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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 76-99 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0429
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. Kreislicrküiivigungsblatt siir üen Kreis Heidclberg unb aintliches Äerkünbigungsblatt für üie Antts-- unü Amts-
Gerichtsbczirke Heidelbcrg imü Wicsloch nnü dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

N» 83. Mittwoch, 23. -April 18«6.

Auf die „Heidelberger
Zeitrrng" kann man sich
noch für die Monate
Mai und Iuni mit 42 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten, den Boteu und Zeitungs-
trägcrn, sowie der Expedition (SchiffgasseNr. 4).

* Politifche Umscdau.

Heidelberq, 24. Npril.

* Die Stimmung ist in den letzten zwei
Tagen auf die entgegenkommende Note Oester-
reichs hin, wonach sich dieses zu einer Abrüst-
ung verstehen will — unter einer Bedingung,
die Preußen leicht erfüllen kann — wieder sehr
dem Frieden zugeneigt geworden. Allein 'wenn
man allenthalben nun fest an den Frieden
glaubt, wenn selbft die Börse sich einer allge-
meinen Haufsebewegung hingibt, so zeigt dies
eben, wie lebhaft in allen Kreisen der Wunsch
nach Erhaltung des Friedens, nicht aber, daß
die Kriegsgefahr als oollständig beseitigt zu er-
achten ist. Der Mensch glaubt aber oft nur
zu leicht, was er sehnlich wünscht, ohne immer
zu prüfen, ob fein Glauben auch in dem. Gauge
der Ereignisse begründet ist. Bis jetzt aber ist
nur das nächste äußere Symptom der Kriegs-
gefahr gehoben, nicht aber die eigentliche Streit-
frage gelöst. Allein es ist für alle Fälle wie-
der Zeit gewonuen, und hiermit ist unter Um-
ständen Preußen sehr gedient, nicht aber Oester-
reich, welches einen ungewissen Zustand auf die
Dauer nicht aushalten kann. Älles kommt nun
auf den Fortgang der weiter einzuleitenden diplo-
matischen Verhandlungen an; so lange nicht die
schleswig-holsteinische Frage und nicht die deutsche
Frage in einem für beide Theile befriedigenden
und fürGesammtdeutschland ersprießlichen Sinne
gelöst ist, erst wenn in diesen beiden Nichtungen
definitive Nesultate erreicht sind, ist eine dau-
ernde Sichernng des Friedens, ohne das Zwi-
schenstadium eines Krieges, mit Gewißheit an-
zunehmen. Alles andere ist nur ein Aufschub,
ein provisorischer Zustand, der eben so leicht
wieder vorübergehen kann, wie er gekommen ist.

* Die friedliche Situation der jüngsten Tage
nimmt plötzlich eine kriegerische Wendung. Der
Friede scheint vorläufig durch die beiden deut-
schen Großmächte weniger bedroht, als durch
Jtalien, welches fortwährend, trotz dem Schwei-
gen des Kriegsministers, rüftet, um einen An-
griff gegen Venetien zu beginnen. — Nahelie-
gend ist die Vermuthung, daß Graf Bismarck

^ Muflkalisches.

Concrrtanten selbst — dessen großartige, fast in
allen giößeren Städten West-Enropa's mtt fabel-
haftem Bkifall aufgenommene Lcistungen auch in
unserer Stadt seit dem Concerte am 15. Marz be-
kannt geworden sind — wird gefällig Frau Peschka-
Leutnc.r vom großh. Hoftheatcr in Darmstadt
und vier »hiesige rübmlichst btkannte Künstler bet
diesem Conccrte mitwirken. — Obne uns in die
DetailS des Programms speciell einzulassrn, heben
wir nur dervor, daß das großartige Quintett von
Sckumann zur Aufführung bestimmt ist, daß auch
unter anderen das neueste von Herrn Friemann
hier verfaßte Wcrk „«ontsKvarst, Louvenir Sei-
äelderK," gegcbcn wird. — Wir hoffen, daß ein
volleS Haus den gefeierten Künstler begrüßen wird.

seine Hand dabei im Spiel hat und Jtalien
von der einen Seite zur Action treibt, um dann
von der andern Seite ebenfalls eine drohende
Stellung gegen Oesterreich einzunehmen und freie
Hand in Deutschland zu erhalten. Der Plan
wäre so übel nicht — und werden die nächsten
Tage weiteres Licht über die Absichten Jtaliens
bringen.

