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Heidelberger Zeitung — 1886 (Juli bis Dezember)

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https://doi.org/10.11588/diglit.52470#0118
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Prinzen Arnulph ein Ausſchuß tagt, welcher ſich über
die Einführung eines neuen Helmmuſters ſchlüſſig
machen ſoll. Es iſt ſo ziemlich ſicher, daß der neue
Helm für die beiden bayeriſchen Armeecorps genau dem
in den übrigen deutſchen Armeecorps eingeführten Spitz-
helm entſprechen wird. Dieſe ſogenannte „Pickelhaube“
wird bereits ſeit Jahren von unſerer Gendarmerie und
etwa ſeit dem Jahre 1878 auch von den ſchweren Reitern
(früheren Küraſſieren) getragen. Letztere ähneln — bis auf
den beibehaltenen Pallaſch — vollſtändig den preußiſchen
Dragonern. An dem neuen Helm wird vermuthlich auch
das Lüoder O oder M des jeweils regierenden Königs
durch das bayeriſche Wappen erſetzt werden. Der „Raupe“
werden wohl nicht viel Thränen nachgeweint werden; ſie
iſt eine höchſt unglückliche Nachahmung des altgriechiſchen
Helms und 1807 nach engliſchem Muſter in Bayern ein-
geführt. Im Felde hat ſie ſich als ſehr unpraktiſch er-
wieſen. Man kann den bayeriſchen Truppen von Herzen
wünſchen, daß der Helm⸗Ausſchuß bald zu einem Entſchluſſe
gelange. Die Umänderung der jetzigen Helme in Spitzhelme
dürfte nicht viel Unkoſten verurſachen.
Kiffingen, 28. Juli. Der chineſiſche Botſchafter
Marquis Tſeng iſt, um dem Fürſten Bismarck einen
Beſuch abzuſtatten, mit Gefolge hier eingetroffen und im
Curhotel abgeſtiegen.
Stuttgart, 28. Juli. Dr. Geßler, Cultusminiſter
in der Zeit von 1870 — 1885, iſt geſtern in Urach ge-
ſtorben.
Oeſterreichiſche Monarchie.
Wien, 28. Juli. Die hieſige Politiſche Correſpondenz
theilt mit, Rußland beabſichtige, das Mittelmeer-
Geſchwader bis auf zwei oder drei kleinere Kriegsſchiffe
aus Erſparnißrückſichten aufzulöſen. Der bisherige
Befehlshaber, Viceadmiral Kaskanow, ſoll den wich-
tigen Poſten im Schwarzen Meere erhalten.
Gaſtein, 28. Juli. Der Kaiſer ſetzte geſtern Nach-
mittag wegen des Gewitterregens ſeine übliche Spazierfahrt
aus. — Heute waren die Berge bis tief herunter mit
friſchem Schnee bedeckt.
Trieſt, 28. Juli. Geſtern und heute ſind hier an der
Cholera 5 Perſonen erkrankt und 1 geſtorben, in Fiume
4 erkrankt und 2 geſtorben. —
Ausland.
Paris, 28. Juli. Das heute an der Börſe verbreitete
Gerücht von der plötzlichen Erkrankung Grévys iſt
unbegründet. Grévy machte heute wie ſonſt einen Spazier-
gang im Parke von Mont⸗ſous⸗Vaudrey.
Madrid, 28. Juli. Die Deputirtenkammer be-
ſchloß in ihrer geſtrigen Sitzung die vollſtändig Infrei-
heitſetzung der 26 000 Reger der Inſel Cuba, welche
noch in einem Abhängigkeitsverhältniß zu ihren früheren
Herren ſtehen. ö
Konſtantinopel, 28. Juli. Geſtern wurde ein Theil
der Verbindungsbahn zwiſchen Ueskueb und
Vran ja probeweiſe mit einer Locomotive und zwar mit
einer Geſchwindigkeit von 40 Kilometer in der Stunde
befahren.
Newyork, 26. Juli. Nach Berichten aus St. John
(Neufundland) herrſcht entſetzlicher Nothſtand unter
den Fiſchern und Indianern an der Kü ſte von Labra-
dor und im Norden von Neuf undland. Zwiſchen dem
Cap Chudleigh und der Inſel Mugford allein ſind, wie
man weiß, 80 Perſonen Hungers geſtorben und in
einigen anderen Gebieten iſt die halbe Bevölkerung unter-
legen. Im Ganzen ſollen nicht weniger als 1500 Per-
ſonen umgekommen ſein. Dieſe gräßlichen Zuſtände ſind
hauptſächlich der beiſpiellos heftigen Kälte und dem dürfti-
gen Ertrage des Fiſchfanges zuzuſchreiben. Die canadiſche
Regierung beabſichtigt von Quebeck einen Dampfer mit
Lebensmitteln nach dem Schauplatz der Hungersnoth zu
entſenden.

