Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0529
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
N» 132. Dtenstag, S. Zunt

Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für den Monat
Ium mit Is Kreuzern abonniren bei allen Post-
austalten, den Botcn und Trägern, sowie der
Erpedition (Schiffgaffe Rr. 4).

44 Die Wahlen in Frankreich

haben nebst den kriegerischen Ereigniffcn in
Polcn und Amerika (Merikv), und nebst der
Verfassungskrise in Preußen, die Augen der
politischen Wclt in neuester Zeit am meiste»
auf sich gezogen. Die Ergebniffe diescr Wah-
len für den gesetzgebenden Körpcr liegen uus
nunmehr vor. Jn Paris sind in ncun Wahl-
bezirken die Regieruiigscandidaten unterlegen
und dic Oppositioiiscaiibidaten gewählt wor-
den, unter ihnen (im 2. Bezirke) auch Thiers.
Marseille sendet Berryer und Marie in die
Legislative, auch Lyon wird durch einen Dc-
putirten der Opposttion repräjentirt sein. Nicht
so glncklich sind dagegen Dufaure in Bordeaur
und Odilon Barrot in Straßburg gewesen,
ivo sie den Candidaten der Regierung unter-
legen sind. Dieses sind die wichligsten Re>
sultate des Wahlkampfes, dem durch die geg-
nerische Agitation der Regierung selbst eine so
große Bedeutung verliehkii wurdc. Daß übri-
genS auch diesmal der Regierung im Aüge-
meinen die Wahlurnc ihren Dienst nicht ver-
sagen würde, war leicht voranszusehen, und
die Hoffnungcn dcr Opposttion selbst verstiegen
sich nicht über 20—25 Wahlen in ihrem Sinne.
Der Gesammtwahl des gesetzgebenden Körpers
gegenüber ist dies immer nvch eine verschwin-
dend kleinc Minorität, dercn unmittelbar
praktische Wirksamkcit um so weniger in Be-
iracht kommen kann, alS die Körperschaft, der
sie angehören, nur bei spärlichen Veranlas-
sungen (z. B. bei der Adreßdebatte) Gelegen-
heit hat, sich mit einiger Freiheit über allge-
meine politische Fragen vcrnehmen zu laffen.
Gleichwohl ist das dieömaligc Wahlresultat
ein für Napvlcons Regierung sehr unerfreu-
liches zu nennen: Diese Wahlen geben nur
allzu sehr Kunde von dcm ün sranzös. Volke,
iiamcntlich in den größeren Städten wiber dic
vcrmeintlichc Unfehlbarkeit derselben erwachten
Oppositionsgciste. Der Miiüster Persigny u.
der Seinepräfect Haußmann hatten allcs
mögliche ausgebotcn, um den Pariser Wählern
ein freundliches Votum zn entlocken. Trotz alle
dem wirb biesc tonangebende Haiiptstadt ves
Reiches, deren Rcpräsentativii in ber letztcn
gesetzgebenden Periode sich ziemlich gleich zwi-

schen Regierungs- und Oppofltionsmitgliedern
thcilte, in der neuen Kammer sast ausschlicß-
lich von mißliebigen Deputirten vertreten.
Hierunter ist aber dcr mißliebigste Thiers.
Obwohl derselbe durchaus nicht der Mann
der Pariser Demokratie ist, so wird er doch
von der napoleonischen Regierung ihren eige-
nen Geständniffen nach äußerst gehaßt und ge-
fürchtet, und dient seine Erwählung nament-
lich dazu, die Hoffnungen der dynastischen
Gegner der Regierung (wte der Orleanisten)
gegen daS Kaiserreich zu ermuthigen und zu
kräftigen. — Wie PariS aber den hervorra-
gendsten orleanistischen Staatsmann, so hat
Marseille in Berryer den begabtesten und ge-
achtetsten Führer dcr Legitimistcn in die Kam-
mer gesandt. Zumal ist Berryer nicht zugleich
ein Clerikaler, in welcher Färbung die dynasti-
schen Lcgitimisten sonst allein Gnave vor den
Augcn des Jmperialismus finden. Während-
dem die bisherige Opposition fast ausschließ-
lich in de» Händen einiger vorgeschrittener
Demokraten von Talent und Eifer, aber —
mit Ausnahme etwa von JulcS Favre — von
verhältnißmäßig geringem Ansehcn war, wer-
den nun die Minister des Kaisers in der Kam-
mer gegen einen Thiers, Berryer rc. eincn um
so schwereren Stand haben, und auch außerhalb
der Kammcr wirb diesen parlamentarischen
Größen eine ganz andcre Autorität beiwohncn,
als ihre jüngercn Collegen in Anspruch nehmen
koiinten. Für alle Fälle bedeuten daher die
stattgehabtcn Wahlen eine crnste Niederlage
dcs napoleonischen Systems im Jnnern Frank-
reichs, — und kvmmen diesem um so unge-
legener, als eben jetzt der Feldzug in Meriko
in Folge dcs hartnäckigen Widerstands Puebla's,
eiuen so langsamen und wenig trostvollen Fort-
gang niiiimt.

