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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0553
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Erscheint. MontagS auSgeaommsn. täglich.

Dienstag, 1«. Zunt

ZnsertiollSgebuhren für die Zspaltige.Petit-
jeile werden mit 3 kr. berechnet.


* Polttische Nmschau.

Hr. Friedrich Ducat, Redacteur der „Relt-
giösen Reform", erhielt diescr Tage ein an-
erkennendes Schreiben von dem Großherzvg
von Baden über die Tendenz der'erwähnten
Zeitschrift. Es ist dies ein erfreuliches Zeichen
und ein neuer BcweiS, daß dieser edle Fürst
Auge und Herz offen hat für de« Fortschritt
und für das deutsche Volk.

AngesichtS der preußifchen Preßvrdonnanzen
bringt dic Redaction der Wochenschrift des
Nationalvereins ihren voriges Jahr gemachten
Vorschlag eines Journalistencongreffes aemr-
dtngS erinnernd in Anregung.

Der „Siecle" sagt über den in Meriko er-
rungenen Sieg u. A.: Wenn unsere Finanzen
und Handelsverbindungen um dieses Gcwicht
des merlkauischcu Krieges erleichtert stnd, so
werden fle einen ncuen Aufschwung nehmen.
Urbrigens ist die Lage der Dinge in Eurvpa
bcdenklich. Wenn Frankreich von einer Erpe»
dition befreit sein wird, welche damit drohte,
einen Lheil seiner Kräfte aufzuzehren, wird
es lauter sprechen und mit seinem Arme wei-
ter ausreichen können.

Die Pariser Abendblätter berichtcn, daß die
»ach Merico bcstimmten Truppcn und Mu-
nition dennoch abgehen.—Die Noten dcr drei
Mächte werden morgen nach Petersburg ge-
sandt. „Patric" glaubt an einen günstigeu
Erfolg, da das PeterSburger Cabinet stch zu
einer Verständigung geneigt zeige.

DeutschlanV

Karlsruhe, 9. Zuni. (35. öffentl. Sitzung
der I. Kammer.) Vorsitz: GeneraUieutenanl
Hoffmann. Am Regicrungstisch: Staatsmi-
nister Dr. Stabel, Staatsrath Dr. Lamep,
Ministerialrath Burger und Ministerialrath
Freydorff. Graf v Hennin, Hofrath Dr.
Bluntschli und Freiherr v. Göler zetgen bruck-
fertige Berichte an. Die Tagesordnung führt
zur Berathung der Berichte über das Poli-
zeistrafgesctzbuch. Geh. Ralh v. Moht dankt
fiir diese Vorlage. Die Cvmmisston habe, ge-
stützt auf die vortrefflichcn Berichle, die in
der H. Kammer erstattet worden, nicht nöthig
gehabt, in DetailS einzugchen, und nur wenige
allgemeiue Sätze hervorgehoben, um ihren
Standpunkt zu characterisiren. Nur in zwei
Punkten sei eine wesentlichc Meinungsverschie-
denheit hervorgetreten. Staatsrath Dr. La-
mep: Die Regieruug sei sich der großen Män-
gel wohl bewußt, die der vorliegenden Eodi-

sication noch anklcbten; allein sie habe stch
cben in die bestehende Gesetzgcbung schicken oder
gleichzcikig cine Reihe vön Gcsetzcn umarbei-
ten müssen, die zwar auch polizciliche Straf-
bestimoiungen enthielten, allein ganz andere
Verhältniffe zum Hauptinhalt hätten. Der
einmal festgestellte Rahmen ciner Polizeistraf-
gesetzgebung könne auch diese Bestimmungen
später aufnehmen, deren Einreihung jetzt nur
eine sehr große Vcrzögerung verursacht hättc.

