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Heidelberger Zeitung — 1863 (Januar bis Juni)

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Juni
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https://doi.org/10.11588/diglit.2820#0554

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ßen zu stark qeschwängcrt gewesene Nati'onal.
verein seine Änziehungskraft zum Theil ver-
loren hat, so war doch vic Versawmlung fre-
quentirt genug, um zu beweisen, daß es dem
hiestgen Pubiikum nichk an Zntereffe fchlt,
über die wichtigstcn deutschen Fragen di'e An-
sichten eineS Mannes zu vernehmen, dem von
aüen Orten her, wo er bisher gesprochen hatte,
dic günstigsten Berichte vorauSgegangen wa-
ren. Wir können unS hier nicht auf alleS
Einzelne deS mit dem größten Beifalle auf-
genommenen Vorkrages einlassen, der zwar
für Alle, die mit der Spccialgcschichte wcniger
vertraut stnd, srhr viel Lehrreiche« enthiclt
und die schlagendsten Resultaie auS den seit-
herigen Vorgängen zog, aber doch hinsichtlich
der Thaisachcn und der Urtheile, die darüber
nahe iikgen, selbstverständlich nicht »iel Neues
bieten konnte. Die Klarhcit und Lebendigkeit
der Darstellung .war indeffen geeignet, die Zu-
hörer aller Claffen und Bildungsstufen zu
feffeln und zu befriebigen. Anziehend war
hauptsächlich die Schärfe uvd Freimülhigkeit
seiner Kriktk und dic cindringende Berebsam-
keit, woinit stch scin Wort den Zugang zu
allen Herzen vffnetc. Wer über den Haupt-
gang seineS Vortrags, der großentheils ge-
schichtlichcr Natur war, sich genauer instruiren
will, den müffcn wir auf den Bericht in der
heutigen Nr. des Mannh. Anzeiger verweisen,
wclcher das Wesentlichstc davon enthält. Am
bcherzigungswerihesteii schten uns, was der
Redner über die grvße Mission und Aufgabe
des deutschen Volkes und über die zur Reali-
sirung dersesben gleichwohl ungünstige Be-
schaffenheit bes bcutschcn Volkscharakters
sprach. Der Deutsche sei fleißig, ehrlich, treu,
bieder und vereinige als Mensch alle Privat-
tugenbeii in sich; aber die Sache der Nation
kümmere ihn nicht, für daS Allgemeine unb
Ganze, für das Baterland und sein Wohl u.
Wehe, habe er zu wenig Herz und Sinn.
Rebner bürdet freilich die Schuld davon nicht
leviglich dcm Volke auf, sonbern er schreibt
sie vorzugSweije benjeiiigen zu, die das Ge-
fühl sür dic Ehre des Vaterlandes lange ge-
nug fKstewalisch abgestumpfl, den Patriolis-
muS zu cinem Verbrechen gestempelt und das
Sprüchwvrt zur Geltung gebracht haben:
„Ruhe sei des Bürgers erstc Pflicht." — Als
eine anerkennuugswerthe und bedeutsame That-
sache betrachtet Eckardt die Cvllectivschrift der
Bcrliner Zkitllngsrcbactionen gcgen die Maß-
regelungen der Presse; es sci zu wünschen,
daß die gesammte deutschc Preffe, daß allc
Vereine, daß aüe Deutfchen einen gkmeinsamen
Schritl thuen; daß man an den Mann, der
an der Spitzc des bedeutenbstcn deutschen
Staatcs stehc, im Namen des deutschen Vol-
kes ein ernstes Wort richte und ihn auf die
Gefahr hinwcise, die — ein zweites Jena —
dem ganzea Lanbe und auch der Dpnastic sel-
ber drvhe. Ein solcher Schritt sei durchaus
nicht revviutionär, sondern conservativ, denn
er ziele aus Rettung des deutschen Vaterlan-
des ab.

