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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 179-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0174
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entbehrender Uedertreibungen" enthalte. Die
Sache wird ebcn nur dadurch crklärlich, daß
es eine „äußerste Partci" ist, wclche den im
höchsten Lebensaltcr stchendcn Kirchensürsten in
Freiburg unter sorgfLlliger F-rnhaltung jcgli-
cher andern Einflüssc bcherrscht, und „in vcr-
blcndetem Sinn den Vcrjuch macht, durch Ver-
letzung heiliger Pflichten ihre jeldstsüchtigen und
fanatischen Zwecke zu erreichen." AuS welchen
Elementen die Hoskamarilla des ErzbifchofS be-
steht, ist in uusercm Lande kein Geheimniß,
und eS mag zur näheren Charakteristik dersel-
ben dic Mittheilung diencn, daß sich darunter
ein übergetretener Protestant und ein getauster
Znde bcfinden. Zu solchen Händen liegt that-
sächlich das katholische Kirchenregimcnt unsereS
LandeS; dcnn daß das Domcapitel bei den
wichtigsten Anlässen gar nicht zu Rath gezogen
wird und ofl erst hinterher ersährt, waS ge-
schehen, das weiß namentlich dcr Curatclerus,
der unter jolchen Umstäuden den größten Will-
knrlichkeiten ausgcsetzt ist, nur zu gut. Wic
sehr dersclbe üdrigcnS eingcschnchtert ist, beweiSt
der Umstand, daß cs biS jctzt nur wcnige ver-
einzclle Slinimcn gcwagt haben, sich über cine
solche Herrschafl zu beschwercn. Wohl aber mag
bei manchem Geistlichen der Gedanke oft rccht
lebendig werden, daß ihnen die Freigebnng der
Kirche die größte Tyrannci und jeglichen Man-
gel an Rechtsschutz gebracht hat."

Vom lOberrhein, 15. Aug. Dem Cor-
respvndenten vom Odcnwald in Rr. 180 dcs
„Badi BeobachterS" erwidert die „B. L.-Z.":
Wenn gcwisse Hcrren der Ansicht sind, daß seit
Berkündigung deS „erzdischöflichen Hirtenbriess"
alle katholischen Schulinspectionen aufgehört
haben, so sagen dagegen wir und mit unS noch
Viele: die katholischen schulinspectionen habcn
nicht nur deßwegen nicht aufgehört, sondern
werdcn übcrhaupt gar nicht anshören und wcnn
noch zehn Hirtcnbriefe koinmcn. Die Zeiten,
lieber Hcrr, in dencn es hicß: lionia lomit»,
res tiniio, in'S gut Badische übcrsctzt: dic Ca-
marilla in Freiburg hat gesprochen, die Sache
ist beendct, sind Gotllod vorüber. Die Lvgik
dcr Thatsachen und die ösfentliche Meinung in
nnserem Lande ist eine Macht, an der alle
Umtriebe dcr Frciburgcr Warnungschreibcr zu
Schanden werdrn. Wenn alle katholischen
Gcistlichen, nainentlich solchc, die in ihrcn Gc-
meinden beliebl und allgemcin geachtet sind —
nnd es gibl dercn durch's ganze Land — ihre
Schulinspectionen blos deswegen nicderleZen
jollten, damit ein Paar streitsüchtige Herren
in Freiburg, die, stets sich und ihre taktlosen
Amlshandlungen mit der Religion verwechselnd,
von der fixen Zdee nicht loskommen könueii, die
Rcligion sei in Gcsahr, wahrend doch in Wahr-
heit nichts, alS nur die Hcrren selbst und ihre
eingebildete Herrschaft in Gefahr ist, noch etwas
länger die unbeschnittcne Macht ihreS eigenen
WillcnS haben, so wcisen wir ein solchcS An-
finnen als Anmaßung — den eigentlichen Ans-
druck wollcn wir verschwcigen — mit aller Ent-
schiedenheit zurück. Wenn Sie, Herr Correspon-
dent vom Odenwald, im Ernste glauben, alle
katholischen Schulinspectoren gehen mit dem
Herausgeber des Hirtenbriefes anstandsloS durch

zum Geldprägcn. Wic es hichcr kam, wnßtc lch
nicht; aber ich wußtc jetzt, wo ich mich befand: in
dcr Falschmünzcrböhlc, dic s° langc schon da» Land
mit falschcm Papier- und MclaUgcldc übcrschwcmml,

