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Heidelberger Zeitung — 1864 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2828#0396
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in NeckarbischofSheim kürzlich abgehaltenen
Diöcesansynode wurden die Anlräge der or-
thodoren oder ftrenggläubigen Milglieder nur
mit einer sehr geringe» Stimmenmehrheit an-
genommen, waS bei mehrcren Hcrren nicht uur
Verwunderung, sondcrn auch Aerger erregte, so
daß ihrerseilS keinc Ode dicsc Synode seiern
und verherrlichen wird. Bei dcr Abstimmung
in cinzelnen Fragen erreichte die Opposition die
Ziffer 18, eine in der Diöcese Bischosshcim
bisher unerhörte Zahl. DarauS erhellt, daß
Fortschritt, Bildung u»d Ausklärung auch ohne
Eisrnstraße den Weg in manche Bezirke und
Ortschaften finden, etwas langsam zwar, abcr
um so sicherer und nachhalliger. — Aus dem
Schesflenzer Thal licgt das Ergebniß der OrtS-
schulrathSwahlen vor. Uutcr zahlreichcr Be-
theiliguug von Seiten der evaugelischen Ge-
meinden wurden tüchtige, sähige, intelligente
Männer zu Schulräthen gewählt. Von der
katholischen Bcvölkcrung in Mittelschesflenz, so
wic der in Oberschcsflenz erschien Nicmand zur
Wahl, eS tvar auch dort von der Kauzel herab
abgemahnt worden, in Gemäßheit der von
Freiburg ausgegangenen bestimmenden Jn-
struction. Auf diese geringe Betheiligung der
katholischcn Bcvölkernng wollen indcssen manche
wenig Werth legen. Die durch ultramontaue
Umtriebe und cl cricalc Agitation einge-
impften Besorgnisse und Bcfürchtungen wird
wohl die nächste Zukunft alS uubegründet er-
weisen und dann werdcu auch die einigermaßen
gebildetcn und frcisinnigen Katholikc» scrner
nicht zurückstehen und nicht zurückbleibcn wol-
len. Sie werden wandcl» auf deS Rcchtcs lichler
Bahn und sich von kcincm obscuren Vogt und
Fürsxrecher dcr Volksvcrdummung ein-
schüchtern lassen.

Frankfurt, 20. Octbr. Zn der hcutigen
BundeStagSsitzung gab Prcußen cine Erklärung
über die Anträge dcr Commission wegen Ein-
führung gleichen Maßes und GewichtcS ab, die
im Wescntlichen dahin geht: Was dic Einfüh-
rung glcichen Gewichtes bctrcffe, so epistirc die-
se« in Prcuße» schon; anlaugend daS gleichheit-
liche Maß, so jci es geneigt, dasselbc anzuuch-
men, wenn die Mchrheit der Bundcsstaaten sich
dafür erkläre und für dcn Fall, daß die grö-
ßeren europäifchen Staaten, mit denen es in
Handelsbeziehungen stehe, cS cbensalls bei stch
einführten. Schließlich erklärt sich Preußen zu
commissarischen Verhaudlungcn über diese Frage
unter gewiffen Vorbehaltcn bcreit. Mchrere
Gesuchc von chemaligeu schlrslvigcholsteinischen
Ofsizicren wurden abschlägig beschicden.

Mainz, 18. Oct. Wic verlautet, wird der
neue Gouverneur der Buudesfestung Mainz,
Fürst von Hohenzollern, in unscrer Stadt sei-
nen Wohnsitz nehmen, und damit die Berusuug
cines „Vice-GouvcrncurS" ausfallcn.

Kaffel, 19. Oct. Wie allgcmein verlautet,
ist bereits jchon wicder eine Ministerkrisis cin-
getreten. Der Ministcr dcs Jnnern, Rohde,
svll seine Entlassung verlangl habcn, weil er
die Zusageu, die ihm vor der Uebernahme seines
Porteseuilles gemacht wordcn sein sollcn, uichl
in Ersüllung gehen sieht. (Z. s. N.)