Beachtungswürdig war auch die Mahnung,
daS deutsche Weib mit in dic patriotische Be-

wegung htueinzujiehen, damtt auch da« HauS
davon ergriffen werde und die Reaction keine
Verbündeten i'n der Familic finde. Jn dicser
Beziehung bot Stoff zu ernstlichcm Rachdenken
die Vergleichung der Frauen der alten Ger-
manen mit denjenigen der jetzigcn Zeit. Zene
trugen, wenn ber Feind ihren Gauen nahte,
ihre Kinder dem Gatten entgegcn, um ihn zum
Kampfe zu bcgeistern durch den Hinblick auf
die thcuren Güter, für die er einzustehen habe;
unsere heutigen Frauen aber haltcn dem Manne,
wenn er in den Kampf für daS Vaterland
ziehen soll, daS Kind mit Weinen und Weh-
klagen unter die Augen, um sein Herz weich
und ihn für den Kampf schlaff und feige zu
machcn. Die uächste Pflicht, bemerkte mit
Recht der Redner, ist nicht tmmcr diehöchste;
die höchste aber soll uns die nächste sein.
— Wenn Hr. Eckardt endlich mit dem Zu-
rufe schloß: „Freunde, ich habe Euch sreilich
uur Worte gcben können; wohlan, gehet hin
und verwandelt sie in Thatcn!" so wünschen
wir nur, daß das allgemeine Bravo, daS
ihm erscholl, in allen Herzen forttönen und zu
kräftigen Thaten begeistern möge, welche den
Ruhm und die Ehrc des deutschen Vaterlandes
für ewiqe Zeiten gründen!

— Mannheiw» 14: Juni. Gustav Struve,
der bekanntlich in Hamburg angekommen ist,
wirb schon seit einigen Tagen hier erwartct,
ist aber noch nicht eingetroffen. Es scheint,
daß ein guter Theil der ehemaligen Europa-
müden jetzt als Amerikamüde wieder in baS
Baterland zurückkchren wirb. — An den ver-
wundeten, aber wicder auf dem Wege der
Befferung sich befindenden Friedrich Hecker
ging in diesen Tagen eine Adreffe SeitenS
einer Auzahl seiner Freunde ab, dic nebcn
einer Anerkennung seiner Verdienste um die
nordamcrikanische Sache zugleich eine Ein-
labung zur Rückkehr nach Baden enthielt. Un-
serc deutschen Brüder in Amerika werden ver-
muthlich bald in ihrem Eiser erkalten, fort
und fort Opfer zu bringen, die nicht einmal
die vcrdientc Anerkennung finden.

Frankfurt, 12. Juni. Jn Sachcn Renz
(Circusbesitzer) gegen Hadermann (Redacteur)
hat das Appcllativnsgericht in dem gestern ver-
kündigten Urtheil den Beklagtcn Hadermann
dcr wirklichen Ehrenkränkung schuldig befun-
den und gegen denselben auf 15 fl. Geldstrafe
erkannt.

Berlin. Mit Genehmigung des Königs
findet am Sonntag, 28. d. M., in allen evan-
gelischen Landesktrchen eine Sammlung für
eine in Paris zu errichtende deutsche evange«
lische Kirche statt. Zn dem, den Gemeinden
vorzulesenden Erlaß deS evangelischen Ober-
kirchenraths hcißl es, daß in Paris 80,000
Deutsche sich bcfinden, von denen wohl die
Hälfke der evaagelischen Kirche angehören.

Berlin, 11. Juni. Die Königin Auguste
wird sich im Lauf bcr nächsten Woche aüf
Wunsch und Einlabung der Köuigin Victvria
nach Windsor begeben.

Beriin, 13. Zuni. Bei der gestern statt-
gefundenen Wahl für den Rpdnicker Kreis in
Soran ist der Graf Eduard Reichcnbach gegcn

iil.

Was ist der Deutschin Zukuuft Hcil,
Dcr Eintracht köftiichstes Erbthcii?
„Zm kuropä'ichen Voikerbund
Zu scin dcr Arm, so wie der Mund,
Des Friedens heiisges WeiäPanier
Schwingend mit offcnem Vifir."

