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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0294
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Vvlligen Unhaltbarkeit und Gefährlichkeit des
jetzigen Piinisteriums und von der Nothwen-
digkeit, in andere Bahnen einzulenken, zu
überzeugen. Zn Folge deffen soll für den
Augenblick in die Entschlüffe der Krvne ein
Schwanken getreten sein.

Berli», 24. März. Am Sonntag Abend
versammelte sich eine große Volksmenge vor
dem Hause des General - Feldmarschalls von
Wrangel am Pariser Platzc und wurde ver-
sucht, die dort ausgesteckten .Fahnen herab-
zureißen. Zunächst schritten Mannschaften
von der Brandenburgcr Thorwache gegen die
Ercedenten ein; doch gelang eS erst der Schutz-
mannschaft, unter Führung des Revier-Lieute-
nants, die Volksmenge zu zerstreuen, wclche
flch auch gegen die Thorwache verzogen hatte.
Einige Tumnltuanten wnrden verhafkct.

Berlin, 24. MSrz. Dem Prknzen Wil-
helm von Baden wurde am Sonntag .im kö-
niglichen Schloffe ein Hochzeitsgeschenk von
dem Ofsicier-Corps der Garde-Artillerie-Bri-
gade überreicht, dasselbe besteht in einem
höchst werth- und kunstvollen Erzeugnissc der
Holzschnitzkunst, eiuer Uhr nebst Consol (ca.
S' hoch), welchc anßer vielen sinnreichen auf
die Vermählung Bczug habenden Motiven die
Front der neuen Artillerie - Caserne darstellt.

Wie«, 25. März. Langiewicz soll in
Graz internirt werden, und dürftc daher im
Lauf dieser Tage durch Wien kommen. Sein
Pvrtrait wurde knrzlich aus den Schaufen-
stcrn einerKunsthandlnng beseitigt. Ein maffen-
hafter Zudrang von Neugierigen hattc sich da-
selbst gcbildet. — Der durch den Rücklritt des
Grafen Thun in St. Petersburg vacant ge-
wordene Posten dürftc durch deu Grafen K a-
rolyi, der flch in Berlin befindet, besetzt
werden.

Wien, 25. März. Man schreibt uns aus
Paris, daß der Herzog von Grainmont von
seiner Regierun^ den Austrag erhalten hat,
sich bei dem österreichischen Cabinct dahin zu
verwenden, daß der pvlnische Erdictatvr Lan-
giewicz freigelaffen und ihm erlaubt werde,
nach Paris zu reisen. (Langiewicz svll bereits
heute Abend hier in Wien eintreffen.

Krankretch.

Paris, 24. März. Der Kaiser hat zwi-
schen dem Prinzen Napoleon und Hrn. Bil-
lault wieder die Vermittlerrolle übernommen
und ste in seiner Gegenwart sich die Hand
reichen laffen.

Paris» 26. März. Die Bank von Frank-
reich hat dcn Disconto auf 4 Proc. herabge-
setzt. Rente schloß 69. 30.

Paris» 26. März. Der „Nation" zufolge
sind die Jnstructionen, welchc Fürst Mctter-
nich aus Wien mitgebracht, dcr Ark, daß sie
die Freunde Pvlcns beruhigen können. Trotz
seiner verschiedenen Jnieressen sei Oesterreich
doch über die Vcränderungcn, die in Polen
cinzuführen seicn, mit Frankreich einverstandcn,
und werdr sich dahcr den von Paris aus in
Petersburg angeknüpften Unterhandlungen an-
schließen, um Rußland zu Zugeständniffcn zn

Dreimal fünf Sommer schlug vor seiner Kammer
Die Nachtigall, mit dcr er «ettesang!

Wißt ihr es noch? Hell klang eS in den Landcn: —
Die Lcipziger Schlacht! Zu Mantua in Banden!
Die lctzte» Zehn!

Lang ist die Zeit! Rasch doch von Sohlen,
Hinstürmte sic! Die Welt ward ait und neu!

Was sahn «ir nicht! Amerika und Polen —

Das tst der Freiheit jüngstcs Feldgeschrei!

Zwet Weltcn zittern! Hoch die dlnterjochten!

Noch immer wird der älte Strauß gcfochten, —
„Tambour, schlag an!"

O, lang die Zeit! Ahm Mte nür Ein Denken
All' diesc lange, lange Zcit!

Jn Einen Tramn nur mocht' er fich verscnken:
Den Traum von DeutschlandS künft'ger Herrlichkeit!
Sein Volk dcr Anfang und das Ende!

Gcrn legt' er noch in seineS Volkcs Hande
All', all' sein Thun!

Wohl bift du Bcttler wteder worden,

Deutschland, — und dein getreustcr Sohn,

bestimmen, wclche neuen Unruhen und Anf-
ständen in Polen vorbengen würden. — Fürst
Constantin CzartorpSki, der jetzt in Schwedcn
reist, ist ein Vetter des Fürsten Ladislaus
Czartorpski.