Aus Stadt und Land.
Beidelberg, 28. Juli. In heutiger Sitzung des Stadt-
rathes kamen u. a. folgende Gegenſtände zur VBerathung und
Beſchlußfaſſung:
1) Das Großh. Miniſterium der Juſtiz, des Kultus und
Unterrichts in Karlsruhe hat der Stadtgemeinde ein Exemplar

des von Herrn Hofrath Profeſſor Dr. Winkelmann dahier im

Auftrage der Univerſität herausgegebenen „Urkundenbuchs der
Univerſität Heidelberg“ überlaſſen, wofür dem Großh. Miniſterium
der Dank ausgeſprochen wird, wie auch
2) dem Gemeinnützigen Verein dahier für ſeine anerkenn ens-
werthe Thätigkeit hinſichtlich der Ueberlaſſung von Plakaten mit
Preisverzeichniſſen für Speiſen und Getränke an die hieſigen
Wirthe und für die mit den letzteren behufs Herbeiführung
civiler Preiſe in der Feſtzeit gepftgenen Verhandlungen ge-
dankt wird.
3) Wurde mitgetheilt, daß das Kaiſerliche Telegraphenamt
7⁵ bereit erklärt hat, am 2., 4. und 6. Auguſt Abends von
—12 Uhr in der Feſthalle eine Annahmeſtelle für telegraphiſche
Depeſchen zu errichten.
Dem Anſuchen des Schloßbaubureaus dahier, am 19. k.
Mts. anläßlich der Anweſenheit des deutſchen Architekten⸗ und
Ingenieurvereins in hieſiger Stadt die Zeichnungen über den
Schloßbau in der Feſthalle ausſtellen zu dürfen, wird entſprochen.
5) Dem Comite für das Scheffeldenkmal dahier wird die
Ueberlaſſung der Feſthalle zu einem zu Gunſten des Scheffeldenk-
mals in der zweiten Hälfte des Auguſt abzuhaltenden Geſangs-
feſte zugeſagt. ‚
+ Hridelberg, 29. Juli. Herr Realſchuldirektor Salzer hat
eine „Feſtſchrift der Realſchule in Heidelberg zur 500jährigen
Jubelfeier der Univerſität“ verfaßt, die als Beilage zum Jahres-
bericht 1885/86 genannter Schule erſchienen iſt. Dieſelbe enthält
hochintereſſante Beiträge zu einer Biographie Ottheinrichs. Auf
umfangreichen archivaliſchen Studien beruhend, zeichnet ſich die
Schrift durch gründliche, erſchöyfende Verarbeitung des Stoffs
aus und führt uns das Leben und Wirken Ottheinrichs bis in
die kleinſten Züge mit großer Genauigkeit und Anſchaulichkeit vor.
Die bedeutſame Arbeit hat indeß nicht in der Weiſe, wie ſie vom
Verfaſſer geplant wurde, in der vorliegenden Schrift ihren Ab-
ſchluß erreicht. Von dem herannahenden Jubiläum zu einem
vorläufigen Abſchluß genöthigt, bot der Verfaſſer zunächſt ein
Werk, das ſich bis zum Verzicht Ottheinrichs auf die Regierung
ſeines ererbten Fürſtenthums und bis auf ſeine Ueberſiedelung
nach Heidelberg erſtreckt. Späterhin beabſichtigt er eine Ergän-
zung eintreten zu laſſen. Gleichwohl iſt aber die Schrift ein in
ſich abgeſchloſſenes Ganzes und nach Inhalt und Darſtellung eine
Arbeit, die in der Fluth literariſcher Feſterzeugniſſe ſicher nicht
den letzten Platz zu beanſpruchen hat.