WaS ist der Dcutsche» Zukunst Hort
Zuyächst nach freiem Männcrwort?
,Ein ncu zu btldend kräftig Rcich,
D-m thut's auf Erden kcines gleich,
Ämschaart von einem hohen Rath
Und ernem btedern Volkssenat."

Was ist der Dcutschcn Zukunft Hor
Dcr Freiheit immer grüner Forst?
„Zn Mitte hoch ein Eapitol,

Dcs Wissens Altar, Kunsridol,

Des Lanoes diamantner Schild,
Des Kneges fnrchtbar Lbenbild!" -

Das find der Znkunft heil'ge Drei,

Zhr ewtg junges Conterfei.

Ste «ahren dcm Germancnreich
Dcn freten Geist im Stamm und Zweig,
Stets überstrahlend so an Ruhm
Das Sclaven- und Romanenthum!

Heidclberg, 14. Zuni. Zn nächster Zcit wird
> Herr vr. v. Hoff aus Kurland einen Lyclus von
i Norträgcn über Austratien, Noroamerika und den
. Orient eröfsnen, worauf «lr das hicfige Publikum
! schon jetzt aufmerksam machen. Ueber dic intcres-
santc unb belehrendc Darstcllung des Hrn. ». Hoss
haben sich bie ösfcntlichku Blälter iu der ancrkcn-
nendstcn Weise ausgcsprochen, so lcsen wir u. A.
Folgendcs darüber aus Badcn:

„Mit großem Zntrreffc folgtcn wir gestern dcn
bctchrcnden Vorträgen des Hrn. vr. v. Hosf aus
Kurland, in denen er über Auftralien und übcr die
Vercinigten Staaten von Nordamerika gcsprvchcn.
. Jn jcncm crsten Vortragc sprach dcr Reoner übcr
Australien im Allgcmeincn, machtc sodann in ge-
wandter SpraGe auf cigneii Erlcbniffen deruhcnde
Mitthcilungen über dic Verhältniffe des crst in
neuester Zctt bckanntcr gcwordencn Wclttheilcs und
zcigt, wie die Kulturverhältniffe von Sidneh, Mel-
bournc, Abclaide aus's Schönstc fich cntfaltcii und
allmälig zu curopäischer Blüthe gclangcn. Er-
freucnd für dcn Deutschen war zu hören, wic auch
rn den überseeischen Kolonicn unsere deutschcn Stam-
meSbruder in gescllig dtldenden Vereincn sich zu-
sammcnfinden und mit regem Eifer an den Schick-
salen unsereS Vaterlanbcs warmen Antheil nehmen;
crfrcuend für dcn Badcnscr zu vernehme», wie unser
weiser und erhadener LaadeSfürst, Großhcrzog
Frievrtch, nicht nur im engern und größern Da-

i den Krt'egsmmister von Roon mi't 173 gegen
63 Stimmen zum Abgeordneten gewählt wor-
den. — Jn der „Schlcs. Ztg." erklärt sich
daS Mitglied des HerrcnhauseS Graf Hoverden
auf Hünern vom conservativen Standpunkt
geqen die nene Preßordnung.

Berlin, 13. Zuni. Die „Spener'sche Ztg."
berichtet nach einer Privatcorrespondenz auS
Wi'en vom 10., eS scheine posiliv, daß Kaiscr
Franz Joscph zu Ende Zunt in Karisbad den
König von Preußen besuchen werde, und zwar
ohne von dem Grafen Nechbcrg begleitet zu
sein.

Köln, 10. Juni. Dic Kölnische Zcitung
schreibt Folgendcs: Aus den verschiedendsten
Orten der westlichcn Provinzen gehen unS
Nachrichten über dcn sestlichen Empfang von
Abgeordneten , Wahimännerversammlmtgen,
Adreffen u. s. w. zu. Da indeffen in der
vollständigen Mittheilung solcher Nachrichten
eine Tcndenz gefunden werden könntc, so legen
wir die meisten Nachrichteu dieser Art bei
Seite. (Dic anderen preußischcn Zeitungen
veröffentlichen derartigc thatsSchliche Berichte
bis jetzt vhne Anstand.)