Wcimar, 20. Oct. Zn der hcutigen Siz-
zung der Schillerstiftung ist eS zum Bruch ge-
kommen („Friede fci ihr erst Gelauteli"). Es
wnrden neue, den Zweigstislungcn vorher uicht
mitgethcille Satzungen bcschloffcn, und trotz dcS
PrvtesteS der Herreu Prof. Haaje (Brcslau),
Justizrath Buchner (Darmstadt), Wultke (Leip-
zig), Brockhaizs (Nürnberg), Pirjcher (Offcn-
bach) und Klein (Mainz) sofort in Anweudung
gebracht. Der durch die bisherigen Satzungcn
von der Wahl ausgcschlossene alte Vorort
Weimar wurde mit 11 Slimmen im dritten
Wahlgang wiedergewählt und auch angeuom-
men, vor welchem dcr Vertreter der Zweigstif-
tung Leipzig nach sriner Znstruction die Ver-
sammlung verlteß.

Berlin, 19. Oct. Heute Vormittag fand
die Verhanhluug in der DiSciplinaruntersuchung
wider dcn Stadtgerkchtsrath Twesten wegen
Theilnahme an dem Bcschlusse deS Abgeord-
netentageS zu Frankfurt a. M. in der schleS-
wig-holsteinischen Sachc statt. Dcr Staatsan-
walt Drenkmann trug auf einen Verweis und
eine Geldstrafe von 100 Thlr. an. Das Kam-
mergericht erkanntc auf Frcisprechuug.

Berlin, 20. Oct. Einer Besprechung deS
bcklagenswcrthcn VorfallS in Glogau in der
„Kreuzzeitung" entnehmen wir Folgendes: „Bis
jetzt liegt an Thatsäcklichem auch in den demo-
kratifchcn Blätlern jelbst nichts AndercS vor,
als die Mittheilung über einen anschcinend
sträflichen Verkehr zwischen zwei Officieren u»d
zwci MLdchen, und der Umskand, daß hierbci
die eiue der letztsren durch eiuen Unglücksfall
um'S Lebeu gckommcn. Alles, was darüber
hinaus insinuirt wird, namcntlich die Andcu-
tung eineS Verbrechens, entbehrt jedes thatsäch-
licheu AnhaltS. Uebrigens haltcn wir es für
durchauS angemessen, daß iscitens der Regie-
rung daS Thatsächlichc, wenn es festgestellt,
der Ocffentlichkeit übcrgeben werde. Diuge
dieser Art wcrden nun einmal heut zu Tage
immer in unwahrer Darstellung vor daS Publi-
kum gcbracht und tendcnziös auSgebeutet, wenn
man die Wahrhcit zurückhalten will."