F. Hridelberg, 29. Juli. Ueber die Decorationen zum Schloß-
feſte ſind wir jetzt in der Lage einige nähere Mittheilungen zu
machen. In erſter Linie wird das ſogen. Bandhaus zu einem
Feſtraum umgeſtaltet. Die Decke, welche nahezu fertig iſt. beſteht
aus reich bemalten Gewölbefeldern mit dem deutſchen Reichsadler
auf Goldarund, dem pfälzer Löwen auf blauem und ornamen-
talem Schmuck auf gelbem Grunde. Das Gebälk iſt in eichen-
farbigem Tone gehalten und ſind die Kreuzpunkte der Gebälke
durch vergoldete Holzzapfen belebt. Ein dunkelrother Stoffſockel
und ein blauer Stofffries werden die Bandhauswände unter⸗ und
oberhalb abſchließen, während zwiſchen dieſen Begrenzungen die
von S. K. H. dem Großherzog gnädigſt überlaſſene werthpollen
Gobelins aufgemacht werden. Die Malerei der Decke ſowohl als
auch die der Schmalſeiten wurde nach Angabe des Oberbauraths
Durm von Maler Braſch aus Karlsruhe hergeſtellt. Der feſt-
liche Eindruck des in ſchweren Farben decorirten Saales wird
durch Guirlanden und Epheugewinde noch bedeutend erhöht. Das
anſtoßende Gemach iſt zur Hälfte wiederhergeſtellt mit gothiſchen
Gewölben im Farbenton des rothen Sandſteins. Die Gewölbe-
felder ſind blau bemalt und mit Silberſternen decorirt Zwiſchen
dem Bandhaus und dem Ruprechtsbau erhebt ſich eine Exedra:
das Fürſtenzelt. Dasſelbe iſt in vollen Grundfarben gehalten
und vornen mit zwei prächtigen Gascandelabern geſchmückt. —
Der Durchgang bei den Obelisken im Schloßhofe iſt durch einen
großen Gasbogen mit 30 Glasglocken überſpannt, während die
Obelisken von je 3 reich decorirten Gascandelabern umgeben ſind.
Auch die große Fontaine im Schlotzhof iſt wieder hergeſtellt wor-
den und entſendet einen luſtigen Strahl Ueberall erheben ſich
Wimpelgänge mit Gnirlanden und mit Wappen oder Glasglocken.
—. Am Feſtabend wird S. K. H. der Großherzog mit ſeinen hohen
Gäſten ſich zuerſt auf einige Minuten zum Fürſtenzelt und dann
zum Bandhauſe begeben, woſelbſt die große Galakur ſtattfindet.
— Bies jetzt ſind zwei Wiederholungen des Schloßfeſtes geplant,
die eine für das allgemeine Publikum gegen Entrée am Donners-
tag, die andere, wie bereits mitgetheilt, in Form eines Koſtüm-
feſtes am Sonntag Abend. Bezüglich der einzelnen Arrangements
für die Wiederholungen iſt man noch nicht ganz im Klaren, nur
das eine ſteht feſt, daß im Bandhauſe vom Eingang bis zum
Ausgang rechts und links hohe Barrièren errichtet werden, um die
ſehr werthvollen Gobelins S. K. Hoheit vor Beſchädigungen zu
ſchützen und dennoch dem Publikum den Anblick des Bandhauſes
zu ermöglichen. — Der Schloßhof bleibt ſicherem Vernehmen
ſchloſen. Freitag Abend bis zum Feſtabend für Jedermann ge-
oſſen.
Htidelberg, 29. Juli. Nach dem uns zugegangenen Jahres-
bericht des hieſigen Gymnaſiums für das Schuljahr 1885/86
beläuft ſich die Geſammtſchülerzahl am Schluſſe deſſelben auf
476 Am henutigen Tage fand eine Schlußfeierlichkeit ſtatt.
Oeffentliche Prüfungen wurden mit Genehmigung Gr. Oberſchul-
raths nicht abgehalten mit Rückſicht darauf, daß das Intereſſe
des Publikums durch die unmittelbar bevorſtehende Jubelfeier
unſerer Univerſität zu ſehr in Anſpruch genommen iſt. Die
Ferien dauern bis 13 September.
4+ Heidelberg, 29. Juli. Die Brüder Mitter maier haben in einer
Jubiläumsgabe ihrem Vater, dem berühmten Rechtslehrer, ein