* Politische Umschau.

Wie dic Wiener „Presse" aus München
meldet, ist der badischc Bevoümächtigte auf
der Zollconferenz angewiesen, in cine förmliche
Verhandlung über die österreichischen Propo-
sitionen nicht einzutreten, sondern allenfalls
an einer gelegentlichcn Conversation über den
Gegenstand stch zu bethciligen, ihn im übrigen
aber blos acl reterenciui» zu nehmen und daö
Weitcre eincr spätere» Special-Conserenz vor-
zubehalten.

Charakteristijch ist die Art und Weise, wie
das specielle Organ des Herrn v. Bismarck
die neueste Preß-Ordonnanz rechtsertigt. „Es
ist nothwendig", sagt dieses Blatt, „daß die

ZusertionSgebührea fur die 3spaltige Petit- M

zeile werdea mit 3 kr. berechnet. M^PWWLAO

Verwaltung die Leitung der Presse, als dcs
ersten und nothwendtgsten BildungSmittelS deS
Volkes, in der Hand behalte." Also CabinetS-
justiz ist beffer alS das von unabhängigen
Richtern gesprochcne Rccht. Bet derartigem
Wahnfinn kst die in Preußen regierende Partei
bereits angelangt. — So schreibt die Wiener
Preffe.

Zum Schluß des prcußischen LandtagS wa-
ren von 602 Mitgliedern deS HerrenhauseS
und des AbgcordnetenhauseS tm weißen Saale
des KönigSschloffeö etwa 40 Mitglieder an-
wesend.

DaS „Schlestschc Morgenblatt" ist am 3.
Zuni, an welchem Tage eS die telegraphische
Rachricht vom Erlaß der Verordnungen gegen
die Presse brachke, mit cinem Trauerrande er-
schienen.

„Patrie" sagt, das Cabinet von Berlin hat
die Preffc der Willkür der Beamten überliesert;
unter einem absoluten Monarchen verliere
Pceußen seine Geltung in Europa u. Deutsch-
land. „Opin. nat." glaubt, da Ler König von
Preußen nun scin Jdeal vom göttlichen Recht
verwirklicht- habe, so hielle er fich gewiß für
den glücklichsten Monarchen.

Kaiser Napoleon zeigt angesichtS der Wahlen
großen Gleichmuth, daS beweist auch die Ant-
wort, welchc er Herrn Morny, Sönntag beim
Wettrennen, und zwar in Gegenwart deS Kö-
nigs Ferdinand von Portugal, des Prinzen
von Oranien und des Herzogs von Brabant,
gegeben hat, als dieser einigeS Bedenken über
den Ausgang der Pariser Wahlen äußerte:
„Laffen Sie dic Leutchen nur gewähren", er-
wieverte Napoleon III. und sein Blick streiste
wie zufällig ben Herzog von Brabant. „Zn
den nächsten drei Monaten verspreche ich Zhnen
bcrartige Ereigniffe, daß man eben so wenig
mehr mit den Wahlen alS mit den Gewähl-
len sich beschäftigen wird."

Deutschland

Karlsruhe, 6. Zunl. Das henttgs Rcgbl. Nr. Si
enthält: 1) Dtenstnachrlchten. außcr b-relt« mttgetheiltcn:
Controleur RechnungSrath Waag tst auf Ansuchen und
unter Aneikennnng setner langjährigen treuen Dtenstlet-
Anngen tn den Rnhestand vcrsetzt; der Buchhaltcr Stahl
tst det der Gen-ralwtttwen- und Brandkaffe zum Contro-
lenr bet dteser Stelle ernaunt j dte aus Hoftath Prosessor
Dr. Morltz Seubcrt gcfallenc Wahl znm Dtreclor der
polytcchnischen Schnle snr das Schnljahr 1SK3—1884 ist
bcstättgt; dte Stcllc dcS AmtS- und AmtSgerichtSarzteS in
Etlenhctm tst dem Asfist-nzarzt Kast in Zllenau übcrtra-
gen; Psarroerwcser kpengler tst zum Pfarrer tn Büfingen
ernannt.

2) Bekanntmachungen von Ministerten: s. die Ftchtc-
sttslung Sr. Kgl. Hoh. dcS Großherzogs am Lyceum ln

Franz Döak don Räubern überfallen.