Hiermit wird dic allgemeine DiScusston ge-
schlvffen. Jn der Specialdiscussion werden
die §§. 1 biS 22 nach den CommissionSan-
trägen ohnc DiScussion angenommen. Zu
8.23: Geh. Rakh Fromherz erklärt fich ge-
gen den von der Majorität der Eommisflon
beantragten Zusatz. Es handle sich hier selbst-
vcrftändlich nur um Polizeivorschriften, vie auf
Gruud des Polizeistrafgeseßbuchs erlassen wur-
den. Diese seien nach 8. 1 dieses Geseßes nur
giltig „insoweit im Gesetz die Erlaffung aus-
drücklich gestattct sei", und 8- 23 bestimme
nvch weiter: „Keine Berordnung darf mit Ge-
setzen im Widerspruch stehen." Es sei damit
doch wvhl klar ausgesprochen, daß der Polizei-
richter, bevor er eine Strafe erkenne, nach den
angeführten Paragraphen zu prüfen habe, ob
die anzuwcndende Verordnung oder Vorjchrift
gesetzliche Giltigkcit habe, d. h. ob ste mit dem
Polizeistrafgesetzbuch nicht imWiderspruch stehe.
Das genüge der Minorität der Commission.
Er stellt demnach den Antrag, 8. 23 unver«
ändert nach den Beschlüssen der zweiten Kam-
mer anzunehmen. Graf HeNnin unterstützt
diesen Antrag in weiterer Ausführung.

Ministerialrakh Dr. Jolly bankt der Com-
missto», daß fle die Frage aufgenommen und
offcn und mannhaft beantwortel habe. Wenn
8. 1 dem Richter das Prüfungsrecht gebe,
warum man die Consequenz hierauS nicht offen
aussprechen woüe? Man habe gesagt, der
Grundsatz svlle nicht in einem Specialgesetz,
sondern in einem VerfaffungSgesetz genereü aus-
gestellt werden. Diese Bcschränkung sci aber
durchauS kein Fehler, sondern ganz zweckmäßig.
Zunächst sei es für den vorliegenden Fall ganz
unbedenklich, dem Richter die Prüfung der
Gesetzmäßigkeit der Verordnungen zu überlas-
sen, wührend den Grundsatz ganz allgemein
aufzustellen, seine Schwierigkeiten habe; es
verstoße z. B. gcgen alle europäischen Begriffe,
den Richter prüfen zu laffen, ob bei einem Ge>
setz die Factoren der gesetzgebenden Gewal.l
die verfaffungsmäßigen Formen bcobachtet hät.
ten, ob z. B. eine Kammer vollzählig gewesen
sei, u. drgl. mehr. Ferner sei gerade bei Poli-

zeiverordnungen das richterliche PrüfungsrcchE
von eminent praktischer Wirksamkeit; auf die-
sem Gebiet sei insbesondere viel gesündigt
worden, und hier also thue eS vor Allem Noth,
künftigen AuSschreitungen entgegenzutreten. Die
Möglichkcit der analogen Anwendung, welche
die Vorredner fürchteten, sei im Gegcntheil zu
wünschen, d. h. die richtige analogc Ausdeh-
nung, welche den Grundsatz nur auf wirklich
gleichartige Fälle überträgt; so könnten die
Gerichle durch wiffenschaftliche Jnterpretativn
auch für weitere Fälle leisten, was legi'Slato-
risch sehr schwer festzustellen sei. Der Sinn
der Richter für Unabhängigkeit werde eine
Kräftigung darin finden, wenn ihnen offen und
ausdrücklich das Prüfungsrecht der GesetzmSßig-
keit der Verordnungen eingeräumt werde. Red-
ner empfiehlt dringend den Commissionsantrag,
wünscht jedoch eine Rebactionsänderung, näm-
lich statt der Worte: „polizeiliche Vorschriften
jeder Art" die Worte: „die Verordnungen, be-
zirks- und ortSpolizeiliche Vorschriften."

(Schluß folgt.)

Mannheim, 11. Juni. Die gestcrn in
Karlsruhe ftattgefundene Vorstandsversamm-
lung des Vereins für badischc OrtSkunde hat
deffen Geschäftsordnung entworfen und vie
noch ausstchenden Personfragen erlcdigt. An
dic Stelle des Herrn Dr. Bissing in Heidcl-
berg, der leider die auf ihn gefallene Wahl
nicht angenommen hat, ist cin Anderer, Dr.
Stocker in Aglasterhausen, Mitgründer dcs
VereinS, in den Vorstand getreten. Auch für
den Ersatz dcs Hrn. Archivars v. Schrecken-
stein in Donaueschingen ist Unterhandlung ein-
geleitet worden. Zur GeschäftSleitung wurden
erwählt: Graf v. Berlichingen von hicr alS
Vörstand, Professor Fickler als Schriftsuhrer,
Pfarrer Wirth in Haßmersheim als Caffe-
führer. Als Wohnsitz des VereinS ist demge-
mäß für die 2 nächsten Zahre Mannheim bc-
stimmt. Die Commission für die Drucklegung
der Vereinsarbeiten besteht aus den HH. Ar«
chivrath Dr. Bader in KarlSruhe (Obmann),
Gch. Hofrath Dr. I. Beck in Heidelberg und
Profeffor Fechl in Durlach, — alle drei den
GeschichtSfreunden und Topographen BadenS
durch ihre Wcrke wvhl bekannt. (B. Lz.)