Marseille, 26. März. Eine schrecklichc
Emeute ist in Smprna gegcn die Juden aus-
gcbrochen, die fälschlich eines Kinderraubes
befchuldigt wurden; die Männer, wie die Wei-
ber mißhandklten alle Juden. Die Obrigkeit
hat sich endlich ins Mittel gelegt und etwa
30 der Unruhstifter verhaftet.

I ta iien

Turi», 21. März. Dic Krankheit deS
Ministerpräsidenten Farini — eine Gehirner-
weichung — hat sich im Laufe der 4 leßten
Wochen bis zur Tobsucht gesteigert und die
Hoffnung auf cine Wiedcrherstellung ist voll-
kommen geschwunden. Trotzdem ließ es sich
der Kranke nicht nehmen, in die Geschäfte ein-
zugreifcn; er that dies in einer Weisc, w'elche
die Regierung mehreren auswärtigen Cabi-
neten gegenüber hedenklich bloszustellen be-
gann. Das Ministerium ergriff deßhalb den
Ausweg, von dem Könige die Abdankung des
Minisierpräsidenten zu erbitte», die auch er-
theilt wurde.

Turi», 25. März. Sella hat das Finanz-
ministerium ausgeschlagen. Die Kammer dis-
cutirt das Gesctz »her Naturalisation der ita-
lienischeii Emigranten. — Die Regiernng,
davon benachrichtigt, daß auf römischem Ge«
biet Brigantenbandkn organisirt würdcn, sandte
Truppen in genügender Zahl, um sie zurück-
zutreiben; bei Mignano wurde eine solche
Bande zersprengt; man glaubt, daß eine der
Banden von Pilone befehligt wird, der stch
nach Sprengung seiner Bandc -nach Rom
siüchtete.

B e l g i e n.

Brüfsel, 24. März. Gestern Abcnd hat
hier das von den Katholiken veranstaltete PvIen-
Mccting in üblicher Fvrm statcgefunden.
Auch ein Russc sigurirtc unter denjenigen
Rednern, welche Nußlands Politik verdammten.
Hcrr Barthelcmp Dumortier hielt eine Rede,
worin er ausführt, Belgien habe um so mehr
Verpsiichtungen Polen gegenüber, als letzteres
durch seinc Erhebung von 183t der belgischen
Revolution großen Vorschub geleistet. Der
„Jndependance belge" wurde ein Pereat we-
gen ihrcr ruffenfreundlichen Haltung aus-
gebracht.

Schweden »

Stockholm 23. März. Die Theilnahme
für Polen ist im Wachsen. Ueberall werden
Versaminlungen gehalten und Gclder gezeich-
net. Jn kund, Helsingborg, Upsala, Karl»
stadt und Kalmar haben Kundgebungen statt-
gefunden. Die Studenten veranstalten Festc,
Concertc und Schaustellunge» zum Besten der
Polen. Bei der gestrigen Musterung der Frei-
willigen ertvntc allgeiiiein der Ruf: „Es lebc
Polen!" Dem auf der Neisc hierher begriffrnen

Der Schlichtcste von deinem Sängerorden,

Denkt nicht än Lohn und Lorbeerkron!

Doch einc Schuld hier gilt es,.eine schwere!

Mach' wett sic, Dcutschland! Lvse dcinc Ehre! —
Was fäumst du noch?

»

Tritt an sein Lager, nimm die heil'gen Rollen!
Dank' ihm, und danke deinem Sänger ganz!

Und vrückc leis auf seine Stirn den vollcn,

Den immergrünen deutschcn Kranz k —

Matt blickt er auf, — er hebt sich dir entgegen, —
Sein letztcr Odem ist für dich ein Segen, —
„Treu biS zum Tod!"

Februar 1883.

Kafimir Bogdanowicz, «elcher, wie bekännt, ein
Jnsurgentcncorps im Podlachischen befehligt hatte
und von dcn Ruffcn ergrisfen wurde, bewährte noch
bei scincm Tode den polnischen Heldenmuth. Als
ihm Gencral LhruSzczew, Kriegsgouverneur von
Lublin, deu Rath crtheilte, um Gnade zu bittcn, '
er «äre zn jung, nm zu sterben, autwortetc er: ,

-Fürsten CzartorpSki gibt dke Stadt Stockhokm
ein Banket.

Grtechenland

Athe», 2 t. März. Die Zügellosigkeit der
Soldaten nimmt nberhand. Handelsleutc von
Athen und dem Piräus verlangen die Wieder-
errichtung des Gcneralcommaiido'«. Der Pöbel
stürmte dic Druckerei eines Blattes, welches
gemeldet hatte, England unterstütze dic bape-
rische Dpnastie. KoronepS wurde zum Chef
der Nationalgarde gewählt. Der Kricgs-
ministergab seine Entlaffung; dieselbe tburde
nicht angenommen. Der Minister des AuS-
wärtigen ist definitiv zurückgetreten und
wird provisorisch durch den Justizminister er-
setzt. Elliot crklärte amtlich, daß England
dic baperische Candidatur nicht unterstütze.