Glogau, 15. Oct. Ucber den hier vorge-
kommenen Scandal wird ein mehr als vorstch-
tigeS Schweigen beobachtet. E« wäre am besten,
die ganze Wahrheit an den Tag zu stellen, siatt
den übertreibendcu Gerüchtcn Spielraum zu
lassen. Der Pastor KLHler in Glogau erklärt
im Niederschlesischen Anzeiger unterm 12. Oct.,
die Beerdigung de« todten MLdchcns zu einer
srüheren Tageszeit al« gcwöhnlich sei auf den
bcsonderen Wunsch des Vormundes und der
Mtutter erfolgt. Dagegen bestreitet die Mutter
ihrcrseitS, etwas davon gcwußt zu habeu, daß
die Beerdtguug so frühe vor sich gehen solle;
der Leichenbesteller Rcff habc sie am Sonntag
5 Minutcn vor halb 7 Uhr mit den Worten
gcwcckt: „Geben Sie den Schlüssel zu der
Stube, i» welcher sich die Leiche bcfindet, die
Bccrdigung wird jetzt stattfinden." DerBüchsen-
macher C. Langer, in dcssen Hausc der Vorfall
sich ereignct, erklärt ini Niederschlcsischen An-
zeigcr öffentlich, „daß am 5. d. M. Nachmittags
zwischcn 1 und 2 Uhr von dem Burschen des
Herrn Lieutcnauts Krause in Gcgenwart meiuer
Frau Stcinkohlenscuer gemacht und zwischen 5
und 6 Uhr, dcr eidlichen Versichcrung des
Burschen nach, dic Klappe von ihm geschlosseu
wurde, und daß ich, nachdem bereits Aerzte
und Polizci sich in mcinem Hausc befandcn,
crst Kenntniß von dem Ereigniß erhiclt." Der
Breslauer Zeitung wird aus Glogau mitge-
thcilt, daß „zwei in die Aiigelegcnheit ver-
wickelte Offizierc, dic LicutenantS dcs nieder-
schlcsischcu PionnirbataillonS Nr. 5 Krause und
v. Richthofen, bereikS nach Magdcburg, resp.
Stcttin (ist daS'.UlcS?) vcrsctzt worden sind."
Schließlich wird bemcrkt, daß das todte Mäd-
chen, eine uncheliche Tochter der Frau Sander,
bisher durchauS uubescholten war. DaS andcre
Mädchen, dic Tochter eines hiesigcn Kaufwanns
D., ist bercitS wieder hergestellt.

Haiiiburg, 20. Oct., Abends. Zuverläs-
sige Privatbriefe aus Rio de Janeiro melden,
daß die dortige Regicrung ein OOtägiges Mo-
ratorium bewilligt hat. Die Passiven des
HauscS Soutos betragen circa 70 Mill. Mark
Banco, uud man erwartet eine gcringe Divi-
dende. Die Verluste treffen hauptsächlich Bra-
silien. Es wareu Crawalle ausgebrochen, die
durch Cavallerie unterdrückt werden mußten.

F r a ii k r e i ch

Paris, 20. Oct. Der heutige Bankaus-
weis zeigt eine Vermehrung dcs BaarvorrathS
um 3-/z Millionen, des Portcfeuille um 2>/,
Mill., des Notenumlaufs um 6»/^ Mill., dcs
GuthabenS dcs StaatSschatzeS um 1</, Mill.,
deS Eonto - Corrents von Privaten um 3*/,
Mill. Die Vorschüssc auf Unterpfändcr blieben
stationär.

Eng l a n d

London, 19. Oct. Lord Stauley hat
diesen Morgcn an seine Wähler zu Kings-Lynn
eine Nede gehalten, worin er ausführte, daß
in der parlamentarischen DiScujsjon über'die
dänische Frage seine Partci einzig bestrebt gc-
wcscn war, die Kammcr zu eincr eutschiedenen
Erklärung zu Gunsten dcr lliichtintervention
zu veranlassen. Dlesen Zweck habe sie crrcicht.
Lord Stanley fügte. bei: „Jch wüusche nicht,
daß England nie Rathschläge erthcilc oder eine
Meiuung kundgcbe, alleiu ich glaubc, daß es

nie Drohungen anwendcn soll." I» Bezug
auf Anicrika behauptct er, daß die Neutrali-
tätspolitik die beste iei; dcr Krieg wcrde nicht
so bald zu Ende gehen. Sriner Ausicht nach
werden große llinänderuugen in Dcutschland
bald vor sich gehen und er hofft, daß England
sich nicht iu dic alsdann cintrctendcn Ereignisse
einmischcn werde. Auch die Zerstückclung dcr
Türkei ist für ihn uur noch cinc Frage der
Zeit. Scine Rede schließt Lord Stanlcy mit
dem Wunsche, daß in dcm Marinebudgct einige
Reductionen statlftudcn möchten. Für die Wahl-
reform reiche eine kleine Maßregel nicht auS
und eine große sei unmöglich.