Denkmal geſetzt. In dem Buche wird auch Folgendes erzählt:
„Durch einen ſonderbaren Zufall hatte ſich Mittermaier, als im
October 1864 das von ihm freudig begrüßte Schöffengericht in
Heidelberg eingeführt wurde, ſogleich im erſten Falle als An-
geklagter zu verantworten. Die Polizei hakte ihm einen Straf-
befehl geſchickt, weil er ſeinen Hund habe frei herumlaufen
laſſen. Da er den Befehl für grundlos hielt, forderte er gericht-
liche Entſcheidung, vertheidigte ſich, 77 Jahr alt, ſelbſt vor den
Schöffen und hatte die Genugthuung, ſich freigeſprochen zu ſehen.“
Xhridelberg, 29. Juli. Bei Georg Weiß hier erſchien eine
von Herrn Stadtpfarrer Dr. Rieks herausgegebene und bevor-
wortete nachgelaſſene Schrift des verſtorbenen Herrn Prof.
Dr. Michelis, welcher dieſelbe der Univerſität zu ihrer Jubelfeier
gewidmet wiſſen wollte. Die Schrift führt den Titel: „Anti⸗-
darwinismus. Webers Kritik der Weltanſicht Du Bois
Reymonds und Sachs Vorleſungen über Pflanzenphyſiologie,
zwei ſtumme Zeugen für die Richtigkeit meiner idealen Welt-
auffaſſung.“ Preis 1 M. 40 Pfg. ö
U◻ Bridelberg, 29. Juli. Zum Heidelberger In biläum.
Zahlreich ſind zwar die Gaben, welche aus den verſchiedenſten
Kreiſen unſerer alma mater zu ihrem 500. Geburtsfeſte zufließen,
doch dürften ſich wenige an Koſtbarkeit mit denjenigen meſſen,
welche die weltberühmten Verlage von F. A. Brockh aus und
F. A. Perthes ihr durch Schenkung ihres geſammten Verlags
in je einem Exemplar zuwenden. Die Univerſitätsbibliothek er-
hält dadurch eine unſchätzbare Bereicherung; iſt es doch allbe-
kannt, welche Perlen jene Firmen zu Tage fördern!
ö Arthur Kleinſchmidt.
6 Bridrlberg, 29. Juli. Eine durch ſaubere Ausführung in die
Augen fallende Feſtgabe bringt die Firma Theodor Jäger
hier in ihrem Schaufenſter zur Ausſtellung. Es iſt dies eine
Nachbildung des großen Faſſes, ruhend auf einem ſchwarzen
Sockel aus Terra vulcana, einer neuerfundenen plaſtiſchen Mine-
ralmaſſe zur Entzündung ſchwediſcher Streichhölzer, mit einer
auf das Feſt bezüglichen Inſchrift. Das Faß ſelbſt iſt zur Auf-
nahme von Zündhölzern beſtimmt und dürfte Einheimiſchen wie
Fremden dieſer praktiſche Gegenſtand zur bleibenden Erinnerung
an die Feſttage dienen.
+4 Htidelberg, 29. Juli. In der Umgegend Heidelbergs und, auch
in Mannheim hat ſich die irrthümliche Anſicht geltend gemacht,
als könnte man den Feſtzung am beſten vom Wag n aus ſe-
hen, mit dem man nach Heidelberg hin und zurückfährt. Dieje-
nigen, welche ſich ſolchen Hoffnungen hingeben, werden ſich jedoch
ſehr täuſchen. Bei dem außerordentlichen Andrang von Menſchen
an dem Feſtzugstage, wird aller Verkehr von Wagen in den
Straßen von früh morgens an verboten ſein, außer für ſolche
Droſchken, welche den Bahnverkehr vermitteln oder Zugstheilneh-
mer führen und die zu dieſem Zweck mit beſonderen Paſſirſchei-
nen verſehen werden. Außerdem läßt das Bezirksamt ſchon in
der Frühe ſämmtliche Zufahrtsſtraßen nach Heidelberg für Fuhr-
werk ſperren, zum Theil weit draußen vor der Stadt. Die größte
Annäherung an die Stadt dürfte geſtattet werden jenſeit des
Neckars bei Neuenheim und Ziegelhauſen, wo jedoch wenig
Platz iſt. Es empfiehlt ſich für Wagen von Mannheim der
Weg über Ilvesheim und Ladenburg. Das Beſte dürfte immer