Nachrichten über Polen

Der „Czas" vom 22. März theilt folgende
Abschiedsproclamation des DictatorS Langic-
wicz mit:

Tapscrc und thcuere Waffcngesährten! M-in Dicta-
tortalamt rrsordert dt- Vollsnhrung vtrler wichtlgrr Cioil-
und MiMärangelcgcnhritcn, zu dcncn dic Krästlgnng zahl-
rcicher, an «iclcn, nntcr dem russischcn Joch fich blfindcndc»
Ortcn kämpscnder anfständischrr CorpS, sowtc auch dte
ihnen zu gcbendc clnhettliche Richtung gehören. Diescs
h-t mich veranlaßt. aus Inrze Zeit Euerc Reihen, mtt
welchen ich, seit der ausstäadtscheu Nacht, unter Mührn
«nd Kämpfen zusammengkwachscn bin, zn verlaffen. Zch
glaubie abcr, daß eS mir erst nach rinem neuen Siege er-
laubt sein wördc, mich von Ench aus «tn'ge Tage zn ent-
serncn. Dcßhalb habe ich den Moökowiten bet Somowka
dic Stirn geboten, stc zmn Kampse bei Miechow herans-
gcfordert, mich thnen bet Chrobrz cntgrgengrstcllt und bel
Grochowtska cinen blnttgcn Kampf bestanden. Zch »crlaffe
das Lager ohne von Euch Abschicd zu nehwen. Dte Ee<
süüung meincs VorhabcnS hängt »om Geh-Imniffe dcffklbcn
ab, darum ist,cS mir nicht crlaubt, zu vrröffentlichen, wte
und wohin ich mtch b-gebe. Jch nchmc etnige höhcre
Ofstctcre mit, denn viele aufständtschc CorpS stnd ohne
Führer. Jch nrhme mir 30 Ulancn, wctchc aber tn's Lagr«
zürückkehren werdcn, sobald ich ihrer Beglritung nicht mrhr
bedarf. Jch habc das HanptcarpS in zwci Theilc gelhcilt,
wic anch thnen Weg nnd Bestimmung angcgebcn. Waffcn-
gefährtcn! Zch habe vor Gott und Ench de» Schwur ab-
gelrgt. biS zum lehtcn Athemzuge zu kämpfen. Dicsen
Schwur habe ich nicht grbrochcn und wcrdc tch uicht bre-
chcn; auch Jhr habt den Gchoisam mctucn Befchlcu und
tem Di-uste unscrcs VaterlaudeS fcierltch brschworen, auch
Zhr wcrdet dtesen Schwur aicht brechen. Also tn Gottc»
und deS VaieelandeS Nameu wcrdcn wir anch fcrncr grgen
die WoSkowiten käwpfcn, bls wir dte.Fieiheit und Unab-
hängigkeit unscrcm Vatcrlande erkämpfen. M. Langicwicz.

Mit Bestegung des Langiewicz'schen CorpS
scheint der Aufstand immer noch nicht bestegt.
Jn der That durchstreifcn zahireiche Freifchaa-
ren alle Gegkiidcn des Köuigreichs, täglich
tauchcu frische auf, tie deu Truppen überall
zu schaffen machen, so daß dieser Parlijaiien-
krieg sich nvch lange hinziehen kann. Ücber«
dies ist die Bevölkerung Polens, die Bauern
ausgenomm'en, so durch und durch revolutio-
när und so haßersüllt gegen die Russen, daß
man sich schwerlich davon im Auslande einen
Begriff machen kann. Eltern schicken ihre ein-
zigen Söhne ins Lager der Jiisurgenteii, der
Adel und bie Städter zahlen mit vollen Hän-
den Geldbeiträge und dic Geistlichkcit predigt
dcn Aufruhr von den Kanzcln u»d geht mik
dem Kreuze in der Hqnd den Jnsurgentrn zum

„ich bin jung, aber unserc Sache ift alt." Auf
dic Bcmerkung, er solltc nicht vcrgcffen, daß er
doch einc Muttcr habe, war die Antwort: „Mcine
Mutter müßte fich mciner fchämen, wcnn ich um
Gnade gebeten hätte" — dann setzte er hinzu:
„Abcr wie ich sehe, treibcn Sie Ahr Spiel mit
mir; ich follte um 8 Nhr präcis erschoffen werdcn,
und nun find schon 10 Minuten übcr 6 vorüber."
Bald darauf lcbte er nicht mehr.

Für den cnormen Zudrang von Fremden, die
Hamburg am Iubeltage dcs 18. MLrz. besuchtcn,
zcugt der llmstand, daß, «te dcr „Hamb. Eorr."
mltthcilt, in eincm der renommirtesten Restaura-
tionSkeller an eincm Tage mehr als zweitausend
Pfund Rindffeisch für Bcefsteaks :c. consumiri
wurden!

Bonn, 22. März. Prof. Lcopold Schmidt hier-
selbft hat cinen Ruf als ordentlicher Profcffor der
Philologie an die llniverfität Marbnrg erhalten.
 
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