Bei Bologna finden massenhafte Truppen-
ansammlungcn statt. Garibaldi hat Caprera
verlassen.

Eiue Correspoudcnz des Pariser „Monitcur"
aus Turin legt dem, von auderer Seilc her
schou bekaunteu Bcricht des.Kriegsministers
Petitti übe^ die Stärke des italienischen Heeres,
und der Thatsache, daß sich in Süditalieu die
Militärpfiichtigen mit großer Bercttwilligkeit
stellcn, vom militärischen mie vom politischen
Standpunkt eiNe „gewiffe Wichtigkeit" bei.

„Times" meldcu iu cinem Telegramm auS
Wieu vom 23., daß AugesichtS der Nachrichten
auö Jtalien die venctiauische Armee auf den
KriegSfuß gestellt wird, und Erzherzog Albrecht
morgen nach Verona abreist.

Der portugicsjsche Kriegsmiuister ist ge-
storben.

Der Krieg auf Neuseeland ist zu Ende.

Deutschland.

^ Karlsruhe, 21. April. (Neunte öffentliche
Sitzung der Ersten Kammer.) (Fortsetzung.)

Freiherr v. Andlaw: Seinen scharf gezo-
gencn Folgerungen aus den llngezogesten GefctzeS-
stellcn habe der Staatsrath Lamcy nur Be-
hauptungen entgegengestcllt, im Uebrigen müffe
er ihm seinen Dank für die persöulichcn Schmei-
cheleien aussprcchen. Er habe indcffen nicht
von den Gesinnungen, sondern vou den Hand-
lungen des Ministers gesprochen und diese
einer Kritik unterzogen. Wie könne StaatS-
rath Lamey dazu kommen, scinen des Ncdncrs
Standpunkt einen bcfangenen zu nenncn? Wohl
nur, weil er konsequent scinen Standpunkt vcr-
trcte. Aber gerade deßhalb behaupte er, sei
der Standpunkt des Staatsrath Lamey be-
fangen, weil er nicht die Parteikonscqucnz bei
Durchführung dcS GesetzeS ciugehaltcn.

Staatsrath Lamey: glaubt auf eine Acußer-
ung deS VorredncrS hin, eS der Negierung
zür Ehre anrechncn zu köunen, daß sie jetzt
nach 17 Jahren nicht mehr Denen grolle, die
im Jahre 49 gefehlt hätten. Wenn das waS

(GcgenErstickung durch Kohlendampf.)
Der Cbcmiker Dr. Carstanjen in Berlin hat eine
Art Wecker erfundrn, wclcher bie Erstickung durch
Kohlendampf verhindern soll. Man stellt diesen
Wecker in irgrnd eine Ecke deS SchlafzimmrrS auf
die Erde; beim Eindringen der geringsten Kleinig-
keit von Kohlenorydgas begtnnt die fchrille Glocke
diesks WeckerS in einer solcken Wrise zn lauten,
daß auch der am festestcn Scklafende dadurch auf-
geweckt werden muß. Dieser Bpparat ist in folgen-
der Weise construirt: Ein offener, der Stubenluft
auSgesetzter Cylinder rntbält eine Flüssigkeit, welche
ein höchst empfindlicker ReagenS für Kohlenorydgas
ist. Bei dem geringstrn Ausströmen dirseS lrtzteren
wirkt er sofort auf die Flükfigkeit ein; diese wirv
aber badnrch urplötzlick dcrart umgewandekt, daß
sie wiederum auf den Leiter einer galvano-electri-
sch^n Vorrichtung rinzuwirken und durch dtrse die
schrille Glocke tn Bewcgung zu setzen vermag. Die
Znfammensetzung der betrrffenden Reagrntien ist
Gehrtmniß deS ErfinderS.