noch die Fahrt mit der Eiſenbahn ſein, im Beſitze einer Karte
zu einer der vielen Zuſchanertribünen mit deren Erwerb man ſich
beeilen möge, da gerade die beſten Tribünen des Feſtzugskomi-

tes faſt vergriffen ſind, und wer zuletzt kommt, mit den geringe-
ren Plätzen vorlieb nehmen muß.
J.L Heidelberg, 29. Juli. Wir wollen das kunſt⸗ und muſik-

liebende Publikum auch an dieſer Stelle darauf aufmerkſam

machen, daß morgen, den 30., von 8 Uhr Abends ab das Muſik-
corps des 7. Brandeuburgiſchen Infanterie⸗Reg. Nr. 60 im
Stadtgarten konzertiren wird. Der Kapelle geht ein vorzüg-
licher Ruf voran. Das Programm iſt ein gediegenes, wir wollen
nur einzelne Piecen daraus hervorheben, wie Ouverture zu
„Tannhäuſer“ von Wagner, Ouverture zu Mignon von Thomas,
„Ungariſche Rhapſodie“ Nr. 1 von Fr. Liszt, Vorſpiel des 2.
Aktes der Oper „König Manfred“ von Reinicke ꝛc.
4 geidelberg, 29. Juli. Der Friedhofsaufſeher Miltner hat
für die bevorſtehende Feſtzeit einen Friedhofsplan gezeichnet
und auf demſelben die Gräber 66 hervoragender Perſönlichkeiten
angemerkt, ſo daß ſie jeder mit dem Plane in der Hand leicht
finden kann. Der Plan iſt beim Friedhofsaufſeher wie in den
Schreibmaterialienhandlungen für 40 Pfg. zu haben. ö
— Zeidelberg, 29. Juli. Ein in der Bahnhofreſtauration
dahier beſchäftigter Kellner hat ſich am 27. d. Mts. heimlich ent-
fernt, nachdem er den Betrag von 220 M. unterſchlagen.
— Am gleichen Tage wurde aus einem' Schlafzimmer eines
Hauſes in der Märzgaſſe eine goldene Damenuhr nebſt Kette en t⸗
wendet. Der bis jetzt unbekannte Thäter iſt vermuthlich ein
Bettler. — Ein ſich hier ſchon ſeit längerer Zeit herumtreibender

arbeitsſcheuer Tagelöhner aus Walldorf wurde am 28. d. wegel
Diebſtahls verhaftet. — Ein anderer ebenfalls umherziehen“