London, 19. Oct. Der Herzog von New-
Castle ist gestern Abend um 7 Uhr in Claum-
ben gestorben.

T ch w e i z.

Bern, 19. Oct. Wahrscheinlich werden in
Bäldc Verhandlungen übcr einen Haudelsver-
trag mit dem deutschen Zollverein eröffnet
werden. DaS Handels- und Zolldepartement
wird ermächtigt, sich mit den CantonSrcgierun-
gen uud Handelskammern in Verbindung zu
setzcn, um vou dercn sachbezüglichen Wünschen
Kenntniß zu erhalten.

E p « >i i e n

Madrid, 20. Oct. Die „Nottficias" er-
klären das Gerücht für unbcgründet, nach wel-
chem dic Regicrung die Absicht HLtte, dem
Papiergeld Zwangscours zu verleihen odcr den
Münzwerth zu verändcrn. 3 pCt. 48.85;
2pCt. 43.95.

D ä ii e »i >i r k

Kopendagen, 17. Oct. Jn Betreff des
beöorstehcndcu Hochverrathsproccssc« gegen Re-
dacteur Bille bemerktc in der gestrigen Sitzung
dcs Volksthing der Präsident Bregendahl, daß
dieS die erste an das Thing gclangte Angele-
genheit dicser Art sei. Wohl sei früher das
Bcgehren gcstellt worden, cin Mitglied deS
VotksthingS (den Obcrstcn Tscherning) gericht-
lich belangen zu dnrfen, abcr damals sei der
entjprcchende Antrag von einem Privatmanne
(merkwürdigcr Wcisc gerade von Hrn. Bille)
gestellt worden. Damals habe man die Sache
in einer Lejung crledigt und er schlagc daher
für dcn vorliegenden Fall dassclbe Berfahren
vor. Hierauf ist das VolkSthiug heute cinge-
gangen und die betrefieude iuteressante Dcbatte
wird übermorgen stattsinden.

G r i e ch c ii l a ii d

Athen, 19. Octbr. Der König GeorgioS
hat unterm Heutigen einc Botschaft an die
Nationalvcrsammlung erlassen, in welcher er
zunächst die Langsamkeit der Berathungen be-
klagt, welche das Volk »ur crbittern. Dann
setzt er zur Bcendigung der Verhandluugen
über die Verfasjung und daS Wahlgesctz eine
Frist vo» einem Mouat, »ach deren Ablauf er
sich Freiheit der Action vorbchält, und schiebt
jchließlich der Nationalversammlung alle Vcr-
antwortlichkcit sür die Folgen zu.

Neueste Rachrichten.

Wiea, 21. Oct., Abcnds. Di- „General-
Corrcsponoenz" vernimmt, die „Wieuer Ztg."
sür morgen werde in ihrem amtlichen Theile
ein kaiserliches Patent veröffentlichen, durch
welcheS dic beiden Häuscr des ReichsrathS auf
den 12. Nov. einberufen werden.

Aus Batzen. Auch in Sinsheim sind
die Wahlen i» den OrtSschulrath vollstäudig
vollzogen. Evangelischer Seits wurden gewählt:
die Gemeindcrätye Ed. Frank, Speiser uud
Karl, katholijcher Seits ist von dcr Kanzel
herab daS Urtheil der Leute zu sehr getrübt
worden, als daß eine gehörige Würdigung deS
Wahlacts sich hatte kund geben könncn. Ge-
wählt wurdcn: Apotheker Hunkele, Bierbrauer
Rudolph 8on. und Kaufman» LaubiS. — Dic
in Frciburg stattgesundenc Wahl in den
evangelischen OrtSjchulrath der hiesigcn Stadt
gab -in s-hr crfreuliches Resultat. Vo» 232
Wahlbcrechtigten betheiligten sich nicht wenigcr
 
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