IulcS Simon, Mitgltcd des sranzösischen gesetz-
gebenden Körpers, hat ein Werk unter dem Titel

v. Andlaw Jurisprudenz nenne, wirklich Juris«
prudenzsci, dann nehme eS ihn nur noch Wunder,
daß nicht jeden Tag eine solche Anklage komme.
Befangen sei er freilich, weil er ein Jndividuum
sei, dagegen parteilich befangen, glaube er nicht
zu sein, oavon hälten die Parteien selbst die
besten Bewcisc.

Jolly: Er möchte einen Theil der Ehre
des Angriffs auf sich nehmen, da er auch zum
Ministerium gehöre. Er sei zwar an die
Aeußerungen dcs Frciherrn v. Andlaw gewöhnt,
aber MancheS sei ihm doch zu arg vorgekom-
men. Der Znterpellant habe geradezu Bcam-
ten persönlich angegriffen, Jnjurien und Ver-
leumdungen fast gegen deu ganzen Beamten-
stand ausgesprochen. Redner vertheidigt sodann
daS Verfahrcn der Negierung bei KonstitnirunA
des Ortschulrathes logisch und juristisch, um
die Nichtigkeit der Auölassungen des AnklägerS
nochmals kurz zu beleuchtcn.

Herr v. Andlaw habe neulich behauptet, Ur-
wähler seien wegen Nichtwahl bestraft wordcn,
er habe Beweise bringen wollen; es sei nicht
bewicsen worden, weil die Sache unwahr sei.
Er habe ferner von den großen Diäter.kosten
gesprochen, die die Gemeinden aufzubringen
hätten, und auch darüber Bcweise versprochen,
heute könne auch dieser BewciS nicht erbracht
werden, weil ebenfalls die Sache unrichtig sei.
Er erkenne zwar dcn Muth deö Herrn An-
klägers an, dcr ein Ministerium anklage, daö
die Popularität dcs ganzen Landes genieße,
aber daß sich derselbc dis^Folgen klar gcmacht,
scheine ihm doch elwaS ziveifclhaft oder habe er
auch den Muth, allenfallS die Erbschaft Lamey's
anzutreten. Ncdncr bclcuchtet sodann die ganze
verwerfliche Agitation, dercn Maßlosigkeit die
Negicrung die äußerste Mäßigung entgegenge-
setzt habe. Das habe frcilich den Sieg der
Ncgierung so zweifelloS gemacht und ihm scheine
es fast, daß die Kurie ihr Verhalten bereut
habe. Dic Aufgabe des hohen HauseS scheine
ihm darin zu bestehcn, über dcn EnthusiaSmuS
dcs Herrn Jnterpellanten mit der größten
Kaltblütigkeit zur TagcSordnung überzugehen.

Freiherr v. Stotzingen: erlaubt sich mit
wenigen Worten seinc Unterstützung der Mvtion
zu begründcn. Er könne eine gesctzliche Be-
rechtigung zum Vollzug dcr vorgekommenen
Strafen nichl erkennen. Jm Uebrigcn sei die
Motion so wichtig, daß er nur für Verweisung
an die Kommission stimmen könne.

„1,6 trsvsip' veröffentlicht, in dem er u. A. sagt:
„— Es gibt in Frankreich Stävte, wo srlbst die

Blut mit Alkohol so übersättigt ist, daß ihre Säug-
linge die Brust eineS nüchternen Weibes nicht mehr
nehmcn wollen. In den Vogesen trinken fogar
klcine Kinder Branntwein und werden hierdurch
häufig schwachsinnig und blöde. Jn den Fabrik-
städtcn muß von AmtS wegen gegen die „Labarets^
ringeschriltrn wkrden, die Kindern Branntwein auS-
sckänken. Als Veranlaffiing dicser übermäßigen Nei-
gung zur Trunksuckt bezeicknet Simon in erster
Rcibe die bis zur Erschöpfung verlängerte Arbeit
in dkn Fabriken, in zweiter Rrihe die elenden Ver-
hältniffe der Arbeiterwohnungen.

Oselig, einKind nockzusein!
Gouvernante. Warum wkinen Sie denn?
Kaiserlicher Prinz. Ack Gott, jktzt haben
Sie mir ein preußischks Großkreuz auch noch um-
 
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