Köln, 12. Juni. Dic Kölner Zeitung
schreibl FolgendeS: „Der Allg. ist die Köln.
Ztg. viel zu feig und verzagt im Kampfe gegen
das preußische Ministerium. Wir haben aüer-
dingS jeben Kampf gegen das Ministerium
gestellt, als uuter den gegcnwärtigen Umstän-
den nicht bloß ganz nutzlos, sondern auch ganz
unmöglich. Der Zustimmung jedcs Menschen,
der seiae Vernunft nnd sei'ne fünf Sinne voll-
ständig besitzt, glauben wir gewiß zu sein. Zm
Uebrigen laffen wir die Leute reden, da die
Gänse cs nicht können."

Köln, 12. Juni. Die Herren H. Langen,
B. H. Hcüwitz, H. Bürgers, I. Classeii-
Kappelmann und Z. P. Mathicur, welche im
Mai d. Z. in der „Kölnischen Zeitung» zu
freiwilligen Beiträgen für die vcrwundcten
Polen aufforderten, find vor daS Polizeigericht
geladen.

Wien, 11. Juni. Die Preffc bespricht
hcuie die Anwcsciihert des HcrzogS von Sachsen-
Cobnrg in W>cn, und sagt darüber unter An«
deem Folgendcs: Sctt drei Tagen vcrweilt
der regierende Herzog Ernst von Sachsen-Co-
burg-Gotha iu Wien und ist am Kaiserlichen
Hofe mit Auszeichnung empfangen worden.
Die Thatsache ifl polikisch intcreffanter, als
es auf den ersten Biick scheink. Trngen nicht
alle Zeichen u»d mannichfache uns zugekom-
mene Nachrichten, so sinv es politischc Zwecke
crnster Natur, um derentwillen der Herzog
nach Wicn gekommen ist, und denen er hier
nachgeht. Nach den uns gewordcnen Mit-
theilungen ist Herzvg Ernst im Einverständniß
mit seinen politischen Freunden im National-
verein nach Wien gekommen und verhandelt
hier mit Lcuten von politischer Wichtigkeit
große politifche Angelegenhciten. Die Anwe-
senheit deS Herzvgs verbürgt Oesterreich die
Zustimmung seibst der klcindeutscheii Partei,
wenn dieseS die deutsche Reform ernsthaft iu
Angriff nimmt. Aber freilich: crnsthaft muß
sie sein, denn mit einer Delegirtenversammlung

terlande aeliebt und verchrt und als ächt deutsch
gcsinntcr Rcgent ain Hervorragcndstcn peangt im
Kranze deutschcr Fürftcn, sondcrn auch im fcrnften
Südosten von den Stammcögenoffcn hochgeachtet;
wic Setne dcnkwürdigen FricdenSworte an Sein
theures Volk vom 7. April 1860 mit EnthusiaSmus
aufgcnommen und vorgelescn und nun in dcn Ver-
cinSlokalcn nntcr Glas und Rahmen glänzen alS
cin kostbarcs Klcinod und angcnehme Erinnerung
an daS liebe Vaterland. Hieraus sprach Hr. v. Hoff
übcr die Goldfelder und Goldgräbcr, schilderte das
Lcbcn und Trciben der Kölonisten, wlc der Ein-
geborcnen, die bekanntlich Mcnschcnfrcffer find, und
dcren Verhältniffe Lcr Redner durch längercn, un-
frciwilligen Aufenthalt aus cigencr Anschauung
kcnnen gclerut hattc. Glcich intcreffant warcn fcine
Schilderungcn der Kulturverhältniffe der Vereinig-
ten Staaten, und cr zetgtc in klarem Bilde, wic
natnrgemäß aus dcm Gcgensatzc der Meinungcn
und Antereffen dcr Nord- und Südstaatcn der so
verderblichc Burgerkrieg sich cntwickcln mußte. An-
sprechend und belehrend waren dik übrigen Mit-
theilungen, namentlich Kaliforniens und dcs Mor-
monenlandes, der Jndianer und der Schlangen-
anbeter, dcs Gcwcrbe- und Fabrikwesens und der
deutschen Anstedelungcn am Msfisstppi.
 
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