanS wurde confiscirt. Die Neu-
Iorker Handelskammer sordert die AuSgabe
vou Kapcrbriefen. Die Legislatur von
Neu-Hampshirc wirb eine republikanische
Mehrheit haben. Zm Congreffe der Süblichen
ist dcr Antrag gestclll worden, die Frage, ob
der Grundsatz, Laß die neutralc Flagge feind-
liches Etgenthuin decke, anzuerkcnnen sei, einer
Prüfung zu unterwerfen.

Nachrichten über Polen

Am 15. d. überfiel eine ruffische Soldaten-
bande auS zwei Abtheilungen des Smolenskcr
Regiments, einer Abtheilung Kosaken und Dra-
goner bestehend, unter Ansührung eincs Obcr-
sten, das dem Ladislaus Biclski gchörigc,
eine Meile nordwestlich von Miechow gelegenc
Dorf Giebultow. Ein Theil dieser Bande,
die schon unterwegs dic ihM begeglielldkn Rci-
senden crschlug, überfiel dcn Edelhof, wo auch
»icht ein bcwaffneter Jusurgent »nd Niemand
svnst sich befanv, als der Grundherr, die Dome-

Menschen gesüllt warcn. Dic Polizci konntc fich
«berall cincs EinschreitenS enthalten, ihr Aint war
von den Mitgliedcrn dcs FesiauSschnsscS und den-
- jcnigcn Herren übernommen, die fich dem FestauS-
schuß als Adjutanten zur Versügung gestellt hattcn.
Lciber wurdc die Feier auf Lem Kcstplatze selbst,
die in Gesang und kurzcr Rede bcsrand, wesentlich
durch daS Wctter deeinträchtigt, dvch machte es auf
allc dcr Rcdncrtribünc Rahcstehciidcn cinen erhe-
bcndcn Etndrnck, als der Kcstrcdncr, eines der
Mitglieder des Keftausschuffcs, dcr als Hauptmann
unserer Bürgergardc in »oller Uniform dic Tri-
bünc bestieg, nach Beendigung thränenden AugeS
von dcn Kestdeputirten der Veteranenarmcc um-
armt wurde und dann dcr Vorsitzende biescr in
herzlichstcr Anfprache der Bcvölkcrung für daS herr-
liche Kcst danktc. Und wie am Tage, so am Abendc.
Trotz deS crdrückenden GedrängeS auf den bis in
die sernstcn Winkelgaffcn erleuchtcten Straßcn keinc
Störung eer Ruhe. Die Polizei hatte nur zu sor-
gen, daß die Wagen nicht auS dcn Reihcn brachen.
Die hamburgische Bcvölkerung hat gcstcrn vor aller
Welt bewirsen, daß fic fähig ist, Volksfestc im wah-
ren Stnne des Wvrtes zu begchen. Ketne einzige

stikcn und eini'ge Leute aus der Nachbarschaft.
Die wilde Svldateska trieb zwölf von diesen
Leuten unter Stößen und Schlägc» aus dem
Edelhofe nach dem Dorfwirthshause. Hier
eröffnctc sich nun eine jchreckliche Scene. Die
Barbaren begannen-ihrc mischuldigen Opfer
aufs Grausamste zu mißhaiideln; ihnen Bapoa-
nett- und Lanzenstiche versetzend, tricbcn sie
das unmenschlichste Spiel mkt den Qualen
drr Verwundeten und Halbtodten. Drei wur-
den an Ort und Stelle todtgestochen, darunter
Servin MieszkowSkk, die neun übrigen wur-
den schwer »der tödtlich verwundet, darunter
WieSzotawski. Sobann wurden alle, die
Todten und Verwllndeten vvn den Soldaten
beraubt. Dieser ganzen unerhörten Mord-
scene schaute unter Anderen ein russischer
Offizier NamenS Lacroit zu. Gleichzcitig
machte sich cin anderer Haufe der wilden
Soldatenbande ans Plündern des Schloffes;
da jedoch erschlen der Obcrst und that dem
Plündern Einhalt. Erst als in der Nähe
Gicbultows einc polnische Abtheilung erschien,
ergriffen die russtschen Hvrden die Flucht. Dic
polnische Abthcilung leistete nun den Verwun-
deten die möglichste Hilfe und ließ cinige da-
von nach Krakau bringen.

