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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0245
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Heidklbkrgrr Ititung.

N 213


Samstag, >» September LL?'"'' L8HA.

Auf die „Heidelberger
eilung" kanu man sich
och für den Monat
Iextember mit 18 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten. den Boten uud Trägern,
sowie der Expedition (Schiffgasse Nr. 4).

* Palitische Umschau.

Fazy versichert, sich bci den öffentlichen Ge-
richtdverhandlungen stellen zu wolleu. Seine
Macht ist aber wohl auf immer dahin.

Der franzosische Marschall Mac Mahon
stammt bekanntlich (wie sein Name beweist)
von -iner irländischen Familie ab. Dic Zren
b-nutzten die Gelegenheit seiner Erhcbung zum
Generalgouvcrneur AlgerienS, um eine über-
schwängliche Adressc an ihn zu richtcn, in wel-
cher sie ihrer antienglischen Gesinnung u. a. durch
Lobpreisen dcr Franzosen als „der größten der
Nationen" Lust machen, und wobei ste dem
Marschall an das Herz legcn, „das Land der
Sorgen nicht zu vcrgessen," welches die Hei-
math seiner Familie sei.

AuS Portugal kommt die Nachricht, daß im
Äezirkc von Villa-Real sortwährend eine starke
Ausregung herrscht.

Nachrichtrn ausNajhville vom 14.'geben
an, Admiral Farragut habe bei cincr Recog-
noscirung ermittelt, daß die Südstaatlichcn ein
Panzerschiff in dem Canale versenkt haben, der
nach Mvbilc führt, wodurch der Zugang zu
dieser Stadt verhindert wird.

Ueber dic Feftnahmc deS vcrmutheten Mör-
derS Müller in New-Aork vernimmt man:
Derselbe wurde sogleich nach der Ankunft des
Schiffes, auf dcm er fuhr, identificirl, sofort
verhaftet und am nächsten Tagc vor dcn
Stadtmarschall gebracht. Er läugnetc die Schuld,
indem er behauptete, sein Alibi beweiscn zu
können. Am darauffolgenden Tage (25.) sollte
die nähere Prüfung deginnen. Die Jnspectoren
Kirrisay und Tanner, cbenso der Jnwelier
Death wurden vernommen. DaS Kästchen vom
Zuwclier, der Hut- und die Ilhr des ermordeten
Briggs wurden bci dem Beschuldigten gesunden
und die Zdentilät dieser Gegenstände dargethan.
Müller zeigte keine Bcunruhigung.

Z»r Schlctzwig-Holsteiii'scheii
Sache.

WaS auch Wiencr und Berliner Berichte
sagen mögen, die Fricdensverhandlungen mit
Dänemark jnehmen keincswegs dcn Fortgang,

Was ein englischer liedacteur alles Iviffen soll.
(Schluß.)

Die übrlgen Aiifragen smd mannichfaltigcr Natur.
Dic unmöglichflen Dingr soll der Rrdartrur wis-
stn, dtc unnöthigken Fragen wrrden ihm vorgelegt,
dic bekanntesten Sachen sollen irgend cinem auf
ciner unbewohiiten Insel lebenden Correspondenten
nochmals und nochmals erörtert werden. Einer
sragt, wie viel Wochenlohn ein Matrose auf den
Schiffen Zhrer Majestät erhalte, etn anderer in-
teressirt sich für di- wichtige Frage, ob di- Schau-
spteler in ller blafostz-'s Ibontro purrs Wasser oder
Zuckerwasstr trinkcn, ein dritter fragt nm daS Mi-
litärmaß der rngltschrn Truppen. Eine Dame hat
„Nerven" und bittrt um etn Mittel dagegcn, cinc
andrrr weiß ntcht, an weichem Finger d»r Ring
geiragrn wtrd, und wieder eine sragt zu gleicher
Zrit um ein Mittel zur Vcrtiitbung der Sommer-
sprossen, und in einem Postscrtptum, °b fie fich
von ihrem Mannr schridrn lassen soll. Dann kommt
wieber ein Rudel Hrrren, beren einrr zum Theatrr
grhen will, doch rrft darüber drn Rath deS all-