der Taglöhner von Rohrbach wurde wegen einer früher began“
genen Zechprellerei derhaftet.
88 Archargemüänd, 26. Juli. Am Sonntag traf Se. Excell. den
Herr Staatsminiſter v. Mittnacht in Begleitung von etwa 30
Herren, Mitglieder des Königl. Württemb. Verkehr⸗Miniſteriums,
auf einem Ausflug von Heilbronn nach Heidelberg in Neckarge“
münd ein. Die Herren nahmen im Gaſthof „zur Pfalz“ ein
Diner ein und ſetzten darauf die Reiſe mit dem fahrplan mäßigel
Zug nach Heidelberg fort.
* Karleruht, 27. Juli. Ausſtellung für Handwerks
technik und Hauswirthſchaft. Beſonders lehrreich ver-
ſpricht die Ausſtellung auf dem Gebiete der Motoren für
das Kleingewerbe zu werden. Wir machen heute zunächſt
auf den neuen liegenden Gasmotor „Benz“, von der Rheiniſchen
Gasmotorenfabrik Benz u. Cie. in Mannheim, auſmerkſam. Die“
ſer Motor zeichnet ſich durch beſonders zweckmäßige Conſtractiol
aus, welche es ermöglicht, die Compreſſion mit einem wirkfamen
Antrieb bei jeder Kurbelumdrehung zu verbinden; außerdem iſt
der Motor mit einer dynamo⸗elektriſchen Zündung verſehen, welch-
viel ſicherer und präciſer wie die gewöhnliche Flammenzündung
wirken ſoll; zugleich ſoll hierbei durch Fortfall der Flamme der
den Flammenzündungsmaſchinen anhaftende Gasgeruch vermieden
werden. „Es kann daher dieſer Motor ſelbſt in den kleinſten
Arbeitsräumen ohne Beläſtigung für die Arbeiter Verwendung
finden. Der Motor „Benz“ eignet ſich für jede Art des Klein-
gewerbebetriebes, ebenſo auch für größere Betriebe, welche mit
Unterbrechung arbeiten oder aber eigenes Gas zur Verfügung
haben. Für Orte, wo kein Gas vorhanden iſt, werden die Mo
toren zum Betriebe mit Gaſolin, Ligroin, Benzin . eingerichtet
Für elektriſchen Betrieb werden die Motoren zweicylindrig gebaut?
ſie funktioniren dann in gleicher Weiſe wie doppelt wirkende
Dampfmaſchinen und erzeugen ein von jeder Schwankung freies
Licht. Die Fabrik hat zur Beleuchtung des Brüffeler Rath“
haaſes zwei Zwillingsmotoren à 20 Pferdeſtärke geliefert, welche
ein vorzügliches Licht liefern ſollen. Bis jetzt ſind ungefähr 150
„Benz“⸗Motoren in Betrieb, die ſich überall trefflich bewährt
haben. Auf der Ausſtellung wird die Fabrik durch je einen Motor
zu 1, 2 und 4 Pferdeſtärken vertreten ſein. 5
Aun Hahm. Im Warteſaal 3. Klaſſe des Bahnhofes der Heſſ.
Ludwigsbahn zu Mannheim wurde dem Maurer Schönberger
von Käferthal ſeine Remontoirubr im Werthe von 37 Mark ge-
ſtohlen. Der Dieb iſt noch nicht ermittelt. — In Zizen“
hauſen, Amtsbezirk Stockach, hat ſich der verheirathete Flaſch-
ner Nagel erfchoſſen. — Auf der Landſtraße bei Frickingen-
wurde ein in ſeinem Einſpänner fahrender Hauſirer von 3 Wege
lagerern angefallen, ausgeplündert und mißhandelt. — In Unter
eggingen, Amts Waldshut, ſind aus der Wohnung des Poſt-
halters Güntert 2 Uhren und 1 Revolber geſtohlen worden. —
In einem Steinbruch bei Pforzheim wurde Maurer Kar
Schneider kodt aufgefunden. Er ſcheint in der Dunkelheit den
rechten Weg verfehlt zu haben und in den Abgrund geſtürzt zu
ſein. — Eine gefährliche Diehin wurde dieſer Tage zu Pifor z
heim dingfeſt gemacht, dieſelbe hatte u. A. für 1500 M. Edel
ſteine geſtohlen. —, Laut B. A. wurden zu Höpfingen dem
ledigen Fr. Ruf beide Hände von der Futtermaſchine gefaßt und
zerquetſcht. Die eine Hand mußte abgenommen werden.

Vermiſchte Nachrichten.
§§. Silberdiebſtähle in Frankfürt a. M. Wie uns mit-
getheilt wird, ſind in Frankfurt a. M. in letzter Zeit, beſonders
während der Nachtſtunden, ſchwere Einbruchsdiebſtähle verübt wor-
den, bei denen zumeiſt Gegenſtände von ächtem Silber entwendet
wurden. Bis jetzt iſt es nicht gelungen, eine ſichere Spur der
Diebe ausfindig zu machen, und man hat daher für Diejenigen
die zur Ermittlung der Verbrecher weſentlich beitragen, Beloh-
nungen im Geſammtbetrage von 300 Mark ausgeſetzt. Außerdem
ſind zu dem gleichen Zwecke von zwei Beſtohlenen Belohnungen
bis zu 50 reſp. 200 Mark ausgeſetzt. Bezügliche Mittheilungen;
erbittet ſich das Königl. Polizeipräſidium zu Frankfurt.