Kranz Deak schweble am 23. v. M. in größter
LebenSgefahr. Jn Sz. Laszlo, erner Besitzung
seines Schwagers, dcS ehemaligen Viccgcspans
Oßterhuber tm Zalaer Evmitatc, wo Döak, wie
alljährlich, so auch heuer, ftinen Svmmeraufent-
halt nahm, drangen nämlich gcgen 9 Uhr Abcnds
»ier bewaffncte Räubcr in die Wohnung seincs
Schwagcrs ein, in wclcher fich Döak mit der Die-
ncrschaft allein befand. Zwei.von den Räubern j
bewachten die Dicncrschaft in cinem Zimmer, wah- ^
rcnd fich die andern zwci tn das Zimmcr begabcn, !
wo Doak eben mit Pescn beschäftigt war. Sie rich- ,
teten sosort ihre Pistolen gegen seine Brust und
sordcrten von ihm dic Angabc seines NamenS. ,
Döak antwortctc, daß cs keiner Drohung bedürfc, j
cr hcißc Franz Deak und sci hier zu Besuche. Die j
Räuber wollten dics anfänglich ntcht glaubcn und j
erkundigtcn sich auch bci der Dicnerschast 'nm den !
Sachvcrhalt, und nackdem fie die AuSsagc Deaks !
bcstätigt fandeii, erklärten sie ihm, daß er selbst
nichts zu fürchten habe. Mittlcrweile langte auch
ber Schwager Deak's an, und wurde von den

Räubcrn in daffelbe Zimmcr geführt, «o sich Deak
besand. Sie fordcrten nun den Hausherrn auf,
ftine ganze Barschaft herauSzugeben, und als dieser
ihnen seine gesammte vorrathigc Summe von 800 fl.
einhändigtc, begnügten sie sich nicht damit, sondern
fordertcn stürmisch Siiber, bcganncn den altcn Mann
zu mißhandeln und banden ihm die Hände auf den
Rücken. Von Döak verlangtcn dte Räuber kein Geld,
fie fragten nicht einmal, ob cr «elchcs befitzc, Döak
jedoch bot ihnen sclbst seinc Barfchast von 220 fi.
und setnc goldene llhr an, und bat bloß, sie möch-
tcn seinen Schwager nicht wciter mißhandeln. „Sie
find ein braver Mann," antwortete hierauf eincr
der Räuber, „Jhnm zu Liebe «ill ich thun, was
möglich ist." Sie löstcn nun dcm mißhandeltcn
alten Mann wirklich die Bande und belcibtgten
ihn »icht mehr, durchstöbcrtcn jedoch die Zimmer,
da fie durchaus Stlber habm wollten, und nahmen
allcs filbcrne Ttschgcräthe, dte goldcne llhr Döak'S
und dic scineS Schwagers, sowie etne goldcne Feder
mit. „Sehen Sic unS nun gut in's Geficht," sag-
ten die Räuber, „damit Sic nicht etnm andcrii
Unschuldigm an unserer Statt aufhängm laffen."
Als fich die unheimltchen Gesellen zu »erabschiedm

Mienc machten, redete Döak den Anführer, der fich
Janos Hajuval nmnt, an: „AanoS, ich habe Euch
mein Geld gegeben, ohne datz Jhr es »erlangt hattet,
nur damtt Zhr metncn Schwager nicht mißhandelt,
ich habe Euch auch meinc llhr gegebm, aber ihr
Verlust schmerzt mich, dmn stc war mir besonderS
thcuer. Wmn ich Geld hättc, würdc ich mir ste
bei Euch auslösen." Der Räubcr nahm hierauf
die llhr aus dem Tvrnistcr und gab fie Döak mit
den Worten zurück: „Nun, so nehmen Sie selbe,
wcnn fic Ahnen so lteb ist, wir haben ohnehtn
Alle goldme llhren." Nachdem sie dann noch be-
fohlen, daß fich vor einer Btertclstunde Niemand
vor die Thürc wagen mögc, sttztm fie fich auf dm
Wagen des Hausherrn und jagten davon. Deu
Wagen schickten sie jcdoch nach einer halbm Stunde
wieder zurück.

* Mannheim, 6. Aunt. Wie wir bcreits ge-
meldet, ist die nach Karlsruhe abgeordnete Depu-
tatton, um Seine Kvnigl. Hohcit dm Großherzog
zum I. badischen LandeSschicßm rinzuladen, mit der
Zusage entlaffen «ordm, daß Höchftderselbc an dem
Feste theilnehmm werde, «ie jeder Anderc.
 
Annotationen