welchen man zu erwarten berechtigt war. Die
Dänen bcrufen sich auf den Buchstaben, der
mil diplomatischer Unkenntniß und Leichtfertig-
keit abgefaßtcn Fricdenspräliminarien, und man
will wissen, sie fänden eine Stütze bei den drei
andern Großmächten. — Wi- kanu das kleine,
zudem niedergcworfcnc Däncmark dazu kommen,
den Herzogthümeru das Miteigenthum am Ak-
tivpermögen der bisherigcn Gemeinschaft zu be-
streiten, nachdem man denfelben dcn vollen
Antheil an den Schuldcn aufzubürden gesucht?
— Ein solches Gebahren ist nur möglich, weil
die Cabinete »on Wicu und Berlin keine. na-
tionalc, sondern nur eine dynastische und par-
ükularistische Politik verfolgen; weil sie sich
losgesagt haben von der deutschen Nation; weil
sie willkürlich versügen wollen über die Rechte
von Drittcn. Wären dic Herzogthümer und
wäre Dcutschland, wie es stch gebührt, bei den
jetzigen Verhandluiigen vcrtreten, so HLtten die
Präliminarien eine andere Abfassung bekommen,
und die Dänen sowie die auswärtigen Mächte
würden ein Auftreten wie das jetzige gar nicht
versuchen.

Berlin, 5. Sept. Die alarmirenden Be-
richte des Wiener Correspondenten der Kreuz-
zeitung, die der Telegraph überall hln mit wenig
Kritik gemeldet hatte, erweiseu sich uach Aus-
sagen gut Unterrichtcter als durchaus falsch.
Hier fleht man, ganz im Gegentheil zu besvrg-
uißerregcndcn Wendungen in der deutsch-
däuischen Sache, die Lage als eine dem
Frikden günstige an, und weil am 15. keine
der Mächte den Waffenftillstand zu kündigen
bcabsichtigt, so bleibt, wie versichert wird, Zeit
genug, um den Finanzpiiiikt, den schwicrigsten
und verwickeltsten, endlich noch glücklich zu er-
ledigen.

Wicn, k. Scptbr Zch glaube, allen ent-
gegcnstchenden Mittheilungeu und aller that-
sichlichen Bcrzögerimg dcS FriedenSwcrkeS zum
Trotz, bestimmt behaupten zu dürscn, daß die
verhaiideluden Theile selbst an die Möglichkeit
eines ScheiternS der Verhandlungen gar nicht
denken, und es sind, wie ich höre, speciell die
dinischen Bevollmächtigtcn schon jctzt ausdrück-
lich angewiesen, sobald — wie übrigens sicher
vorauszujehen — am 15. September dic Vcr-
handluiigen noch nicht zu Ende gcbracht sein
solltcn, Namens der Kopenhagener Rcgierung
dic Erklärung abzugeben, daß ihr der Gcdanke,
von dem ihr alsdann zustehcnden Recht der
WaffenstillstandsküiidigimgGebrauch zu machen,
vollständig fern liege, imd daß sie der zuver-
sichtlichen Erwartung lcbe, die deutschen Groß-
mächte ihrerseits seien ebenmäßig entschlossen,

wcistn Redacteurs cinholen wlll. Der darauf fol-
gendc hal eincn hohlen Zahn und ver nächstc cinen

Wort, für jedes üebel cin Mittrl: die königlichcn
Matrosen bekommen 14 Schilling wöchentlich, dic
Schanspieler trinkcn !n den Zwischenacten Zucker-
wassrr llrber als rin andrrr«, das MiUtärmaß be-
trägt b Fnß 8 Zoll n. s. w. Rur gegen rinrs wciß
er kcin Mittcl> gegen das böse Wctb.

Rur bci cinigen Fragcn schcint fich der stets
Geduldige zu crblttern. D-S find solchr, die ihm
gar zn ost vorgrlegt werden. Darunter grhören dt-
Lcberfleckcn, die VapeurS und die Gesichtsparafiten.
BesonderS die letztcren bringen selncn Gcduldfavcn
zum Rcißen, er wird wild und antwortet barsch:
„Es gibt keine Klcisckwürmcr im Gesicht (bct uns
ift dcr Trtbialname dafür „Mitfrrsstr"), qurtschen
Sie's aus nnd waschen Sie dann Jhr Grficht mit
Weingeist, wle oft sollen wir denn diest Antwort
wledrrholcn

Sonderbar find auch dir Fragen, die in Bczug
auf die königliche Famille gcstellt werden. Der
Einc wünscht zu wissrn, ob dte Königin jedcn lhrer

in billiger Würdigung der lediglich in der Sache
selbst liegcnden Schwierigkeiten die Eventualität
ciner Wiederaufnahmc der Feindseligkeiten gar
nicht in den Bcreich ihrer Erwägungen zu
ziehen.