Handelsnachrichten.
Börſenbericht. (Effectenſocietät.) Frankfurt, 28. Juli-
Umſätze bis 6¼ Uhr Abends. Credit 226/, 227¼¾ b. Staats-
bahn 187½, 188%¾ b. Lombarden 95⅛ b. Galizier 157, b.
Disconto⸗Commandit 210, 30 b. Elbthal 143½ b. Mittelmeer
112 b. Heſſ. Ludwigsbahn 99 b. Gotthard⸗Aktien 10⁵.20, 30 b
Schweizer Central 95.50 b. Union 80.60, 70 b. 4pCt. ungar-
Goldrente 86.75. b. 1860er Looße 119.50 b. n. G. 1880er Ruſſen
87.50 b. Egypter 73.20, 25, 20 b. 5pCt. Egypter 96.40
Spanier 61 05 b.
Ohne Umſatz.
Deckungskäufe bewirkten namentlich für Oeſterr. Staate bahu-
aktien weitere Coursſteigerung, an welcher auch die meiſten übri
gen Werthe participirten.
* Mannheimer Börſe. 28. Juli. Badiſche Bank 117.38 B⸗.
Rhein. Creditbank 119.25 G. Rhein. Hypoth.⸗Bank 124.75 G.
Bad. Anilin⸗ und Sodafabrik 195.75 b. Weſteregeln, Alkali
4 Waghäusler Zuckerfabrik 91 B. Heidelberger Aktien-
Brauerei 126 G. 127 B.
Berlin, 28. Juli. Schlußcourſe um 3 Uhr. Oeſterr-
Credit⸗Actien 455. Staatsbahn 374½. Lombarden 190
Disconto⸗Commandit 2009½¾. Galiz. Karl⸗Ludwigsbahn 28.

Tendenz: Schwächer.
Heidelberg, 29. Juli.

Anfaugs⸗Courje der heunigen Mittags⸗Börſen.
mirgetheilt von der Filiale der Rheiniſchen Creditbauk
in Heidelberg.

Frankfurt Berlin·

Oeſterr. Credit⸗Actdten . 227½ 4⁵⁷

Staatsbaaoaoͤn 188%¾ 374½
Lombardenn 95½½— 191½/
Disconto⸗Commanditit J210.40 2100
Galiz. Karl⸗Ludwigsbahn 157 78.75
1Ct. Egypter 73.30 —
Spanier · 61 —
Türken 145 —

Waſſerſtandsnachrichten.
Hridelberg, 29. Juli. (Neckar.) 1,42 m, geſtiegen 0,08 m.
Alaunheim, 28. Juli. (Neckar.) 4,25 m, geſtiegen 0,00 m.
Mlazau, 28. Jull. (Rhein.) 4.27 m, geſtiegen 0,06 m.
Mannhtim, 28. Juli. (Rhein.) 4,22 m, gefallen 0,00 m.
Mlainz, 28. Juli. (Rhein.) 1,47 m, gefallen 0,01 m.
Caub, 28. Juli. (Rhein.) 2,16 m, gefallen 0,02 m.
Böln, 28. Juli. (Rhein.) 2,46 m, gefallen 0,02 m.
Züſfeldarf, 28. Juli. (Rhein.) 2,32 m, gefallen 0.03 m.
Duisburg. 28. Juli. (Rhein.) 1,68 m, gefallen 0,03 m.
Ruhrhöhe 1.97 m, geſtiegen 0,17 m. 2
di e ue ſte Telegramme.
Budapeſt, 28. Juli. Im Peſter „Llond“ wird off-
cibs erklärt, die morgen anzutretende Reiſe des Erzher-
zogs Karl Ludwig ſammt Gemahlin nach Peters-
burg ſei ohne politiſche Tenden. Der Erzherzog und
ſeine Gemahlin vertraten den Wiener Hof bei der Mos-
kauer Krönung und bei dieſem Anlaſſe gaben ſie das
Verſprechen, ihren Beſuch zu wiederholen. Seither habe
der Petersburger Hof alljährlich an die Erfüllung dieſes
Verſprechens in entgegenkommendſter Weiſe gemahnt.
London, 28. Juli. Lord Iddesleigh (einſt Sir
Stafford Northeote) iſt zum Miniſter des Auswärtigen,
Londonderry zum Vicekönig von Irland, Hicks
Beach zum Staatsſekretär für Irland und Lord B.

*

Churchill zum Schatzkanzler ernannt. J ö
 
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