— Mannheiw, 14. Juni. Gcstern hat
uns Profeffor Eckardt auS KarlSruhe auf
die an ihn ergangene Einladung mit einem
glänzenden Vortrage über die schleswig-hol-
steinischen und preußischen Zustände erfteut;
und wenn auch die Versammlung weniger stark
besucht war, als bei manchcn früheren Ver-
anlaffungen, da der mit Hoffnungen auf Preu-

* Einc Parodien-Trias

auf daS Lied:

„WaS isr bes Deutschcn Vaterland?"

Wo liegt der Dcütschen Unverstand?

Jm Baierland, am Jsarstrand?

Am hopfenreichcn Pegnitzthal,

Der Zionswächtcr Maskenfaal?

neln, o nein> o ncin, o nein,

Dlc wSren all' sur ihn zu klein!"

Wo liegt bcr Deutschen Ilnverstand?

Im Schwabenland? im Havelsand?
Licgt er rings um den Stephansthurm,
llnlangst umbraust »on Völkerfturm?

O ncin, o ncin, » ncm, o nein,

Di« waren all' fur thn zu klcin!"

Wo liegt dcr DeuMen Lnverstand?
Jm Hcffenland, Westphalenland?

Licgt auf azurncr Alpenwelt
Er, oder gar im rauhen Belt?

„O nein, o nein, o nein, o ncin,

Die wären all' für ihn zu klein!"

Wo licgt der Deulschen llnverstand?

So nenn' mir bas unfcl'ge Land!

Jst'S ctwa das Alsaffenreich,

Geraubt durch einen Schurkcnftreich.

„O nein, o nein, o nctn, o uein,

DaS wär' vor allen ihm zu kletn!"

Wo liegt der Deutschen llnverstand?

Sag' endlich doch, was allbekannt!

„Jn ihrer Zwietracht Feucrbrand,
Da liegt dcr Deutschen Nnvcrftand,
llnd wären fic nür dicsen los,

Dann würde Dcutschland frci und groß!"

Das ist der Deutschen Unverstand —
Dic Zwtetracht durch daS ganze Sand!
Sic «urzelt im Philisterthum,

So wie im Büreaukratenthum;

„O Gott »om Himmcl donn'rc drein
llnd nimm unS diese Höllenpein!"

II.

Wo licgt dcS Deutschen Rtesenkraft,
Womit er endlich fich aufrafft?

Ltcgt fie im deutschen SLngcrbund,
Dcr lebt in aller Völker Mund?

„O net», o »ein, o uetn, o ncin,
Der thut es wahrlich nicht allein!"

Wo liegt des Deutschen Riesenkrast,

Dte bald des Großen vicl erschafft?

Liegt fie etwa im Turnvercin,

Da deffen Streben hoch und rein?

„O netn, o nein, o ncin, o ncin,

Auch der thut's «ghrlich nicht alletn!"

Wo ltegt des Deutschen Ricsenkraft?

Liegt sie vielleicht am BLchsenschaft,
Gehandhäbt traun in jüngster Zeit,

So däß es »lle Welt crsteut?

„O nein, o nein, o ncin, o neln,

Der Schütze thut's auch nicht allein!"

Wo ltegt dcs Deutschcn Riesenkraft?

So fag' doch endlich, tzaß e« klafft!

„Sie licgt in scinem ttefen Gcist,
D-r wifsend alle W-lt umkrcistl'
Und dt-scr, ja nur er allcrn,

Sein Fiihrer wird zur Freiheit sein!"

„Ste licgt in seinem Hochgefühl,
Das rastloS ringt nach einem Ziel.
Vtel flnd der Pfade , dic cr zieht;

Zulctzt schafft Einheit sein Gemüth.

Dies große, seltne ZwtllingSpaar
Bestegt die Welt dann immerdar!"
 
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