2000 DollarS für die Entdeckung als Bclohnung
ausgcsctzt worden warcn — ln dcr Falschmünzcr-
höhle, von der bis jetzt jedermann glaubte, fie
mnffc fich außcrhalb deS MachtkrciscS unscrcr Rc-
gicrnng bcfindcn. Jch lcgtc daS corpua ckolicti
wicder hin, wo ich c« gisundcn, und ich hattc gut
daran gcthan, dcnn zwei Mlnuten danach trat
mcin Wirth, wcnn ich ihn so nenncn soll, mit
elncr Blbcl in dcr Hand unb drei masklrten Pcr-
foncn cin. „>Vsll, Doctor", sagtc rr, „ich könnte
Jhnen cincn langen Eld formulircn, abcr ich habe
lmmcr gchört, jc mcbr Punktc im üontract, dcsto
mchr Hintcrthürcn finden die Advocaten, um hin-
auszuschlüpfcn; schwörcn Sie also cinfach im An-
gefichte dcs allmächtlgen GottcS nnd dcr gcgcnwär-
tigen Zcugcn auf dics hkiligc Buch, wlssentlich mit
kcinem Worte das, was Sic hcutc geschcn und
crfahrcn habcn, zu ocrrathcn." (Schluß f.)

Dick und Dünn, so wäre dieS unter allen Jhren
sonstigeu Täuschuiigen ficherlich noch die größte.
Die nächste Zukunft wird Sie indcß überzeugen.

Darmstadl. Das Officiers-Eramcn ist,
nach der „Hess. LdSztg.", durchaus nicht glän-
zend ausgefallen, indem von 23 Aspiranten nur
10 bestanden.

ZLieSbaden, 14. Aug. Jn der gestrigen
Kammerjitzung stellte nach einem Berichte dcr
F. Z." der Abg. Raht folgende Anlräge:
1) die Regierung zu ersuchen, die Unterofficiere
bei ihrcui Dienste zu betassen und ste nichl für
Wahtzwecke zn gedrauchen. — Der Anlrag-
stellcr bemerkte, daß eine Anzahl Untcrosficiere
der Garnison Weilbnrg einige Tage vor oer
letzten Wahl mchrere Dörfer des DistrictS be-
sucht und, mit ziemlichem Gelde versehen, Knei-
pereicn mit Wahlrcden veranlaßt hätten. Das
wäre doch der Disciplin keinesfallS förderlich.
Obcrst v. Holbach erklärt, weder daS Mililär-
departement, Iioch die Regierung habc über
diese Sache Anzeige erhalren. Zndessen sehe
er darin nichls Strafbarcs; dic Unlerosficiere
hälten gewiß nicht als Soldatcn, sondern als
Äienjchen und Bürger nach ihrer Ausicht für
die Wahlen gewirkl. 2) Die Regicruiig zu
ersuchcn, daS aus politischeu Grünoen von dem
Conimandanten in Weilburg den Soldaten ein-
gcschärste Berbot, gewissc WirthShäuscr und
Kauflädkli zu bejuchen, aufzuheben. Hr. Raht
führt interessaute Einzetnheiteu an, die vom
Abg. Wimpf bestäligt werdcn. Obcrst v. Hol-
bach: Der Regierung und dem Departement
sei eiue Klage der Art iiichl bckannt gewordcn;
übrigens habc der Conimandant jeder Garnisou
das uiidestreitbare Rechl, zur Wahrung bcr
Disciplin dcrarligc Berbote zu crlassen; dafür
jci er uur jcineii Vorgcsetzteu Rechenschafl
schuldig. — Auf diese büiidigeii Erkläruiigeii
yin wurdcn bcide Anträge angeuommen. Zum
Schluß bejchwert sich der clcricale Abg. Link,
baß au dcm letztiu GeburtStage dcs HerzogS
die Parade zur Kirchenzeil staltgcfuiiden und
viele Reugierigc vom Kirchenbcsuch abgchailen
habe. Der NegieruugScomiinssLr erklart, auch
die Miiitärbchörde habc das eingesehen, aber
zu einer Zeit, wo eine Abänderung nicht mehr
thnnlich gewesen wäre.