Ein anderer Fall bes rohesten Banditen-
thums ercignete sich fafl gleichzeitig in der
Nähe Giebultvws; dieser Fall verdient ganz
besondcre Beachtung, denn hier zählt unter
die Opfer der asiatischen Wilbheil auch ein
englischer Unterthan. Hr. Lubwig Finkenstone,
englischer Untcrthan, kam, um Gelreibcein-
käufe zu machen, mit einem von Lord Russell
am 27. März 1862 ausgestellten Reiscpaffe
am 14. d. über Baran, wo der Reisepaß ge«
hörig revitirt worden ist, in den Miechower
Bezirk, mit ihm reiste eine Dame. Zn der
Nähe Giebuliows wurdc er bei dem Dorfe
Gorka von einem russischen Miiitärtrupp an-
gehalten und zu dem Anführcr der in der
Nähe stehenbcn Militärabtheiluiig abgeführt.
Er legitimirte sich da mit dem englischen
Rcisepaffc; man unterzvg nun ihn unb seine
Reiscgesährten einer genauen Revision und
als man bei ihnen weder Waffen noch sonst
etwas Verdächtiges vorfand, beruhigte sie
der commaiidirende ruffische Major, sie hätten
nichlS zu befürchten, doch müffc er sie zur
näheren Veranlwortung zu dem Hauptcom-
mandanten der ganzen Gcgend, General gürst
Szachowskop abführen laffen. Herr Fiuken-
stone wurde nun die ganze Racht übcr auf
cinem Wagen gehalten, »achdem ihm der
Major einen Juiiker zum Schuß gegen die
feffellose Soldatenwilbheit bcigegeben. Während
der Nacht wurden mehrere herdeigcdrachte
Verwundete und Gefangene neben bcn Wagen
postirt. — Tags darauf(15. d. M.) näherte
flch eine polnische Abthcilung diesem Orte,
um die Ruffen zu vcrdrängen; der Major
setzte sich mie einer Hälfte ftincs Trupps zur
Wchr, die andereHälfte aber, weiche es v»r-
zog, Wehrlosc zu morden, alS mit Bcwaffneteu
zu kämpfen, begann zu schreie», man möge
die Gefangenen umbringen. Nur einige Au-
genblicke widersctzte sich ei» russischcrOffizier

Bcrhaftung ist crfordcrlich gewesen, wie heute von
der Pviizei auSdrücklich constatirt wird.

Der bcrliiier Witz istuncrschöpstich inKinten und
Witzworten. So tischt man als de» neuesten auf,
daß ein Magiker, der allabcndlich in Berlin Vor-
stellungcn gab, aus einem Ei Napoleonl. hcrvor-
kommeu ließ. Züngst aber sei plötzlich nicht der
Kaiser, sonderu Hcrr v. Bismarck zum Vorschetn
gckommcn. Allc Welt wundert sich; man fragt d u
Künstlcr, wic das zugche. Er selbst ift glcichcr-
weise crstaunt oder stellt sich st>, vcrspricht abcr,
gleich nachzuschcn. Er kommt zurück, dte Lösung
ist gefundcn: daS Ei war zufäMg ein faulcs, sein
Rapoleon kämc aber nur aus cincm frischen.

z Uebcr dic zahlreichcn Sekten, «elche im Laufe
vielcr Zahrhunderte auS der christlichen Kirche
hcrvorgingen, hat kcin Schriftsteller, unseres Wis-
fenS, cin treffcnderes Nrtheil gcgcbcn als Jean
Päul, welcher hierüber tn seinem „Titan" sagt:

„O ihr Niedrigen, dic ihr neüe Tcmpel baucn
woük, hcbt dic Alten auS dem Schlammc her-
»or und ihr habt genug gethan!"
 
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