Dentschland.

Mannheim, 7. Sept. Die Ministerial-
verordnung über die polizeilichen Functionen
der BezirkSräthe besagt: 1) Die Eintheilung
der Amtsbezirke in Districte und die Zuweisung
derselben an die einzelnen Bezirksräthe zur
Mitwirkung bei Handhabung der Landpo-
lizei und zur Aufjicht über die Ortspolizei ge-
schieht durch den Bezirksbeamten nach Berathung
darüber im Bczirksrath. 2) Die Bezirksräthe
haben in ihren Districten auf die allgemcinen
und Lrtlichen polizcilichcn Zustände fvrtgcsetzt
ihr Augenmerk zu richten. 3) JnSbesondere
haben sie darauf zu achten, daß Sicherheit und
Ordnung ungesährdet bestehe, Personen und
Eigenlhum den gehörigen öffenttichen Schutz
genießen und die dazu erforderlichcn Einrich-
tungen vorhanden sind und erhalten rverdcn;
wie ferner, daß das polizeiliche Aufsichtsperso-
nal seinen Pflichten nachkomme nnd dabci ein
unbejcholtenes und angcmrsjcnes Verhalten zeige.
4) Bei Wahrnehmung von Mißständen haben
sich die BezirkSrithe mit den BezirkSbeamten
zu bcnehmen Wo Gesahr im Verzuge ist,
haben sie svjort selbst die zur Sichcrheit der
Personcn und des Eigenthums nvthigen An-
ordnungcn zu' treffen und dem Bczirksbeaintcn
davon Anzeige zu machen. Sie «erde» dabei
ihr Augenmerk auf dcn Zuftand der Löschge-
räthe, Schutzdämme, die Ueberhandnahme der
Laiidwirthschaft schädlicher Thiere, sowie anf
besondere gemeinschädliche Erscheiniingen in dem
sittlichen und wirthschaftlichen Leben und auf
den Zustand dcr Armcnpflege richten. 5) Wer-
den schwere Verbrccheu verübt und dic Ver-
brecher auf dcr Tha! erlappt oder als solche
bezcichnet, so habcn die Bezirksräthe deren Fest-
uchmung und Ablieserung an die GerichtSbe-
hörde zu veranlasscn. 8) BiS zum Eintreffen
dcr BezirkSdcamten haben die Bezirksräthe bei
Tumulten, Aufläufen und Zusammenrvttungen
die zu dercn Beseiligung nöthigen Anordnungen
zu trefsen; auch köimen sie hierbei »orläufige
Verhaftungen vornehmen lassen. Bei Brand-
fällen könncn sie die Leitnng ber Löschmaßregeln
übernehmen, bis der Bezirksbeamte aus der
Brandstätte einlrifft. 7) Mit der Ortspolizei
haben stch die Bezirksrälhe nicht zu befasseu;
doch können ste den Bürgermeister aus Uebei-

Untcrthanen hclrathcn kann. Dte Antwort darauf
ist: „Jedcn, wen sic nämlich wiu." Eine andcre
dcrartige Frage lautet: „Kann der Kronprinz(Prinz
von Wales) Bigamie begehcn, und würde er, im
Fallc cr cs doch thätc, bestraft werdcn?" Antwort:
„Er darf keine zweite Hcirath schließen, sonst würde
er wie jeder Andere bestraft wcrdcn." Fragc: „Kann
sich der Kronprlnz scheiden lasscn?" Antwort: „Aa,
wenn er Gründe hat."

Dte tetzlangcführten Fragen werden natürltch von
Damen geftcllt. Der Kronprtnz lntercsfirt fi- sehr,
und die baare Unmöglichkcit, von ihm doch noch
gehetrathet zn werden, scheint viclen Köpfch-n nicht
«inleuchien zu wollcn.

An di-ser Wcise geht'S im Briefkafien fort, dic
eriistestc Frage wechselt mit der lächerlichsten; alle
Siände find vertreten: Officiere, Handwrrker, Kauf-
leutc, Kiinftler, Lehrllnge und Lchrmädchen u.s.w.,
bts hcrab zum Taglöhncr.

llnd dlese Verbreitung bis tn d!e unterften Schich-
tcn tft das Hauptverdicnst dleseS Blattcs. Wenn
eS wahr ist, daß man auS dem schlechtesten Buch
irgend etwaS lernen kann, dann hat auch diese
Romanzeitung nehen d-r Eonsumtion der ermor-
 
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