H,»niover, 16. Äugust. Der Besehl zur
DeSarmirung der Küstcn ist am 14. d. an die
betrcsfenden kgl. hannover'schcn Truppenabthei-
liingen ergangcn und es habc» gestern bereits
die Ziifanterie-Detachcments den Rückmarsch in
ihre Gariiisouen angetrctcii.

Wien, 13. Aug. Wie viel sich der Priester-
faiiatisnms in Oesterreich im 18. Zahrhundert
erlaubcu darf, zeigt solgendc Thalsache: RechtS
vom Eingaiigc der Schatzkammcr in Mariazell
hängt eingerahmt cine geschriebcue Ankündigung,
in welcher jcdem giäubigcn Bejucher dcs Mut-
tergoltesbildeS, dcsscn öOOjahriges Zubiläum
heuer geseiert wird, ein lOOtägiger Ablaß ver-
ycißen wird, und zwar unter solgenden 3 Be-
diiiguugen: 1) daß er um Einigkeit uuter alleu
christlichen Fürsrcn, 2) um Ausrottung der
Ketzerei, 3) um Erhöhuug der heiligen Multer-
kirche bitte.

(Folgcn fürfilichcr Langwcilc.) EinBrcS-
laurr, dcr in Kisfingcu wciit, crzählt in cincm
Bricfc cin Gcschichichcn ans dec glänzcndc» Pcriode
bcr dortlgcn .Entrcvuc". Dic „Br. Mgn. Ztg."
ihcilt cs, wic solgi, mit: „Line rusfischc Gräfin,
dercn Namen in ein — off ausläufl, schr angcschcn,
wcil sehr reich, aber gcrn gcmicden, wcil schr gc-
fchwätzig, hcfictc fich alle Morgen an die Sohlcn
dcS jungcn Königs von Bayern und erzähite ihm
mii Barbicrgcschwätzigkcit unverlangtc Ncuigkciicn.
EincS Tages kommi dcr Kronprinz von Rußland
dazu und crlöst dcn Witiclsbachcr Sproß auS dicscr
Unicrhaliung. Dank der kaiscrlichcn Znicrvcntion
— cnit dcr Baycr auS — die mi» oor dicscr Er-
obcrung gerclici. Daraus dcr rusfischc Kronprinz:
„Ew. Waj. stnd von cincr rusfischen Untcrthanin
grlangwcilt worden? DaS vcestößt gcgcn die Eti-
kciic, ich wcrdc cS mcincm V-Kr sagcn." — An-
dcrn TagS vcrbrcitct stch in dcn rusfischcn Kreiscn '
von Kisfingcn dic N-chrichi, daß dic Gräfin —vff
auf Bcfchi dcs Ezars sofort den lieblichen Badcort
zu vcriaffen nnd in ihrc Hrimath zurückzukchrcn
habc. Die Abrrise wcrdc in clnrr Stnnde rrsolgcn.
G-nz Rußlan» cilt zur bcstimmlcn Frist nach dcm

E n g l i, »

London, 17. Aug. Di- „Tiines" hat von
ihrem Specialcorrespondeiilen von Rew-Nvrk
folgende Nachrichlen, »om 6. Aug. datirt er-
halten. Eine Division der Cavalleric Sher-
man'S, welche unter Befchl Cook's auf eine
Expcdition ansgesandt wnroe, ist am 27. Juli
im Augenblick als sie nach Allantr zurückkehren
wollte, geschlagcn worden. Die Consöderirtcn
wurden oon Ransom commandirt. Von 3200
Unionisten haben nur 500 Marietta erreicht.
Man glaubt, daß alle Uebrigen getödtct oder
gefangen sind. Die unionistische R-gierung hat
von Neuem die Veröffentlichung aller militäri-
schen Nachrichten unlersagt.

B e l g i e n.

. Elrüfscl, 13. Aug. Bei der Rückkehr von
Paris kündigte König Levpold seinem Haus-
minister, Herrn van Praet, seine Lbsicht an,
nach Ostende zu gehen. Dlejer meinte, eS
wäre vielleicht rathsamer, das Resnltat der
Wahlen abznwarten, da ja l-icht eine Minister-
krisis eintreten könnte. „Die Krifis ist zn
Ende", eiitgcgnele dcr König, „ich din fest
übcrzeugt, daß dic lib-rale Partei die Majori-
tät erhält."

E p a ii i e n

Madrid, 14. Lugust. General Prim ist
gestern Nachmittag an seincn VerbannungSorl
abgercist. Eine zahlreiche Menschenmenge gab
ihm bis zum Bahuhvfe oaS G-leit.

R u ß l a n 0

Warschau, 17. Aug, Bon den des At-
tentatS gegen dcn Grasen v. Berg Uebersührten
wurdeii KrajinSki gehängt, Laiiliowski unb
Schmidt, untcr dem Gälgeii strhend, zu 20jäh-
riger ZwangsarbcitSstrase dcgnabigl; sechs an-
dere der Atitwirkung Uebersührtc wurbcn zu
zwölf und füuszehn Zahren Zwangsarbeit in
dcn Bergwerlen beguadigt.

A m e r i k a.

Neuyork, 6. August, Abends. Die Con-
födcririen haden den Potomak üderschritten, sind
nach Marylano vorgedrungen und habcn Hagers-
town besetzt; jeooch sino im Uebrigen alle 8iach-
richten sehr unbejtimmt, da die Regierung die
Mitlhcilung dcrselben untcrsagt hat. — Großcr
Schrccken herrschte unter den Aarmeru deS
Cumberlaiidthales. Dieselben trirden ihr Vieh
und drachten ihr Eigenthum sort. Das cvn-
föderirtc Corp«, wclches EhamberSburg ver-
draiinte, ivurde oon General Averill bei M.
EomicUsville geschtagen. General Averill ist
dann aus Bedsord marschirt, um eine Bewegung
der Consöoerirten nach dicser Richtung zu ver-
hindern. Der Gouvcrnenr von Pennsylvauien
hat 30,OM illtann Rtiliz nnler die Waffen ge-
rnseu. ES heißl, General Hookcr wäre zu
eineni ncucn Commando berusen, welches den
obereu Polomak, Marylaud und Pensylvanien
einbegreift.

General Stonemann hat die Eisenbahn zwi-
jchen Macon und Allanta zerstört, jedoch wurdo

Hotcl dcr in llnguade gcsallcncn Gräfin. Mit dem
Glockcnschtagc b-stcigt di- Unglücküchc thrc R-isc-
kalcsche, bückt noch clnmal aus dic Schaarcn ihrcr
LandSlcutc und fährt traurig, wlc zur Hlnrichtung,
ab. Kcincr ihrcr Kccundl, k-inc ihrer Frcundin-
ncn wagt'S, dcr Schcidcndcn anch nur ein Lcbewohl
zuzustüstcrn. Di- l-ifest- Hanbbcwcgung wärc alS
-in linchr-rbieligcr Tadcl gcgcu dic Anordnung dcr
hohen russischcn Obrigkeit aufgcsaßt worden."

Rciscndc, wclchc am 30. Zuli mit dcm Lilzug
der Südbahn von Graz nach Wicn rcistcn, rr-
lebtcn cin furchtbar schöncs Schauspicl. Jn der
Nähe von Kranichsseld schlug der Blitz hart ncbcn
dcm Zuge in ein Gctrcidcfcld, und in cinem
Allgcnbückc stand daS ganzc Fcld in Fiammen.

(Erpcrimcntal- und Naturphtlosophtc.)
Etn praltlschcr Kaufmann, drn scin Sohn um Lr-
kiärung dlcser Wortr sragte, antwortcte darauf
schr trrffend: „Wenn cin Mann vo» -incm an-
dern Gcld borgcn will, das tst Erperimcntalphilo-
sophic; wcnu t»r anderc cs ihm abschlägt, das ist
Naturphilosophic."
 
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